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KFG 1967 §103 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Polizeirat Dr. Hofreiter über die Beschwerde des JB in P, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Rechtsanwalt in St. Pölten, Wienerstraße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. August 1978, Zl. I/7-4529/6-1978, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 8. November 1976 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe am 6. Oktober 1975 als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Lkws für dessen ordnungsmäßige Beladung nicht gesorgt, sodaß der Lenker FW bei der Fahrt mit dem Lkw in St. Pölten auf der Linzerstraße habe beanstandet werden müssen, weil das höchstzulässige Gesamtgewicht um 4.680 kg überschritten worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) in Verbindung mit § 101 Abs. 1 KFG begangen. Gemäß § 134 KFG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 5 Tage) verhängt.
Der Beschwerdeführer brachte gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein.
Mit Erkenntnis vom 24. April 1978, Zl. 19/77, hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
In den Entscheidungsgründen führte der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus:
"§ 103 Abs. 1 KFG macht den Zulassungsbesitzer für den vorschriftgemäßen Zustand der Beladung des Fahrzeuges verantwortlich. Tritt ein ordnungswidriger Zustand auf, so fällt dem Zulassungsbesitzer objektiv eine Verletzung des § 103 Abs. 1 KFG zur Last, wobei ihm nach § 5 Abs. 1 VStG 1950 der Beweis der Unmöglichkeit der Einhaltung der Verwaltungsvorschrift offensteht.
Der Beschwerdeführer hat sich in der Stellungnahme vom 24. August 1976 darauf berufen, FW, der ein ordnungsgemäßer Arbeiter sei, sei vor Fahrtantritt ausdrücklich auf die Verpflichtung zur Einhaltung der Beladungsvorschriften aufmerksam gemacht worden und habe ganz genau gewußt, daß er auf die zulässige Beladung zu achten habe.
Diesem Vorbringen zufolge ist der Beschwerdeführer der Meinung, den Beweis erbringen zu können, daß er alle Maßnahmen getroffen hat, die ihm möglich waren, um seine Pflicht nach § 103 Abs. 1 KFG zu erfüllen. Es wäre daher Aufgabe der Behörde gewesen, den dem Vorbringen des Beschwerdeführers entsprechenden Sachverhalt im einzelnen festzustellen (§ 37 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950), vor allem FW als Zeugen darüber zu vernehmen, welche Verhaltensmaßnahmen ihm insbesondere in bezug auf die Beladung und die Einhaltung der betreffenden Vorschriften gegeben worden sind. Erst an Hand solcher Feststellungen zum Entlastungsbeweis des Beschwerdeführers wäre es der Behörde möglich gewesen, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob der Beschwerdeführer in der gegebenen Situation alle Maßnahmen getroffen hat, die ihm möglich waren, oder ob ihm über die betreffenden Maßnahmen hinaus zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 103 Abs. 1 KFG weitere Maßnahmen möglich gewesen wären."
Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde durch die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten FW als Zeugen vernehmen lassen. Dieser führte aus, er habe am 6. Oktober 1975 den Auftrag gehabt, in Zagging bei einem Bauern Mais zu laden und zur Firma nach Uttendorf zu fahren. Hinsichtlich der Verhaltensmaßregeln der Kraftfahrer, besonders in bezug auf die Beladung des Fahrzeuges und die Einhaltung der betreffenden Vorschriften, habe ihn und auch die anderen Kraftfahrer der Beschwerdeführer schon vor Jahren mündlich ermahnt, die Fahrzeuge nicht zu überladen und die Vorschriften betreffend die Beladung einzuhalten. FW sei vom Beschwerdeführer auch fallweise wieder ermahnt worden. Er habe aber keine schriftliche Verpflichtung erhalten. Es sei auch ganz allein sein Verschulden gewesen, daß die Überladung zustandegekommen sei. Er sei vom Beschwerdeführer nur bei Fahrten von der Firma weg kontrolliert worden, da er ja meist nur bei der Firma das Fahrzeug beladen habe, sonst sei er nicht kontrolliert worden. Als er am 6. Oktober 1975 von der Firma weggefahren sei, sei der Beschwerdeführer nicht anwesend gewesen, sodaß er ihn bezüglich der Beladung auch nicht ermahnen habe können. Ob der Beschwerdeführer in der Firma gewesen sei, als FW zurückgekommen sei, könne dieser heute nach so langer Zeit nicht mehr sagen. Er könne nur sagen, daß die Überladung damals nur auf sein Verschulden zurückzuführen gewesen sei, da er keine Ahnung gehabt habe, daß der noch feuchte Mais so schwer sei. Er habe keine Waage zur Verfügung gehabt und habe daher die Beladung nur schätzen können. Der Beschwerdeführer habe ihm, als er im Juli 1975 vom Bundesheer zurückgekommen sei und beim Beschwerdeführer wieder zu arbeiten begonnen habe, gesagt, daß er fallweise mit den drei Lkws bei Bedarf als Kraftfahrer zu fahren habe und er bei diesen Fahrten unbedingt auf die Beladung zu achten habe. Der Beschwerdeführer habe gesagt: "Ladet mir ja nicht zu viel auf."
Dies habe der Beschwerdeführer auch "gelegentlich", wenn er gerade bei Beladungen zugegen gewesen sei, "wiederholt" gesagt. Zum Unterschreiben habe FW, nichts bekommen. Mehr könne er leider nicht mehr angeben, da die Zeit ja schon fast drei Jahre zurückliege. Er wisse nur, daß es allein sein Verschulden gewesen sei, daß der Lkw damals überladen worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das im ersten Rechtsgang erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 13. Mai 1976 keine Folge gegeben und das Straferkenntnis bestätigt.
In der Begründung wurde ausgeführt, im ergänzenden Berufungsverfahren sei der Fahrer des gegenständlichen Lkws FW, als Zeuge vernommen worden. Dieser Zeuge habe erklärt, daß der Beschwerdeführer die Kraftfahrer schon vor Jahren mündlich ermahnt habe, die Fahrzeuge nicht zu überladen und die Vorschriften betreffend die Beladung einzuhalten. Auch seien sie fallweise wieder ermahnt worden, die Ladevorschriften einzuhalten. Aus der Zeugenaussage sei weiters zu ersehen, daß FW nur fallweise - d.h bei Bedarf - als Lkw-Fahrer eingesetzt worden sei. Dazu meine die belangte Behörde, daß allein mündliche Anweisungen mit dem Inhalt, die Ladevorschriften einzuhalten, nicht ausreichten, um der Sorgepflicht gemäß § 103 Abs. 1 KFG zu entsprechen. Gerade bei Lenkern von Kraftfahrzeugen, die nur fallweise bzw. ausnahmsweise eingesetzt würden, genüge ein allgemeines "Aufmerksammachen" nicht. Vor allem bei diesen Lenkern seien zur Einhaltung der Ladevorschriften innerbetriebliche Maßnahmen erforderlich. Solange solche Lenker eingesetzt würden, seien sie ebenso wie die ständig Beschäftigten, durch Kontrollen zu überwachen. Falls der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, die erforderlichen Kontrollen selbst durchzuführen, habe er andere Personen mit der Vornahme dieser Kontrollen zu beauftragen. Nach der Aussage des Zeugen habe der Beschwerdeführer keine schriftlichen Anordnungen betreffend Ladungsvorschriften getroffen. Im Juli 1975 sei der Zeuge lediglich anläßlich seiner Einstellung ermahnt worden, die Beladungsvorschriften einzuhalten. Diese Ermahnung sei vom Beschwerdeführer gelegentlich wiederholt worden. Bezüglich der Fahrt vom 6. Oktober 1975 sei FW - wie er ausdrücklich erwähnt habe - nicht ermahnt worden, die Beladungsvorschriften einzuhalten. Eine diesbezügliche Kontrolle sei ebenfalls nicht durchgeführt worden. Kontrollen seien - wie weiters der Zeuge ausgesagt habe - durch den Beschwerdeführer nur dann durchgeführt worden, wenn das Fahrzeug in der Firma des Beschwerdeführers beladen worden sei. Sei das Fahrzeug aber außerhalb der Firma beladen worden, hätten keine Kontrollen stattgefunden. Es sei somit erwiesen, daß der Beschwerdeführer der im § 103 Abs. 1 KFG vorgeschriebenen Sorgepflicht nicht nachgekommen sei. Daher sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der der Antrag auf Abweisung der Beschwerde gestellt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 103 Abs. 1 erster Satz KFG lautet:
"(1) Der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges oder
Anhängers hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung
den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses
Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht ......"
§ 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 lautet:
" ..... Doch zieht schon ..... die Nichtbefolgung eines
Gebotes Strafe nach sich, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt und der Täter nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist."
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, wie aus den Angaben des Kfz-Lenkers FW hervorgehe, seien vom Beschwerdeführer auch Kontrollen vorgenommen worden. Eine ständige Kontrolle sei aber sicherlich in einem derartigen Betrieb nicht möglich, da sonst hinter jedem Lkw des Beschwerdeführers ein Kontrollor nachfahren müßte und dies die Aufrechterhaltung des Betriebes unmöglich machen würde. Stichprobenartige Kontrollen seien aber durchgeführt worden, sodaß von nur allgemeinem Aufmerksammachen sicherlich nicht die Rede sein könne. Schriftliche Anordnungen seien innerbetrieblich sicherlich nicht notwendig, weil von jedem geprüften Kfz-Lenker vorausgesetzt werden müsse, daß er über die Beladungsvorschriften Bescheid wisse. Es sei sicherlich nicht notwendig, daß jeder Kfz-Lenker vor Antritt jeder Fahrt ausdrücklich ermahnt werde, die Beladungsvorschriften einzuhalten, sondern es würden sicherlich stichprobenartige Kontrollen genügen, welche aber auch durchgeführt worden seien, sodaß die Kfz-Lenker damit rechnen hätten müssen, daß bei jeder Fahrt eine Kontrolle möglich sei.
Gegenüber den Beschwerdeausführungen ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes darauf hinzuweisen, daß die Pflicht, die den Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs. 1 erster Satz KFG trifft, lediglich dahin umschrieben ist, daß er "dafür zu sorgen hat", daß u. a. die Beladung des Fahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Kraftfahrgesetz sieht somit nicht bestimmte formelle Maßnahmen, die der Zulassungsbesitzer zu treffen habe, vor, sondern ordnet im Wege der Festlegung der "Sorge-Pflicht" an, daß er die je nach den Umständen in Betracht kommenden wirksamen Maßnahmen trifft.
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Aussage des Zeugen FW davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer nicht alle innerbetrieblichen Maßnahmen, mit denen er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit den gesetzwidrigen Erfolg hätte verhindern können, getroffen hat. FW, der, wie er als Zeuge angab, keine Ahnung hatte, "daß der noch feuchte Mais so schwer ist", hätte insbesondere mit Rücksicht darauf, daß er im Unternehmen des Beschwerdeführers erst kurze Zeit beschäftigt (oder seit seiner Rückkehr vom Bundesheer wiederbeschäftigt) war und als Kraftfahrer nur gelegentlich eingesetzt wurde, etwa auch besonders darauf aufmerksam gemacht werden müssen, welche Erfahrungswerte hinsichtlich des Gewichtes des von ihm aufzunehmenden Ladegutes und hinsichtlich der Gewichtsunterschiede bei verschiedenen Zustandsformen des betreffenden Ladegutes in Rechnung zu stellen sind, sofern solches Gut ungewogen aufgeladen wird.
Die belangte Behörde kam im Hinblick auf den Sachverhalt, den sie nach Durchführung eines nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nunmehr mängelfreien Verfahrens als erwiesen annahm, zu Recht zur Auffassung, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, den Beweis dafür zu erbringen, daß ihm die Einhaltung des § 103 Abs. 1 erster Satz KFG ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist.
Da sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.
Wien, am 19. Juni 1979
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1979:1978002328.X00Im RIS seit
21.02.2020Zuletzt aktualisiert am
21.02.2020