TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W147 2212113-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W147 2212113-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30. November 2018, Zl:

17-1139452803-170010747, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis VI. gemäß den §§ 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, und §§ 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, 55 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren des obsorgeberechtigten Großvaters:

Der Großvater des Beschwerdeführers, ein Staatsbürger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, gelangte am 19.01.2013 unrechtmäßig nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 21.01.2013 wurde er von der Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes erstmals einvernommen, wobei er zu seinen Fluchtgründen angab, dass wegen seines Sohnes XXXX , welcher XXXX getötet worden sei, seine Söhne und er ebenfalls bedroht würden und sie verdächtigt würden, mit den Widerstandskämpfern zusammenzuarbeiten. Sie seien mehrmals einvernommen und die Söhne gezwungen worden, Unterlagen zu unterschreiben, dass sie mit der Regierung zusammenarbeiten würden. Wegen der Schikanen habe sich seine Frau auch an eine NGO gewandt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle XXXX vom 18.11.2013, Zl. 13 00.796-BAI wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.01.20134 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und als Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen und unter Spruchteil III. gem. § 10 Abs. 1 leg. cit. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zur Person und zum Herkunftsstaat getroffen. Beweiswürdigend wurde in der Folge insbesondere ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers widersprüchlich, nicht nachvollziehbar, unrealistisch und nicht plausibel und daher im Ergebnis auch nicht glaubwürdig gewesen sei. Beispielsweise habe sich der Antragsteller bei den Daten hinsichtlich der letzten Einvernahme und auch hinsichtlich der Frage, ob er selbst jemals bedroht worden sei, widersprochen. Wenn der Großvater des Beschwerdeführers tatsächlich der Zusammenarbeit mit den Widerstandskämpfern bezichtigt worden wäre, wäre es nicht bei wenigen kurzzeitigen Befragungen geblieben. In dem Schreiben der NGO "Objective" werden nicht eigene Wahrnehmungen des Verfassers, sondern Schilderungen anderer Personen wiedergegeben. Die präsentierte Fluchtgeschichte sei tatsächlich etwas "blass" gewesen. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Antragsteller in seiner Heimat keiner Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre, sei, dass die nächsten Familienangehörigen im Herkunftsstaat verblieben seien, obwohl diese nach seinem Vorbringen massiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen seien und sei es daher auch nicht nachvollziehbar, dass wohl der Großvater des Beschwerdeführers, nicht jedoch sein Sohn XXXX , der - nach seinen Behauptungen - wesentlich schwerwiegenderen Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei als er selbst, nicht ausgereist sei. Den im Herkunftsstaat verbliebenen Familienangehörigen sei es offenbar möglich, weiterhin im Herkunftsstaat und zwar in der Russischen Föderation außerhalb von Tschetschenien zu leben. Hinsichtlich des vorgelegten Totenscheines der Schwiegertochter gehe lediglich daraus hervor, dass sie aufgrund einer Minenexplosion getötet worden sei. Den Totenschein des verstorbenen Sohnes XXXX hätte er trotz Aufforderung bisher nicht vorgelegt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht gegen alle drei Spruchteile Beschwerde.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 23.09.2014 an und räumte das Parteiengehör zu aktuellen Feststellungen hinsichtlich Tschetschenien mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bis längstens in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erstattete keine Stellungnahme und ist entschuldigt bei der Beschwerdeverhandlung nicht erschienen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2014, W159 2001299-1/10E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wurde das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Beweiswürdigend wurde seitens des zuständigen Richters ausgeführt:

"Das tatsächlich so umfangreiche Vorbringen des Beschwerdeführers ist trotzdem großteils sehr vage und war er nicht in der Lage konkrete und nachvollziehbare Angaben über seine Erlebnisse zu machen, sondern hat er - obwohl er vor dem Bundesverwaltungsgericht von einer bekannt hervorragenden und vertrauenswürdigen muttersprachlichen Dolmetscherin auf Tschetschenisch befragt wurde - häufig unpassende, sinnlose und weitschweifige Antworten gegeben, ohne die gestellten Fragen konkret zu beantworten. Beispielsweise gab er bei der Frage, ob er sich politisch betätigt habe, völlig unpassend an, dass er, als sein Sohn in den Wald gegangen sei, für einen Firmenleiter ein Haus baute. Auf die konkrete Frage, ob nahe Verwandte von ihm aktive Kämpfer gewesen seien, führte er zunächst die Söhne seiner Cousins an, nicht jedoch seinen Sohn XXXX , was wesentlich naheliegender gewesen wäre. Auf die konkrete Frage, warum sich sein Sohn XXXX den Kämpfern angeschlossen habe, machte er ausführliche Angaben über dessen Arbeit und dass er Probleme mit den Behörden gehabt habe, bevor er sich den Kämpfern angeschlossen habe, beantwortete die gestellte Frage jedoch nicht. Auch auf die konkrete Frage, unter welchen Umständen sein Sohn und seine Schwiegertochter getötet wurden, erzählte er etwas über die Übernachtung seiner Schwiegertochter, über seinen anderen jüngeren Sohn XXXX , der eine Kampfsportschule besucht habe und über eine angebliche Fehlinformation durch den Bezirkshauptmann von XXXX . Konkret die Frage, wie sein Sohn und seine Schwiegertochter tatsächlich gestorben seien, konnte er aber nicht beantworten. Auch auf die konkrete Frage, ob er selbst Probleme mit russischen oder mit diesen verbündeten tschetschenischen Kräften gehabt habe, erzählte er wohl von einer Einvernahme auf der Polizeistation von XXXX , dass man ihm vorgeworfen habe, dass er mit seinen Handys nach Frankreich und nach Amsterdam telefoniert habe, obwohl er nicht gewusst habe, dass Amsterdam die Hauptstadt von Holland sei, konnte jedoch nicht angeben, wann dieses Verhör stattgefunden habe. Auf die konkrete Frage, ob dies die einzige Einvernahme gewesen sei, machte er die unpassende Antwort: "Ich habe die Ladung vorgelegt." Auch auf die Frage, wie oft er insgesamt verhört worden sei, gab er nur vage Antworten, ebenso auf die Frage, in welchem Zeitraum die Einvernahmen stattgefunden hätten.

Auch die wesentliche Frage, warum er allein ausgereist sei und nicht mit seiner Frau und seinen Söhnen XXXX und XXXX , die noch größere Probleme gehabt hätten als er, gab er die unklare Antwort, dass sich seine Söhne damals in XXXX befanden hätten, aber nicht Zuhause gelebt hätten.

Es ist auch anzumerken, dass er schon beim Bundesasylamt offenbar konfuse Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht hat (AS 101) und von dem Einvernehmenden mehrmals aufgefordert werden musste, seine Ausreisegründe chronologisch darzustellen. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer offenbar nicht in der Lage war, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen und häufig unpassende und ausweichende Antworten gegeben hat.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch in mehreren Punkten widersprüchlich: Schon bei der Frage nach seiner beruflichen Tätigkeit machte er widersprüchliche Angabe, indem er vor dem Bundesasylamt angab, dass er in Kasachstan als Bauarbeiter gearbeitet habe und dass er auch in XXXX eine Landwirtschaft betrieben habe (AS 99), während er vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich seine Tätigkeit als Bus- bzw. Kleinbusfahrer erwähnte.

Während er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle XXXX behauptete, dass sein Sohn XXXX und seine Schwiegertochter von Soldaten umgebracht worden seien, und dass dies auch im Fernsehen gezeigt wurde, wobei die beiden namentlich genannt worden seien (AS 101), machte er vor dem Bundesverwaltungsgericht nur unklare Angaben zu den Umständen der Tötung seines Sohnes und seiner Schwiegertochter und behauptete lediglich, dass sie nicht, wie in den Totenscheinen angeführt durch eine Minenexplosion getötet worden seien. Während er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle XXXX , (AS 102) davon sprach, dass er fünf bis sechsmal einvernommen worden sei, behauptete er vor dem Bundesverwaltungsgericht widersprüchlich dazu, dass die Anzahl der Verhöre unzählbar gewesen sei.

Auch hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer von Behördenvertretern jemals bedroht worden sei, machte er widersprüchliche Angaben, indem er dies vor dem Bundesasylamt zunächst ausdrücklich ausschloss (AS 103), jedoch dann noch in der gleichen Frage angab, dass sie gesagt hätten, wenn sein Sohn XXXX nicht kommen würde, sie ihn mitnehmen würden, während er vor dem Bundesverwaltungsgericht pauschal behauptete, bedroht worden zu sein. Einerseits behauptete der Beschwerdeführer, dass kurz vor seiner Ausreise die Behörden nach seinem Sohn XXXX gesucht hätten, andererseits jedoch, dass er gemeinsam mit diesem zu den Militärbehörden gegangen sei; auch über Vorhalt dieses Widerspruches konnte der Beschwerdeführer diesen nicht aufklären und machte wiederum ausflüchtige Angaben. Während er vor dem Bundesasylamt angab, dass er sich bereits im Sommer 2012 entschlossen habe, die Heimat zu verlassen (AS 99), behauptete er vor dem Bundesverwaltungsgericht widersprüchlich dazu, dass erst die Drohung am 12.01.2013 bei ihm den Entschluss hervorgerufen habe, auszureisen. Es liegen somit in wesentlichen Punkten widersprüchliche Aussagen vor.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch in zentralen Punkten unplausibel und unlogisch: Nicht nachzuvollziehen ist insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführer, der lediglich behauptet hat, ohne Misshandlungen befragt und nur einmal bedroht worden zu sein, während seine beiden Söhne XXXX und XXXX angeblich massiv misshandelt worden seien, als einziger der Familie ausgereist ist, während sich seine Söhne nach wie vor in der Russischen Föderation aufhalten. Auch ist die Schilderung des Beschwerdeführers, dass sein Sohn XXXX bei der Ausreise nach XXXX aus dem Bus geholt worden sei und aufgefordert worden sei, bis 05.01. zurückzukehren unlogisch, weil die Behörden in diesem Zeitpunkt seiner habhaft waren und er keineswegs unbekannten Aufenthaltes war. Auch die erstmals in der Beschwerdeverhandlung aufgestellte Behauptung, dass alle seine Familienangehörigen keine offizielle Beschäftigung annehmen dürften, weil sein Sohn XXXX zwei oder drei Mal unterschrieben habe, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, erscheint nicht logisch nachvollziehbar. Es ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es den Behörden nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (siehe z.B. VwGH vom 29.06.2000, 2000/01/0093).

Der Beschwerdeführe hat schließlich auch keine Identitätsdokumente (weder Inlands- noch Auslandsreisepass) vorgelegt, sondern lediglich einen Führerschein, jedoch zahlreiche nicht seine Person betreffende Dokumente, was für das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers, der häufig nicht mit seiner Person zusammenstehende Umstände vorbrachte, symptomatisch ist.

Die von dem Beschwerdeführer selbst vorgelegten Totenscheine seines Sohnes XXXX und seiner Schwiegertochter geben übereinstimmen als Todesursache eine Minenexplosion an. Dies steht im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt, wo er behauptete, dass diese von Soldaten getötet worden seien und dies auch im Fernsehen gezeigt worden sei, bzw. auch zu den vagen Angaben in der Beschwerdeverhandlung, dass er sicher sei, dass sie nicht so (durch eine Minenexplosion) gestorben seien. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist der Umstand, dass die Angehörigen des Beschwerdeführers laut den vorgelegten Totenscheinen durch eine Minenexplosion gestorben seien, kein Indiz für eine extralegale Tötung, sondern eher für einen Unfall im Zusammenhang mit den in Tschetschenien nach wie vor häufig existierenden Minen aus den beiden Tschetschenienkriegen.

Wie das Bundesasylamt zurecht in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, beziehen sich die Ausführungen in dem Schreiben der NGO "Objective" nicht auf eigene faktische Wahrnehmungen des Verfassers, sondern auf Schilderungen anderer Personen bzw. beziehen sich auch auf andere Personen und kann daher für den Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers daraus nichts gewonnen werden.

Der Beschwerdeführer hat überdies sein Vorbringen gesteigert, dass er erstmals in der Beschwerdeverhandlung behauptet hat, dass seine Familienangehörigen keine offizielle Beschäftigung annehmen dürften (ohne dafür einen logischen Grund anzuführen) und dass sich sein Sohn XXXX nicht im Krankenhaus behandeln dürfe. Außerdem hat er in der Beschwerdeverhandlung erstmals behauptet, im ersten Krieg die Kämpfer nicht-militärisch unterstützt zu haben und auch insoferne sein Vorbringen gesteigert. Ein gesteigertes Vorbringen ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als unglaubwürdig einzustufen (VwGH vom 08.04.1987, Zahl 85/01/0299, VwGH vom 02.02.1994, Zahl 93/01/1035), weil grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden muss (VwGH vom 05.10.1988, Zahl 88/01/0155, VwGH vom 11.11.1998, Zahl 98/01/261 u. v. a. m.).

Der Beschwerdeführer hat keineswegs ein unbegründet einsilbiges, aber ein unbegründet weitschweifiges und vom Thema abweichendes Vorbringen erstattet.

Auch was den persönlichen Eindruck betrifft, so ist nochmals darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer sehr wortreiche, aber oft äußerst unpassende weitschweifige und keineswegs konkrete und präzise Angaben zu seiner Person und seinen Fluchtgründen im Zuge des Asylverfahrens erstattet hat. Aus den oben dargestellten Gründen war daher den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen.

Glaubwürdig erscheint jedoch der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Gebiet XXXX selbst keine Probleme hatte, selbst niemals misshandelt wurde und auch selbst keinerlei Kontakte zum tschetschenischen Widerstand hatte (mit Ausnahme allfälliger, nicht mehr relevanter geringfügiger Unterstützungsleistungen im Zuge des ersten Tschetschenienkrieges) und dass er letztlich in gesicherten Verhältnissen gelebt hat, weil diese Angaben letztlich nicht dem Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers dienen."

Am 30.12.2014 wurde der Großvater des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde aufgefordert, sich schriftlich zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung zu äußern. Hiezu erstattete er eine mit 28.01.2015 datierte Stellungnahme: Er sei illegal eingereist, halte sich seit 19.01.2013 in Österreich auf. Er habe mit seiner Frau in Tschetschenien gemeinsame Kinder, sei mit ihr aber nicht verheiratet. Sein jüngerer Sohn sei seit kurzem als Asylwerber in Österreich aufhältig. Er habe auch einen Cousin, der als Flüchtling anerkannt sei. Er verwies auf "Bekannte" und auf ehrenamtliche Tätigkeit. Auch habe er einen Deutschkurs besucht.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit sodann angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2015 dem Großvater des Beschwerdeführers ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Großvaters des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.06.2015, w226 2001299-2/3E, wurde die Beschwerde vollumfänglich abgewiesen.

Nunmehriges Verfahren:

Der Großvater des Beschwerdeführers verblieb im Bundesgebiet und stellte am 15.07.2015 den nunmehrigen verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, € 237 pro Monat an Sozialleistungen zu beziehen und sich nach dem negativen Ausgang des ersten Asylverfahrens weiterhin in Österreich aufgehalten zu haben. Befragt, weshalb er neuerlich einen Asylantrag stelle, gab der Beschwerdeführer an, sein Sohn sei am 19.01.2015 nach Österreich gekommen und wohne seitdem bei ihm. Vor ca. einem Monat habe er drei Bestätigungen von verschiedenen Nachbarn von zu Hause erhalten und könne diese vorlegen. Diese würden bestätigten, dass sie mehrmals gesehen hätten, wie sein Haus von Militärangehörigen aufgesucht worden sei. Er habe keinen neuen Fluchtgründe, jedoch seien seine alten Gründe nach wie vor aktuell. Im Falle einer Rückkehr befürchte er eine Gefängnisstrafe, er habe den behördlichen Ladungen nicht Folge geleistet. Einen Abschiebetermin habe er noch nicht bekannt gegeben bekommen, sein Anwalt habe ihm geraten, erneut um Asyl anzusuchen.

Am 14. Februar 2017 wurde für den minderjährigen Beschwerdeführer ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Im Zuge der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes wurde angegeben, dass dieser in Begleitung seiner Oma per Flugzeug über Spanien nach Österreich gelangt sei. Ihm sei mitgeteilt worden, dass er nach Österreich zu seinem Großvater reise und wolle er nun bei seinem Opa bleiben. Mit sich führte der minderjährige Beschwerdeführer seine Geburtsurkunde und medizinische Totenscheine über den Tod seines Vaters und seiner Mutter.

Zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme am 05.11.2018 gab der Großvater des Beschwerdeführers an, seit ca. einem Jahr in psychologischer Behandlung zu sein. Heute gehe ich ihm aber gut und sei in der Lage Angaben zu seinem Verfahren zu machen. Medikamente nehme er keine ein, besuche jedoch jede Woche einen Psychologen. Zwischenzeitig sei nunmehr auch sein Enkel in Österreich aufhältig (Beschwerdeführer), welcher keine gesundheitlichen Probleme habe, er sei sportlich, Boxer, und habe schon Titel bei Wettkämpfen in Österreich errungen. Bis dato habe er stets die Wahrheit gesagt, sei ihm alles rückübersetzt und alles korrekt protokolliert worden.

Befragt nach Identitätsdokumenten gab der Großvater des Beschwerdeführers an, noch nie einen Reisepass besessen zu haben, seinen russischen Führerschein habe er in Österreich umschreiben lassen. In seinem ersten Verfahren habe er stets die Wahrheit gesagt und seien seine Angaben auch vollständig, mehr habe er selbst nicht dazu anzuführen. Die Gründe seien noch immer dieselben, der Umstand, dass er ohne die Behörden in Kenntnis gesetzt zu haben ausgereist sei, sei neu. Und das, was mit seinem Sohn nach der Ausreise passiert sei seien neu. Andere Gründe gebe es nicht.

Die Angaben zu seinem Reiseweg, die er im Vorverfahren erstattet habe, würden der Wahrheit entsprechen. Den Entschluss zur Ausreise habe er gefasst, nachdem ihn mit der Mitnahme gedroht worden sei, sollte sich sein Sohn nicht innerhalb von drei Tagen bei Ihnen melden. Alle hätten ihm geraten, auszuweisen. Er vermeinte, dass seine Familie in Ruhe gelassen werde, weil nur einer seiner Söhne zu den Widerstandskämpfern gegangen sei. Dies sei doch nicht so gewesen. Nur mit viel Mühe und Bestechungsgeldern sei es ihm gelungen seinen Sohn zu begraben, dies sei am XXXX oder XXXX gewesen.

Befragt nach seinem Flug führte der Großvater des Beschwerdeführers aus, er habe alle Ereignisse seines Ausreisegrundes bereits erzählt und angegeben. Er habe diesen nichts mehr hinzuzufügen. Auf die Frage, ob er sich bezüglich der erwähnten Probleme jemals an staatliche Behörden oder anderweitige Organisationen gewandt und diese um Hilfe versucht habe, antwortete der Großvater des Beschwerdeführers, sie hätten sich nur in diese Menschenrechtsorganisation gewandt, nachdem sein Sohn umgebracht worden sei. Die Polizei habe er sich nicht gewarnt, weil es sinnlos gewesen wäre. Er habe eine Erklärung unterschreiben müssen, dass er wegen der Verletzungen seines Sohnes keine Ansprüche stellen werde. Erst dann hätten sie seinen Sohn XXXX ins Krankenhaus gebracht.

In Österreich aufhältig sei neben dem Großvater des Beschwerdeführers sein Sohn XXXX , welcher im Jahre 2015 eingereist sei. Wann sein zweiter Sohn nach Österreich gekommen sei ( XXXX ) wisse er nicht mehr, aber er glaube dies sei vor zwei Jahren gewesen. In seinem Heimatland aufhältig sei sein ältester Sohn, der an der Grenze zur Ukraine lebe und als Taxifahrer arbeitete. Drei seiner Brüder seien noch in der Heimat. Seine Frau sei in XXXX . Zwei verheiratete Töchter seien auch noch in Tschetschenien. Sein verstorbener Sohn habe zwei Kinder, einer der beiden Enkel lebe in Tschetschenien bei seiner Frau, der anderes sei nunmehr beim Beschwerdeführer in Österreich. Kontakt mit seiner Familie halte der Beschwerdeführer über Telefon bzw. WhatsApp. Zwei seiner Brüder würden im Gebiet um XXXX arbeiten, seine Ehefrau werde von den Verwandten unterstützt. Die Sprache seines Heimatlandes beherrsche er sehr gut und sei er mit den gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten zu 100 % vertraut. Für seinen Enkel (Beschwerdeführer) habe er selbst das Sorgerecht erhalten.

Befragt nach Rückkehrbefürchtungen führte der Großvater des Beschwerdeführers aus, Angst zu haben, verhaftet und zumindest ins Gefängnis zu kommen. Zwar gebe es keine Todesstrafe mehr, doch gelte dies nicht für Tschetschenien. Tschetschenen würden im Gefängnis in relativ kurzer Zeit und Leben kommen. Befragt, ob es ihm möglich wäre, in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil zu ziehen, antwortete der Großvater des Beschwerdeführers, sie seien ja nach XXXX gezogen. Sie hätten ca. ein halbes Jahr benötigt, um sich dort einzurichten und eine Landwirtschaft aufzubauen. Sobald das Haus offiziell auf seine Söhne angemeldet worden sei, hätten die Probleme mit den Behörden begonnen. Sie hätten alles im Computer und würden alles wissen, deshalb habe es keinen Sinn, woanders hin zu gehen.

Zu seinem Privat- und Familienleben führte der Großvater des Beschwerdeführers aus, er habe niemals einen gültigen Aufenthaltstitel zur Begründung eines legalen Aufenthaltes in Österreich gehabt. Er besuche einen Deutschkurs, leiste gemeinnützige Arbeit gegen 3,- Euro, besuche einen älteren Mann und helfe diesen im Garten und im Haus. Er kümmere sich um seine Enkelkinder und habe auch österreichische Bekannte, mit denen er sich treffe und unterhalte. Derzeit lebe er von der Grundversorgung sowie von der genannten gemeinnützigen Tätigkeit, wenn er eine Gemeindearbeit erhalte. Nach wie vor sei er in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht und lebe dort gratis. Seit seiner Einreise in Österreich sei er noch keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Im Jänner 2019 habe er vor, die Prüfung für das Niveau A2 zu absolvieren. Er sei weder Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation und besuche in Österreich auch keine Moschee.

Sein Enkelkind (Beschwerdeführer) habe keine speziellen Asylgründe, sondern wahrscheinlich die gleichen Gründe wie der Beschwerdeführer selbst, manchmal leide dieser unter Magenschmerzen und bekomme Tabletten. Derzeit gehe er in die Schule und sei sehr sportlich. Er könne keinesfalls nach Russland zurückkehren, lieber würde er sich umbringen oder weglaufen, um einer Abschiebung in seine Heimat zu entgehen.

Über Vorhalt, wonach sein Sohn XXXX beabsichtige, freiwillig in die Russische Föderation zurückzukehren, gab der Großvater des Beschwerdeführers an, dass es seinem Sohn sehr schlecht gehe. Er habe Angst, bald zu sterben und gesagt, dass er nicht nach Tschetschenien wolle, sondern irgendwohin nach Russland. Der FSB habe seinem Sohn in XXXX zu Hause das Angebot gemacht, dass sie ihm viel Geld, ein neues Auto und Waffen geben würden, wenn er nach Tschetschenien fahren und ihnen Widerstandskämpfer ausliefern würde. Sein Sohn habe dies alleine entschieden und zum Großvater des Beschwerdeführers gesagt, dass er nicht hier sterben möchte. Die Abteilung für freiwillige Rückkehr habe ihm geraten, zuerst die medizinische Untersuchung abzuwarten, bevor er freiwillig ausreist.

Mit angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), sondern gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

In der Entscheidungsbegründung wurde seitens der belangten Behörde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine ihm im Herkunftsstaat drohende asylrelevante Gefährdung nicht habe glaubhaft machen können. Es habe sich nicht feststellen lassen, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation einer individuellen Verfolgung maßgeblicher Intensität aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung durch die staatlichen Organe ausgesetzt gewesen oder im Fall Ihrer Rückkehr ausgesetzt sein werde. Es gebe auch keine Anhaltspunkte auf das Vorliegen von Gefahren, welche die Erteilung subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Ein Bescheid gleichen Inhaltes erging auch an den Großvater des Beschwerdeführers.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der "ARGE-Rechtsberatung" als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Mit am 21. Dezember 2018 bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde gegen den genannten Bescheid und ficht diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang an. In Einem erhob auch der Enkelsohn Beschwerde.

Der Beschwerdeführer moniert im Wesentlichen, dass es die belangte Behörde verabsäumt habe, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Der Großvater des Beschwerdeführers werde seit der Tötung seines Sohnes XXXX durch tschetschenische Sicherheitskräfte im Jahr 2009 verdächtigt, tschetschenische Widerstandskämpfer zu unterstützen. Um sich vor den Bedrohungen in Sicherheit zu bringen, sei der Großvater des Beschwerdeführers mit seiner Familie nach XXXX gezogen. Auch dort sei es jedoch zu Durchsuchungen durch lokale Sicherheitsbehörden gekommen, mit der Begründung es gebe Hinweise auf Waffen im Haus. Um Namen, Aufenthaltsorte und andere Informationen über Widerstandskämpfer zu erhalten, sei der Großvater des Beschwerdeführers mehrmals bedroht worden, zuletzt am 12.12.2012. Aus diesem Grunde habe sich die Ehefrau des Großvaters des Beschwerdeführers an eine namentlich genannte Hilfsorganisation gewandt, um Hilfe zu erhalten. Zudem seien dessen Söhne gezwungen worden, mit den tschetschenische Sicherheitskräfte zu kooperieren. Im gegenständlichen Asylverfahren habe der Großvater des Beschwerdeführers drei Bestätigungen von Nachbarn vorgelegt, die belegen würden, dass sein Haus in XXXX durchsucht worden sei. Darüber hinaus habe der Großvater des Beschwerdeführers eine Vorladung zu einer Abteilung des Innenministeriums in XXXX für den 22.7.2015 in Vorlage gebracht. Der minderjährige Beschwerdeführer sei im Februar 2017 nach Österreich eingereist und habe am 14.2.2017 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Aufgrund der genannten Vorfälle liege eine maßgebliche Änderung des ursprünglichen Sachverhaltes vor sowie eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit drohender asylrelevanter Verfolgung der Beschwerdeführer im Heimatland, da der Großvater des Beschwerdeführers und seine Familie sowohl von den tschetschenischen als auch von den russischen Behörden verdächtigt werden, den tschetschenischen Widerstands unterstützen. Zudem sei die Integration des Beschwerdeführers mittlerweile äußerst stark und würde eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführer jedenfalls einen unzulässigen Eingriff in ihr schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich bedeuten

Die belangte Behörde habe sich weder eingehender mit den drei vorgelegten schriftlichen Erklärungen bezüglich der Hausdurchsuchungen noch mit der vorgelegten Ladung auseinandergesetzt. Auch habe sich die belangte Behörde hinsichtlich der langen Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich nicht genügend auseinandergesetzt. Gänzlich habe es das Bundesamt unterlassen, sich insbesondere mit der Lage des minderjährigen Beschwerdeführers im Falle der Abschiebung in die Russische Föderation zu befassen. Der Großvater des Beschwerdeführers habe sich bereits gut in Österreich integriert, Deutsch gelernt und Freunde gefunden. Vorgelegt werde eine Einstellungszusage und werde im Übrigen auf die niederschriftliche Einvernahme verwiesen. Der minderjährige Enkelsohn besuche in Österreich die Schule und würde bereits sehr gut deutsch sprechen.

Am 10. Oktober 2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Zuge der Verhandlung, an welcher die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers sowie eine Dolmetscherin für die russische Sprache teilgenommen haben, wurde der Großvater des Beschwerdeführers neuerlich zu seinen Fluchtgründen, seinem Familien- und Privatleben und allfälligen Integrationsaspekten sowie seinem Gesundheitszustand befragt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte schriftlich mitgeteilt, keinen Vertreter zu entsenden.

Zu Beginn der Verhandlung legte die Vertretung des Beschwerdeführers folgende Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer vor:

• Arbeitsbestätigung für April 2019 im Umfang von 7,5 Stunden + 13,5 Stunden,

• Arbeitsbestätigung März 2019, 8,5 + 6,5 Stunden,

• Arbeitsbestätigung Juli bis August 2019 im Ausmaß von 20 Wochenstunden,

• Arbeitsbestätigung für 22.01, 23.01 und 25.01.2015, 19 Stunden,

• Arbeitsbestätigung für den Zeitraum April 2016, 85 Stunden,

• Bestätigung des Boxclubs XXXX für das Enkelkind,

• Schulbesuchsbestätigung,

• Zeitungsartikel über die Boxkarriere des Enkelkindes;

Die weitere Verhandlung gestaltete sich auszugsweise wie folgt:

RI: Seit wann sind Sie in Österreich

BF1: Seit 2013.

RI: Haben Sie Österreich seitdem verlassen?

BF1: Nein, man hat mich im April nach XXXX geschickt.

RI: Warum haben Sie Österreich nicht verlassen?

BF1: Wohin soll ich fahren?

RI: Sie haben ein negatives Erkenntnis bekommen?

BF1: Ich kann weder in die tschetschenische Republik noch nach Russland zurück.

RI: Seit wann ist Ihr Enkelkind in Österreich?

BF1: Vor ca. zwei Jahren kam mein Enkelkind nach Österreich, aber ich weiß es nicht genau.

RI: Wie kam Ihr Enkelkind nach Österreich?

BF1: Meine Frau hat ihn über XXXX hierhergebracht.

RI: Ist es richtig, dass Ihre Frau zu diesem Zweck zur Botschaft ging, sich ein Visum für die EU ausstellen lies?

BF1: Ja, sie sind mit einem Visum gekommen, sie waren aber nicht selber bei der Botschaft. Sie haben das über einen Vermittelter gemacht.

RI: Ihr Enkelkind hatte auch ein Visum?

BF1: Ja.

RI: Seit wann wussten Sie, dass Ihr Enkelkind kommt?

BF1: Ich weiß es nicht genau. Vor drei oder vier Jahren wollten alle über Polen hierherkommen. In Weißrussland haben sie über zwei Monate gelebt. Sie haben jeden Tag versucht die polnische Grenze zu überqueren. Sie hatten kein Geld mehr und sind dann zurückgegangen. Ein Jahr später haben sie das Visa beantragt.

RI: Ich stelle fest, dass die Rückkehrentscheidung im Vorverfahren vom Juni 2015 stammt. Sie wären verpflichtet gewesen auszureisen. Jetzt sind Sie da geblieben, weil Sie wussten, dass Ihr Enkelsohn kommt.

BF1: Ich habe das damals nicht gewusst. Ich habe es erst dann erfahren, als ich das zweite Mal um Asyl angesucht habe. Dann ist die Familie nach Weißrussland gefahren. Das war ungefähr so.

RI: Sie wussten nicht, dass Sie das Land verlassen mussten, nachdem zweiten Antrag von Ihnen?

BF1: Wir haben uns bemüht, aber ich kann die Abfolge jetzt nicht wirklich herstellen. Ich glaube, dass meine Familie nach Weißrussland gekommen ist, als ich den zweiten Asylantrag gestellt habe.

RI. Wo ist Ihre Frau?

BF1: Sie ist in der tschetschenischen Republik.

RI: Ist irgendwer von Ihrer Familie noch in XXXX ?

BF1: Ein Sohn ist zurückgekehrt im Dezember 2018, glaube ich. Er lebt in XXXX und auch in der Ortschaft XXXX . Mein älterer Sohn hat eine ukrainische Familie, seine Frau ist Ukrainerin.

RI: Betreibt er diese Landwirtschaft?

BF1: Nein, er hat das nicht mehr.

RI: Was machen die Söhne jetzt?

BF1: XXXX lebt bei dem älteren Bruder in XXXX und manchmal kommt er nach XXXX . Der ältere Sohn mietet eine Wohnung, dort wohnen die Frau und den Kindern. Es gibt eine Tochter von der Frau, das ist nicht die leibliche Tochter, sie ist adoptiert und sie haben gemeinsam einen Sohn und drei Töchter.

RI: Lebt der jüngere Sohn in XXXX ?

BF1: Wir hatten dort ein Haus, aber dort lebt er nicht.

RI: Wo lebt er dann?

BF1: Er lebt entweder bei seinem Bruder in XXXX oder er wohnt bei dem Neffen in XXXX . Der Neffe wohnt lebt in der gleichen Siedlung, wo wir gelebt haben. Er hat ein Haus dort gekauft.

RI: Haben Ihre Söhne den gleichen Nachnamen wie Sie?

BF1. Nein, sie haben den Familiennamen meiner Frau, weil wir die Ehe nicht registriert haben. Wir haben nach traditionellen Riten geheiratet und nicht am Standesamt.

RI: Hat der verstorbene Sohn auch den Nachnamen der Frau gehabt?

BF1: Ja.

RI: Ist es richtig, dass Ihr Enkelkind keine eigenen Fluchtgründe hat, sondern auf Grund Ihrer Probleme in Österreich ist?

BF1: Seine Eltern wurden von den russischen Truppen umgebracht. Er ist hier, weil ich hier bin und auch er in Gefahr war, wie die ganze Familie.

RI: Wird Ihr Enkelkind auf Grund seiner politischen Einstellung verfolgt?

BF1: Er ist noch zu jung, um eine eigene Meinung zu haben, er ist elf.

RI: Wird Ihr Enkelkind auf Grund seiner religiösen Zugehörigkeit verfolgt?

BF1: Nein, es gibt die Blutrache. Wenn Sie in Russland gelebt haben, kennen sie das gut. Er ist hier, weil ich hier bin und die ganze Familie in Gefahr ist.

RI: Warum ist dann ein Sohn zurückgekehrt?

BF1: Wenn ich mich nicht irre, war er über zwei Jahre lang hier und hat auch einen negativen Bescheid bekommen. Er stand unter Stress. Ich habe ihn nach XXXX zu einem Psychologen gebracht, obwohl dort eine Therapie festgemacht war, ist er nachhause. Er kann nicht in die tschetschenische Republik. Er kann in Russland nicht leben oder arbeiten. Seine Mutter und sein Bruder helfen ihm finanziell, manchmal kann er auch illegal arbeiten.

RI: Was arbeitet der andere Bruder?

BF1: Er hat die Uni abgeschlossen, aber arbeitet auf Baustellen. Auch, wenn man ein höheres Diplom hat, aber keinen Kontakt zur Regierung kann man mit diesem Diplom nicht arbeiten.

Festgestellt wird, dass der Enkelsohn des BF seit Jänner 2017 in Österreich aufhältig ist.

RI: Leidet Ihr Enkelsohn an chronischen Krankheiten?

BF1: Nein.

RI: Welche Schulklasse besucht er jetzt?

BF1: Die XXXX . Anders gesagt, XXXX .

RI: In welcher Sprache unterhalten Sie sich mit Ihrem Enkelsohn?

BF1: Tschetschenisch und Russisch. Er versteht perfekt Deutsch und lernt auch Englisch in der Schule.

RI: Ging Ihr Enkel in Tschetschenien oder in XXXX in die Schule.

BF1: Er ging in Tschetschenien und XXXX zur Schule.

RI: Ich gehe davon aus, dass Ihr Enkel durch den Boxverein und die Schule einen großen Freundeskreis hat?

BF1: Ja.

RI: Wer passt jetzt gerade auf den Enkel auf?

BF1: Ich habe einen Cousin hier und auch ein Neffe ist da mit seiner Frau.

RI: Wo wohnt Ihr Sohn der in Österreich ist?

BF1: Er wohnt mit mir und macht eine Ausbildung zum Metalltechniker in der Berufsschule. Er arbeitet und bekommt seit über zwei Jahren kein Sozialgeld mehr.

RI: Leiden Sie selbst an chronischen Krankheiten?

BF1: Nein.

RI: Ist Ihnen bewusst, dass in Österreich über einen Fluchtgrund nur einmal entschieden werden kann und Sie beim BFA im nunmehrigen Verfahren angeben haben, dass Sie dieses Verfahren ausschließlich damit begründen, dass Ihr alter Fluchtgrund aufrecht bleibt und Sie diesem durch Bestätigungen von Ihrem Nachbarn belegen können. Ist Ihnen das klar?

BF1: Ja, wie soll ich das verstehen?

RI erörtert die Fragestellung.

BF1: Was soll ich machen, wenn er die Entscheidung schon getroffen hat. Ich kann ihnen Nachrichten zeigen, Fotos. Die Häuser der Verwandten der Kämpfer in Tschetschenien werden in Brand gesetzt.

RI: Wie sind Sie zu den vorgelegten Bestätigungen bekommen?

BF1: Der Anwalt und der Richter sagten, dass Beweise notwendig sind, z. B. vom Nachbarn oder Leuten, die das gesehen haben. Sie sind in das Büro gekommen in XXXX . Man hat es mir per Mail geschickt, also die Nachbarn. Ich habe ihnen das gesagt. Bei der Gerichtsverhandlung hat uns der Anwalt gesagt, dass wir Bestätigungen von den Nachbarn vorlegen, wenn sie das gesehen haben. Es wurden die Kopien der Pässe verlangt, aber dort hat es keiner mit Stempel bestätigt. Dort steht auch die Telefonnummer von ihnen und die Passangaben.

RI. Wie haben Sie die Nachbarn kontaktiert?

BF1: Ich habe die Frau gebeten, dass sie sich an die Nachbarn wendet. Es ging um die Bestätigung, dass die Polizei gekommen ist.

RI: Wie haben Sie Kontakt mit Ihrer Frau?

BF1: Per Telefon. Ich kenne mich nicht so gut aus, aber es gibt WhatsApp oder man ruft so an. Meine Frau hat auch ein Handy mit

WhatsApp. .......

RI: Wie finanzieren Sie derzeit Ihr Leben?

BF1: Ich bekomme Sozialgeld und wenn es Gemeindearbeit gibt, verrichte ich diese auch.

RI: Wie viel bekommen Sie?

BF1: 400 €.

RI: Wohnen Sie gratis oder zahlen Sie Miete?

BF1: Wir zahlen nichts. Ich arbeite, wenn möglich, für die Gemeinde und bekomme 3 € die Stunde (BFV verweist auf vorgelegte Bestätigungen).

RI: Welche Ausbildungen haben Sie Österreich absolviert?

BF1: Ich besuche Deutschkurse und habe auch einen Integrationskurs abgeschlossen. Die Bestätigungen dazu liegen vor. Ich habe auch meinen Führerschein gegen einen österr. Führerschein getauscht.

RI: Wie schaut aus mit Ihrem Rotlauf aus?

BF1: Ich weiß nicht, was das ist. Vielleicht meinen Sie die Bestätigung vom Bürgermeister.

RI: Sie haben eine Bestätigung vorgelegt, dass Sie an Rotlauf am unteren Bein leiden.

BF1: Das hatte ich früher, jetzt tut das nicht mehr weh.

RI: Hinsichtlich der vom BF vorgebrachten Deutschkurse und Integrationskurse wird auf den Akt verwiesen (AS 99 bis 193).

RI: Haben Sie zwischenzeitlich schon ein A2-Diplom gemacht?

BF1: Nein, es müsste eine Gruppe von mindestens acht Personen zusammen kommen, aber ich habe eine Bestätigung vorgelegt, dass ich 144 Stunden gelernt habe. Die Lehrerin hat gesagt, dass die Gruppe erst im November oder Dezember stattfinden wird. Das war von XXXX aus.

RI: Was würde passieren, wenn Sie jetzt gemeinsam mit Ihrem Enkelsohn in die russische Föderation zurückkehren würden?

BF1: Ich wiederhole nochmals, dass ich nicht zurückkehren kann. Ich werde dort mindestens inhaftiert. Mein Enkel könnte mir auch weggenommen werden, da seine Eltern umgebracht wurden. Dafür gibt es auch eigene Schule. Sie werden dann nach Syrien oder in die Ukraine geschickt.

RI: Wann sind die Eltern Ihres Enkels verstorben?

BF1: XXXX .

RI: Wer hatte von XXXX bis zur Ausreise das Sorgerecht für den Enkel?

BF1: Meine Frau. Es gab einen Gerichtsbeschluss. Ich glaube, dass wurde auch schon vorgelegt.

RI: Ist dieser Beschluss nach wie vor gültig in der Heimat?

BF1: Ich weiß es nicht. In Österreich wurde das gerichtlich erledigt. Ich habe das Sorgerecht.

RI: Haben Sie persönliches Eigentum in der Russischen Föderation?

BF1: Ich hatte ein Haus, aber das wurde zerbombt. Ich habe das Grundstück dazu."

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, der Ergebnisse der Beschwerdeverhandlung und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe.

Der Großvater des Beschwerdeführers hat das Sorgerecht in Österreich, in der Russischen Föderation seine Großmutter.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2013 wurde der erste Antrag des Großvaters des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit dem bereits genannten Erkenntnis vom 09.10.2014 hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren hinsichtlich des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die ordentliche Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Außerordentliche Revision bzw. Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. wurden vom Großvater des Beschwerdeführers nicht eingebracht.

Im gegenständlichen zweiten Verfahren bezieht sich der Großvater des Beschwerdeführers auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des ersten vom Großvater des Beschwerdeführers initiierten Verfahrens bestanden haben, bzw. die bereits im Kern unglaubwürdig sind. Für den minderjährigen Beschwerdeführer wurde keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte. Weiters liegen keine stichhaltigen Gründe vor, dass dieser konkret Gefahr liefe, in seinem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Der Beschwerdeführer bezog seit seiner Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes.

Der Beschwerdeführer besucht die Schule und ist in einem Boxverein aktiv.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.

Der Beschwerdeführer lebt mit seinem Großvater, welcher ebenfalls von aufenthaltsbeenden Maßnahmen bedroht ist, in einer Unterkunft für Asylwerber. Sein ebenfalls im gemeinsamen Haushalt lebender Onkel ist volljährig und besteht zu diesem kein Abhängigkeitsverhältnis.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur aktuellen politischen und menschenrechtlichen Situation in der Russischen Föderation werden insbesondere folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 29.7.2019, vgl. GIZ 8.2019c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 8.2019a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 8.2019a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das

Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178

Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und

Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem

Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Sieben-Prozent-Klausel.

Wichtige Parteien sind: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern , die die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumsparte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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