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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GesmbH in B, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes
Steiermark vom 5. Juni 2019, LVwG 20.32-3039/2018-16, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Am 26. Oktober 2018 fand in einem Nebengebäude des Lokals "C Bar", dessen Inhaberin die revisionswerbende Partei ist, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz statt. Aufgrund dieser Kontrolle erhob die revisionswerbende Partei mit Schriftsatz vom 29. November 2018 Maßnahmenbeschwerde wegen der Durchführung einer Hausdurchsuchung.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark diese Beschwerde als unzulässig zurück und sprach aus, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG sei unzulässig. 3 In der Entscheidungsbegründung stellte das Landesverwaltungsgericht - soweit hier von Relevanz - zusammengefasst fest, Organe der belangten Behörde, darunter der Zeuge Z und die Zeugin W hätten anlässlich der Kontrolle zunächst das Lokal "T Bar" betreten, in dessen Barbereich sich die Angestellte D befunden habe. Die Angestellte D sei unter Hinweis auf ihre Mitwirkungspflicht aufgefordert worden, den Schlüssel für jenes Nebengebäude im Hofbereich auszuhändigen, welches einer glücksspielrechtlichen Kontrolle unterzogen werden sollte. Erst habe die Angestellte D angegeben, keinen Schlüssel zu haben, weil dieses untervermietet sei. In weiterer Folge sei sie, gefolgt vom Zeugen Z, zu zwei im Barbereich befindlichen Schubladen gegangen. In einer Lade hätten sich die Geldbörse und der Schlüsselbund der Angestellten D sowie einzelne Schlüssel, Kugelschreiber usw. befunden. In der anderen Lade hätten sich diverse Unterlagen wie Zigarettenlisten und Unterlagen, in welchen Geld deponiert worden sei, befunden. Die Angestellte D habe die Lade geöffnet und einen Schlüsselbund herausgeholt. Weitere einzelne Schlüssel (darunter auch für die im Lokal befindlichen Zimmer) seien in der Lade verblieben. Die Angestellte D habe den Zeugen Z und W zu verstehen gegeben, dass sie sämtliche Schlüssel zur Öffnung des Nebengebäudes ausprobieren könnten. Der Zeuge Z habe unter den vorgefundenen Schlüsseln am Schlüsselbund und in der geöffneten Schublade, Schlüssel für ein Zylinderschloss herausgesucht und diese auf die Bar gelegt. Die übrigen Schlüssel habe der Zeuge Z in der Schublade belassen. Der Zeuge Z habe die auf der Bar liegenden Schlüssel an sich genommen und die Zeugen Z und W hätten daraufhin mit der Angestellten D den Barbereich in Richtung des zu kontrollierenden Nebengebäudes verlassen. Nachdem kein Schlüssel gepasst habe, hätten sie den Barbereich erneut betreten. Daraufhin sei im Barbereich ein Glas, in welchem sich ein Schlüssel mit einem Anhänger mit der Aufschrift "Gartenhütte" befunden habe, entdeckt worden. Dabei habe es sich um den passenden Schlüssel zum Nebengebäude gehandelt. Einige Minuten später seien die Zeugen Z und W erneut in den hinteren Barbereich gegangen und hätten jene Lade geöffnet, die zuvor von der Angestellten D bereits geöffnet worden sei und in der sich nach wie vor einzelne Schlüssel befunden hätten. Die Zeugin W habe aus der Lade einen kleinen Schlüssel entnommen, der zuvor sowohl ihr als auch dem Zeugen Z aufgefallen sei, um die im Nebengebäude vorgefundenen Spielgerätschaften instand setzen zu können.
4 Rechtlich führte das Landesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Suche nach dem Schlüssel im Wesentlichen aus, es habe keine (systematische) Hausdurchsuchung stattgefunden. Nach Aufforderung habe die Zeugin D zwei Schubladen geöffnet und die Organe der belangten Behörde ermächtigt, die in dieser Lade befindlichen Schlüssel an sich zu nehmen, um auszuprobieren, ob einer der Schlüssel für das Nebengebäude bestimmt war. Im Wissen, dass sich in der Lade Schlüssel befunden haben, sei diese Lade im Zuge der Amtshandlung von der Zeugin W geöffnet worden, da die aus der Lade mit Zustimmung der Zeugin D bereits entnommenen Schlüssel das Schloss am Nebengebäude nicht gesperrt hätten. Eine "Durchsuchung" einer verschlossenen Lade unbekannten Inhaltes habe nicht stattgefunden. Gleiches gelte für die Exekutivbeamtin, die einer der beiden Laden im Beisein der Zeugin D zwar geöffnet, diese aber nicht durchsucht habe. Die Beschwerde sei zurückzuweisen, weil die bekämpfte Maßnahme nicht stattgefunden habe.
5 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Das Landesverwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dies gilt nach Art. 133 Abs. 9 B-VG auch für Beschlüsse der Verwaltungsgerichte.
8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Wenn die revisionswerbende Partei in ihrem Zulässigkeitsvorbringen moniert, der angefochtene Beschluss weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Landesverwaltungsgericht zu Unrecht nicht von einer systematischen Hausdurchsuchung ausgegangen sei, so erweist sie sich als unzulässig:
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine systematische Besichtigung wenigstens eines bestimmten Objektes genügt, um als Hausdurchsuchung gewertet zu werden, und dass auch einer Durchsuchung, die sich auf einen bestimmten Kasten beschränkt (weil es höchstwahrscheinlich ist, dass der gesuchte Gegenstand sich dort befindet), nicht der Charakter einer Hausdurchsuchung genommen ist (VfSlg. 11.895/1988). Ein "Durchsuchen" erfordert begrifflich eine Besichtigung der in der Wohnung befindlichen Sachen und insbesondere der dort vorhandenen Behältnisse mit dem Ziel, bestimmte Sachen oder Sachen bestimmter Art darunter zu finden (vgl. VwGH 19.11.2019, Ra 2018/09/0081, mwN). Die Suche nach einem Gegenstand, von dem ungewiss ist, wo er sich befindet, ist ebenfalls für den Begriff einer Hausdurchsuchung wesentlich (vgl. dazu Wiederin, zu Art. 9 StGG, Rz 33 ff, in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht). Dass die Suche nach einem bestimmten Schlüssel zu einem bestimmten Zweck vom Begriff der Hausdurchsuchung ausscheide, findet weder in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes noch des Verwaltungsgerichtshofes eine Grundlage (vgl. zum Ganzen VwGH 22.5.2019, Ra 2019/09/0054). 11 Eine derartige Suche hat nach den - unbekämpft gebliebenen -
Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts jedoch nicht stattgefunden. Die Organe der belangten Behörde waren durch das vorangegangene Öffnen der Lade durch die Zeugin D und dem von ihr zur Verfügungstellen der darin befindlichen Schlüssel in Kenntnis vom Vorhandensein etlicher Schlüssel. Das neuerliche Öffnen der Lade diente damit nicht der Besichtigung von Objekten, um nach Sachen zu suchen, sondern ausschließlich der Entnahme von Schlüssel, deren Aufbewahrungsort den Organen bekannt war. Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung liegt damit keine Suche nach Sachen, von denen unbekannt ist, wo sie sich befinden, vor. Die Revision zeigt mit ihrem Vorbringen in der Zulassungsbegründung nicht auf, dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach von keiner systematischen Hausdurchsuchung auszugehen ist, von der Rechtsprechung der Gerichthöfe des öffentlichen Rechts abweicht.
12 Mit dem weiteren Revisionsvorbringen, "auf dem Video sei bei Minute 1:11 zu sehen, dass der Zeuge Z eine Lade öffnet und bei Anwendung des Grundsatzes zur materiellen Wahrheit hätte das Gericht auch diese Ladenöffnung festgestellt und als unzulässig beurteilt" wird nur die Anwendung von allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen im Einzelfall angesprochen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/20/0578, mwN). Diesen Anforderungen kommt die Revision in ihrer Zulassungsbegründung nicht nach. 13 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090115.L00Im RIS seit
24.02.2020Zuletzt aktualisiert am
24.02.2020