TE Vwgh Beschluss 2020/1/14 Ra 2018/12/0064

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz

Norm

AVG §56
BDG 1979 §15
BDG 1979 §15 Abs1
BDG 1979 §236b
BDG 1979 §236d
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des JS in A in D, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2018, GZ W122 2184612-1/7E, betreffend Ruhestandsversetzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der am 29. Dezember 1955 geborene Revisionswerber brachte in seiner Eingabe vom 19. Mai 2015 gegenüber der Dienstbehörde vor, er erkläre und beantrage gemäß § 15 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf seines 60. Lebensjahres und einer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von über 40 Jahren mit ungemindertem Ruhebezug. 2 Mit Bescheid der Dienstbehörde vom 1. Juli 2015 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 19. Mai 2015 auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 15 BDG 1979 mit ungemindertem Ruhebezug und einer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von über 40 Jahren abgewiesen. Die Dienstbehörde führte aus, gemäß § 15 BDG 1979 in Verbindung mit § 236d BDG 1979 könne der nach 1953 geborene Beamte durch schriftliche Erklärung aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats bewirken, in dem er sein 62. Lebensjahr vollendet, wenn er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine beitragsgedeckte Gesamtdienstzeit von 42 Jahren aufweise. Nachdem der Revisionswerber einen ungeminderten Ruhebezug erhalten wolle und er zum jetzigen Zeitpunkt obige Voraussetzungen nicht erfülle, sei spruchgemäß zu entscheiden.

3 In der dagegen erhobenen Beschwerde machte der Revisionswerber seine Diskriminierung nach dem Alter geltend und führte aus, im abweisenden Bescheid sei nicht erkennbar, weshalb eine Ungleichbehandlung wegen des Alters zwischen den Geburtsjahrgängen 1953 und 1955 erforderlich wäre.

4 Mit Beschluss vom 1. Dezember 2016 hob das Bundesverwaltungsgericht den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Dienstbehörde zurück. Begründend wurde ausgeführt, die Behörde habe Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung zu erheben und darauf basierend die allfällige Erforderlichkeit und Angemessenheit der Ungleichbehandlung zu beurteilen. 5 Aufgrund einer vom Revisionswerber erhobenen Säumnisbeschwerde erließ die Dienstbehörde den Bescheid vom 8. September 2017, mit dem die Erklärung/der Antrag des Revisionswerbers vom 19. Mai 2015 auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 15 BDG 1979 mit ungemindertem Ruhebezug und Ablauf des 60. Lebensjahres sowie einer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von über 40 Jahren zurückgewiesen wurde. Begründet wurde dies damit, dass § 15 BDG 1979 nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre und der Revisionswerber sein 60. Lebensjahr auch bereits überschritten habe bzw. eine rückwirkende Ruhestandsversetzung nicht möglich sei.

6 Mit handschriftlicher Eingabe vom 27. September 2017 beantragte der Revisionswerber gemäß § 14 BDG 1979 seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. 7 In der gegen den Zurückweisungsbescheid vom 8. September 2017 gerichteten Beschwerde berief sich der Revisionswerber auf § 236b BDG 1979 und modifizierte seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand dahin, dass seine abschlagsfreie Ruhestandsversetzung mit Ablauf jenes Monatsletzten, welcher frühestmöglich mit Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage komme, durchgeführt werde. 8 In der am 15. März 2018 vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärte der Revisionswerber, er wolle so schnell wie möglich, soweit es ohne Abschläge gehe, in den Ruhestand versetzt werden und stützte sich dabei auf § 236b BDG 1979 in der Fassung vom 31. Dezember 2015. Die Beschränkung auf den Jahrgang 1953 habe nicht zu gelten, weil durch den Vorrang des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbotes eine Beschränkung auf den Geburtsjahrgang 1953 unzulässig und unwirksam sei.

9 Mit Bescheid vom 16. März 2018 wurde der Revisionswerber aufgrund seines Antrages vom 27. September 2017 gemäß § 14 Abs. 1, 2 und 4 BDG 1979 mit Ablauf des Monats in den Ruhestand versetzt, in dem dieser Bescheid rechtskräftig werde.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die vom Revisionswerber gegen den Bescheid vom 8. September 2017 erhobene Beschwerde ab und sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 11 Begründend wurde ausgeführt, der Antrag des Revisionswerbers, mit dem Ablauf des 60. Lebensjahres mit ungemindertem Ruhebezug gemäß § 15 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt zu werden, sei von diesem inhaltlich durch einen Antrag gemäß § 14 BDG 1979 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden, modifiziert worden. Diese Modifikation sei durch die dagegen erhobene Beschwerde, welche als Antragszurückziehung zu werten sei, wiederum entfallen. Deshalb sei der ursprüngliche Antrag vom 19. Mai 2015 nach wie vor Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Ebenso unberücksichtigt hätten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren die Antragsmodifikationen zu bleiben, wonach § 15 BDG 1979, das Alter von 60 Jahren und 40 Dienstjahren keine Rolle mehr spielten, denn damit werde der Gegenstand des Bescheides und des verfahrensauslösenden Antrags überschritten. Sowohl der Bescheid als auch der Antrag beschränkten sich auf die Anwendung des mittlerweile außer Kraft getretenen § 15 BDG 1979, auf das 60. Lebensjahr und auf die Gesamtdienstzeit von über 40 Jahren. Der in der Beschwerde als "Antragsmodifikation" bezeichnete Antrag auf Versetzung in den Ruhestand dahin, dass beantragt werde, die abschlagsfreie Ruhestandsversetzung durchzuführen, sei in einem separaten behördlichen Verfahren abzuhandeln.

12 Dem Begründungselement der Unmöglichkeit der rückwirkenden Ruhestandsversetzung sei der Revisionswerber inhaltlich nicht entgegen getreten. Seine Ausführungen beschränkten sich auf die unzureichend begründete Diskriminierung, welche bereits vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 1. Dezember 2016 unter Anlehnung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. März 2015, Ro 2014/12/0045, bestätigt worden sei. 13 Nach der Erlassung dieser beiden Erkenntnisse und vor der Erlassung des gegenständlichen Zurückweisungsbescheides sei § 15 BDG 1979, auf den sich der Antrag vom 19. Mai 2015 bezogen habe, außer Kraft getreten. Der vom Revisionswerber vorgebrachte Anwendungsvorrang des Unionsrechtes könne hier nicht erwirken, dass das Außerkrafttreten des § 15 BDG 1979 "unangewendet" bleibe, da § 284 Abs. 50 Z 6 BDG 1979 nicht zwischen einzelnen Jahrgängen differenziere. Die darüber hinaus erfolgte Novelle durch BGBl. I Nr. 64/2016 könne daher unberücksichtigt bleiben. Die Dienstbehörde habe somit den Antrag des Revisionswerbers mangels Rechtsgrundlage sowie aufgrund des bereits vergangenen Zeitraumes zu Recht zurückgewiesen.

14 Entgegen dem Ausspruch im Spruch des Erkenntnisses, dass die Revision unzulässig sei, führte das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Begründung aus, die Revision werde zugelassen, weil die Erwägungen des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 2015 nicht auf den Jahrgang 1955 und auf das Außerkrafttreten von § 15 BDG 1979 ausgeweitet worden seien und dem Revisionswerber die substantielle Antragsmodifikation nicht vorgehalten worden sei. Im Ergebnis hätte ein Vorhalt der substantiellen Antragsmodifikation an der Rechtsposition des Revisionswerbers nichts geändert, ohne diesen auf das Recht auf den gesetzlichen Richter bzw. eine erstinstanzliche Entscheidung durch die zuständige Behörde zu verkürzen. Mit dem Beschwerdeantrag, die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Dienstbehörde zurück zu verweisen, vermeine der anwaltlich vertretene Revisionswerber im Gegenstand des Antrages vom 19. Mai 2015 zu verharren und mit der ausgesprochenen Modifikation diesen nicht zu beseitigen. 15 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision beantragt der Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass er mit Ablauf des auf die Rechtswirksamkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs folgenden Monatsletzten nach § 236b BDG 1979 (in unionsrechtlich korrigierter Form) in den Ruhestand versetzt werde; in eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. In der Zulässigkeitsbegründung wird ausführlich dargestellt, weshalb der Revisionswerber seiner Meinung nach gemäß § 236b BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen sei. Als Revisionspunkt wurde ausgeführt, der Revisionswerber sei in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung nach § 236b Abs. 1 BDG 1979 verletzt.

16 Die Revision ist unzulässig:

Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichte s wurde die Zurückweisung eines auf Rechtsgestaltung in der Zukunft (Ruhestandsversetzung) gerichteten Antrags bestätigt. 17 Eine schriftliche Erklärung im Sinne des § 15 Abs. 1 BDG 1979 führt jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes zum Eintritt des Ruhestandes, ohne dass es dazu eines (konstitutiven) Bescheides der Dienstbehörde bedürfte (vgl. VwGH 19.9.2003, 2002/12/0237, sowie 14.6.1995, 95/12/0110). Nichts anderes gilt im Übrigen für Erklärungen gemäß § 236b oder § 236d BDG 1979.

18 Für die Frage, ob eine derartige Erklärung des Revisionswerbers seine Versetzung in den Ruhestand herbeigeführt hat oder nicht, ist ausschließlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des in der Erklärung genannten Ruhestandsversetzungstermi nes (bzw. in Ermangelung der Nennung eines Termins der dem Zeitpunkt der Erklärung folgende Monatsletzte) maßgeblich. Eines konstitutiven, also rechtsgestaltenden Bescheides der Dienstbehörde bedurfte es für den Eintritt dieser Rechtsfolge nicht (vgl. VwGH 25.10.2016, Ro 2016/12/0023, mwN). 19 Auch sind nach der (bereits erfolgten) Ruhestandsversetzung Feststellungsbescheide betreffend das dienstrechtliche Recht, nach einer bestimmten Gesetzesbestimmung in den Ruhestand zu treten (bzw. getreten zu sein), unzulässig, weil eine Klärung der dann ausschließlich relevanten ruhegenussrechtlichen Folgen im Ruhegenussbemessungsverfahren erfolgen kann (vgl. das zuletzt zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs sowie VwGH 25.10.2016, Ro 2016/12/0015).

20 Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, das auf eine Rechtsgestaltung (Ruhestandsversetzung) in der Zukunft abzielt, wird daher im vorliegenden Revisionsfall eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Darstellung gebracht. Ebenso wenig wird mit dem Revisionspunkt, der eine Verletzung im Recht auf eine rechtsgestaltende, in der Zukunft liegende Ruhestandsversetzung geltend macht, ein Recht genannt, in dem der Revisionswerber verletzt sein könnte.

21 Zur Lösung der Frage, wann der Revisionswerber als in den Ruhestand versetzt anzusehen ist, die allenfalls im Ruhegenussbemessungsverfahren von Relevanz sein könnte, wäre zu klären, ob der Revisionswerber aufgrund einer abgegebenen Erklärung - vor Erlassung des Bescheides auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 wegen Dienstunfähigkeit - als im Ruhestand befindlich anzusehen ist. Sollte dies zutreffen, wäre der gemäß § 14 BDG 1979 erlassene Bescheid als ins Leere gegangen anzusehen.

22 In der hier vorliegenden Konstellation, in der die Dienstbehörde und das Verwaltungsgericht davon ausgingen, dass über einen Antrag des Revisionswerbers auf rechtsgestaltende Ruhestandsversetzung unter Anwendung des im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechts abzusprechen sei und deshalb mit Zurückweisung vorgegangen wurde, vermag das hier angefochtene Erkenntnis keinerlei Bindungswirkung für die Lösung der Frage, ob und wann der Revisionswerber durch Erklärung in den Ruhestand getreten ist, zu entfalten.

23 Da sich somit die Revision mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet erweist, war sie zurückzuweisen.

Wien, am 14. Jänner 2020

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018120064.L00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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