Entscheidungsdatum
27.11.2019Norm
ASVG §410Spruch
G312 2208422-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, SVNR. XXXX, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der XXXX Gebietskrankenkasse vom 22.08.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 22.08.2018, Zl. XXXX wurde von der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG ausgesprochen, dass XXXX, SVNR.XXXX (im Folgenden: BF) aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX in XXXX, Großbritannien (im Folgenden: W-LLP), im Zeitraum von 03.04.2018 bis 16.05.2018 als Dienstnehmer der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 53 Abs. 3 lit. b ASVG sei der BF verpflichtet, die in der Beitragsvorschreibung vom 13.08.2018 zu Beitragskontonummer XXXX ausgewiesenen Beiträge, welche mit seiner Tätigkeit für die W-LLP im oben angeführten Zeitraum im Zusammenhang stünden, nach den Beitragsgrundlagen EUR 1.854,20 (allgemeine Beitragsgrundlage April 2018) und EUR 1.112,52 (allgemeine Beitragsgrundlage Mai 2018) den Betrag von insgesamt EUR 1.119,94 nachzuentrichten.
Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei der W-LLP um eine in den USA registrierte Personengesellschaft handle, welche im Handelsregister in Großbritannien nicht eingetragen sei. Es handle sich somit um einen US-Dienstgeber, dessen Sitz außerhalb des Anwendungsbereiches der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Im Folgenden VO 883/2004) liege und treffe daher die unmittelbare Beitragspflicht den Dienstnehmer.
2. Mit Schriftsatz vom 17.09.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften nicht strittig sei, jedoch sei eine Differenzierung nach Nationalität des Arbeitsgebers oder Eintragung im Handelsregister weder dem ASVG noch der VO 883/2004 zu entnehmen. Eine selektive Anerkennung des Anwendungsbereichs der VO 883/2004 sei verfehlt. Gemäß § 53 Abs. 3 lit. b ASVG sei der BF nicht für die Entrichtung der Beiträge zuständig, da die VO 883/2004 auf ihn anzuwenden sei, wie auch die Ausstellung der A1-Bescheinigung auf Basis dieser Verordnung bekräftige.
3. Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 25.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war bis 16.05.2018 als Universitätsassistent an der XXXX beschäftigt und aufgrund dessen bei der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (im Folgenden: BVA) sozialversichert. Ab 03.04.2018 war der BF bei der W-LLP in XXXX (bis 29.06.2018) beschäftigt. Somit war der BF im Zeitraum von 03.04.2018 bis 16.05.2018 bei zwei Arbeitgebern beschäftigt.
Bei der W-LLP handelt es sich um eine in den USA registrierte Personengesellschaft, welche einen Kanzleisitz in XXXX verfügt, im Handelsregister Großbritanniens jedoch nicht eingetragen ist.
Am 06.04.2018 wurde dem BF von der BVA gemäß § 13 Abs. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 eine Bescheinigung PD A1 ausgestellt und wurde somit festgelegt, dass die Tätigkeit des BF bei der W-LLP den österreichischen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit unterliegt.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde sowie der gegenständlichen Beschwerdeschrift.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Die Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich lediglich auf die rechtliche Beurteilung und steht der Sachverhalt unstrittig fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids
Eingangs ist festzuhalten, dass die Beschwerde zwar die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt, inhaltlich jedoch lediglich Einwände gegen Spruchpunkt II. erhebt und die in Spruchpunkt I. ausgesprochene Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in Österreich für die Tätigkeit von 03.04.2018 bis 16.05.2018 in XXXX bestätigt.
Somit war die Beschwerde nur als solche gegen Spruchpunkt II. zu werten.
Dass die Tätigkeit in XXXX durch den BF als Dienstnehmer verrichtet wurde und er damit der österreichischen Sozialversicherungspflicht unterliegt, wurde somit rechtskräftig festgestellt.
Die Anwendung der österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen beruht auf Artikel 13 Abs. 4 VO 883/2004 und wurde mit der A1-Bescheinigung der BVA vom 06.04.2018 im Sinne des Artikels 19 Abs. 2 VO 987/2009 bestätigt.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Rechtliche Grundlagen
Die Regeln zur Bestimmung des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, werden in Artikel 11-16 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004) aufgeführt. Die entsprechenden Durchführungsbestimmungen sind in Artikel 14 bis 21 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (Im Folgenden: VO 987/2009) festgelegt.
Artikel 13 der VO 883/2004 lautet:
(1) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine Beschäftigung ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt oder wenn sie bei mehreren Unternehmen oder Arbeitgebern beschäftigt ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie keinen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeiten in dem Wohnmitgliedstaat ausübt.
(2) Eine Person, die gewöhnlich in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt
a) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt, oder
b) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten befindet, wenn sie nicht in einem der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt.
(3) Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt, oder, wenn sie eine solche Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Absatz 1 bestimmten Rechtsvorschriften.
(4) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat als Beamter beschäftigt ist und die eine Beschäftigung und/oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die sie beschäftigende Verwaltungseinheit angehört.
(5) Die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Personen werden für die Zwecke der nach diesen Bestimmungen ermittelten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden.
Artikel 19 der VO 987/2009 lautet:
(1) Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung anzuwenden sind, unterrichtet die betreffende Person sowie gegebenenfalls deren Arbeitgeber über die Pflichten, die in diesen Rechtsvorschriften festgelegt sind. Er gewährt ihnen die erforderliche Unterstützung bei der Einhaltung der Formvorschriften aufgrund dieser Rechtsvorschriften.
(2) Auf Antrag der betreffenden Person oder ihres Arbeitgebers bescheinigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung anzuwenden sind, dass und gegebenenfalls wie lange und unter welchen Umständen diese Rechtsvorschriften anzuwenden sind.
§ 51 Abs. 3 ASVG lautet:
(3) Unbeschadet des § 53 sind die Beiträge nach Abs. 1 - mit Ausnahme des Beitrages zur Unfallversicherung, der zur Gänze vom Dienstgeber zu zahlen ist - vom Versicherten und seinem Dienstgeber anteilig zu tragen, und zwar wie folgt:
1. In der Krankenversicherung
a) der in Abs. 1 Z 1 lit. a genannten Personen sowie der bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau Versicherten, soweit es sich um Personen handelt, die im Erkrankungsfall Anspruch auf Weiterzahlung ihrer Dienstbezüge durch mindestens sechs Wochen haben (§ 474 Abs. 1 zweiter Satz), beläuft sich der Beitragsteil des/der Versicherten auf 3,87%, des Dienstgebers/der Dienstgeberin auf 3,78%,
b) der in Abs. 1 Z 1 lit. b und d genannten Personen beläuft sich der Beitragsteil des/der Versicherten auf 3,87%, des Dienstgebers/der Dienstgeberin auf 3,78%,
c) der in Abs. 1 Z 1 lit. c, e und f genannten Personen beläuft sich der Beitragsteil des/der Versicherten auf 3,87%, des Dienstgebers/der Dienstgeberin auf 3,78%,
d) der in Abs. 1 Z 1 lit. g genannten Personen beläuft sich der Beitragsteil des/der Versicherten auf 1,67%, des Dienstgebers/der Dienstgeberin auf 1,68%
der allgemeinen Beitragsgrundlage.
2. in der Pensionsversicherung beläuft sich der Beitragsteil
des (der) Versicherten ............................auf 10,25%,
des Dienstgebers ..................................auf 12,55%
der allgemeinen Beitragsgrundlage.
§ 53 ASVG, Sondervorschriften über die Aufteilung des allgemeinen Beitrages, lautet:
(1) Der den Versicherten belastende Teil der allgemeinen Beiträge darf zusammen mit dem den Versicherten belastenden Teil des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung 20 v. H. seiner Geldbezüge nicht übersteigen. Den Unterschiedsbetrag hat der Dienstgeber zu tragen. Kommt die Mindestbeitragsgrundlage nach § 48 zur Anwendung, so ist der auf die versicherte Person entfallende Teil des Beitrages, der sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der Mindestbeitragsgrundlage und dem Entgelt der versicherten Person ergibt, nicht bei der Berechnung nach dem ersten Satz zu berücksichtigen.
(2) Für Pflichtversicherte, die nur Anspruch auf Sachbezüge haben oder kein Entgelt erhalten, hat der Dienstgeber auch die auf den Pflichtversicherten entfallenden Beitragsteile (§§ 51 und 52) zu tragen.
(3) Der Dienstnehmer hat die Beiträge zur Gänze zu entrichten,
a) wenn die Beiträge vom Dienstgeber, der die Vorrechte der Exterritorialität genießt oder dem im Zusammenhang mit einem zwischenstaatlichen Vertrag oder der Mitgliedschaft Österreichs bei einer internationalen Organisation besondere Privilegien oder Immunitäten eingeräumt sind, nicht entrichtet werden,
b) wenn der Dienstgeber im Inland keine Betriebsstätte (Niederlassung, Geschäftsstelle, Niederlage) hat, außer in jenen Fällen, in denen dieses Bundesgesetz auf Grund der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 oder der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist,
c) für die Dauer des Weiterbestandes einer Pflichtversicherung nach § 11 Abs. 3 lit. a oder e.
(4) Im Falle des § 47 lit. c hat der Dienstgeber den Beitrag zur Gänze zu entrichten. Er ist berechtigt, unbeschadet der Bestimmungen des § 60 Abs. 1 auch den Unterschiedsbetrag zwischen dem Beitrag, der sich auf Grund der Beitragsgrundlage nach § 47 lit. c und der allgemeinen Beitragsgrundlage nach § 44 ergibt, vom Entgelt in barem abzuziehen.
§ 58 Abs. 2 ASVG lautet:
Die auf den Versicherten und den Dienstgeber, bei Heimarbeitern auf den Auftraggeber entfallenden Beiträge schuldet der Dienstgeber (Auftraggeber). Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen. Die den Heimarbeitern gleichgestellten Personen (§ 4 Abs. 1 Z 7) schulden die Beiträge selbst und haben die Beiträge auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Bezieher/innen einer beitragspflichtigen ausländischen Rente (§ 73a) schulden die von dieser Rente nach § 73a Abs. 4 und 5 zu entrichtenden Beiträge selbst und haben diese auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Gleiches gilt für Dienstnehmer hinsichtlich eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 2 für den auf sie entfallenden Beitragsteil, wenn nicht § 53a Abs. 3b anzuwenden ist.
3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob der BF als Dienstnehmer für seine Tätigkeit in XXXX die Beiträge zur Gänze zu entrichten hat.
Die belangte Behörde stützt die gänzliche Beitragspflicht des BF auf § 53 Abs. 3 lit. b ASVG.
Sowohl nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 53 Abs. 3 lit. a ASVG in ihrem Kontext als auch nach den Gesetzesmaterialien stellt diese Bestimmung trotz des Gebrauches der Wendung "der Dienstnehmer hat ... zu entrichten" primär eine Durchbrechung der grundsätzlichen Beitragslast nach § 51 Abs. 3 ASVG dar und ist erst in Konsequenz dessen, dass unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 lit. a ASVG den Dienstnehmer die gesamte Beitragslast treffe, auch eine Regelung des § 58 Abs. 2 ASVG über die Beitragsschuld (Hinweis E 29.9.1992, 92/08/0090, VwSlg 13714 A/1992). Dies ist mutatis mutandis auch auf den Fall des § 53 Abs. 3 lit. b ASVG zu übertragen: auch in dem darin geregelten Fall des Fehlens einer inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Dienstgebers führt die alleinige Verpflichtung des Dienstnehmers zur Meldung und Beitragsentrichtung dazu, dass dieser auch (allein) als Beitragsschuldner anzusehen ist (VwGH 26.01.2005, 2002/08/0165).
Unstrittig steht, wie unter Punkt 3.1. ausgeführt, fest, dass dem BF für seine Tätigkeit in XXXX von 03.04.2018 bis 16.05.2018 von der BVA am 06.04.2018 eine Bescheinigung gemäß Artikel 19 Abs. 2 VO 987/2009 iVm Artikel 13 Abs. 4 VO 883/2004 ausgestellt wurde, welche die Anwendung der österreichischen Sozialversicherungsbestimmungen für diese Tätigkeit bestätigt.
Bei der Bestimmung der anwendbaren Rechtsvorschriften muss der Wohnmitgliedstaat eine ordnungsgemäße Beurteilung des relevanten Sachverhalts vornehmen und garantieren, dass die Informationen, auf deren Grundlage die Bescheinigung A1 ausgestellt wurde, richtig sind (Praktischer Leitfaden zum anwendbaren Recht in der Europäischen Union (EU), im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in der Schweiz der Europäischen Kommission, Social Europe, Dezember 2013 mit Hinweis auf Entscheidungen des EGMR).
§ 53 Abs. 3 lit. b ASVG legt eine gänzliche Beitragsentrichtung des Dienstnehmers fest, wenn der Dienstgeber im Inland keine Betriebsstätte hat, außer in jenen Fällen, in denen aufgrund der VO 883/2004 die österreichischen Rechtsvorschriften anzuwenden sind.
Gerade dieser Ausnahmetatbestand ist gegenständlich jedoch erfüllt, als aufgrund der Bestimmungen der VO 883/2004 die Tätigkeit in XXXX in den Anwendungsbereich der österreichischen Sozialversicherungsbestimmungen fällt.
Zum Einwand der belangten Behörde, dass die W-LLP jedoch ihren Sitz "außerhalb des Anwendungsbereichs" der VO 883/2004 hat, ist im Sinne der Beschwerdeschrift auszuführen, dass ein Abstellen auf den Sitz des Dienstgebers weder aus der genannten Verordnung noch aus dem Wortlaut des § 53 Abs. 3 lit. b ASVG hervorgeht. Den Bestimmungen der VO 883/2004 lässt sich entnehmen, dass sich diese auf den Beschäftigungsort, d.h. auf den Mitgliedstaat, in welchem eine Beschäftigung bzw. eine Tätigkeit ausgeübt wird, bezieht. Der Sitz des Dienstgebers ist dabei nicht von Relevanz.
Zwar lässt sich aus den Gesetzesmaterialien zu BGBl I 2005/132, mit welchem § 53 Abs.3 lit. b ASVG um die Wortfolge "außer in jenen Fällen, in denen dieses Bundesgesetz auf Grund der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 oder der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist" ergänzt wurde, entnehmen, dass beabsichtigt war, Vorsorge für jene Fälle zu treffen, "in denen der Dienstgeber in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 sowie (EWG) Nr. 574/72 seinen Sitz und in Österreich keine Niederlassung hat", jedoch wurde abschließend festgehalten, dass sich die Belastung des Dienstnehmers mit Beitrags- und Meldepflichten nur auf jene Fälle beziehen soll, die "nicht von der gemeinschaftsrechtlichen Koordinierung der Sozialschutzsysteme erfasst werden" (ErläutRV 1111 BlgNR 22. GP 6, Novelle BGBl I 2005/132).
Fest steht, dass auf die Tätigkeit des BF in Großbritannien aufgrund der VO 883/2004 österreichisches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung kam.
Eine wie von der belangten Behörde durchgeführte selektive Teilanwendung der VO 883/2004 ist nicht vorgesehen. Durch die Feststellung, dass der BF aufgrund seiner Tätigkeit in XXXX der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem ASVG unterlag, wurde die Anwendung der VO 883/2004 eindeutig von der belangten Behörde bestätigt und wurde dieser Spruchpunkt wie eingangs erwähnt auch nicht angefochten.
Da die Voraussetzungen für die Beitragsentrichtung durch den BF als Dienstnehmer im Sinne des § 53 Abs. 3 lit. b ASVG nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Anwendungsbereich, Arbeitnehmer, Beitragsnachverrechnung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2208422.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.02.2020