Entscheidungsdatum
04.12.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W142 2159487-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2017, Zl. 1053135209--15024203, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG
der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist eine Staatsangehörige Somalias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.03.2015 gab sie an, dass die Al Shabab ihren Vater bedroht habe, weil diese die BF und ihre jüngere Schwester verheiraten wollten. Sie sei damals schon verlobt gewesen und habe ihr Vater sie mit einem Mann ihrer Volksgruppe verheiratet. Die Al Shabab sei aber immer wieder zu ihrem Vater gekommen und drohten, dass die BF ein Mitglied der Al Shabab heiraten müsse. Schließlich sei der Vater von Al Shabab Mitgliedern getötet worden. Da es für die BF zu gefährlich worden sei, sei sie aus Somalia geflüchtet. Ihr Ehemann heiße XXXX und hätten sie am XXXX geheiratet.
3. Bei der niederschriftlichen Einvernahme der BF durch die belangte
Behörde am 12.04.2017 gab diese wie folgt an:
F: Können sie bitte einen kurzen Lebenslauf bezüglich ihrer Person schildern? Z.B.: Wo sind sie aufgewachsen, welche Schulausbildung haben sie absolviert, welchen Beruf haben sie ausgeübt etc.?
A: Ich wurde am XXXX in Buula Burde geboren. Ich bin dort ein Jahr in eine Privatschule gegangen, in Buula Burde, dort habe ich lesen und schreiben gelernt, 2014 bis 2015. Nachgefragt gebe ich an, dass mein letzter Schultag der Tag war, wo ich das Problem bekommen habe, Ende 2014, am 31.12.2014. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in dem Jahr von fünf Uhr abends bis acht Uhr abends in der Schule war.
Ich habe keinen Beruf erlernt, aber ich habe von meiner Mutter gelernt den Haushalt zu führen und Waren auf dem Markt zu verkaufen, meine Mutter verkauft Gemüse auf dem Markt, dabei habe ich ihr geholfen, wenn ich nicht zu Hause war. Das Gemüse kommt mit einem Auto vom Bauern, meine Mutter kauft es und verkauft es weiter.
Ich bin traditionell verheiratet mit XXXX seit dem XXXX und bin kinderlos. Wir haben einen eigenen Haushalt gehabt gemeinsam in Buula Burde, in einem Haus, das meinem Vater gehört hat.
Anmerkung: Die AW wird ermahnt, Antwort auf gestellte Fragen zu geben, anstatt auszuweichen, und insbesondere mit Datumsangaben so exakt wie möglich zu sein.
F: Geben Sie chronologisch Ihre Wohnorte an.
A: Ich wurde in Buula Burde geboren, im Bezirk Hantiwadag, in der Provinz Hiraan. Dort war mein Elternhaus und auch das Haus, in dem ich mit meinem Mann gelebt habe. Sonst war ich nie woanders in Somalia.
F: Arbeiteten Sie selbstständig oder waren Sie angestellt?
A: Ich war selbstständig mit meiner Mutter.
F: Wann war Ihr letzter Arbeitstag?
A: An dem Tag, wo das Problem war. Nachgefragt gebe ich an, dass das der 31.12.2014 war.
Anmerkung: Die AW wird erneut ermahnt, Antwort auf gestellte Fragen zu geben, anstatt auszuweichen.
F: Wie viel haben Sie zuletzt monatlich zirka verdient?
A: Genau kann ich das nicht sagen, in einer Summe, aber es war genug, damit wir essen konnten und uns auch etwas leisten konnten.
F: Hatten Sie ein Auto?
A: Nein.
F: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?
A: Ich bin Moslem und gehöre den Hawiye, Sub-Clan Hawadle, Sub-Sub-Clan Ibrahim Isse an.
F: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche Dokumente?
A: Nein.
F: Welche Angehörigen der Kernfamilie (Großeltern, Eltern, Geschwister) leben noch in ihrer Heimat?
A: Meine Familie wohnt in Buulo Barde.
Mein Vater ist XXXX , ich weiß nicht, wie alt er ist. Er ist schon tot. Nachgefragt gebe ich an, dass er am XXXX verstorben ist. Ich wurde gesucht, und Al Shabaab hat ihn getötet. Von Beruf war er Bauer.
Meine Mutter ist XXXX (heute ca. 45 Jahre alt). Von Beruf ist sie Händlerin, sie hatte einen Stand. Sie ist heute in Jalalaqsi, bei der Tante. Nur meine Mutter hat gearbeitet, sie hat uns alle unterstützt.
Ich habe einen Bruder und eine Schwester, beide mit Nachnamen XXXX . Beide sind unverheiratet und haben keine Kinder.
Mein Bruder XXXX ist XXXX geboren worden. Er hat nicht gearbeitet, er war in der Koranschule. Die Al Shabaab hat ihn mitgenommen, wir wissen nicht, ob er lebt oder tot ist seitdem. Da war, als ich schon in Österreich war, das hat mir meine Mutter erzählt, aber sie hat nicht gesagt, wann das war.
Meine Schwester XXXX ist am XXXX geboren worden. Sie ging in die Koranschule. Wo sie heute ist, wissen wir nicht. Ich, XXXX und mein Partner sind gemeinsam in einem Auto gefahren, wir drei wollten in einen anderen afrikanischen Staat flüchten, nach Äthiopien, und das Auto hatte einen Unfall, und seitdem weiß ich weder, wo meine Schwester noch wo mein Partner ist. Nachgefragt gebe ich an, dass der Autounfall im Jänner 2015 war. Nachgefragt gebe ich an, dass es zwischen dem ersten und zweiten Januar war. Nachgefragt gebe ich an, dass der Unfall bei Beletweyne passiert ist.
Mein Partner XXXX ist XXXX geboren worden. Von Beruf ist er Landwirt, er hat mit meinem Vater auf dessen Land gearbeitet.
Anmerkung: Die AW erzählt völlig ungerührt vom angeblichen Schicksal der Angehörigen.
F: Haben Sie weitere Verwandte im Heimatland?
A: Da ist meine Tante, ich habe zwei Tanten mütterlicherseits, eine in Jalalaqsi und die andere in Buula Burde. Sie sind verheiratet und haben Familien. Mein Vater war ein Einzelkind.
F: Wovon lebt die Familie heute im Herkunftsland?
A: Meine Mutter wohnt bei meiner Tante, die sorgt für sie.
F: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grund?
A: Mein Vater hatte Land, ein ziemlich großes Grundstück. Wie groß, kann ich gar nicht sagen. Ein Teil wurde verkauft, um meine Flucht zu bezahlen, die Hälfte, der Rest gehört uns noch, aber niemand bearbeitet es, weil alle geflohen sind. Unser Elternhaus hat uns gehört, und auch das Haus, in dem ich mit meinem Partner gelebt habe. Die Häuser haben drei Zimmer gehabt, beide Häuser sind gemeinsam auf einem halben Grundstück gestanden.
[...]
F: Sind Sie arbeitsfähig?
A: Ja.
F: Gehen Sie einer legalen Arbeit nach?
A: Die Chefin vom Camp hat uns erlaubt, manchmal zusammenzuräumen im Camp, dafür kriegen wir Geld, vielleicht 20 Euro, aber das machen wir nur manchmal, einmal im Monat kann das sein, zum Beispiel die Toiletten im Quartier saubermachen. Jeder Stock ist eine Woche lang zu machen, von verschiedenen Personen, aber wir bekommen auch Geld, wenn wir die Stiegen putzen.
F: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt, seit Sie in Österreich sind?
A: Immer vom Staat.
F: Haben Sie Deutschkurse besucht bzw. positive Prüfungen abgelegt?
A: Ja, da.
Anmerkung: Die AW legt vor: undatierte Teilnahmebestätigung vom Deutschkurs von "Frauen für Frauen" Modul 1, Anfänger A1 (5), Volkshilfe-Teilnahmebestätigung vom 09.02.2016 (6), 2 VHS-Teilnahmebestätigungen vom 24.05.2016 und vom 02.02.2017 (7+8) und Prüfungsergebnis des ÖIF vom 22.03.2017 über nichtbestandene A1-Prüfung (9).
F: Haben Sie in Österreich eine Schule besucht bzw. eine Ausbildung genossen? Wenn ja, welche und wie lange?
A: Nein, nur die Deutschkurse.
[...]
F: Gehen Sie einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach? Wenn ja, wo und wie lange? Ist die Vorlage einer Bestätigung möglich?
A: Ich unterstütze die Eva, die ist älter, ich helfe ihr zu Hause, Eva Maria, das steht in ihrem Brief. Ich helfe ihr im Garten, beim Fensterputzen und so.
Anmerkung: Im Brief wird nichts dergleichen erwähnt.
[...]
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamts wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß
§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für deren freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde stellte unter anderem fest, dass die BF nicht traditionell verheiratet sei. Auch hielt das Bundesamt in der Beweiswürdigung fest, dass es wenig wahrscheinlich sei, dass der Vater der BF nichts dagegen gehabt hätte, dass die BF ohne Zeremonie und damit ohne Legitimierung der Verbindung mit einem Mann zusammengelebt hätte.
5. Gegen den im Spruch angeführten Bescheid erhob die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass der Bescheid der Behörde über viele Seiten mit ausschließlich inhaltsleeren Floskeln begründet sei und völlig an der Realität vorbeigehe. De Behörde habe sich nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Somalia auseinandergesetzt, vor allem mit dem Umstand, was es bedeute als alleinstehende Frau in Somalia zu sein und habe sich die Behörde auch nicht mit der Dürrekatastrophe auseinandergesetzt.
6. Am 08.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache, der Beschwerdeführerin sowie deren Rechtsvertreter statt. Das BFA entsandte entschuldigt keinen Vertreter. Zu ihren Fluchtgründen machte die BF im Wesentlichen folgende Angaben:
R: Können Sie mir sagen, wo Sie in Somalia geboren sind?
BF: Ich bin in Bulaburde geboren.(Siehe Beilage A)
R: Wo liegt Bulaburde?
BF: In der Region Hiraan.
R: Bulaburde, ist das eine Stadt oder ein Dorf?
BF: Es ist ein Dorf.
R: Und haben Sie in ihrem Heimatdorf von der Geburt an bis zu Ihrer Ausreise aus Somalia gelebt?
BF: Ja.
R: Haben Sie noch Verwandte, die in Ihrem Heimatdorf leben?
BF: Nein.
R: Wo leben Ihre Eltern?
BF: Ich habe seit einem Jahr keine Ahnung, wo sie aufhältig sind. Damit meine ich meine Mutter. Seit einem Jahr habe ich keinen Kontakt zu ihr.
R: Und ihr Vater ist gestorben und wann?
BF: Ja, er ist am XXXX gestorben.
R: Was war die Ursache, für den Tod Ihres Vaters?
BF: Mein Vater ist meinetwegen verstorben.
R: Können Sie mir das näher erklären?
BF: Die Al Shabaab Männer sind zu uns gekommen und sie wollten mich entführen und mein Vater hat versucht mich zu verteidigen und dann haben sie ihn getötet.
R: Wie viele Al Shabaab Männer sind gekommen?
BF: Es waren viele Männer.
R: Wurden Sie dann von den Al Shabaab Männern mitgenommen?
BF: Nein, ich war nicht zuhause, als sie zu mir nachhause gekommen sind. Ich war in der Schule.
R: Wie viele Jahre haben Sie eine Schule besucht?
BF: Ein Jahr.
R: Was war das für eine Schule?
BF: Es war eine Privatschule.
R: Welche Unterrichtsfächer hatten Sie? Was haben Sie genau gelernt?
BF: Die somalische Sprache wurde unterrichtet und Mathematik.
R: Von wann bis wann haben Sie diese Privatschule besucht?
BF: Von 2014 bis 2015.
R: Und wann genau haben Sie Ihr Heimatdorf verlassen?
BF: Meinen Sie Buularburde?
R: Ja.
BF: Es war der 01.01.2015.
R: Können Sie mir den Vorfall näher schildern? Was haben Sie genau gemacht als Sie von der Schule nachhause gekommen sind?
BF: Als ich nachhause gekommen bin, habe ich gesehen, dass mein Vater krank ist, weil er Bluthochdruck hatte. Meine ganze Familie hatte Angst. Ich habe meine Familie gefragt, was passiert ist und sie haben mir erzählt, dass die Al Shabaab Männer zu uns gekommen sind und nach mir suchten. Sie wollten mich heiraten.
R: Was war dann?
BF: Mein Vater konnte nicht verhindern, dass die Al Shabaab Männer mich holen und verheiraten. Er hat zu den Al Shabaab Männern gesagt, dass sie ein anderes Mal wieder kommen sollen.
R: Dann sind die Al Shabaab Männer weggegangen?
BF: Ja, weil mein Vater ihnen gesagt hat, dass sie am nächsten Tag kommen sollen und mich holen sollen. Deshalb sind sie weggegangen.
R: Was war dann?
BF: Mein Vater hat gesagt, ich soll so schnell wie möglich weggehen, ich und meine jüngere Schwester Sadiu und auch mit meinem Mann, weil mein Vater hat gemeint, er könne nicht verhindern, was die Al Shabaab wollen.
R: Mit wem waren Sie denn verheiratet?
BF: Mit einem Mann. Er heißt XXXX.
R: Wieso sollten Sie von der Al Shabaab zwangsverheiratet werden, wenn sie doch schon verheiratet waren?
BF: Die Al Shabaab wusste nicht, dass ich bereits verheiratet war. Ich habe 10 Tage vor dem Vorfall geheiratet.
R: Hat Ihr Vater nicht gesagt, dass sie bereits verheiratet sind, da er ja mit der Al Shabaab gesprochen hat?
BF: Nein, er hat es nichts gesagt, da er Angst hatte, dass die Al Shabaab unsere Familie tötet.
R: Wie viele Geschwister haben Sie?
BF: Ich habe zwei Geschwister. Eine Schwester und einen Bruder.
R: Wo befindet sich Ihre Schwester?
BF: Als ich und meine Schwester und mein Mann weg waren, sind wir nach Beledweyne gefahren und dort hatten wir einen Unfall. Seitdem weiß ich nicht, wo sie sind.
R: Mit welchem Transportmittel sind Sie gefahren?
BF: Mit dem LKW.
R: Und wieso wissen Sie nicht, wo Ihre Schwester und Ihr Ehemann sind?
BF: Nach dem Unfall bin ich ohnmächtig geworden und die Leute haben mich ins Spital gebracht und ich weiß nicht, ob die beiden verstorben sind oder nicht.
R: Wie lange waren Sie denn im Spital?
BF: 14 Tage.
R: Wie hat das Spital geheißen, in dem Sie sich befunden haben?
BF: Ich weiß es nicht, aber es liegt in Beledweyne.
R: Wieso wissen Sie nicht, wie es heißt, wenn Sie sich dort 14 Tage aufgehalten haben?
BF: In diesen 14 Tagen, war ich ohne Bewusstsein.
R: Aber Sie sind ja wieder aufgewacht und haben das Spital verlassen, also müssen Sie ja wissen, wie es heißt.
BF: Nein ich hatte Angst und habe nicht geschaut, wie es heißt und auch nicht gefragt.
R: Wo ist Ihr Bruder?
BF: Die Al Shabaab haben ihn entführt?
R: Wann wurde er entführt?
BF: Ich weiß es nicht genau. Ich war in Österreich und meine Mutter hat es mit erzählt.
R: Wann hat Ihre Mutter Ihnen das erzählt.?
BF: Das war im März 2017.
R: Wie konnten Sie Ihre Mutter erreichen?
BF: Mit dem Telefon.
R: Das heißt Sie haben Ihre Mutter von hieraus angerufen?
BF: Ja.
R: Und Sie haben gesagt, dass Sie seit einem Jahr keinen Kontakt mehr zu Ihrer Mutter haben?
BF: Seit September 2017 habe ich keinen Kontakt mehr.
R: Haben Sie versucht sie anzurufen?
BF: Zuletzt haben sie gesagt, dass sie von dort weggehen wollen, weil sie von den Al Shabaab viele Bedrohungen bekommen haben und dort nicht mehr Leben konnten.
R: Als Sie im Spital Ihr Bewusstsein wieder erlangt haben, haben Sie danach gefragt, was mit Ihrer Schwester und Ihrem Ehemann passiert ist?
BF: Ich habe schon gefragt, aber niemand hat etwas gesagt.
R: Wieso hat niemand etwas gesagt?
BF: Ich habe gefragt, aber niemand hat mir gesagt, ob sie noch leben oder nicht. Ich bin nur geflüchtet, um mein Leben zu retten.
R: Wohin sind Sie geflüchtet?
BF: Mein Vater hat mich begleitet und wir sind nach Mogadischu gefahren.
R: Wieso sind Sie von Bulaburde über Beledweyne nach Mogadischu gefahren. Das ist ein Umweg?
R: Mein Vater hat gemeint, dass die Al Shabaab überall in Somalia sind und wir gehen nach Mogadischu, weil er mich nach Europa schicken wollte. Ich bin in die Türkei geflogen und dann weiter nach Österreich.
R: Können Sie mir sagen von wann bis wann sie im Spital in Beledweyne aufhältig waren?
BF: Vom XXXX .
R: Sie haben erklärt, dass Sie mit dem LKW, mit Ihrem Ehemann und Ihrer Schwester nach Beledweyne gefahren sind. Wo ist Ihr Vater zu Ihnen gestoßen?
BF: Er ist zu mir gekommen, als ich im Spital war.
R: Woher wusste Ihr Vater, dass Sie sich im Spital befinden?
BF: Der Arzt hat meinen Vater angerufen.
R: Ihr Vater wurde angerufen, aber Sie können mir nicht sagen, ob ihr Ehemann oder Ihre Schwester noch am Leben sind?
BF: Das weiß ich nicht.
R: Wieso sind sie von Beledweyne nach Mogadischu gefahren, das ist ein Umweg. Wieso sind Sie nicht von Bulaburde nach Mogadischu gefahren?
BF: Weil wir Angst hatten und wir wussten nicht wohin wir fahren sollen und deshalb sind wir nach Beledweyne gefahren.
R: Sie haben gesagt, dass sie mit dem Flugzeug nach Istanbul geflogen sind. Haben Sie das Flugticket noch?
BF: Nein, der Schlepper hat alles mitgenommen.
R: Von wann sind Sie abgeflogen um nach Istanbul zu reisen?
BF: Das war der XXXX
R: Um wie viel Uhr sind Sie abgeflogen?
BF: Circa um 9 Uhr in der Früh.
R: Sind Sie alleine geflogen?
BF: Ja.
R: Wo sind Sie dann in Istanbul geblieben?
BF: Ankara.
R: Können Sie mir die genaue Adresse sagen?
BF: Ich war dort nur ein paar Stunden. Ich bin am 30. Jänner weggegangen und nach Griechenland gegangen.
R: Wo haben Sie sich in Mogadischu aufgehalten?
BF: Im Bezirk Medina.
R: Können Sie eine nähere Adresse angeben?
BF: Ich war in Medina bei einem Freund meines Vaters.
R: Wie hat der Freund Ihres Vaters geheißen?
BF: XXXX .
R: Können Sie den vollständigen Namen angeben?
BF: XXXX .
R: Und wie sind Sie von Beledweyne nach Mogadischu gelangt?
BF: Mit dem Auto. Es war ein Mietwagen.
R: Wer hat das Auto gefahren?
BF: Ein Mann.
R: Welcher Mann?
BF: Er war ein somalischer Mann und ich kenne ihn nicht.
R: Können Sie mir Dörfer bzw. Städte nennen die Sie auf dem Weg von Beledweyne nach Mogadischu passiert haben?
BF: Nein.
R: Welchem Clan gehören Sie an?
BF: Ich bin Hawiye.
R: Hat sich Ihr Vater mit Ihnen in Mogadischu aufgehalten?
BF: Ja. Aber als er meine Reise organisiert hat und mich den Schlepper übergeben hat, ist er zurück zu meinem Heimatort gefahren.
R: Wann hat er Sie dann in Mogadischu zurückgelassen?
BF: Das war am 18.01.2015 und am XXXX wurde er getötet von der Al Shabaab.
R: Wie ist er getötet worden?
BF: Sie haben ihn erschossen.
R: Woher wissen Sie das?
BF: Ich habe es von seinen Freunden gehört.
R: Von welchen Freunden?
BF: Ich habe es von XXXX gehört.
R: Wie viel hat die Reise von Somalia nach Österreich gekostet?
BF: Ich weiß es nicht genau, ob es 8000 oder 800 Dollar waren. Mein Vater hat das bezahlt.
R: Woher hatte Ihr Vater das Geld?
BF: Er hat seine Wälder verkauft.
R: Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihrem Vater gesprochen?
BF: Der letzte Kontakt war, als wir in Mogadischu waren.
R: Also am 18. Jänner 2015, als er Mogadischu verlassen hat?
BF: Ja.
R: Sie sind mit Ihrem Ehemann und Ihrer Schwester mit einem LKW nach Beledweyne gefahren. Und dann sind Sie mit einem Mietwagen nach Mogadischu gefahren? War dieser Mietwagen auch ein LKW oder was war das für ein Wagen?
BF: Es war ein kleines Auto. Es war ein kleines weises Auto.
R: Wie viele Personen sind in dem kleinen weisen Auto gesessen?
BF: Vier Personen.
R: Welche Personen waren diese vier Personen?
BF: Ich kannte keinen. Wir sind nur zusammengefahren.
R: Und hat Ihr Vater Sie vom Spital in Beledweyne abgeholt, um nach Mogadischu zu fahren?
BF: Ja.
R: Das heißt vom Spital in Beledweyne sind Sie direkt mit dem kleinen weissen Auto nach Mogadischu gefahren?
BF: Ja.
R: Was befürchten Sie, wenn Sie wieder nach Somalia zurückkehren?
BF: Ich habe große Angst, dass die Al Shabaab Männer mich töten. Ich bin eine Frau, ich bin alleine und habe keine Familie mehr dort. Ich bekomme keinen Schutz.
R: Wann genau ist Ihr Ehemann geboren. Können Sie mir das Geburtsdatum nennen?
BF: Er ist am XXXX geboren.
R: Welchem Clan gehört Ihr Ehemann an?
BF: Er war auch ein Hawiye.
R: Was hat Ihr Vater gearbeitet?
BF: Er hat in den Wäldern gearbeitet.
R: Meinen Sie Holzarbeiter? Was hat er genau gemacht?
BF: Er war ein Bauer.
R: Von was hat Ihre Mutter gelebt, als Ihr Vater gestorben ist?
BF: Sie hat mit meiner Tante gelebt.
R: Was bedeutet das?
BF: Ich meine damit, dass sie alleine war und deswegen ist sie zu meiner Tante gegangen.
R: Wo lebt Ihre Tante?
BF: Sie hat in Jalalaqsi gelebt.
R: Wo befindet sich Jalalaqsi?
BF: In der Region Hiraan.
R: Lebt Ihre Tante noch in Jalalaqsi?
BF: Nein, meine Tante und meine Mutter sind weggegangen, weil die Al Shabaab sie bedroht haben.
R: Und warum könnten Sie nicht in Mogadischu leben?
BF: Die Al Shabaab sind auch in Mogadischu und ich habe große Angst vor Ihnen.
R: Wieso haben Sie bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt mitgeteilt, dass Sie von Ihrem Vater bei der Busstation in Beledweyne abgeholt wurden und nach Mogadischu gefahren sind?
BF: Ich habe es genauso gesagt, wie ich es heute geschildert habe.
R: Das kann aber nicht stimmen, weil im Einvernahmeprotokoll vom 12.04.2017 andere Angaben von Ihnen gemacht wurden.
BF: Ich habe genau gesagt, was ich heute gesagt habe.
R: Und wie ist Ihr Vater von Mogadischu wieder in seinen Heimatort, Bulaburde gelangt?
BF: Er ist mit dem Auto gefahren.
R: Mit welchem Auto?
BF: Das weiß ich nicht, ich habe ihn nicht begleitet?
R: Wurde Ihr Vater im Heimatdorf Bulaburde von der Al Shabaab erschossen?
BF: Als er nach Bulaburde am weg war, wurde er erschossen. Er war nicht weit weg von Mogadischu.
R: Und wer hat Ihnen das erzählt?
BF: XXXX hat mir das erzählt.
R: Wieso haben Sie vor der ersten Instanz mitgeteilt, dass Ihr Vater geköpft wurde?
BF: Sie haben Ihn erschossen und dann geköpft.
R: Das haben Sie aber vorhin nicht gesagt?
BF: Ich habe schon gesagt, dass sie ihn erschossen und dann geköpft haben.
R: Haben Sie irgendeine berufliche Tätigkeit in Somalia ausgeübt?
BF: Ich habe nur meiner Mutter geholfen. Sie war eine Gemüseverkäuferin.
R: Haben Sie hier in Österreich Verwandte?
BF: Nein.
R: Was machen Sie hier in Österreich?
BF: Ich besuche einen Deutschkurs.
R: Welchen Deutschkurs?
BF: Ich besuche den A1 Kurs seit dem 1. Oktober.
R: Was machen Sie hier in Österreich? Beschreiben Sie mir einen Tag.
BF: Wenn ich in der Früh aufstehe, bereite ich mir das Frühstück zu. Ich putze meine Wohnung und wenn ich eine Hausaufgabe habe, mache ich diese. Ich habe auch schon freiwillig gearbeitet.
R: Wo haben Sie gearbeitet?
BF: Ich habe es nicht verstanden.
R: Wiederholt die Frage.
BF: In Temmelkan (phonetisch)
R: Was haben Sie dort gemacht?
BF: Ich habe dort geputzt.
R: Haben Sie einen Lohn für Ihre Arbeit bekommen? Haben Sie eine Arbeitsbestätigung?
Die BF legt Deutschkursbestätigungen vor. Diese werden in Kopie als Beilage A zum Akt genommen. Des Weiteren wird ein Empfehlungsschreiben vom 07.04.2017 von der Volkshilfe vorgelegt. Eine Kopie wird als Beilage B zum Akt genommen.
R: Was möchten Sie in Österreich arbeiten?
BF: Ich möchte im Kindergarten arbeiten.
R an RV: Haben Sie irgendwelche Fragen?
RV: Nein, ich habe keine Fragen.
Erörtert wird der Bericht der Staatendokumentation Länderinformationsblatt Somalia Stand 17.09.2018. Des Weiteren wird eine Kopie der Landkarte betreffend Somalia zum Akt genommen.
Dazu gibt der RV an: Eine alleinstehende Frau ohne männlichen Begleiter hat keine Chance eine Reise zwischen den Städten oder Ihr eigenes Leben zu schaffen. Ich verweise auf den oben zitierten Bericht der Staatendokumentation S.42 letzter Absatz. Darin ist ersichtlich, dass große Teile des ländlichen Raumes von der Al Shabaab kontrolliert wird. Auch von diesem Bericht S.22, vermerke ich, dass ein paar Stützpunkte von der AMISOM und der ANDF aufgegeben wurden. Das bestätigt, dass die Al Shabaab einen Großteil des ländlichen Raumes kontrolliert. Weiters würde Sie als alleinstehende Frau keine Fluchtalternative haben, weil Sie keine Familienangehörige und Verwandte hat. Auch sind IDP Camps nicht möglich, weil sexuelle Gewalt und Vergewaltigung gegen Frauen häufig sind. Ich verweise auf den Schriftsatz vom 26. Mai 2017.
[...]
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen der BF wird festgestellt:
Die BF ist somalische Staatsangehörige, gehört dem Clan der Hawiye an und bekennt sich zum muslimischen Glauben.
Die BF stammt aus Bulaburde, Region Hiraan. Die BF wurde in Somalia nicht traditionell verheiratet und hatte auch keinen Partner, mit dem sie zusammenlebte. Sie verfügt in Somalia über keine Familienangehörigen. Die BF kann in Somalia auf kein verlässliches stabiles familiäres Netzwerk zurückgreifen, das ihr ausreichenden Schutz bieten würde. Es steht ihr auch kein Schutz durch männliche Verwandte, auf staatlicher Seite oder durch einen Clan zur Verfügung. In diesem Zusammenhang muss weiters davon ausgegangen werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr als IDPs in ein entsprechendes Lager gehen müsste.
Die BF gehört in Somalia der Gruppe der alleinstehenden Frauen an, denen geschlechtsspezifische Gewalt droht. Eine geschlechtsspezifische Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr ist damit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Somalia gegeben.
Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.
Zur maßgeblichen Situation in Somalia wird festgestellt:
Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).
Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.
Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).
In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).
Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).
Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)
Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).
Quellen:
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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,
https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district,
Zugriff 14.9.2018
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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-
issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018
-
FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):
Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august- 2018, Zugriff 14.9.2018
-
FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,
https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-
sep-2018, Zugriff 14.9.2018
-
UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018,
Zugriff 14.9.2018
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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,
https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-
2018, Zugriff 14.9.2018
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UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,
https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-securitv-improving-recovery-remains-
fragile, Zugriff 14.9.2018
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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,
https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-proiectlaunched-somalia, Zugriff 14.9.0218
KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)
Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).
Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).
Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):
Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu- Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).
Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP- Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).
Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).
In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).
Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).
Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).
Quellen:
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlookupdate/april-2018, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia
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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018
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FEWS NET - Famine Early Warning