TE Vwgh Erkenntnis 2020/1/14 Ro 2018/12/0011

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E05202000
E3L E05202020
E6J
E6O
001 Verwaltungsrecht allgemein
60/04 Arbeitsrecht allgemein
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
63/03 Vertragsbedienstetengesetz
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht

Norm

BDG 1979 §65
BDG 1979 §66
EURallg
RStDG §72 Abs1 idF 2012/I/120
RStDG §72 Abs3 idF 2012/I/120
RStDG §72 Abs4 idF 2012/I/120
RStDG §72 Abs5 idF 2012/I/120
RStDG §72 idF 2012/I/120
RStDG §72a
RStDG §75d Abs3
RStDG §76a
RStDG §76b
UrlaubsG 1976
VBG 1948 §27a
VBG 1948 §27c
VwRallg
31997L0081 Teilzeitarbeit-RL Anh idF 31998L0023
32003L0088 Arbeitszeit-RL Art7 Abs1
62008CJ0486 Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols VORAB
62012CO0415 Brandes VORAB
62014CJ0219 Greenfield VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Mag. HG in Z, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Jänner 2018, GZ W213 2003403-1/7E, betreffend Urlaubsausmaß gemäß § 72 RStDG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf Zuerkennung der dem Rechtsträger der belangten Behörde entstandenen Kosten wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht als Richter des Bezirksgerichts Dornbirn in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Von 1. Jänner bis 30. April 2013 war sein regelmäßiger Dienst gemäß § 76a Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) auf die Hälfte herabgesetzt.

2        Mit Antrag vom 10. Juni 2013 begehrte der Revisionswerber, dass sein Urlaubsanspruch um 13 Stunden erhöht werde; in eventu beantragte er, dass für jenen Urlaubsanspruch aus der Halbauslastung (13 Stunden) pro Urlaubstag nur vier Stunden berechnet würden. Der Revisionswerber brachte vor, sein Urlaubsanspruch sei für das Jahr 2013 händisch berechnet worden. Daraus habe sich ein Urlaubsanspruch für seine Zeit in Halbauslastung von (gerundet) 33 Stunden ergeben. Für die Vollzeitbeschäftigung habe sich ein Urlaubsanspruch von 134 Stunden ergeben. In Summe sei ein Gesamturlaubsanspruch für das Kalenderjahr 2013 von 167 Stunden berechnet worden.

3        Er habe im Jahr 2013 fünf Tage Urlaub genommen. Dafür seien ihm 20 Stunden abgezogen worden. Er habe daher noch 13 Stunden übrig, die aus der Zeit seiner Halbauslastung stammten.

4        Gemäß § 72 Abs. 6 RStDG sei der Verbrauch der Urlaubsstunden nur tageweise zulässig, wobei bei Vollauslastung acht Stunden und bei Halbauslastung vier Stunden einem Urlaubstag entsprächen. In Halbauslastung würden daher seine 13 Urlaubsstunden mindestens drei Tagen entsprechen. Da er aber derzeit in Vollauslastung sei, würden ihm vom System acht Stunden pro Urlaubstag abgezogen. Das bedeute, dass die 13 Urlaubsstunden lediglich einem Urlaubstag entsprächen. Er würde also zwei Urlaubstage verlieren.

5        Dieses Ergebnis könne nicht im Sinne des Gesetzes sein oder das Gesetz sei in dieser Form gleichheitswidrig. Auch wenn das Gesetz das Urlaubsausmaß nach Stunden bemesse, so ergebe sich aus § 72 Abs. 6 RStDG (acht bzw. vier Stunden pro Urlaubstag), dass dem Richter jedenfalls 25 Urlaubstage pro Jahr zur Verfügung stehen sollten. § 72 Abs. 6 RStDG könnte auch dahin ausgelegt werden, dass für jenes Urlaubsausmaß, das in Halbauslastung erworben worden sei, lediglich vier Stunden pro Urlaubstag abgezogen würden, auch wenn der Richter bereits in Vollauslastung sei. Es gebe eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) zu dieser Problematik (OGH 24.10.2012, 8 ObA 35/12y = EvBl. 2013/50). Die Entscheidung beziehe sich zwar auf ein privatrechtliches Dienstverhältnis, die Problematik sei jedoch dieselbe. Der OGH gelange darin zum Schluss, dass es im Interesse des Erholungszweckes nicht sein dürfe, dass ein während einer Teilzeitperiode erworbener Urlaubsanspruch, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht möglich gewesen sei, durch den Arbeitszeitwechsel reduziert würde. Der OGH löse das Problem so, dass ein offener Urlaubsanspruch aus der Teilzeitphase so aufzuwerten sei, dass dem Arbeitnehmer der volle Jahresurlaub zur Verfügung stehe.

6        Mit Bescheid vom 21. Juni 2013 wies der Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck den Antrag des Revisionswerbers ab. Begründend wurde ausgeführt, das Erholungsurlaubsausmaß ändere sich gemäß § 72 Abs. 1 RStDG entsprechend, wenn die Auslastung durch einen der in § 72 Abs. 3 RStDG aufgezählten Fälle ermäßigt werde. In diesem Fall sei bei einer Herabsetzung der Auslastung gemäß § 76a RStDG der Erholungsurlaub gemäß § 72 Abs. 4 RStDG für das jeweilige Kalenderjahr entsprechend der über das gesamte Kalenderjahr gemessenen durchschnittlichen Auslastung neu zu berechnen. Aufgrund dieser Berechnung des Erholungsurlaubsausmaßes mit der durchschnittlichen Auslastung ergebe sich für das Jahr 2013 ein Anspruch von gerundet 168 Stunden. Da bereits vom 4. bis 8. März 2013 20 Stunden konsumiert worden seien, bestehe ein Resturlaubsanspruch von 148 Stunden.

7        Eine Aufwertung bzw. eine verminderte Belastung des Urlaubskontingents 2013 bei einem nicht verbrauchten Erholungsurlaub im Falle eines Wechsels von Teilauslastung auf Vollauslastung finde in § 72 RStDG keine Deckung. Die Restzahl an nicht verbrauchten Urlaubsstunden aus der Halbauslastung bleibe in ihrem Ausmaß unverändert bestehen. Da dem Urlaubsgesetz eine andere rechtliche Wertung zugrunde liege, gehe der Verweis auf 8 ObA 35/12y ins Leere.

8        Dagegen erhob der Revisionswerber Berufung, in der er im Wesentlichen inhaltsgleich wie in seinem Antrag vom 10. Juni 2013 argumentierte.

9        Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 31. Dezember 2013 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

10       Über Revision des Revisionswerbers wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2017, Ro 2014/12/0028-7, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Bundesministers für Justiz aufgehoben.

11       Mit Erkenntnis vom 9. Jänner 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Berufung, nunmehr Beschwerde, des Revisionswerbers gemäß § 72 Abs. 4 RStDG iVm § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet ab. Es sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

12       Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, unstrittig errechne sich gemäß § 72 Abs. 4 RStDG für den Revisionswerber im Jahr 2013 mit der Anhebung der Auslastung auf 100% per 1. Mai 2013 ein Urlaubsanspruch von gerundet 168 Stunden. In den Gesetzesmaterialien (GP XXII RV 283, S.12) werde klargestellt, dass die Umstellung auf eine generelle Umrechnung des Urlaubsausmaßes in Stunden nur ein rein verwaltungstechnisches Vorhaben bilde, das den dem Bediensteten zustehenden gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub nicht berühre.

13       Die in § 72 Abs. 4 RStDG getroffene Aliquotierungsregelung entspreche dem pro-rata-temporis-Grundsatz, wonach die Höhe der Urlaubsansprüche dem Ausmaß der Beschäftigung entspreche. Dieser Grundsatz sei grundsätzlich auch auf die Gewährung von Jahresurlaub für die Zeit der Teilzeitbeschäftigung anzuwenden. Im Urteil vom 22. April 2010 in der Rechtssache C-486/08 habe der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, es stehe dem einschlägigen Unionsrecht entgegen, dass nach einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Bediensteten das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Erholungsurlaubes in der Weise angepasst werde, dass der von einem Bediensteten, der von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung übergehe, in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, dessen Ausübung dem Bediensteten während dieser Zeit nicht möglich gewesen sei, reduziert werde oder der Bedienstete diesen Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubsentgelt verbrauchen könne.

14       In § 72 Abs. 4 RStDG werde klar zum Ausdruck gebracht, dass sich das Entstehen eines Urlaubsanspruches nach dem jeweiligen für den Bediensteten geltenden Beschäftigungsausmaß richte. Damit sei ausgeschlossen, dass in Zeiten der Vollauslastung erworbene Urlaubsansprüche dadurch vermindert würden, dass die Auslastung des Bediensteten herabgesetzt werde. Dieser Grundsatz müsse aber auch im umgekehrten Fall gelten: Ebenso wenig wie ein bereits erworbener Urlaubsanspruch durch eine Herabsetzung der Auslastung gemindert werde, könne ein in Zeiten einer Teilauslastung erworbener - und dadurch entsprechend geminderter - Anspruch auf Erholungsurlaub dadurch vermehrt werden, dass der Bedienstete wieder einer Vollauslastung unterliege. Daraus ergebe sich für den Verbrauch des Erholungsurlaubes, dass in Zeiten einer Teilauslastung erworbene Ansprüche in Zeiten einer Vollauslastung ein entsprechend geringeres Ausmaß an urlaubsbedingter Abwesenheit zuließen.

15       Dieses Ergebnis entspreche auch dem vom Revisionswerber zutreffend formulierten Zweck der Regelungen über den Erholungsurlaub, der darin bestehe, dem Arbeitnehmer jenen Urlaub zu verschaffen, der zur Erholung und Wiederherstellung seiner Arbeitskraft nötig sei. Es liege auf der Hand, dass in Zeiten einer reduzierten Auslastung des Bediensteten auch nur entsprechend verminderte Urlaubsansprüche erworben werden könnten.

16       Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Zu der im gegenständlichen Verfahren zu klärenden Rechtsfrage, welche Auswirkung der Übergang zu einer Vollauslastung auf - entsprechend aliquotierte - Urlaubsansprüche bzw. deren Konsumation, die in Zeiten einer Teilauslastung erworben worden seien, bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

17       Mit Beschluss vom 14. März 2018, E 578/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde ab. Er führte aus, zur Beantwortung der maßgebenden Fragen seien spezifisch verfassungsrechtliche Erwägungen nicht erforderlich. Die Beschwerde rüge die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob vom Bundesverwaltungsgericht innerstaatliche, einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden waren, seien spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen (Hinweis auf VfSlg. 14.886/1997).

18       Mit weiterem Beschluss vom 3. April 2018, E 578/2018-7, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab.

19       Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Jänner 2018 richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

20       Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er beantragte, die Revision als unbegründet abzuweisen, und einen Antrag auf Aufwandersatz stellte.

21       Die Revision beruft sich in der Zulässigkeitsbegründung auf die Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22       Die Revision ist aus den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Gründen zulässig, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend die Auslegung des § 72 RStDG oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen (siehe im Weiteren) bezüglich der Auswirkung einer Änderung des Dienstausmaßes auf das Urlaubsausmaß nicht vorliegt.

23       Der Revisionswerber bringt zur Begründung seiner Revision vor, die Divergenz der Rechtsmeinung der Dienstbehörde und des Bundesverwaltungsgerichts zu der von ihm vertretenen lasse sich am Einfachsten dahin formulieren, dass strittig sei, ob je vier Stunden Urlaubsanspruch, die im Zeitraum der Halbauslastung einen ganzen Urlaubstag bedeutet hätten, im Zeitraum der Vollauslastung ebenfalls einen Anspruch auf einen ganzen Urlaubstag ergäben oder nur auf einen halben Urlaubstag. Der entscheidende Gesichtspunkt sei bei dieser Interpretationsfrage, dass es um Erholungsurlaub gehe, wobei das Gesetz selbst vorgebe, dass eine Konsumierung nur tageweise zulässig sei. Das Erholungserfordernis ergebe sich aber nicht in Relation zu einer früheren, sondern aus der jeweils aktuellen Situation. Offenbar wäre es nicht gleichwertig, wenn in der Situation einer Vollauslastung anstelle eines Tages nur ein halber Tag bzw. anstelle von zwei Tagen nur ein Tag für die Erholung zur Verfügung stünde. Dem Wesen der Sache entspreche es daher nur, wenn die Umrechnung in Urlaubstage erfolge und diese voll zugestanden würden. Bei Änderung des Beschäftigungsausmaßes sei die Aliquotierung in jenem Verhältnis zu ändern, wie es der neuen gegenüber der früheren Situation entspreche. Der Maßstab könne nur sein, dass die Zahl der Urlaubstage aufrechterhalten werde.

24       Aus verfassungsrechtlicher (gleichheitsrechtlicher) Sicht sei zu konstatieren, dass zumindest die Möglichkeit bestehe, das Gesetz auch im Endergebnis seinem Standpunkt entsprechend zu interpretieren, also dahin, dass durch einen während der Halbzeitbeschäftigung erworbenen Anspruch auf einen Halbzeiturlaubstag für eine darauf folgende Phase einer Vollbeschäftigung ein Anspruch auf einen Vollzeiturlaubstag resultiere - wie das dem Erholungsbedarf entspreche. Der pro-rata-temporis-Grundsatz werde nicht prinzipiell angezweifelt, sondern mit den sich aus dem Erholungsprinzip ergebenden Konsequenzen kombiniert.

25       Aus dem Urteil des EuGH vom 22. April 2010, C-486/08, ergebe sich, dass (auch) eine Regelung unionsrechtskonform sei, durch welche die Zahl der Urlaubstage in einem solchen Maße voll gewahrt bleibe.

26       Die Revision ist nicht berechtigt.

27       § 72 Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG), BGBl. Nr. 305/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 120/2012 lautete:

Urlaubsausmaß

§ 72. (1) In jedem Kalenderjahr gebührt ein Erholungsurlaub im Ausmaß von 200 Stunden. Das Urlaubsausmaß erhöht sich ab dem Kalenderjahr, in dem der 43. Geburtstag vor dem 1. Juli liegt, auf 240 Stunden. Liegt der 43. Geburtstag in diesem Kalenderjahr nach dem 30. Juni, erhöht sich das Urlaubsausmaß ab dem darauf folgenden Kalenderjahr.

(2) In dem Kalenderjahr, in dem das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis begründet wird, beträgt das Urlaubsausmaß für jeden begonnenen Monat des Dienstverhältnisses ein Zwölftel des jährlichen Ausmaßes. Hat das Dienstverhältnis in diesem Kalenderjahr ununterbrochen sechs Monate gedauert, so gebührt der volle Erholungsurlaub. Ergeben sich bei der Ermittlung des Urlaubsanspruchs Teile von Stunden, so sind sie auf ganze Stunden aufzurunden.

(3) Das in Abs. 1 und § 72a ausgedrückte Urlaubsausmaß ändert sich entsprechend, wenn die Auslastung einer Richterin oder eines Richters gemäß § 75d Abs. 3, § 76a oder § 76b ermäßigt ist.

(4) Anlässlich jeder Verfügung einer Änderung im Sinne des Abs. 3 ist das gemäß Abs. 1 und § 72a ausgedrückte Urlaubsausmaß für das jeweilige Kalenderjahr entsprechend der über das gesamte Kalenderjahr gemessenen durchschnittlichen Auslastung neu zu berechnen. Nicht verfallene Ansprüche auf Erholungsurlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren bleiben davon unberührt.

(5) Fallen in ein Kalenderjahr Zeiten

1.   eines Karenzurlaubs, einer Außerdienststellung oder einer Dienstfreistellung gemäß § 75d Abs. 1 oder 2 oder § 75e Abs. 1 Z 2,

2.   einer Karenz nach dem MSchG oder nach dem VKG oder

3.   einer ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst,

so gebührt ein Erholungsurlaub, soweit er noch nicht verbraucht worden ist, in dem Ausmaß, das dem um die Dauer dieser Zeiten verkürzten Kalenderjahr entspricht. In den Fällen der Z 1 tritt die Aliquotierung bereits ab dem Zeitpunkt der jeweiligen Verfügung und im Fall der Z 2 ab Antritt ein.

(6) Der Verbrauch der Urlaubsstunden ist nur tageweise zulässig. Einem Urlaubstag entsprechen dabei bei Vollauslastung acht Stunden, bei Teilauslastung der dem Ausmaß der Auslastung entsprechende Teil davon. Ergibt sich bei der Ermittlung des Urlaubsausmaßes gemäß Abs. 2 bis 5 ein Rest an Urlaubsstunden, der nicht tageweise verbraucht werden kann, kann dieser auch stundenweise verbraucht werden.“

28       Paragraf 4 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit) im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 (ABl. L 131, S. 10) geänderten Fassung lautet:

„1.Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.

2.Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.“

29       Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) (Arbeitszeitsgestaltungs-RL) lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.“

30       In § 72 Abs. 1 RStDG wird das Urlaubsausmaß in Stunden angegeben (200 oder 240 Stunden). Gemäß Abs. 3 leg.cit. ändert sich das Urlaubsausmaß entsprechend, wenn die Auslastung einer Richterin oder eines Richters gemäß § 75d Abs. 3, § 76a oder § 76b ermäßigt ist. Anlässlich jeder Verfügung einer Änderung im Sinne des Abs. 3 leg.cit. ist nach Abs. 4 leg.cit. das gemäß Abs. 1 und § 72a ausgedrückte Urlaubsausmaß für das jeweilige Kalenderjahr entsprechend der über das gesamte Kalenderjahr gemessenen durchschnittlichen Auslastung neu zu berechnen. Nicht verfallene Ansprüche auf Erholungsurlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren bleiben davon unberührt.

31       Das nach diesen Bestimmungen eingeräumte Urlaubsausmaß bildet ein Äquivalent an Erholungszeit für geleistete, in Stunden berechnete Dienste. Es wird angeordnet, dass für Zeiten der Änderung des Ausmaßes der zu leistenden Dienste jeweils ein der Änderung entsprechendes Ausmaß an Urlaubsstunden zusteht (pro-rata-temporis-Grundsatz). Berechnungsgrundlage für den zustehenden Urlaub sind danach jeweils die zu leistenden und in Stunden bemessenen Dienste, wobei das zustehende Urlaubsausmaß ebenfalls in Stunden ausgedrückt wird (Stunden-Äquivalenz-Modell).

32       Es ergibt sich, dass der Urlaubsanspruch für die Zeit der Halbzeitauslastung für einen Urlaubstag den an einem Arbeitstag geleisteten Dienst von vier Stunden entspricht. Wird der in der Halbzeitauslastung erworbene Urlaubsanspruch auch während der Halbzeitauslastung konsumiert, werden entsprechend den vier Stunden geleisteten Dienstes für einen Urlaubstag auch vier Stunden des Urlaubskontingents abgezogen (periodenkonforme Inanspruchnahme des Urlaubs).

33       § 72 Abs. 3 bis 5 RStDG sieht daher eine Gewährung von Urlaub nach dem pro-rata-temporis-Grundsatz auf Grundlage der geleisteten Stunden an Dienst vor. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere § 72 Abs. 4 RStDG) ist eine Auf- bzw. Abwertung von nicht verbrauchten Urlaubsstunden entsprechend der nachträglich erfolgten Änderung des Ausmaßes der nunmehr zu leistenden Dienste nicht vorgesehen. Die vom Revisionswerber gewünschte Auslegung dahin, dass nicht verbrauchte Urlaubsstunden aus der Zeit vor der Änderung des Ausmaßes der zu leistenden Dienste gemäß dem später zu leistenden Dienstausmaß jeweils ab- oder aufzuwerten wären, widerspräche einer am Wortlaut orientierten Auslegung des Gesetzes.

34       Der Ansatz des Revisionswerbers, dass den Dienstnehmern unabhängig vom Ausmaß der zu leistenden Dienste immer gleich viele Urlaubstage zustehen müssten, entstammt dem nach der Rechtsprechung des OGH im Urlaubsgesetz verwirklichten kalendarischen Urlaubsmodell, bei dem den Dienstnehmern ein in Tagen oder Wochen ausgedrückter Urlaub zukommt, wobei nur berücksichtigt wird, an wie vielen Tagen der Woche gearbeitet wurde, nicht aber wie viele Stunden Arbeit dabei geleistet wurden. Gerade dieses Urlaubsmodell wurde in § 72 RStDG nicht umgesetzt, sondern das oben beschriebene Stunden-Äquivalenz-Modell, das auch den §§ 65 und 66 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) und den §§ 27a und 27c Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) zugrunde liegt.

35       Das kalendarische Urlaubsmodell und das Stunden-Äquivalenz-Modell haben unterschiedliche Rechtsfolgen. So trifft es zwar zu, dass unter Anwendung des kalendarischen Urlaubsmodells bei Wechsel von Halbzeit- in Vollzeitauslastung für noch nicht verbrauchte Urlaubstage jeweils ein voller Urlaubstag auch in Vollzeitauslastung gewährt wird. Allerdings ergäbe sich bei Wechsel von Vollzeit- in Halbzeitauslastung demgegenüber, dass für acht Stunden geleisteter Arbeit in Vollzeitauslastung nur ein Urlaubstag mit entfallender Dienstleistung von vier Stunden in Halbzeitauslastung gewährt wird. Insbesondere wird nach dem kalendarischen Urlaubsmodell für jeden Tag, an dem Arbeit geleistet wurde (z.B. eine Stunde), ein voller Urlaubstag gewährt. Hat jemand sohin an allen fünf Tagen der Arbeitswoche jeweils eine Stunde Arbeit geleistet, so erhält er für eine Woche fünf Tage Urlaub, während derjenige, der fünf Stunden an einem Arbeitstag geleistet hat, für eine Woche geleisteter Arbeit nur einen Tag Urlaub erhält (vgl. auch OGH 24.10.2012, 8 ObA 35/12y).

36       Beim Stunden-Äquivalenz-Modell ergibt sich dagegen, dass bei Wechsel von Halbzeit in Vollzeit nicht verbrauchter Urlaub aus der Halbzeitauslastung nur noch die Hälfte eines in Tagen gerechneten Urlaubsanspruches ausmacht. Bei Wechsel von Vollzeit in Halbzeit hingegen vermittelt ein nicht verbrauchter Urlaubstag, weil in Stunden gerechnet wird, zwei Urlaubstage in Halbzeitauslastung.

37       Beim Verwaltungsgerichtshof sind betreffend das Stunden-Äquivalenz-Modell keine Bedenken in Richtung einer Gleichheitswidrigkeit im Sinne einer Unsachlichkeit entstanden, vermitteln doch die jeweils geleisteten Stunden des Dienstes entsprechende Urlaubsstunden (pro-rata-temporis-Grundsatz). Dass der Urlaub - mit Ausnahme der bei der Berechnung des Urlaubsausmaßes verbleibenden Reststunden - nur tageweise in Anspruch genommen werden darf, entspricht dem Erholungsgedanken. Dem Argument des Revisionswerbers, dass der Gesetzgeber eine im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubes entsprechende Zeit der Erholung gewährleisten müsse, ist entgegen zu halten, dass bei einer dem Erholungsgedanken Rechnung tragenden periodenkonformen Inanspruchnahme des Urlaubs auch das in Tage bzw. Wochen umgerechnete Urlaubsausmaß gewährleistet ist. Auch der Verfassungsgerichtshof hatte, wie sich aus dem oben wiedergegebenen Ablehnungsbeschluss ergibt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

38       Die gesetzlichen Regelungen des § 72 Abs. 3 bis 5 RStDG stehen auch im Einklang mit dem Unionsrecht. So hat der EuGH unter Berücksichtigung des einschlägigen Unionsrechts, insbesondere § 4 Nr. 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten Fassung (pro-rata-temporis-Grundsatz), unter Berücksichtigung, des jedem Arbeitnehmer gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitsgestaltungs-RL) zustehenden Rechts auf vier Wochen bezahlten Mindesturlaub, ausgesprochen, dass die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Bezugszeitraum in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit steht. Die genannten unionsrechtlichen Bestimmungen stehen danach einer nationalen Regelung entgegen, nach der bei einer Änderung des Beschäftigungsausmaßes eines Arbeitnehmers das Ausmaß des noch nicht verbrauchten Erholungsurlaubs in der Weise angepasst wird, dass der von einem Arbeitnehmer, der von einer Vollzeit- zu einer Teilzeitbeschäftigung übergeht, in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während dieser Zeit nicht möglich war, reduziert wird oder der Arbeitnehmer diesen Urlaub nur mehr mit einem geringeren Urlaubsentgelt verbrauchen kann (EuGH 22.4.2010, C-486/08, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols; 13.6.2013, C-415/12, Brandes).

39       Im Urteil vom 11. November 2015, C-219/14, Greenfield, sprach der EuGH in einem Fall des Wechsels von geringerem zu höherem Beschäftigungsausmaß - wie im vorliegenden Revisionsfall - darüber hinaus aus, dass die oben genannten unionsrechtlichen Bestimmungen dahin auszulegen sind, dass im Fall einer Erhöhung der von einem Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, vorzusehen, dass die Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub, der bereits erworben war oder eventuell in Anspruch genommen wurde, nach dem neuen Arbeitsrhythmus dieses Arbeitnehmers rückwirkend nachberechnet werden müssten. Was die Entstehung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub betrifft, sind die Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer nach verschiedenen Arbeitsrhythmen arbeitete, voneinander zu unterscheiden, wobei die Zahl der entstandenen Einheiten an jährlicher Ruhezeit im Vergleich zur Zahl der geleisteten Arbeitseinheiten für jeden Zeitraum getrennt zu berechnen ist.

40       Zusammenfassend ist daraus abzuleiten, dass die in § 72 RStDG angeordnete Regelung des Stunden-Äqivalenz-Modells, wonach sich der Urlaubsanspruch entsprechend den jeweils geleisteten Dienststunden ergibt, keinen verfassungsrechtlichen oder unionsrechtlichen Bedenken begegnet. Der Gesetzgeber ist lediglich angehalten, Urlaub in dem Ausmaß zu gewähren, dass dem Dienstnehmer ein entsprechender Urlaubsanspruch zukommt, also dass es dem Dienstnehmer entsprechend der geleisteten Arbeit möglich ist, den gesetzlich bzw. unionsrechtlich zustehenden Urlaub in Anspruch zu nehmen. Der Gesetzgeber muss aber nicht gewährleisten, dass das in Tage oder Wochen umgerechnete oder festgelegte Urlaubsausmaß auch dann zusteht, wenn der Dienstnehmer seinen Urlaub nicht periodenkonform in Anspruch nimmt. Für den vorliegenden Revisionsfall ist allerdings festzuhalten, dass der Revisionswerber auch bei der hier konkret gewählten nicht periodenkonformen Urlaubsinanspruchnahme die Möglichkeit hatte, die ihm gemäß Art. 7 Abs. 1 Arbeitszeitsgestaltungs-RL zustehenden vier Wochen Urlaub zu konsumieren.

41       Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

42       Zum Antrag auf Aufwandersatz in der Revisionsbeantwortung des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz ist auszuführen, dass dieser in Ermangelung einer Eintrittserklärung gemäß § 22 erster Satz VwGG, die eine Einbringung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde vorausgesetzt hätte, nicht Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof im Verständnis des § 21 Abs. 1 VwGG ist. Erstattet er eine - dennoch gemäß § 30a Abs. 5 und § 29 VwGG zulässige - Revisionsbeantwortung, so steht ihm gemäß § 48 Abs. 2 VwGG kein Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu, weil er eben nicht Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG ist.

43       Umgekehrt gebührt der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde (Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck) kein Aufwandersatz, weil sie keine Revisionsbeantwortung erstattet hat und ihr daher keine Kosten entstanden sind. Im Übrigen wäre zur Antragstellung lediglich diejenige Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens berechtigt, deren Aufwand abgegolten werden soll (vgl. VwGH 1.7.2015, Ro 2014/12/0055, iVm VwGH 6.6.2018, Ra 2017/12/0045).

Wien, am 14. Jänner 2020

Gerichtsentscheidung

EuGH 62008CJ0486 Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols VORAB
EuGH 62012CO0415 Brandes VORAB
EuGH 62014CJ0219 Greenfield VORAB

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018120011.J00

Im RIS seit

27.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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