TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/31 97/02/0451

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Veröffentlicht am 31.07.1998
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Index

L67001 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art9;
GVG Bgld 1955 §12 Abs2 Z1;
MRK Art14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde

1. des D und 2. der A, beide in Neuhaus am Klausenbach, beide vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid der Grundverkehrslandeskommission für das Burgenland vom 8. September 1997, Zl. V/1-1-31/2-1997, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. September 1997 wurde der Rechtserwerb an einem näher genannten Grundstück im Ausmaß von 840 m2 durch die beschwerdeführenden Parteien, beide slowenische Staatsangehörige, aufgrund eines Kaufvertrages vom 2. Mai 1997 gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 Z. 3, § 12 Abs. 1 und 2 und § 26 Abs. 4 Z. 2 des Burgenländischen Grundverkehrsgesetzes 1995 (kurz: GVG), LGBl. Nr. 42/1996, nicht genehmigt.

In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, das gegenständliche Grundstück sei laut Bestätigung der Gemeinde S. im Flächenwidmungsplan als "gemischtes Bauland" ausgewiesen. Die beschwerdeführenden Parteien seien nach eigenen Angaben am 23. Oktober 1990 in eine näher genannte burgenländische Gemeinde zugezogen und wollten auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus errichten. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hätten sie Bestätigungen von zwei näher genannten burgenländischen Gemeinden vorgelegt, mit denen im Hinblick auf die Beschäftigung des Erstbeschwerdeführers in einem näher genannten Tischlereibetrieb ein "soziales und volkswirtschaftliches Interesse" der Gemeinde S. am Erwerb dieses Grundstückes zwecks Errichtung eines Wohnhauses bzw. ein ebensolches Interesse der Gemeinde N. am Erwerb im näher genannten Bezirk bekundet werde, weil diese Familie in der Gemeinde N. "total integriert" sei.

Die beschwerdeführenden Parteien seien als slowenische Staatsangehörige nicht den Inländern gleichgestellt. Aus ihren eigenen Angaben ergebe sich, daß die Voraussetzung des 10-jährigen Aufenthaltes in Österreich nicht vorliege. Nach Ansicht der belangten Behörde sei auch die Voraussetzung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses der Gemeinde S. und N. gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG zu verneinen. Das eine Zustimmung ermöglichende öffentliche Interesse (des Landes oder) einer Gemeinde müsse nämlich am Rechtserwerb "durch den Ausländer selbst" bestehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1990, Zl. 89/02/0154, zu einer im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1983). Dies bedeute im vorliegenden Fall, daß eine Teilnahme am Gemeinschaftsleben, wie aus der Bestätigung der Gemeinde N. hervorgehe, zwar auf die Integrationsfähigkeit und -willigkeit hinweise, daß dieser Umstand aber keineswegs ausreiche, ein konkretes "öffentliches Interesse am Erwerb durch bestimmte Ausländer" zu begründen. Der bloße Umstand, daß der Erstbeschwerdeführer in Österreich einer geregelten Arbeit nachgehe und sich die Familie auf dem gekauften Grundstück ein Einfamilienhaus bauen wolle, könne wohl ebensowenig "als öffentliches Interesse einer burgenländischen Gemeinde" angesehen werden. Ein öffentliches Interesse einer Gemeinde könne aber dann angenommen werden, wenn von der Person des Erwerbers besondere wirtschaftliche, künstlerische oder wissenschaftliche Impulse zu erwarten seien. Ein solches, in den Personen der beschwerdeführenden Parteien selbst liegendes konkretes öffentliches Interesse sei von diesen nicht dargetan worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 Burgenländisches GVG (1995) ist es Ziel dieses Gesetzes, den Grunderwerb durch Ausländer, die nicht aufgrund des EG-Vertrages oder des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Inländern gleichgestellt sind, Beschränkungen zu unterwerfen.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes der Verkehr mit Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist.

Gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. gelten als Ausländer natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

Gemäß § 7 Z. 1 leg. cit. ist der Erwerb des Eigentums in Form eines Rechtserwerbs unter Lebenden an Baugrundstücken in Vorbehaltsgemeinden (§ 8) - bei Ausländern gemäß § 12 Abs. 1 auch außerhalb davon - Gegenstand dieses Abschnittes des GVG.

Gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. bedürfen Rechtserwerbe gemäß §§ 4 oder 7 unter Lebenden durch Ausländer (§ 2 Abs. 3), die nicht gemäß § 3 Abs. 1 Inländern gleichgestellt sind, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, soweit nicht die Voraussetzungen des § 13 vorliegen.

Gemäß § 12 Abs. 2 leg. cit. darf eine Genehmigung für einen Rechtserwerb nach Abs. 1 unbeschadet der Bestimmungen des 2. und 3. Abschnittes nur erteilt werden, wenn staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und

1. entweder am Rechtserwerb ein volkswirtschaftliches, wirtschaftliches, soziales oder kulturelles Interesse des Landes oder einer burgenländischen Gemeinde besteht oder

2. der Erwerber sich seit mindestens zehn Jahren legal in Österreich aufhält und nicht ein wichtiges volkswirtschaftliches, wirtschaftliches, soziales oder kulturelles oder sonstiges öffentliches Interesse beeinträchtigt wird.

Gemäß § 26 Abs. 4 leg. cit. wird beim Amt der Burgenländischen Landesregierung die Grundverkehrslandeskommission eingerichtet. Sie entscheidet u.a. (Z. 2) bei Rechtserwerben, wenn ein Rechtserwerber Ausländer ist. Gegen Entscheidungen der Grundverkehrslandeskommission ist eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. ist die grundverkehrsbehördliche Genehmigung schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat die Angaben und Unterlagen zu umfassen, die zur Beurteilung des Rechtserwerbes erforderlich sind, insbesondere Angaben über den Zweck des Rechtserwerbes sowie eine Ausfertigung der Urkunden, aus denen sich der Rechtsgrund des Rechtserwerbes ergibt.

Die beschwerdeführenden Parteien wenden u.a. ein, die belangte Behörde lege § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG dahingehend aus, daß das eine Zustimmung ermöglichende öffentliche Interesse am Rechtserwerb durch den Ausländer selbst bestehen müsse. Dies stehe jedoch nicht im Einklang mit dieser Bestimmung ("... ein volkswirtschaftliches, wirtschaftliches, soziales oder kulturelles Interesse des Landes oder einer burgenländischen Gemeinde ..."). Es werde den beschwerdeführenden Parteien daher indirekt zum Vorwurf gemacht, daß sie etwa keine bekannten Künstler oder Sportler seien. Das wirtschaftliche und soziale Interesse von zwei burgenländischen Gemeinden hätten die beschwerdeführenden Parteien aber nachgewiesen. Zwecks "Erforschung der materiellen Wahrheit" hätte die belangte Behörde das im Gesetz ausgeführte Interesse einer burgenländischen Gemeinde oder des Landes selbst überprüfen müssen.

Den beschwerdeführenden Parteien - die den Wortlaut des § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG nur unvollständig wiedergeben - ist grundsätzlich entgegenzuhalten, daß das näher genannte öffentliche Interesse nach dem Wortlaut dieser Bestimmung "am Rechtserwerb", und sohin im Sinne der Ausführungen der belangten Behörde "am Rechtserwerb durch den Ausländer" bestehen muß.

Gemäß § 39 Abs. 2 AVG trifft zwar die Beweispflicht die Behörde, doch wird in Verfahren, die die Gewährung von Begünstigungen zum Gegenstand haben und die nur auf Antrag der interessierten Partei durchgeführt werden, eine Beweislast des Antragstellers für das Vorliegen der Voraussetzung der Begünstigung anzunehmen sein, auch wenn dies die in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anordnen. Wirkt eine Partei am Ermittlungsverfahren nicht mit, so steht es der Behörde frei, aus diesem Verhalten gemäß § 45 AVG im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung ihre für den Antrag der Partei möglicherweise auch negativen Schlüsse zu ziehen. Die Verpflichtung der Behörde, von Amts wegen vorzugehen, befreit somit die Partei nicht davon, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1987, VwSlg. 12.559/A, nur RS).

§ 30 Abs. 1 GVG enthält keine ausdrückliche Anordnung zur Mitwirkung der Parteien des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens in bezug auf das Vorliegen der nach § 12 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. zu beurteilenden öffentlichen Interessen. Wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend ausführte, reichen die von den beiden burgenländischen Gemeinden vorgelegten Bestätigungen nicht, um das nach § 12 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. notwendige öffentliche Interesse am Rechtserwerb eines Grundstücks durch die beschwerdeführenden Parteien als Ausländer nachzuweisen. So wird etwa weder durch jene Gemeinde, in der das verfahrensgegenständliche Grundstück liegt, näher ausgeführt, worin das "soziale und volkswirtschaftliche Interesse" am Erwerb dieses Grundstücks durch die beschwerdeführenden Parteien gelegen sein sollte, noch wird dies seitens der bisherigen Wohnsitzgemeinde der beschwerdeführenden Parteien näher dargetan. Die soziale Integration der beschwerdeführenden Parteien und die bisherige Berufstätigkeit des Erstbeschwerdeführers in einem Tischlereibetrieb vermögen für sich allein - wie auch die belangte Behörde zutreffend aufzeigt - solche Interessen nicht darzutun. Die beschwerdeführenden Parteien haben trotz gebotener Gelegenheit zur diesbezüglichen Ergänzung ihres Anbringens (siehe Schreiben der belangten Behörde vom 23. Mai 1997) selbst keine ergänzenden Angaben zu den in bezug auf ihre Personen gegebenen Interessen im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG gemacht. Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu einer Abweisung dieses Antrages gelangt.

Die beschwerdeführenden Parteien wenden ferner die Verfassungswidrigkeit des § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG ein. Durch die Voraussetzung, daß ein öffentliches Interesse am Rechtserwerb durch Ausländer bestehen solle, werde der Grunderwerb durch Ausländer gegenüber dem früheren GVG 1955 erschwert. Die Verfassungswidrigkeit liege darin, daß die Grundverkehrsbeschränkung eine Eigentumsbeschränkung darstelle, die nur im öffentlichen Interesse zulässig sei. Durch das Erfordernis eines öffentlichen Interesses am Rechtserwerb werde die Interessenslage jedoch umgedreht. Die Ausländereigenschaft des Erwerbers stelle jedenfalls noch kein öffentliches Interesse an einer Eigentumsbeschränkung dar. Eine derartige Auslegung würde gegen das im Anwendungsbereich der MRK geltende Diskriminierungsverbot gemäß Art. 14 MRK verstoßen. Ferner werde in Art. 9 B-VG angeführt, daß die allgemeinen Regeln des Völkerrechts als Bestandteile des Bundesrechtes gelten. Die beschwerdeführenden Parteien stellten daher in diesem Zusammenhang den "Antrag" auf "Weiterleitung" des gegenständlichen Aktes an den Verfassungsgerichtshof zwecks Überprüfung, ob diese Bestimmung des burgenländischen GVG verfassungswidrig sei.

Dieser "Antrag" ist wohl im Sinne des Art. 140 Abs. 1 B-VG als Anregung auf Vorlage eines entsprechenden Gesetzesprüfungsantrages durch den Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich des § 12 Abs. 2 Z. 1 GVG zu verstehen.

Wie der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 10. Juni 1991, B 870/90 (= VfSlg. Nr. 12.704) zum Tiroler GVG 1983 im Zusammenhalt mit der Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Bewilligung im Ausländergrundverkehr und einer behaupteten Verletzung des Art. 14 MRK ausgeführt hat, ist in der MRK kein Recht auf freien Liegenschaftsverkehr festgelegt und ergibt sich ein solches auch nicht aus den anerkannten Regeln des Völkerrechts.

Es ist daher für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu ersehen, daß die behauptete Verfassungswidrigkeit unter den geltend gemachten Aspekten vorliegt, weshalb sich dieser auch nicht zur Vorlage eines entsprechenden Prüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof veranlaßt sieht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Juli 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997020451.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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