Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §3 Abs1Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/01/0394Ra 2019/01/0395Ra 2019/01/0396Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision 1. des V B, 2. der S B,
3. der Z B, und 4. des D V B, alle in Niederwaldkirchen, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. August 2019, Zlen. 1. W215 1416972-3/23E, 2. W215 1416974-3/27E,
3. W215 1416975-3/19E und 4. W215 1422052-3/19E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Sache die (jeweils insgesamt dritten) Anträge der Revisionswerber, Staatsangehörige Kasachstans, auf internationalen Schutz vom 5. Juni 2015 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erlies jeweils Rückkehrentscheidungen, stellte jeweils die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kasachstan fest, erteilte jeweils keine Frist für die freiwillige Ausreise und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Das BVwG schloss sich mit näherer Begründung der Beurteilung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl an, wonach sich kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ergeben habe; insbesondere hätten sich die Revisionswerber wieder auf ihr Vorbringen im vorangegangenen, rechtskräftig beendeten Asylverfahren berufen, weshalb es sich "um eine bloße Wiederholung bzw. Fortsetzung der in den zweiten Asylverfahren genannten, nicht glaubhaften Fluchtgründe" handle. Die Revisionswerber hätten somit im Folgeverfahren keinen neuen Sachverhalt behauptet, dem ein glaubhafter Kern zukomme.
3 Mit Beschluss vom 17. Oktober 2019, Ra 2019/01/0393-0396-2, wies der Verwaltungsgerichtshof die Anträge der Revisionswerber auf Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ab.
4 Die vorliegende Revision macht geltend, die Revisionswerber seien in ihrem Recht auf "Zuerkennung des Status des Asylberechtigten", "Erteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten", "Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG", "Nicht-Erlassung einer Rückkehrentscheidung" und "Nicht-Zulässigerklärung der Abschiebung nach Kasachstan" verletzt. 5 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen die revisionswerbende Partei verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die von der revisionswerbenden Partei vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht der revisionswerbenden Partei verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als die revisionswerbende Partei jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2019/02/0099, Rn. 4, mwN).
6 Mit den angefochtenen Erkenntnissen, mit denen die Folgeanträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz in der Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden (zur Rechtsprechung des VwGH, wonach die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt, vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0032, mwN), liegt jeweils eine ausschließlich verfahrensrechtliche Entscheidung vor, mit der jeweils (nur) die Entscheidung in der Sache deshalb abgelehnt wurde, weil kein neuer Sachverhalt mit einem glaubhaften Kern dargetan worden sei. Im Hinblick auf diesen normativen Gehalt des diesbezüglich bekämpften Teils der angefochtenen Erkenntnisse (Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz) käme vorliegend allein die Verletzung der Revisionswerber im Recht auf meritorische Entscheidung über ihre Anträge, nicht aber die Verletzung in den, den Inhalt der Anträge auf internationalen Schutz bildenden Rechte in Betracht. Die Revisionswerber konnten daher in den als Revisionspunkt genannten Rechten auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. auf Erteilung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht verletzt werden (vgl. VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0300, Rn. 5, mwN).
7 Soweit sich die vorliegende Revision gegen die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz richtet, ist sie mangels Geltendmachung eines tauglichen Revisionspunktes nicht zulässig. Auf das diesbezügliche Zulässigkeitsvorbringen in der Revision ist daher nicht mehr einzugehen.
8 In Bezug auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Kasachstan moniert die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Befangenheit der Richterin des BVwG, die die angefochtenen Erkenntnisse gefasst hat, wegen näher dargelegter protokollierter Äußerungen in der mündlichen Verhandlung über die Folgeanträge der Revisionswerber.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hatt der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Der Einwand der Befangenheit des entscheidenden Mitgliedes des Verwaltungsgerichts begründet nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorgelegenen Sachverhaltes die Teilnahme des Mitgliedes des Verwaltungsgerichts an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, Rn. 6, mwN). Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. VwGH 26.2.2015, Ra 2015/07/0013, mwN).
13 Dies ist konkret nicht der Fall. Aus den näher dargelegten Äußerungen der Richterin des BVwG in der mündlichen Verhandlung zu den erneuten Anträgen auf internationalen Schutz der Revisionswerber ist fallbezogen noch keine Voreingenommenheit gegenüber den Revisionswerbern und deren Folgeanträgen zu erkennen. Die Revision vermag mit dem konkreten Zulässigkeitsvorbringen keine Zweifel an der Unbefangenheit der Richterin hinreichend darzulegen.
14 Da die Revisionswerber - wie ausgeführt - einerseits in dem Revisionspunkt auf Stattgabe ihrer Anträge auf internationalen Schutz nicht verletzt werden konnten und andererseits mit ihrem weiteren Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfragen aufgeworfen haben, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 21. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010393.L00Im RIS seit
27.04.2020Zuletzt aktualisiert am
27.04.2020