TE Bvwg Beschluss 2019/11/28 W237 2202385-2

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Veröffentlicht am 28.11.2019
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Entscheidungsdatum

28.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AVG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W237 2202385-2/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2019, Zl. 1066718409-181142606:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Feststellungen:

Mit als Bescheid bezeichneter Erledigung vom 11.06.2019 (im Folgenden: Bescheid) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 28.11.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zurück, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia sowie das Nichtbestehen einer Frist zur freiwilligen Ausreise fest und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab.

Die im Verwaltungsakt befindliche Urschrift des Bescheids bezeichnet auf der letzten Seite " XXXX " im einwandfrei leserlichen Textverarbeitungsprogramm als Genehmiger. Über diesem Namen befindet sich ein Stempel des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sowie ein kurzer, in Schlaufenform gehaltener und einem Schwung mit blauem Kugelschreiber zu Papier gebrachter Schriftzug, der den Trigraph "Sch" oder die Buchstabenfolge "Sche" ergibt. Sonstige Hinweise bzw. Vermerke enthält die Urschrift nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt bzw. der darin aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids. Dass der in blauer Farbe auf der letzten Seite des Bescheids gehaltene Schriftzug zumindest die Buchstabenfolge "Sch" bedeutet, wäre für sich genommen zwar nicht oder nur schwer erkennbar, ist angesichts der ersten Buchstaben des abgedruckten Namens des Genehmigers allerdings nachvollziehbar. Der Schriftzug enthält eine abschließende, schmale Schlaufe, die sich als Buchstabe "e" interpretieren lässt, jedoch auch zum Trigraphen "Sch" gehören könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Im Anwendungsbereich des § 18 AVG wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).

2. Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids erfüllt die Merkmale einer Unterschrift nicht:

Zwar muss die Anzahl der Schriftzeichen der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht ensprechen, doch besteht der Nachname des Genehmigers im vorliegenden Fall aus zwei Wortstämmen (" XXXX " und " XXXX ") und insgesamt elf Buchstaben. Die bloße Abzeichnung - mag sie auch ein individueller Schriftzug sein - mit dem worteinleitenden Trigraphen "Sch" oder "Sche" ist angesichts dessen kein Buchstabengebilde, aus dem der Name des Genehmigers auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre. Der Schriftzug auf dem Bescheid ist mit einer nach unten auslaufenden Schlaufe abgeschlossen, sodass ihm auch keine infolge eines starken Abschleifungsprozesses abstrahierende Linie anschließt, aus der auf weitere Buchstaben geschlossen werden könnte (vgl. dazu VwGH 19.02.2018, Ra 2017/12/0051).

Der kurz geschwungene, lediglich aus den Buchstabenfolgen "Sch" oder "Sche" bestehende Schriftzug stellt in Anbetracht des vollen Namens des Genehmigers damit eine bloße Paraphe (also ein auf wenige Zeichen verkürztes Namenszeichen bzw. -kürzel) dar, die nach der Rechtsprechung keine Unterschrift ist.

3. Der Erledigung der belangten Behörde vom 11.06.2019 fehlt es mangels Unterschrift des Genehmigers sohin an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen einen Nichtbescheid richtet. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge; das Verfahren über den am 28.11.2018 gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ist stattdessen nach wie vor vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.

Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger, einheitlicher Rechtsprechung, dass eine Paraphe keine Unterschrift darstellt, wobei die Beurteilung, was (noch) eine Unterschrift darstellt, stets einzelfallbezogen ausfallen muss.

Schlagworte

Nichtbescheid, Unterschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W237.2202385.2.00

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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