TE Vwgh Erkenntnis 1964/12/18 1678/64

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Veröffentlicht am 18.12.1964
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Index

EStG

Norm

BAO §115 Abs4
EStG 1953 §4 Abs4 Z5 idF 1958/147

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Riedel als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat, vom 3. Juli 1964, Zl. VI - 2462/64, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1962 des JT, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte, der eine Autoreparaturwerkstatte und eine Garagenvermietung betreibt, hat in der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1962 einen Betrag von S 33.123,-- für die Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG unter Aufwand verrechnet. Ein Verzeichnis dieser Wertpapiere legte er aber erst auf Grund einer Aufforderung des Finanzamtes vor. Dieses erkannte den erwähnten Betrag bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1962 nicht als Betriebsausgabe an. Der Mitbeteiligte erhob gegen den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid Berufung. Die belangte Behörde gab der Berufung Folge. Der Mitbeteiligte habe im Hinblick auf den Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen van 15. Oktober 1958, Zl. 134.364-9/58, (AÖFV Nr. 240) im guten Glauben sein können, daß das Verzeichnis auch später (als mit der Steuererklärung) eingebracht werden könnte. Sonst hatte die Bezugnahme des Erlasses auf § 202 AO (Anordnung der Vorlage des Verzeichnisses unter Androhung einer Erzwingungsstrafe) keinen Sinn. Dieser Er1aß sei zwar vom Bundesministerium für Finanzen mit Wirkung vom 31. Dezember 1963 aufgehoben worden. Das Finanzamt sei aber im vorliegenden Fall noch nach den aufgehobenen Bestimmungen vorgegangen, weil es den Mitbeteiligten am 16. Jänner 1954 aufgefordert habe, das Verzeichnis nachzubringen. Es würde daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn die in Rede stehende Betriebsausgabe nicht anerkannt würde.

Gegen diesen Bescheid hat der Präsident der Finanzlandesdirektion Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt. Er stützt sich hauptsächlich auf den Wortlaut des § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG und führt aus, daß es sich um eine steuerliche Begünstigungsvorschrift handle, die nicht angewendet werden dürfe, wenn die gesetzlichen Bedingungen nicht erfüllt seien, und verweist schließlich auf das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1963 sowie auf die zu § 1 Abs. 5 BewFG 1957 (BGBl Nr. 70/1957) ergangene Rechtsprechung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Daß die Anschaffung von Wertpapieren durch den Gewerbebetrieb des Mitbeteiligten (Autoreparaturwerkstätte und Garagenvermietung) veranlaßt war, wurde weder von ihm behauptet noch bestand für die Behörde auf Grund der Aktenlage ein Grund für eine solche Annahme. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 "auch": ... "5.) Im Jahre der Anschaffung die Anschaffungskosten von Teilschuldverschreibungen inländischer Gebietskörperschaften ..., im Ausmaß bis 10 v.H. des ... aufgerundeten Gewinnes (...)." Es handelt sich also, wie sich schon aus der Verwendung des Wortes "auch" ergibt, um eine Bestimmung, die den Abzug von Beträgen zuläßt, die an und für sich in der Regel keine Betriebsausgaben sind. Die Beschwerde hebt zutreffend hervor, daß eine solche "Betriebsausgabe" gewinnmindernd nur dann anerkannt werden darf, wenn alle vom Gesetz hiefür geforderten Voraussetzungen erfüllt sind. Nun bestimmt § 4 Abs. 4 Z. 5 Satz 2 EStG wörtlich: Der Steuererklärung über den Gewinn des betreffenden Wirtschafsjahres hat der Steuerpflichtige ein Verzeichnis mit der genauen Bezeichnung der angeschafften Wertpapiere unter Anführung des Anschaffungstages beizulegen. Es handelt sich also um eine Bedingung, die erfüllt sein muß, um den Anspruch auf Berücksichtigung als Betriebsausgabe zu begründen. Mithin sind die vom Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Einwendungen, an die verspätete Einbringung des Verzeichnisses könnten keine Rechtsfolgen geknüpft werden, weil die genannte gesetzliche Bestimmung eine Formvorschrift ohne Rechtssanktion sei, hinfällig. Es erscheint aber auch der Hinweis des angefochtenen Bescheides auf den Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 15. Oktober 1958 (AÖFV Nr. 240) verfehlt. In dem Erlaß ist - abgesehen davon, daß er keine allgemein verbindliche Rechtsquelle darstellt - nirgends die Rede davon, daß das Finanzamt auch Verzeichnisse von Wertpapieren, die nach Vorlage der Steuererklärung eingebracht werden, bei der Beurteilung des Anspruches nach § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG zu berücksichtigen habe. Der angefochtene Bescheid beruft sich im gegebenen Zusammenhang auch zu Unrecht auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Enthält schon der erwähnte Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen keine Weisung, verspätet eingebrachte Verzeichnisse zur Grundlage der begehrten Absetzung zu nehmen, so schließt der Wortlaut des Gesetzes selbst einen Rechtsanspruch auf den Abzug der gegenständlichen Betriebsausgabe aus, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Im übrigen konnte eine dem Gesetz widersprechende Verwaltungsübung niemals eine verbindliche Rechtsquelle darstellen und die Abstandnahme von dem rechtswidrigen Verwaltungsgebrauch könnte niemals rechtswidrig sein, sondern würde nur der Durchsetzung der Rechtsordnung dienen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1963, Zl. 1541/61, und vom 14. September 1964, Zl. 1191/63). Eine Verletzung von Treu und Glauben, wie sie dem mit dem hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1963, Zl. 1796/61, entschiedenen Beschwerdefall zugrunde lag, ist hier nicht gegeben. Im übrigen hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Auslegung der Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 5 Satz 2 EStG bereits in dem Erkenntnis vom 31. Oktober 1963, Zl. 723/61, befaßt. Er ist dort der Rechtsansicht des nunmehrigen Beschwerdeführers beigetreten, daß das gegenständliche Verzeichnis der angeschafften Wertpapiere - ebenso wie das im BewFG 1957 vorgeschriebene Verzeichnis vorzeitig abgeschriebener Wirtschaftsgüter - innerhalb der allgemeinen Frist zur Abgabe der Steuererklärungen, spätestens jedoch innerhalb einer allenfalls individuell bewilligten Frist zur Abgabe der Steuererklärungen dem Finanzamt vorzulegen ist. Der Gerichtshof sieht sich auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht veranlaßt, von dieser Rechtsmeinung abzugehen. Der Mitbeteiligte hat übrigens das Verzeichnis der Wertpapiere, deren Anschaffungskosten er nach § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG als Betriebsausgabe berücksichtigt wissen will, nicht einmal bis zum Ablauf der ihm vom Finanzamt zur Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 1962 bis zum 30. November 1963 erstreckten Frist, sondern erst auf besondere Aufforderung des Finanzamtes am 11. Februar  1964 vorgelegt. Bei der dargelegten Rechtslage war daher seiner Berufung gegen den Einkommensteuer- und Abgabenbescheid 1962 der Erfolg zu versagen. Da die belangte Behörde jedoch der Berufung auf Grund einer irrigen Rechtsansicht stattgegeben hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 a VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Wien, am 18. Dezember 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1964001678.X00

Im RIS seit

21.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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