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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des A S in S, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 2019, Zl. W265 2144833- 1/19E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Dezember 2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vom 23. September 2015 vollinhaltlich abgewiesen, dem Revisionswerber kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.
2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem hier angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 3 Begründend führte das BVwG, soweit für das Revisionsverfahren relevant, aus, dem Revisionswerber sei eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz nicht möglich. Aufgrund der allgemeinen Gegebenheiten und der persönlichen Umstände des Revisionswerbers stehe ihm jedoch eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative (IFA) in Mazar-e Sharif zur Verfügung. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Revisionswerber sei nach der vorgenommenen Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG zulässig. 4 Die dagegen erhobene Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, das BVwG sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es sich in seiner Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK bei der Gewichtung der für die Gesamtbetrachtung maßgeblichen Umstände von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes entfernt habe. Zudem habe sich das BVwG bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer IFA nicht ausreichend mit den persönlichen Umständen des Revisionswerbers auseinandergesetzt.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Soweit der Revisionswerber ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend macht, ist darauf hinweisen, dass in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dem Sachverhalt der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in entscheidungswesentlicher Hinsicht gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 26.11.2019, Ra 2019/01/0442, mwN). Fallbezogen erfüllt die Zulässigkeitsbegründung diese Anforderungen nicht.
9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG. Die durch das BVwG durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist nur dann vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen, wenn das BVwG die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 5.11.2019, Ro 2019/01/0008 mwN). Dass das BVwG die Interessenabwägung in derart unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf.
10 Die Frage der Zumutbarkeit der IFA stellt eine - von der Asylbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht zu treffende - Entscheidung im Einzelfall dar, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit zu treffen ist (vgl. abermals VwGH 26.11.2019, Ra 2019/01/0442, mwN). Dass das BVwG im Fall des Revisionswerbers, bei dem es sich um einen jungen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, von der dazu entwickelten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf. 11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010002.L00Im RIS seit
27.04.2020Zuletzt aktualisiert am
27.04.2020