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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ASVG §4 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des C L in G, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2018, G312 2004250-1/17E, betreffend Pflichtversicherung und Beiträge nach dem ASVG und dem AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse); mitbeteiligte Parteien: 1. Dipl.-Ing. R D in W, 2. Dipl.- Ing. T H in G, 3. Mag. I H in J, 4. G K in G, 5. M K in M,
6.
M K in G, 7. G K in G, 8. G L in G, 9. T M in O, 10. S P in N,
11.
F P in K, 12. Mag. K Q in W, 13. T S in G, 14. F S in G,
15.
K R in G, 16. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt,
17.
Pensionsversicherungsanstalt, 18. Arbeitsmarktservice Steiermark; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer
außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in Bestätigung bzw. teilweiser Abänderung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 7. November 2011 - fest, dass die Mitbeteiligten eins bis fünfzehn aufgrund ihrer Tätigkeit für den Revisionswerber in näher bezeichneten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht bzw. der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Z 2 iVm § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlegen seien. Weiters verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht den Revisionswerber zur Nachentrichtung von Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen, Zuschlägen und Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt EUR 78.832,12. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 5 Die Revision bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zunächst vor, entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes seien die Mitbeteiligten eins bis fünfzehn bei ihrer aufgrund von Aufträgen des Revisionswerbers durchgeführten Tätigkeit der Montage von Lärmschutzwänden nicht in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG tätig geworden. Bei den Mitbeteiligten eins bis fünfzehn habe es nämlich sich um Subunternehmer gehandelt, die keinen Weisungen unterworfen gewesen seien und die keine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe. 6 Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision von den gegenteiligen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, ohne konkret eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. zur eingeschränkten Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beweiswürdigung etwa VwGH 26.9.2019, Ra 2019/08/0134, mwN) aufzuzeigen. Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Sinn des § 41 VwGG, soweit sich die Revision hinsichtlich der Geltendmachung der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG) stützt, der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision - wie hier - von diesem Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/16/0114, mwN).
7 Die Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ist im Übrigen das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale. Wurde diese auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (VwGH 23.5.2019, Ra 2019/08/0088, mwN). Eine Unvertretbarkeit der Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes nicht.
8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen, bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft jene Beiträge zu eruieren, die aufgrund der "im Raum stehenden" Pflichtversicherungen der Mitbeteiligten eins bis fünfzehn nach dem ASVG allenfalls zur Ungebühr entrichtet worden seien. Derartige Beiträge seien nämlich gemäß § 41 Abs. 3 GSVG auf die dem Revisionswerber zur Nachentrichtung vorgeschriebenen Beiträge anzurechnen.
9 Die damit angesprochene Bestimmung des § 41 Abs. 3 GSVG, in der anzuwendenden Fassung des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes, BGBl. I Nr. 125/2017, lautet:
"Wenn für eine Person auf Grund einer bestimmten Tätigkeit nachträglich statt der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz die Pflichtversicherung nach dem ASVG festgestellt wird, so hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft
1. keine Pflichtversicherung für den entsprechenden Zeitraum festzustellen, wenn in diesem Zeitraum keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, andernfalls
2. die Beitragsgrundlagen nach § 26 um die auf Grund dieser Tätigkeit festgestellten Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (allgemeine Beitragsgrundlage und Sonderzahlungen) zu vermindern.
Soweit aus diesem Grund Beiträge zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung zu Ungebühr entrichtet wurden, sind diese an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Abs. 1 ist nicht anzuwenden. Der zuständige Versicherungsträger hat die überwiesenen Beiträge auf die ihm geschuldeten Beiträge anzurechnen. Übersteigen die anzurechnenden die dem zuständigen Versicherungsträger geschuldeten Beiträge, so ist der Überschuss der versicherten Person durch den zuständigen Versicherungsträger zu erstatten."
10 § 41 Abs. 3 GSVG sieht somit vor, dass der aufgrund einer nachträglichen Feststellung der Pflichtversicherung nach dem ASVG für die Beitragseinhebung zuständige Versicherungsträger eine Anrechnung der nach dieser Bestimmung durch die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen an ihn "überwiesenen Beiträge" auf die Beitragsschuld vorzunehmen hat. Es ist daher nicht zweifelhaft, dass - wie es bereits der vorhergehenden Rechtslage entsprach (vgl. VwGH 30.6.2010, 2010/08/0074, mwN) - nach § 41 Abs. 3 GSVG eine Anrechnung erst in Betracht kommt, wenn die Überweisung der Beiträge durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bereits erfolgt ist und der zuständige Versicherungsträger über die Beiträge daher verfügt (vgl. auch Julcher in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg.), Der SV-Komm (220. Lfg.), § 69 ASVG Rz 23, 30). Dass diese Voraussetzungen einer Anrechnung im Entscheidungszeitpunkt vorgelegen wären, wird in der Revision nicht behauptet.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018080245.L00Im RIS seit
23.04.2020Zuletzt aktualisiert am
23.04.2020