Entscheidungsdatum
03.12.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W198 2216222-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX Wien, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Herbert LAIMBÖCK, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 16.01.2019, VSNR: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 16.01.2019, VSNR: XXXX , hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) gemäß § 410 ASVG iVm § 194 GSVG über Antrag festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer)
* zum 06.11.2017 verpflichtet war, einen Betrag iHv € 2.246,47 an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 08/1982 bis 04/1983 sowie Verzugszinsen iHv € 6.743,17 und Nebengebühren iHv € 132,81 - Gesamtrückstand daher € 9.122,45 - zu zahlen.
* daher (unter Berücksichtigung der Zahlungen 2018/2019) zum 16.01.2019 verpflichtet ist, einen Beitrag iHv € 2.246,47 an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum 08/1982 bis 04/1983 sowie Verzugszinsen iHv € 3.309,46 und Nebengebühren iHv € 317,72 - Gesamtrückstand daher € 5.873,65 - zu zahlen.
* sowie weitere Verzugszinsen in Höhe von 3,38% ab 17.01.2019 aus einem Kapital von € 2.246,47 zu bezahlen.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von 19.01.1979 bis 30.04.1983 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG als geschäftsführender Gesellschafter der gewerbeberechtigten
XXXX GmbH (Gewerbeberechtigung lautend auf "Groß- und Kleinhandel mit Teppichen") unterlegen sei. Mit 01.05.1983 sei ein Nichtbetrieb vorgelegen. Zusätzlich sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 13.03.1979 bis 11.12.1979 Liquidator und Gesellschafter der gewerbeberechtigten XXXX GmbH gewesen. Die Pflichtversicherung habe mit 30.04.1983 geendet. Die Beitragsschulden seien innerhalb der gesetzlichen Frist festgestellt worden. Um die festgestellten Beitragsschulden einzufordern seien in regelmäßigen Abständen Einforderungsmaßnahmen gesetzt worden. Mit Beschluss vom 17.06.1987 sei eine Gehaltsexekution bewilligt worden. Wegen offener Beitragsrückstände seien wiederholt Fahrnisexekutionen bewilligt und (erfolglos) betrieben worden. Die festgestellten Beitragsschulden seien regelmäßig innerhalb der 2-Jahresfrist durch verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen, die der Hereinbringung der offenen Forderung dienen, eingefordert bzw. seien entsprechende Ermittlungsmaßnahmen gesetzt worden. Insbesondere sei auf die regelmäßigen Sondermahnungen und auf die bewilligte Gehaltsexekution aus 06/1987 (Geschäftszahl: XXXX ) zu verweisen, welche gemäß § 40 Abs. 2 GSVG - für die gesamte Dauer ihrer Wirksamkeit - verjährungsunterbrechend wirkt.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass die Verjährung der angeblich offenen Beiträge zur Pflichtversicherung aus den Jahren 1982 und 1983 offensichtlich sei. Weiters könnten gemäß § 1335 ABGB Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung nur bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen. Auch die nach der Rechtskraft des Exekutionstitels angefallenen Zinsen würden der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen. Die Einforderungsverjährung verjähre gemäß § 68 Abs. 2 ASVG binnen zwei Jahren ab Verständigung der Feststellung. Aus dem Bescheid ergebe sich, dass es zwischen GEX-Bewilligung vom 17.06.1987 und 09/1991 keine FEX oder Sondermahnungen gegeben habe. Bestritten werden die angeblich bewilligten XXXX und 12/1995, zu denen es keine AZ gebe. Die Behörde behaupte Sondermahnungen ab 09/1991, deren Erhalt der Beschwerdeführer aber vehement bestreite. Die belangte Behörde habe die Ausstellung und Versendung der Sondermahnungen nicht bewiesen. Es reiche für die Unterbrechung der Verjährung die behauptete Versendung der Zahlungsaufforderungen nicht aus. Die gegenständlichen Verzugszinsen und Mahnspesen seien längst verjährt.
3. In einem Schreiben vom 08.03.2019 hat die belangte Behörde eine Stellungnahme zur Beschwerde abgegeben.
4. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 20.03.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 05.09.2019 der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die umfassende Stellungnahme der SVA zur Beschwerde (zum gesamten Beschwerdevorbringen) vom 08.03.2019 übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war im Zeitraum 19.01.1979 bis 30.04.1983 geschäftsführender Gesellschafter der gewerbeberechtigten XXXX GmbH. Er unterlag demnach von 19.01.1979 bis 30.04.1983 der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG. Mit 01.05.1983 lag ein Nichtbetrieb vor.
Zusätzlich war der Beschwerdeführer in der Zeit vom 13.03.1979 bis 11.12.1979 Liquidator und Gesellschafter der gewerbeberechtigten XXXX GmbH.
Die Beitragsschulden wurden innerhalb der gesetzlichen Frist festgestellt.
Um die festgestellten Beitragsschulden einzufordern wurden in regelmäßigen Abständen Einforderungsmaßnahmen gesetzt.
Sondermahnungen wurden 09/1991, 06/1993, 12/1996, 11/1998, 07/2000, 06/2002, 03/2004, 09/2005, 03/2007, 09/2008, 01/2009, 03/2010, 09/2011, 03/2013, 09/2014, 03/2016 und 09/2017 an den Beschwerdeführer versendet.
Verwaltungshilfeansuchen an das ZMA (Ersuchen um Bekanntgabe der derzeitigen Wohnadresse) wurden 03/1996, 08/1987, 02/1987, 05/1986, 05/1985, 07/1983, 11/1982, 01/1981 und 04/1980 vorgenommen.
Mit Beschluss vom 17.06.1987 wurde eine Gehaltsexekution bewilligt.
( XXXX )
Mit Schreiben vom 20.07.1987, 29.06.1989, 19.12.1994 und 10.04.1995 wurde der Arbeitsgeber des Beschwerdeführers ( XXXX Handels GmbH) um Auskunft jenes Zeitpunktes gebeten, ab dem mit Leistungen zugunsten der über Betreiben der SVA gepfändeten Forderung zu rechnen ist.
Mit Schreiben vom 29.07.1987 sowie 16.07.1989 teilte der Arbeitgeber des Beschwerdeführers mit, dass nicht angegeben werden kann, ab wann mit Leistungen zu rechnen ist.
Wegen offener Beitragsrückstände wurden wiederholt (10/1980, 12/1980, 08/1981, 09/1981, 10/1981, 12/1981, 02/1982, 04/1982, 07/1982, 09/1982, 10/1982, 12/1982, 03/1983, 06/1983, 08/1983, 12/1983, 01/1984, 10/1985, 12/1985, 08/1987, 03/1988, 12/1995) Fahrnisexekutionen bewilligt und (erfolglos) betrieben.
2. Beweiswürdigung:
Dass der Beschwerdeführer von 19.01.1979 bis 30.04.1983 der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterlag, ist unstrittig.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich weiters unstrittig, dass die Feststellung zur Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgte.
Zu den festgestellten Einforderungsmaßnahmen ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen:
In der Beschwerde wird vorgebracht, dass es zwischen der Gehaltsexekution, Bewilligung 17.06.1987 und 09/1991 (Sondermahnung) keine Forderungsexekution oder Sondermahnung gegeben habe. Bestritten werden weiters die bewilligten Forderungsexekutionen 03/1988 und 12/1995 sowie der Erhalt sämtlicher Sondermahnungen ab 09/1991.
Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der am 17.06.1987 bewilligten Gehaltsexekution folgende verjährungsunterbrechende Maßnahmen mit dem Zweck der Hereinbringung der offenen Forderung gesetzt worden sind:
Schreiben an XXXX Handels GmbH vom 20.07.1987, vom 29.06.1989, vom 19.12.1994 und vom 10.04.1995 sowie Antwortschreiben der XXXX Handels GmbH vom 29.07.1987 und 16.07.1989. Sämtliche Schreiben sind Anhang 27 des vorgelegten Verwaltungsaktes entnehmbar.
Der Antrag an das Bezirks(Exekutions)gericht vom 25.02.1988 auf neuerliche Anordnung des Vollzuges der Exekution wurde mit Beschuss des Exekutionsgerichts Wien, XXXX Wien, am 02.03.1988 bewilligt ( XXXX , Geschäftszahl: XXXX ).
Der Antrag an das Bezirks(Exekutions)gericht vom 20.11.1995 auf neuerliche Anordnung des Vollzuges der Exekution wurde mit Beschuss des Bezirksgerichts XXXX , XXXX Wien, am 27.12.1995 bewilligt ( XXXX , Geschäftszahl: XXXX ).
Eine Dokumentation sämtlicher Exekutionsmaßnahmen von 1980 bis 1996 ist dem Anhang 29 des vorgelegten Verwaltungsaktes entnehmbar.
Eine Dokumentation der Versendung/Zustellung der Sondermahnungen ab 09/1991 ist im Akt ersichtlich. Vielfach wurden die Sondermahnungen mit dem Vermerk "nicht behoben" retourniert und ist weiters der Versand der Sondermahnungen ab 2002 EDV-mäßig erfasst (die Dokumentation ist Anhang 17 des vorgelegten Verwaltungsaktes entnehmbar).
Abschließend ist festzuhalten, dass der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, zumal ihm mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2019 die Stellungnahme der SVA zur Beschwerde, in welcher sämtlichem Beschwerdevorbringen substantiiert entgegengetreten wurde, vom 08.03.2019 übermittelt wurde und er sich dazu verschwiegen hat. Der Beschwerdeführer hat auch von seinem Recht auf Akteneinsicht nicht Gebrauch gemacht. Er hätte sich damit überzeugen können, dass von der belangten Behörde eine nachvollziehbare Dokumentation sämtlicher Exekutionsmaßnahmen, sowie eine nachvollziehbare Dokumentation der Versendung/Zustellung der Sondermahnungen - wie in der Stellungnahme der belangten Behörde (SVA) zur Beschwerde vom 08.03.2019 behauptet - dem Gericht vorgelegt wurden,
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 194 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Nach § 194 Z 5 GSVG sind die Abs. 2 und 3 des § 414 ASVG, welche die Entscheidung eines Senates auf Antrag einer Partei in Angelegenheiten des § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG vorsehen, in Verfahren zur Durchführung des GSVG jedoch nicht anzuwenden. Da die Entscheidung durch einen Senat auch sonst nicht vorgesehen ist, liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich, da erstens eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und zweitens der Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, im Besonderen durch die Stellungnahme der belangten Behörde zur Beschwerde vom 08.03.2019, in Verbindung mit der Beschwerde - wie oben beweiswürdigend dargelegt - geklärt erscheint, insbesondere, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht und eine mündliche Erörterung, nach Ansicht des Gerichts, keine weitere Klärung der Rechtssache im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erwarten lässt (VwGH 25.1.2016, Ra 2015/09/0 110, VwGH 21.4.2015, Ra 2015/09/0009, VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Artikel 6 Absatz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010, S. 389, entgegen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Im gegenständlichen Fall erfolgte die Feststellung zur Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen jeweils innerhalb der 2-Jahresfrist nach § 40 Abs. 1 GSVG.
Gemäß § 40 Abs. 2 GSVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung sowie in den Fällen des § 35c bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.
Verjährungsunterbrechung wird bei § 40 Abs. 2 durch Einbringungsschritte bewirkt, wobei es auf die Kenntnis des Verpflichteten davon nicht ankommt. Was unter einer "zum Zwecke der Hereinbringung getroffenen Maßnahme" im Sinne des Abs. 2 konkret zu verstehen ist, sagt das Gesetz nicht. Klar ist, dass nicht nur die Zustellung einer Mahnung die Einforderungsverjährung unterbricht, weil diese im Gesetz nur als Beispiel einer solchen Maßnahme angeführt ist. Wegen des Beispielscharakters kann auch nicht abgeleitet werden, dass für die Wirksamkeit jeder solchen Maßnahme die Zustellung oder Inkenntnissetzung des Zahlungspflichtigen erforderlich ist (VwGH 93/08/0201; 2004/08/0099).
Jede Maßnahme ist als verjährungsunterbrechend anzusehen, die objektiv dem Zweck der Hereinbringung der offenen Forderung dient. Ob eine Maßnahme der Hereinbringung einer offenen Forderung dient, hängt von der Beurteilung im Einzelfall ab. Ist zB. die Anschrift des Verpflichteten nicht bekannt oder der Verpflichtete an der bekannten Anschrift nicht erreichbar, so dienen all jene Maßnahmen der Hereinbringung der Forderung, die der Feststellung des tatsächlichen Aufenthaltstorts des verpflichteten diesen (also insbesondere Abfrage im ZMR, VwGH 95/08/0263).
Sowohl bei der Mahnung vor Ausstellung eines Rückstandsausweises gemäß § 37 Abs. 3 ASVG als auch bei der Mahnung im Sinne des § 40 Abs. 2 GSVG handelt es sich um Maßnahmen zur Hereinbringung von Beitragsschulden. Auch die Mahnung gemäß
§ 40 Abs. 2 GSVG bedarf deshalb keines Nachweises der Zustellung, diese wird vielmehr bei Postversand am dritten Tag nach Aufgabe zur Post vermutet (VwGH 93/08/0201).
Die Verjährung der Einforderung wird auch durch die Einleitung von Exekutionsschritten unterbrochen und kann während der Dauer eines rechtzeitig eingeleiteten und gehörig fortgesetzten Verfahrens nicht neuerlich zu laufen beginnen (VwGH 2004/08/0099). Die Bewilligung einer Fahrnisexekution unterbricht sowohl die Einbringungsverjährung als auch - nach kritisch zu hinterfragender Ansicht des VwGH (2001/08/0041) - die Feststellungsverjährung. Einer exekutiven Gehaltspfändung kommt nicht nur eine momentane, also auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogene, sondern während ihres aufrechten Bestandes zeitlich andauernde Rechtswirksamkeit zu. Sie unterbricht deshalb die Einforderungsverjährung nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Einleitung, sondern für die gesamte Dauer ihrer Wirksamkeit, dh bis zur Aufhebung der Exekution (vgl. Sonntag, GSVG Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz, Jahreskommentar, 8. Auflage 2018, § 40, RZ 16ff).
Das bedeutet für den gegenständlichen Fall:
Die festgestellten Beitragsschulden wurden regelmäßig innerhalb der 2-Jahresfrist durch verjährungsunterbrechende bzw. verjährungshemmende Maßnahmen (Mahnungen, Ratenvereinbarungen, Exekutionen, Auskunftsersuchen etc.), die der Hereinbringung der offenen Forderung dienen, eingefordert bzw. wurden entsprechende Ermittlungsmaßnahmen gesetzt. Insbesondere ist auf die regelmäßigen Sondermahnungen und auf die bewilligte Gehaltsexekution aus 06/1987 zu verweisen, welche gemäß § 40 Abs. 2 GSVG - für die gesamte Dauer ihrer Wirksamkeit - verjährungsunterbrechend wirkt.
Eine Verjährung ist daher nicht eingetreten.
Dem Beschwerdevorbringen, wonach gemäß § 1335 ABGB Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung nur bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen könnten, ist wie folgt entgegenzuhalten: Weil das ASVG und das GSVG eigenständige Verzugszinsenregelungen enthalten, ist die analoge Heranziehung von Regelungen des bürgerlichen Rechts oder des Steuerrechts nicht zulässig (VwGH 519/61, VwSlg 5795A = SVSlg 11.611). Abgesehen davon ist festzuhalten, dass - entgegen dem Beschwerdevorbringen - sehr wohl eine gerichtliche Einmahnung - wie beweiswürdigend festgehalten - erfolgte.
Die im angefochtenen Bescheid für die Berechnung der Beitragsschuld herangezogenen Berechnungsgrundlagen und die festgestellten Beiträge wurden nicht substantiiert entgegengetreten, wurde dies sohin nicht in Beschwerde gezogen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Verwiesen wird auf die unter Punkt 3. zitierte Judikatur. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragsrückstand, Beitragsschuld, Exekutionsverfahren, Verjährung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W198.2216222.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.02.2020