TE Bvwg Beschluss 2019/11/20 W156 2215789-1

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W156 2215789-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin in der Beschwerdesache des H XXXX N XXXX , vertreten durch Mag. Christian Puck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 10.09.2019, XXXX , betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 10.09.2019, Zl. XXXX wurde festgestellt, dass Herr H XXXX N XXXX (in Folge als BF bezeichnet) als Geschäftsführer der Beitragskonteninhaberin U XXXX G

XXXX GmbH der Wiener Gebietskrankenkasse (in Folge als belangte Behörde bezeichnet) gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm. § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Februar 2016 bis Juni 2017 und Oktober 2017 von € 5.111,08 zuzügliche Verzugszinsen in der sich aus § 59 Abs. 1 ASVg ergebenden Höhe, das seien ab 10.09.2018 3,38% aus € 4.361,05 schuldet.

2. Der angeführte Bescheid wurde am 12.09.2018 auf Grund der im Akt dokumentierten Übernahmebestätigung an den Rechtsvertreter des BF zugestellt.

3. Am 10.10.2018 um 23:29:44 Uhr erfolgt die Übergabe der Beschwerde in die Versandbox der Postfiliale in 1010 Wien, Krugerstraße 13. Laut Sendungsverfolgung erfolgt die Postaufgabe am 11.10.2018.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

5. Dagegen beantragte der BF fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

6. Am 11.03.2019 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Im Zuge einer Beweisaufnahme durch die erkennende Richterin in der verfahrensgegenständlichen Postfiliale am 23.09.2019 wurde erhoben, dass eine Kundeninformation betreffend Öffnungszeiten (Annahmezeiten) und Schlusszeiten für Poststücke zur taggleichen Weiterbeförderung sichtbar links neben der Eingangstür angebracht ist. Aus dieser Kundeinformation geht hervor, dass Poststücke, deren Aufgabe in der gegenständlichen Filiale vor der Schlusszeit erfolgt, taggleich weiterbefördert werden. Unter "Schlusszeiten" werde angeführt: "EMS-Sendungen, Briefe, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Regionalmedien deren Aufgabe vor der Schlusszeit erfolgt, werden taggleich weiterbefördert. Pakete, Info.Mail, Info.Post, Sponsoring Post und Monatszeitungen werden mit dem nächstmöglichen Kurs abgeleitet. Die Zustellung erfolgt gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Ö P AG". Als Schlusszeit für Briefe geht aus der anschließenden Tabelle von Montag bis Freitag jeweils 17:15 Uhr hervor. Die Öffnungszeiten bzw. Annahmezeiten sind wochentags jeweils von 8:00 bis 18:00 Uhr. Der Aushang ist mit 01.05.2015 datiert.

8. Mit Parteiengehör vom 25.09.2019, zugestellt am gleichen Tag, wurde der BF unter Anführung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.10.2017, Zl. Ro 2017/17/0008, darüber in Kenntnis gesetzt.

9. Mit Schriftsatz vom 09.10.2019 nahm der BF Stellung zur Beweisaufnahme. Hinsichtlich der Annahmezeiten wurde vorgebracht, dass das gegenständliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes darauf abstellt, dass der Postlauf am selben Tag nur dann ausgelöst werden, wenn auf der Versandbox der Vermerk aufgebracht sei, dass diese nach am selben Tag ausgehoben werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde am 12.09.2018 nachweislich (RSb-Rückscheine) zugestellt. Die vierwöchige Beschwerdefrist begann daher an diesem Tag zu laufen und endete am 10. 10.2018.

Das Kuvert der Sendung, mit der Beschwerde erhoben wurde, trägt ein Klebeetikett mit dem Aufdruck der Höhe des Portos, jedoch keinen Datumsstempel. Die Beschwerde langte am 15.10.2018 bei der belangten Behörde ein.

Die Sendung mit der Beschwerde wurde am 10.10.2018 bei der Versandbox im Selbstbedienungsbereich der Postfiliale Wien 1. um 23:29:44 Uhr eingescannt. Nach den im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht unbestritten gebliebenen Feststellungen trägt diese Postbox folgende "Schlusszeiten": "Montag bis Freitag jeweils 18:30 Uhr", für EMS-Sendungen zudem Samstag 13:00 Uhr. Unter "Schlusszeiten" wird angeführt: "EMS-Sendungen, Briefe, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Regionalmedien deren Aufgabe vor der Schlusszeit erfolgt, werden taggleich weiterbefördert. Pakete, Info.Mail, Info.Post, Sponsoring Post und Monatszeitungen werden mit dem nächstmöglichen Kurs abgeleitet. Die Zustellung erfolgt gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ÖP AG".

2. Beweiswürdigung:

Es wird durch den BF nicht bestritten, dass die Beschwerde am 12.09.2018 ordnungsgemäß zugestellt wurde und die Frist zur Beschwerde am 10.10.2018 endete.

Ebenso wenig wurde bestritten, dass die Beschwerde am 10.10.2018 um 23:29:44 Uhr in der Postfiliale Wien 1., Krugerstraße 13, durch Einwurf in die Versandbox zur Post gegeben wurde. Dass die Beschwerde erst am 11.10.2018 von der Post in Bearbeitung übernommen wurde ergibt sich aus der dem Akt erliegenden Sendenachverfolgung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Den Feststellungen zufolge wurde der beschwerdegegenständliche Bescheid den Beschwerdeführern am 12.09.2018 zugestellt.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde beträgt - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides richtig angeführt - gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Erhebung einer Beschwerde daher mit der rechtswirksamen Zustellung des Bescheids am Mittwoch, den 12.09.2018 zu laufen und endete gemäß § 32 Abs. 2 AVG am Mittwoch, den 10.10.2018.

Strittig ist, ob die am 10.10.2018 um 2329:44 Uhr durch Einwurf in die Versandbox der Postfiliale in Wien 1. eingeworfene Beschwerde rechtzeitig zur Post gegeben worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat vor einer Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung entweder von Amts wegen überprüft zu werden, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder es ist der Partei die Verspätung ihres Rechtsmittels vorzuhalten (VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich bereits aus der Aktenlage, dass kein Zustellmangel vorliegt, zumal der Rechtsvertreter des BF den Bescheid persönlich übernommen hat.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes - nach dieser Gesetzesbestimmung etwa die Post - zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Unstrittig wurde der angefochtene Bescheid dem Rechtsvertreter des BF am 12.09.2018 wirksam zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wäre somit rechtzeitig, wenn sie am letzten Tag der Frist, dem 10.10.2018, mit der Wirkung des Beginns des Postlaufes zur Post gegeben wurde.

Für den Beginn des Postlaufes ist maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird (vgl. VwGH vom 25.3.1994, 92/17/0298).

Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen (vgl. etwa VwGH vom 8.8.1996, 95/10/0206, mwN). Wer am letzten Tag einer Frist die befristete Eingabe im Wege der Post aufgeben will, muss dabei das Schriftstück entweder selbst beim Postamt innerhalb der Amtsstunden aufgeben oder es zumindest rechtzeitig vor der planmäßigen Aushebung desselben Tages in den Postkasten einwerfen, sodass durch die Aushebung das Schriftstück in postalische Behandlung genommen wird (vgl. dazu etwa VwGH vom 17.6.1983, 81/02/0262).

Für den Beginn des Postlaufes ist nämlich bei Einwurf des Schriftstückes in einem Briefkasten der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Briefkasten tatsächlich ausgehoben wird (vgl. VwGH vom 2.3.1994, 92/17/0298); am selben Tag wird bei einem solchen Einwurf in einen Briefkasten der Postlauf nur dann ausgelöst, wenn am Briefkasten der Vermerk angebracht ist, dass dieser noch am selben Tag ausgehoben werde. Wird die Sendung noch vor Ende des Tages, aber nach der letzten Aushebung in den Briefkasten eingeworfen, so wird die Übergabe an die Post nicht an diesem Tag bewirkt, und zwar auch dann nicht, wenn das Poststück etwa mit einer Freistempelung mit diesem Datum versehen ist, weil durch diesen ein Zeichen der Gebührenentrichtung darstellenden Vorgang der Postlauf nicht in Gang gesetzt wird (vgl. dazu VwGH vom 24.9.2009, 2009/18/0110).

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters bereits ausgesprochen, dass für den Fall, dass der Briefumschlag einer Eingabe in Verlust geraten und daher das Datum des Poststempels nicht mehr feststellbar ist, aber der Zeitpunkt der Aufgabe bei der Post für die Beantwortung der Frage der Rechtzeitigkeit der Wahrung einer Frist entscheidend ist, nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens auf Grund des Ergebnisses der Beweiswürdigung in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist, ob die Eingabe noch rechtzeitig zur Post gegeben worden ist oder nicht (vgl. VwGH vom 28.4.2005, 2004/16/0238).

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde durch Verwendung einer Aufgabebox in der Selbstbedienungszone der Österreichischen Post AG zur Post gegeben. Das erworbene Klebeetikett weist kein Datum und auch keinen Poststempel auf.

Der Erhalt der "Aufgabeinformation" erfordert aber kein tatsächliches Einwerfen der Sendung in die Postbox. Das Scannen des Klebeetikettes des die Beschwerde enthaltenden Kuverts erfolgte am letzten Tag der Beschwerdefrist, dem 10.10.2018, um 23:29:44 Uhr, mithin nach der in der Filiale unstrittig angebrachten Schlusszeit von 17:15 Uhr.

In seinem Erkenntnis vom 23.10.2017, Ro 2017/17/0008, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass der Einwurf einer Sendung in eine einem Briefkasten insofern gleichzuhaltende Postbox den Postlauf am selben Tag ebenfalls nur dann auslöst, wenn auf der Postbox der Vermerk angebracht ist, dass diese noch am selben Tag ausgehoben werde. Wird die Sendung noch vor Ende des Tages, aber nach der letzten Aushebung in die Postbox eingeworfen, so wird die Übergabe an die Post nicht an diesem Tag bewirkt (vgl. erneut VwGH vom 24.9.2009, 2009/18/0110, betreffend Einwurf in einen Briefkasten).

Die Postbox ist aufgrund der auf ihr bekannt gegebenen Schlusszeiten insofern einem Briefkasten gleichzuhalten. Das Einscannen des Einschreibeetikettes und der Ausdruck der "Aufgabeinformationen" sind in diesem Zusammenhang darüber hinaus auch deshalb nicht als "Übergabe" an die Post bzw. als "in Behandlung nehmen" durch die

Post zu qualifizieren, weil es für diese Vorgänge ... nicht

erforderlich ist, dass das aufzugebende Schriftstück den Verfügungsbereich des Absenders tatsächlich verlässt (vgl auch VwGH vom 23.10.2017, Zl. 2017/17/00014).

Auch bei einem tatsächlichen Einwurf der Beschwerde in die Postbox unmittelbar nach dem Scannen des Einschreibeetikettes, wären die in der Filiale angegebene Schlusszeit bereits überschritten und erweist sich die Beschwerde vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als verspätet, da kein Beginn des Postenlaufes am letzten Tag der Frist, dem 10.10.2018, vorliegt.

Soweit der BF vorbringt, das auf der gegenständlichen Versandbox der Postfiliale in Wien 1. selbst eben keine Aushebezeiten angebracht sind, vermag nicht zum Erfolg führen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes ist der nicht bestrittene, gut einsehbare Aushang der Annahme- und Schlusszeiten in der Filiale einem derartigen Vermerk gleichzuhalten und vermag daher die Verspätung der Beschwerde BF nicht zu sanieren.

Somit erweist sich die gegenständliche Beschwerde als nicht fristgerecht eingebracht und ist sie daher als verspätet zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2215789.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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