Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin M* GmbH, *, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Berichtigung gemäß § 136 GBG in den EZZ * und * KG *, über den Revisionsrekurs der Einschreiterin N* GmbH, *, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 1. Juli 2019, AZ 1 R 93/19x, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom 17. Mai 2019, TZ 1249/2019, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass es lautet:
„A. Bewilligt wird gem § 136 Abs 1 GBG:
1. in EZ *
die Einverleibung der Löschung C-LNr. 4a
4 a 1150/2014
VORKAUFSRECHT bis 2015-12-31
gem Pkt 9. Kaufvertrag 2013-01-10
für B*gesellschaft m.b.h.
2. in EZ *
die Löschung der Ersichtlichmachung
zu B-LNR 1e
1 e 1150/2014
Vorkaufsrecht
3. in EZ *
die Einverleibung der Löschung C-LNr. 5 a
5 a 1150/2014
VORKAUFSRECHT bis 2015-12-31
gem Pkt 9. Kaufvertrag 2013-01-10
für B*gesellschaft m.b.h.
(*)
4. in EZ *
die Löschung der Ersichtlichmachung B-LNr. 7d
7 d 1150/2014
Vorkaufsrecht
B. Abgewiesen wird:
1. in EZ *
die Einverleibung der Löschung C-LNr. 3a
3 a 1150/2014
WIEDERKAUFSRECHT
gem Pkt 9. Kaufvertrag 2013-01-10
für B*gesellschaft m.b.h.
2. in EZ *
die Einverleibung der Löschung C-LNr. 4a
4 a 1150/2014
WIEDERKAUFSRECHT
gem Pkt 9. Kaufvertrag 2013-01-10
für B*gesellschaft m.b.h.
Hievon werden verständigt:
1. M* GmbH
(*), *,
2. Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt,
Keesgasse 11, 8010 Graz
3. N* GmbH,
*,
4. Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt,
Hartenaugasse 6, 8010 Graz
Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.
II. Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaften EZZ * und * jeweils *, die sie mit Kaufvertrag vom 10. 1. 2013 von der B*gesellschaft mbH erworben hatte. Punkt 9. des Kaufvertrags lautet:
„Wiederkaufsrecht und Vorkaufsrecht
Die Käuferin verpflichtet sich, bis längstens 31. 12. 2015 ein Hotel auf dem Vertragsobjekt zu errichten. Für den Fall, dass die Käuferin dieses Hotel bis zum genannten Zeitpunkt nicht errichtet hat, behält sich die Verkäuferin ein Wiederkaufsrecht im Sinne des § 1070 ABGB vor.
[…]
Die Verkäuferin ist daher berechtigt, von der heutigen Käuferin nach Ablauf der obgenannten Frist für den Fall, dass die Käuferin der vertragsgegenständlichen Errichtungsverpflichtung nicht nachkommt, ihr Wiederkaufsrecht auszuüben.
Die Vertragsteile vereinbaren die grundbücherliche Sicherstellung dieses Wiederkaufsrechtes.
Die Käuferin räumt der Verkäuferin weiters mit der Wirkung bis zum 31. 12. 2015 (einundreißigsten Dezember zweitausendfünfzehn) am Vertragsobjekt das Vorkaufsrecht gemäß Paragraph 1072 fortfolgende ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) ein, nimmt letztere dieses an und ist dieses grundbücherlich sicherzustellen.
[...]“
Entsprechend dieser Vereinbarung wurden das Vorkaufs- und Wiederkaufsrecht ob den EZZ * und * zugunsten der Verkäuferin einverleibt.
Die verkaufende Gesellschaft wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom 22. 8. 2014 aufgrund des Verschmelzunsgvertrags vom selben Tag als übertragende Gesellschaft mit einer weiteren GmbH (ihrer damaligen Alleingesellschafterin) als übernehmende Gesellschaft verschmolzen (offenes Firmenbuch).
Die Antragstellerin begehrte gemäß § 136 GBG die Einverleibung der Löschung der ob den Liegenschaften einverleibten Vor- und Wiederkaufsrechte, weil die daraus jeweils berechtigte Gesellschaft infolge Verschmelzung untergegangen sei. Dazu berief sie sich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 106/95. Die Vorkaufsrechte seien zudem jeweils mit 31. 12. 2015 befristet gewesen und mit 31. 12. 2018 verjährt.
Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Die Verschmelzung bewirke eine Gesamtrechtsnachfolge, sodass die übernehmende Gesellschaft in die Rechte und Pflichten der übertragenden Gesellschaft eintrete. Zwar könne ein Vorkaufsrecht bei zeitlicher Befristung erlöschen, es bestünden jedoch Zweifel, ob die aus dem Grundbuch ersichtliche Frist abgelaufen sei.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Gericht zweiter Instanz Folge und bewilligte die begehrten Löschungen zur Gänze. Das Grundbuch sei nach § 136 GBG zu berichtigen, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten, grundbücherlich aber noch nicht durchgeführt sei, die begehrte Eintragung also nur deklarative Bedeutung habe. Als Grundlage genüge der „Nachweis der Unrichtigkeit“, der hier durch das Firmenbuch erbracht sei. Nach Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragstellerin sowie der vom Löschungsantrag betroffenen Eintragungen sei es zur Verschmelzung der (aus den Eintragungen berechtigten) Verkäuferin auf ihre Muttergesellschaft gekommen. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 5 Ob 106/95 erlösche in einem solchen Fall das Vorkaufsrecht, weil § 1074 ABGB nicht nur dessen Unvererblichkeit, sondern schlechthin dessen Unübertragbarkeit normiere. Für das Wiederkaufsrecht ordne § 1070 ABGB ebenfalls an, dass der Berechtigte sein Recht weder auf Erben noch auf einen anderen übertragen könne, sodass die Rechtsprechung zum Vorkaufsrecht auch für ein vereinbartes und intabuliertes Wiederkaufsrecht herangezogen werden könne. Auch dieses sei infolge der Verschmelzung der daraus berechtigten Gesellschaft auf ihre Muttergesellschaft erloschen. In Stattgebung des Rekurses sei auch die begehrte Löschung der Ersichtlichmachungen der Belastung (vgl §§ 10 f AllGAG) im B-Blatt vorzunehmen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, inwieweit die Grundsätze der Entscheidung zu 5 Ob 106/95 auch auf Wiederkaufsrechte anwendbar seien.
Rechtliche Beurteilung
I. Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch teilweise berechtigt.
1.1 Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (§ 136 Abs 1 GBG).
1.2 Die Anwendung des § 136 Abs 1 GBG erfolgt nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nur dann, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten ist (RIS-Justiz RS0079847 [T1]; RS0060992 [T1]) und mit der Grundbuchsberichtigung die Nachführung des Grundbuchstands an die wahre Rechtslage vorgenommen wird (RS0060992 [T3]; RS0061010). Als Grundlage der Eintragung genügt im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit“; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten Urkunden. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (RS0061010).
1.3 Ist eine Eintragung gegenstandslos, so kann sie das Grundbuchsgericht gemäß den §§ 132 bis 135 GBG von Amts wegen löschen (§ 131 Abs 1 GBG). Eine Eintragung ist unter anderem gegenstandslos, soweit das ihren Gegenstand bildende Recht oder das Recht, auf das sie sich bezieht, verjährt ist (§ 131 Abs 2 lit b GBG). Diese Maßnahme nach § 131 GBG dient der Grundbuchsbereinigung von Amts wegen, sodass den Parteien kein Antragsrecht und kein Rechtsmittel, sondern nur die Möglichkeit einer Anregung zusteht (RS0060931). Ist eine Eintragung gegenstandslos, weil das Recht nachträglich außerbücherlich erloschen ist, besteht allerdings ein Überschneidungsbereich zu § 136 GBG (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 131 GBG Rz 2).
2.1 Das Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ABGB ist ein Gestaltungsrecht zum bevorzugten Erwerb der Sache für den Fall, dass der Verpflichtete die Sache verkaufen will (Apathy/Perner in KBB5 § 1072 Rz 1). Wird es befristet eingeräumt, erlischt das Vorkaufsrecht durch Zeitablauf (Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1075 Rz 16; Binder/Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1075 Rz 16).
2.2 Die Antragstellerin hat im Kaufvertrag vom 10. 1. 2013 der Verkäuferin mit Wirkung bis zum 31. 12. 2015 ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Zugleich haben die Parteien des Kaufvertrags vereinbart, dass der Verkäuferin ein Wiederkaufsrecht zustehen soll, wenn die Antragstellerin die von ihr vertraglich übernommene Verpflichtung, bis zum 31. 12. 2015 ein Hotel zu errichten, nicht erfüllt. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Vertrags sollte daher das der Verkäuferin vertraglich eingeräumte Gestaltungsrecht zum bevorzugten Kauf der Liegenschaft durch Zeitablauf erlöschen und mit Ablauf der Frist an dessen Stelle das (bedingte) Recht zum Wiederkauf treten. Eine wegen Zeitablaufs gegenstandslos gewordene Eintragung kann vom Grundbuchsgericht gemäß § 131 GBG von Amts wegen gelöscht werden (vgl dazu Kodek aaO § 131 GBG Rz 12). Für eine gegenstandslos gewordene und vom Grundbuchsgericht gemäß § 131 GBG unter Umständen von Amts wegen zu löschende Eintragung ist aber grundsätzlich anerkannt, dass auch eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG vorgenommen werden kann (vgl 5 Ob 137/16g [wegen Zeitablaufs gegenstandslos gewordene Eintragung eines Bestandrechts]).
2.3 Im vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus dem Grundbuch, dass die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts durch Zeitablauf erloschen ist. Da nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Kaufvertrags vom 10. 1. 2013 das Gestaltungsrecht des Vorverkaufsrechts zeitlich begrenzt war (bis 31. 12. 2015) und nach dem Zeitablauf durch jenes des Wiederkaufs abgelöst wurde, das, weil es verbüchert ist, auch gegen dritte Erwerber wirkt (vgl dazu RS0118860; Aicher aaO § 1070 ABGB Rz 8; Apathy/Perner aaO § 1070 ABGB Rz 3; Binder/Spitzer aaO § 1070 ABGB Rz 7), bestehen auch keine Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 3 GBG. Die offenkundig zufolge nachträglicher außerbücherlicher Rechtsänderung (durch Zeitablauf) gegenstandslos gewordene Eintragung ist daher aus diesem Grund nach § 136 GBG zu löschen. Dem Antrag ist insoweit stattzugeben.
3.1 Das Wiederkaufsrecht gemäß § 1068 ABGB ist das Recht des Verkäufers, eine verkaufte Sache wieder einzulösen (zur Rechtsnatur des Wiederkaufsrechts: 5 Ob 58/17s), und kann nach der insoweit zwingenden Bestimmung des § 1070 ABGB (RS0020238) vom Berechtigten weder auf die Erben noch auf einen anderen übertragen werden.
3.2 Die Einführung eines Wiederkaufsrechts stieß bei den Redakteuren des ABGB wegen seiner Rechtsnatur auf Vorbehalte (dazu Ofner, Protokolle II 414; Mayer-Maly in Klang² § 1070 ABGB, 739), die in einen Diskussionsprozess mündeten, dessen Resultat als Kompromiss (im Raum stand auch die Abschaffung dieses Rechts) zur Unvererblichkeit und Unübertragbarkeit dieses Rechts sowie seine Beschränkung auf Liegenschaften führte. Nicht aus der Eigenart des Rechts an sich, sondern aus der legislativpolitischen Entscheidung, das Recht zu begrenzen, ergibt sich dessen Unübertragbarkeit (Mayer-Maly aaO) und die daraus abgeleitete Höchstpersönlichkeit. Anstelle einer zeitlich fixierten Höchstdauer wurde die Beschränkung auf die Lebenszeit des Berechtigten gewählt (Ofner aaO). Dieses Recht unterscheidet sich damit in seiner „Höchstpersönlichkeit“ von den sonst mit einer Person untrennbar verbundenen Rechten. Anders als etwa die in § 1459 ABGB genannten persönlichen Freiheitsrechte und das Eigentum, oder Familien- und Personenrechte (§ 1481 ABGB) unterliegt das Wiederkaufsrecht als Gestaltungsrecht nach nunmehr überwiegender Ansicht daher auch der allgemeinen Verjährung (RS0020142; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1479 ABGB Rz 24 mwN; Apathy/Perner aaO § 1068 Rz 6; Aicher aaO § 1070 ABGB Rz 1 je mwN).
3.3 Aus § 26 ABGB ergibt sich, dass auch eine juristische Person Begünstigte des Wiederkaufsrechts sein kann. Gleich dem ebenfalls als höchstpersönliches Gestaltungsrecht (dazu Apathy/Perner aaO § 1070 ABGB Rz 2; Aicher aaO § 1070 ABGB Rz 4) konzipierten Vorkaufsrecht kann es zugunsten einer juristischen Person eingeräumt werden (RS0020235) und erlischt dann erst mit deren Untergang (zum Vorkaufsrecht: RS0020289).
4.1 Die Bestimmung des § 1074 ABGB, die anordnet, dass das Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden kann, entspricht inhaltlich § 1070 ABGB. Aus ihr leitete der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu 5 Ob 106/95 ab, dass bei Verschmelzung das im Grundbuch zugunsten der übertragenden Gesellschaft eingetragene Vorkaufsrecht erloschen sei, weil die Verschmelzung nach § 96 GmbHG iVm § 226 Abs 4 AktG zum Untergang der übertragenden Gesellschaft führe. Deren Vermögen gehe zur Gänze auf die aufnehmende Gesellschaft über, sodass sie nicht mehr existent sei; die aufnehmende (zur neuen Rechtsträgerin des Vermögens werdende) Gesellschaft wiederum sei ein anderes Rechtssubjekt.
4.2 Diese Entscheidung ist in der Literatur insbesondere wegen der darin enthaltenen Gleichsetzung der Vollbeendigung einer juristischen Person infolge Verschmelzung mit den gesetzlichen Folgen des Todes einer natürlichen Person auf Kritik gestoßen (vgl dazu insb Hoyer, NZ 1996, 220; ders, Persönliche Dienstbarkeiten juristischer Personen in FS Krejci II [2001] 1211 [1227 ff]; Grünwald, Zum Schicksal kaufvertraglicher Nebenabreden bei Verschmelzungen, RdW 1996/11, 518 [519]; Bittner, Umgründungen und Grundbuch, FS Weissmann [2003] 45 [53 ff]; Bittner/Fida/Rosam/Zwinscher, Liegenschaftserwerb durch Anteilskauf [2008] 101 f; Hügel, Umgründungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge, Dienstbarkeiten und höchstpersönliche Rechte, FS Koppensteiner [2001] 91 [99 ff]). Diese Kritik wird insbesondere damit begründet, dass die durch Verschmelzung (wie auch Spaltung oder Umwandlung) hervorgerufene Gesamtrechtsnachfolge nicht dem Erbfall entspreche, weil die übertragende Gesellschaft als Teil der übernehmenden Gesellschaft fortgesetzt werde (so ausdrücklich Napokoj in Praxishandbuch Spaltung 27; vgl auch Hügel aaO 101). Das Weiterbestehen des Vorkaufsrechts bliebe dem Zufall überlassen, je nachdem wer übertragende und übernehmende Gesellschaft sei (Bittner/Fida/Rosam/Zwinscher aaO 102; Hoyer, NZ 1996, 220). Nur wenn die Gründe für das Erlöschen einer Gesellschaft zu deren Liquidation führten, könne ein Vergleich mit dem Tod einer natürlichen Person gezogen werden (Bittner aaO 55; Verschraegen in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.07 § 1074 Rz 3; Aicher aaO § 1070 ABGB Rz 4: „zur Liquidation führend“; vgl auch Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 225a Rz 13: „liquidationsloses Erlöschen“).
4.3 Verschmelzung (§§ 220 bis 233 AktG [hier iVm § 96 GmbHG]) ist die Übertragung des Vermögens einer oder mehrerer Gesellschaften (übertragende Gesellschaften) im Weg der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluss der Abwicklung auf eine andere bestehende oder durch die Verschmelzung neu gegründete Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft). Mit der Verschmelzung geht das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einschließlich der Schulden mit der Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch auf die übernehmende Gesellschaft über, ohne dass es eines Übertragungsakts bedürfte. Der Vermögensübergang betrifft alle Rechte und Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft, sodass bei dieser kein Vermögen zurückbleibt (vgl Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung2 § 219 AktG [Stand 1. 11. 2010, rdb.at] Rz 4 f). Mit der Eintragung der Fusion in das für die übertragende Gesellschaft zuständige Firmenbuch erlischt die übertragende Gesellschaft. Damit ist die Verschmelzung vollzogen (5 Ob 252/03z).
4.4 Die Besonderheit der Verschmelzung liegt darin, die Beendigung der juristischen Person ohne Erfordernis eines Liquidationsverfahrens herbeizuführen (RS0049475; RS0049484; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 225a Rz 9). Die übernehmende Gesellschaft tritt in jeder rechtlichen Hinsicht an die Stelle der übertragenden Gesellschaft. Sämtliche Rechte und Pflichten, Forderungen und Schulden gehen (auch in Durchbrechung des bücherlichen Eintragungsgrundsatzes: RS0060147 [T3]) als Folge der liquidationslosen Beendigung der übertragenden Gesellschaft über, unabhängig davon, ob sie bekannt sind oder nicht (Kalss, Verschmelzung – Spaltung – Umwandlung2 § 225a AktG Rz 13). Die einzelnen verschmolzenen selbständigen Gesellschaften werden zu einer einzigen Rechtsperson (RS0060147; ausführlich zur Rechtsnatur der Verschmelzung auch Ch. Fries, ecolex 1992, 477 [478]).
4.5 Der Rechtsübergang infolge Verschmelzung ist eine besondere gesellschaftsrechtliche Form der Gesamtrechtsnachfolge, die nur in den im Gesetz geregelten Fällen zulässig ist (vgl RS0049487). Die übertragende Gesellschaft ist, wenn sie auch als selbständige juristische Person nicht mehr existiert, in der anderen juristischen Person enthalten; alle Rechte der dann vereinigten juristischen Personen sollen dabei erhalten bleiben (so bereits 1 Ob 112/31 SZ 13/64; vgl auch 1 Ob 652/27 SZ 9/138: das schließt das Erlöschen von Rechten und Pflichten des übertragenden Rechtssubjekts aus). Die übertragende Gesellschaft wirkt damit wirtschaftlich auch nach Verschmelzung als Einheit mit der übernehmenden Gesellschaft fort. Das ist Folge des Umstands, dass gerade keine Abwicklung der übertragenden Gesellschaft stattfindet, sodass ihr Erlöschen aufgrund dieses gesellschaftsrechtlichen Vorgangs auch nicht ihrem (endgültigen) Untergang, in dem Sinn, dass sie mit ihren Rechten und Pflichten aufgehört hätte zu existieren, gleich gehalten werden kann.
5.1 Dass das Vorkaufsrecht bei Verschmelzung fortbesteht, wenn es der aufnehmenden Gesellschaft eingeräumt war, wurde bereits zu 5 Ob 124/03a ausgesprochen.
5.2.1 Für den Fall der Abspaltung zur Aufnahme (§ 1 Abs 2 Z 2 und § 17 SpaltG) wurde judiziert, dass keine Bedenken gegen den Übergang einer persönlichen Dienstbarkeit im Sinne des § 485 Satz 1 ABGB bestehen (5 Ob 88/05k; 5 Ob 55/06h). Nach dieser Bestimmung kann eine Servitut eigenmächtig weder von der dienstbaren Sache abgesondert noch auf eine andere Person oder Sache übertragen werden. Die von den beteiligten Unternehmen im Spaltungsplan vereinbarte Übertragung einer persönlichen Servitut begründet jedoch keine unzulässige Eigenmacht im Sinne dieser Bestimmung.
5.2.2 Auch bei Aufteilung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs 2 SpaltG gehen die Vermögensteile der übertragenden Gesellschaft mit der Eintragung der Spaltung ins Firmenbuch entsprechend der im Spaltungsplan vorgesehenen Zuordnung jeweils im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft oder die neuen Gesellschaften über (4 Ob 241/04a). In ihrer Wirkung ist diese Rechtsfolge mit der Gesamtrechtsnachfolge infolge Verschmelzung durchaus vergleichbar; eine oder mehrere Vermögensteile gehen – ohne Beendigung und ohne Abwicklung einer Gesellschaft – auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über. Beide gesellschaftsrechtlichen Vorgänge bezwecken die Erleichterung von Reorganisationsmaßnahmen unter gleichzeitiger Vermeidung von „Übertragungsverlusten” bei bestimmten Rechten oder Rechtsverhältnissen. Die Gesamtheit der Rechte soll bei beiden gesellschaftsrechtlichen Vorgängen erhalten bleiben. Das muss im Besonderen für Rechte von wirtschaftlicher Relevanz gelten.
5.2.3 Dem Wiederkaufsrecht kommt in vielerlei Hinsicht eine wirtschaftliche Funktion zu, die bereits die Redakteure des ABGB berücksichtigt und die letztlich entgegen aller Vorbehalte den Ausschlag für die Einführung dieses Rechts gegeben haben (dazu Ofner, Protokolle II 414; vgl auch die Beispiele bei Aicher aaO § 1068 ABGB Rz 3). Da die Übertragung der Rechte und des Vermögens einer juristischen Person auf die übernehmende Gesellschaft im Weg der Verschmelzung nicht deren (endgültigen) Untergang gleichzusetzen ist und bei dieser gesellschaftsrechtlichen Maßnahme die Gesamtheit der Rechte erhalten bleiben soll, geht nach Ansicht des erkennenden Senats auch ein zugunsten der übertragenden Gesellschaft bestehendes Wiederkaufsrecht nicht unter.
5.3 Ausgehend von diesen Überlegungen hält der erkennende Senat die in der Entscheidung zu 5 Ob 106/95 vertretene Ansicht, die Verschmelzung führe zum Erlöschen der im Grundbuch zugunsten der übertragenden Gesellschaft eingetragenen höchstpersönlichen Gestaltungsrechte, für das Wiederkaufsrecht gemäß § 1068 ABGB nicht aufrecht. Mit der Verschmelzung findet keine Übertragung dieses Rechts an einen von der berechtigten Gesellschaft verschiedenen Dritten im Sinne des § 1070 ABGB statt; das Vermögen der übertragenden Gesellschaft geht vielmehr in der übernehmenden Gesellschaft auf, sodass ein solches Gestaltungsrecht zugunsten der dann vereinten Gesellschaft fortwirkt. Diese Form der Gesamtrechtsnachfolge kann auch nicht den Rechtsfolgen des Todes einer natürlichen Person gleich gehalten werden. Der vom historischen Gesetzgeber verfolgte Zweck des § 1070 ABGB, die übermäßig lange Beschränkung des freien Rechtsverkehrs von Liegenschaften zu unterbinden, stößt bereits mit der Einräumung dieses Rechts einer juristischen Person an seine Grenzen, weil eine solche nicht zwingend ein natürliches Ende hat, sondern es im Allgemeinen der Willkür der darüber zur Entscheidung berufenen Personen überlassen ist, ein solches herbeizuführen (vgl Grünwald, RdW 1996, 518 [519]). Das Fehlen einer zeitlichen Bindung, wie es das Lebensende einer natürlichen Person mit sich bringt, ist damit in der Natur der Sache gelegen und kann diesem Ergebnis nicht erfolgreich entgegengehalten werden.
6. Fallbezogen ist daher zusammenzufassen, dass das zugunsten der übertragenden Gesellschaft bei den Liegenschaften der Antragstellerin intabulierte Wiederkaufsrecht ungeachtet der Verschmelzung nicht erloschen ist. Das von der Bedingung der nicht fristgerechten Errichtung eines Hotels abhängige Wiederkaufsrecht ist zweifellos auch noch nicht verjährt (siehe dazu 4 Ob 148/15s; 5 Ob 218/17w je mwN), sodass das Begehren der Antragstellerin auf Berichtigung des Grundbuchstands in diesem Umfang abzuweisen ist.
7. Zu den übrigen Einwendungen der Einschreiterin:
7.1 Eine Anhängigkeit weiterer Grundbuchsverfahren in der gleichen Sache hindert die Fortsetzung des Verfahrens nicht. Dass bereits eine rechtskräftige Entscheidung über ein identes Grundbuchsgesuch vorliege, behauptet die Einschreiterin nicht (zur res iudicata in Grundbuchsachen siehe RS0041511). Durch eine allenfalls zu Unrecht unterlassene Verfahrensverbindung (§ 12 Abs 2 AußStrG) ist sie nicht beschwert, weil die Rechtskraft der hier zu fällenden Entscheidung einer Entscheidung in weiteren allenfalls anhängigen Verfahren, denen derselbe Verfahrensgegenstand zugrunde liegt, entgegenstünde.
7.2 Die Rechte des durch einen Berichtigungsvorgang allenfalls in seinen bücherlichen Rechten Verletzten werden durch die Rekursmöglichkeit und das Streitverfahren ausreichend gewahrt (RS0006057; Kodek aaO § 136 GBG). Das Argument, die Einseitigkeit des Grundbuchsverfahrens als reines Aktenverfahren verstoße gegen Art 6 MRK, wurde in der höchstgerichtlichen Judikatur (bezogen auf das Rechtsmittelverfahren) bereits wiederholt für nicht stichhältig befunden (RS0116902 [T4]).
II. Die von der Antragstellerin eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist nach § 126 Abs 2 letzter Satz GBG unzulässig und zurückzuweisen.
Textnummer
E127357European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:E127357Im RIS seit
22.02.2020Zuletzt aktualisiert am
18.07.2022