TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/7 VGW-102/076/9369/2019, VGW-102/076/9371/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
19/05 Menschenrechte
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
EMRK Art. 3
SPG §89
SPG RichtlinienV §5 Abs1
SPG RichtlinienV §10 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über 1) die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwaltsbüro, wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Körperkraftanwendung (Niederringen, Versetzen eines Schlages gegen das Geschlechtsteil und Faustdrucks gegen die Kehle, Setzen von Faustschlägen, Knien auf dem Beschwerdeführer, Auf-dem-Boden-Halten zur Anwendung von Körperkraft mit Händen und Füßen) am 31.05.2019 durch Organe der Landespolizeidirektion Wien, in Wien, C.-straße, sowie 2) die Richtlinienbeschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwaltsbüro, wegen tatsachenwidriger Dokumentation der Amtshandlung am 31.05.2019 in Wien, C.-straße, im Amtsvermerk vom 31.05.2019 und Verletzung der Verpflichtung der Achtung der Menschenwürde,

zu Recht erkannt:

Ad 1)

1. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen das Niederringen, Versetzen eines Schlages gegen das Geschlechtsteil und Faustdrucks gegen die Kehle des Beschwerdeführers richtet, als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 bis 5 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, 57,40 Euro für Vorlageaufwand, 368,80 Euro für Schriftsatzaufwand und 461,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 887,20 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 VwGVG wird der Beschwerde, soweit sie sich gegen das Versetzen von Fauststößen, Knien auf dem Beschwerdeführer, Auf-dem-Boden-Halten zur Anwendung von Körperkraft mit Händen und Füßen am 31.05.2019 richtet, Folge gegeben und als rechtswidrig erklärt.

4. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand und 922,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 1.659,60 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

5. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

Ad 2)

1. Gemäß § 53 iVm § 28 Abs. 1 und 6 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird der Beschwerde wegen Verletzung des § 5 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung – RLV über die Verpflichtung der Achtung der Menschenwürde und Verletzung des § 10 Abs. 1 RLV über die Verpflichtung zur nachvollziehbaren Dokumentation Folge gegeben und deren Verletzung festgestellt.

2. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde hat gemäß § 53 in Verbindung mit § 35 VwGVG und § 1 Z 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013, dem Beschwerdeführer 737,60 Euro für Schriftsatzaufwand binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

3. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit am 12.07.2019 beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachtem Schriftsatz erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wegen Verletzung in einfach- und verfassungsgesetzlichen Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Art. 132 Abs. 2 B-VG Maßnahmenbeschwerde und wegen Verstoß gegen Richtlinien nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG in Verbindung mit § 89 SPG Richtlinienbeschwerde. Die Maßnahmenbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist beim Verwaltungsgericht Wien zu GZ VGW-102/076/9369/2019 und die Richtlinienbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG in Verbindung mit § 89 SPG zu GZ VGW-102/076/9371/2019 protokolliert. Inhaltlich wird dazu vorgebracht:

1. Sachverhalt

1.1. Vorgehensweise der belangten Behörden und der belangten Organe

Am 31.05.2019 veranstaltete die Schüler- und Studierendenbewegung „Fridays for future Austria" in Wien eine Demonstration, um auf die globalen klimapolitischen Missstände aufmerksam zu machen („Streik mit Greta - no future on a dead planet"). Die Bewegung ist eine friedvolle soziale Bewegung, für die der Umweltschutz ein zentrales zivilisatorisches Anliegen mit dringendem Handlungsbedarf ist. Im Rahmen der Demonstration fand in C.-straße eine friedvolle Sitzblockade von Aktivistinnen statt, mit denen sich der Beschwerdeführer solidarisierte. Die belangten Organe trugen die Aktivistinnen und auch den Beschwerdeführer in einen - zuvor an der Mauer des Volksbildungshauses mit Polizeibussen errichteten - „abgesicherten Bereich“, wo er zu Boden gebracht mit dem Bauch nach unten liegend, anfangs von drei, später von fünf belangten Organen fixiert wurde. Ein belangtes Organ drückte noch zuvor seinen Arm gegen seinen Hals und fiel mit dem gesamten Körpergewicht auf den Körper des Beschwerdeführers, die belangten Organe knieten während der Fixierung und zuvor teilweise auf ihn, hielten ihn mit Köperkraft, und zwar mit Händen und Füßen am Boden; das belangte Organ Insp D. E. versetzte dem Beschwerdeführer - während er von den anderen sowie von ihm selbst auf die beschriebene Weise niedergehalten wurde - schließlich sieben wuchtige Faustschläge in die oberen Körperregionen.

Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Sicherheit der belangten Organe, anderer Personen oder Sachen sowie für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Insbesondere ging vom Beschwerdeführer keine Gefahr aus.

Der Sachverhalt ist durch - öffentlich abrufbare - Video-und Audioaufnahmen objektiviert. Die Video- und Audioaufnahmen wurden nach Veröffentlichung im www (ua im sozialen Netzwerk Twitter) von den belangten Behörden überprüft. Sie bestätigten deren Echtheit. Zum Verlauf der in Beschwerde gezogenen Amtshandlung der belangten Organe (der belangten Behörden) bedarf es somit keiner weiteren Ausführungen; zur Feststellung der rechtlich relevanten Tatsachen bloß Einsicht in die Aufnahmen. Kein Medium kann einen Geschehensablauf besser festhalten, wiedergeben, „präsent“ machen, als eine zeitgleich erstellte Video-und Audioaufnahme. Die Aufzeichnungen werden somit zum Sachverhaltsvorbringen erhoben.

Beweis:   Video- und Audioaufnahme vom 31.05.2019 veröffentlicht im sozialen Netzwerk Twitter.

Der Beschwerdeführer wurde durch das inkriminierte Verhalten der belangten Organe am Körper verletzt. Er leidet nach wie vor an den Folgen des Vorfalls.

1.2. Verhalten der belangten Organe (der belangten Behörden) nach der inkriminierten Amtshandlung

Gegen den Beschwerdeführer, Insp D. E., BI F. G., RI H. K. ist bei der Staatsanwaltschaft Wien zu GZ … ein Ermittlungsverfahren anhängig, gegen die belangten Organe wird wegen des Verdachts der Körperverletzung durch Ausnützung einer Amtsstellung §§ 83, 84, 313 StGB ermittelt. In dem unter Beteiligung der belangten Organe Insp D. E., BI F. G., RvI L. M., GrI N. P. erstellte Amtsvermerk vom 31.05.2019 ist zur Anwendung von Gewalt wortwörtlich festgehalten:

„(…) Da dies aufgrund seiner Gegenwehr und Körperspannung nicht möglich war, wurde ihm durch Insp. E. ein Schlag geringer Intensität im Bereich der rechten Niere verabreicht. (…) Doch dieser Schlag zeigte Bei Hr. B. keine Wirkung, sodass von Insp. E. erneut ein Schlag mit höherer Intensität im Bereich der rechten Niere ausgeführt wurde. (…)" (vgl Beilage ./1)

Im Anfallsbericht vom 01.06.2019 von KI R. S. an die Staatsanwaltschaft Wien wurde diese Darstellung (im Übrigen nahezu wortwörtlich) aufrechterhalten, (vgl Beilage ./2)

Auch im Abschlussbericht vom 06.06.2019 behielt die belangte Behörde diese Darstellung bei, und zwar erneut wiederum nahezu wortwörtlich:

„Da dies aufgrund seiner Gegenwehr und Körperspannung nicht möglich war, wurde ihm durch Insp. E. ein Schlag geringer Intensität im Beriech der rechten Niere verabreicht. (…) Doch dieser Schlag zeigte keine Wirkung, sodass von Insp. E. erneut ein Schlag mit höherer Intensität im Bereich der rechten Niere ausgeführt wurde.“

Beweis:   Amtsvermerk vom 31.05.2019 von BI F. G., ON 2 AS 1ff zu GZ: …, Beilage ./1;

         Anfallsbericht vom 01.06.2019 von KI R. S., ON 2 AS 35ff zu GZ: …, Beilage ./2;

         Abschlussbericht vom 06.06.2019 von OR Dr. T., ON 26 zu GZ: …, Beilage ./3.

2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde

    (i)  Zur Maßnahmenbeschwerde

Die Festnahme und Anwendung von Körperkraft sind Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VwGH vom 07.09.1990, 90/01/0195; VfSlg 10.234/1984). Durch das oben beschriebene Verhalten während der inkriminierten Amtshandlung wurde der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Schutz vor Folter sowie unmenschlicher und erniedrigender Behandlung nach Art 3 EMRK, auf Freiheit und Sicherheit nach Art 5 EMRK und Art 1 PersFrG und in seinen subjektiven Rechten auf Achtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach § 29 SPG, § 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz und §§ 5, 170, 171 StPO verletzt.

    (ii) Zur Richtlinienbeschwerde

Gemäß § 31 Abs 2 Z 4 SPG haben Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Ausübung bestimmter Befugnisse besondere Handlungsformen einzuhalten, welche durch Richtlinien des BMI festzulegen sind. Diesbezügliche Verletzungen können mittels Richtlinienbeschwerde geltend gemacht werden (§ 89 Abs 2 SPG).

Durch die oben beschriebenen gegen den Beschwerdeführer gerichteten Zwangsakte und durch die nachfolgende - tatsachenwidrige - Darstellung in Berichten an die Staatsanwaltschaft verstießen die belangten Behörden (durch die belangten Organe) gegen den der gesamten Rechtsordnung immanenten und in den als verletzt gerügten einfachgesetzlich Bestimmungen und Erlässen im Besonderen normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Eklatant verletzt wurde die Verpflichtung zur Achtung der Menschenwürde nach § 31 Abs 2 Z 3 SPG iVm § 5 RLV, iVm den Richtlinien für das Einsatztraining, BMI-EE1233/0004-ll/2/b/2012 und die Verpflichtung zur nachvollziehbaren Dokumentation § 31 Abs 2 Z 4 und Z 5 iVm § 10 Abs 1 RLV. Überdies verstößt die besagte Dokumentation gegen die Verpflichtung zur Objektivität und Wahrheitserforschung nach § 3 StPO, zu sorgsamen Handeln nach § 43 BDG und zu rechtkonformer Dokumentation nach den §§ 95 und 100 StPO.

    (iii) Beschwerden

Gemäß § 3 Abs 1 und Abs 2 Z 2 VwGVG ist für die Maßnahmenbeschwerde des Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG sowie für Richtlinienbeschwerden nach Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG jenes Landesverwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Akte der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden ist und die Pflichtverletzungen stattfanden (i.e. Wien, C.-straße). Das angerufene Gericht ist daher auch örtlich zuständig.

Die Frist zur Erhebung der Beschwerde beträgt gemäß § 7 Abs 4 VwGVG iVm Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG bzw gemäß § 89 Abs 2 SPG sechs Wochen. Die beanstandete Amtshandlung hat am 31.05.2019, die Pflichtverletzung am 31.05.2019, 01.06.2019 und 06.06.2019 stattgefunden, weshalb die nunmehr erhobenen Beschwerden rechtzeitig sind.

3. Beschwerdegründe

3.1. Unverhältnismäßige und rechtswidrige Kraftanwendung

§ 29 SPG verpflichtet die Sicherheitsorgane zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere während der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ist auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person Bedacht zu nehmen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdige Interessen wahrt (§ 5 StPO). Der EGMR hält dazu fest: „Jede körperliche Gewaltanwendung gegen eine ihrer Freiheit beraubten Person (beeinträchtigt) diese in ihrer Menschenwürde und (stellt) prinzipiell eine Verletzung der in Art. 3 EMRK garantierten Rechte dar, wenn die Gewaltanwendung nicht im Hinblick auf das eigene Verhalten unbedingt notwendig gewesen ist.(Ribitsch gegen Österreich, Urteil vom 05.12.1995, REF 00000549000188986/91 [Hervorhebung nicht im Original]).

Wenden behördliche Organe im Rahmen ihrer exekutiven Zwangsbefugnisse Körperkraft gegen Personen an, so unterliegt diese Maßnahme denselben grundsätzlichen Einschränkungen, wie ein im Waffengebrauchsgesetz geregelter Waffengebrauch. Demnach muss sie für ihre Rechtmäßigkeit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen, darf nur dann Platz greifen, wenn sie notwendig ist, um Menschen angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen (vgl § 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz) und sie muss stets Maß haltend vor sich gehen (vgl Erkenntnis des VwGH vom 21.12.2000, Zl 96/01/1032; 14.01.2003, Zl 99/01/0013 und vom 29.05.2006, Zl 2003/09/0040 und vom 06.12.2007, Zl 2004/01/0133; BMI- EE1233/0004-II/2/b/2012 S 59).

Dagegen haben die belangten Organe - wie auf dem Video sichtbar - verstoßen. Der Beschwerdeführer setzte keine (aktive) Widerstandshandlung, die ein derartiges Verhalten auch nur annähernd rechtfertigen würde. Durch die Video- und Audioaufnahme ist objektiviert, dass vom Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt Gefahr ausging. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass das Zu-Boden-Legen, das Andrücken der Hände an den Körper oder ein Festklammern nicht tatbildlich für § 269 StGB ist (vgl RIS-Justiz RS0095724; RIS-Justiz RS0095738). Nichtsdestotrotz versetzte das belangte Organ Insp E. dem Beschwerdeführer sieben Faustschläge in die oberen Körperregionen, während vier weitere belangte Organe ihn am Boden, teilweise auf ihn knieend, fixierten; dies trotz des Umstandes, dass vom Beschwerdeführer keinerlei Gefahr ausging. Dieses Vorgehen ist im Hinblick auf die oben dargestellte Gesetzeslage und st Rsp eklatant rechtswidrig und verletzt den Beschwerdeführer nicht nur in seinem subjektiven Recht auf Verhältnismäßigkeit der Amtshandlung, Anwendung von Körperkraft und Festnahme nach § 29 SPG, § 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz und §§ 5, 170, 171 StPO, sondern insbesondere in seinem Grundrecht auf Schutz vor Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nach Art 3 EMRK sowie auf Freiheit und Sicherheit nach Art 5 EMRK und Art 1 PersFrG (vgl ua UVS Wien 20. 12. 1996, UVS/02/26/00036/95; UVS Salzburg 11. 12. 2001, UVS-6/10056/38-2001; UVS Steiermark 22. 01. 2009, 20.3-34/2005).

Überdies verstößt das Vorgehen der belangten Organe auch gegen die Richtlinien für diesbezügliche Amtshandlungen zur Sicherstellung der Achtung der Menschenwürde (§ 32 Abs 2 Z 4 SPG iVm § 5 Abs 1 RLV) und gegen § 32 Abs 2 Z 4 SPG iVm Richtlinien für das Einsatztraining, BMI-EE1233/0004-II/2/b/2012. Diese sehen als besonderen Schwerpunkt den Schutz der Menschenrechte vor und besagen, dass jedes Organ die Ausübung von Zwangsmaßnahmen durchgehend auf ihrer Notwendigkeit, Angemessenheit und möglichster Schonung zu überprüfen hat (BMI-EE1233/0004-II/2/b/2012, S 7). Die zeitliche Dauer bzw Intensität der Ausübung von Zwangsgewalt hat sich also zwingend am Verhältnismäßigkeitsgebot zu orientieren und darf jedenfalls nur so lange andauern, als dies für die Erreichung des polizeilichen Zieles unabdingbar ist (BMI-EE1233/0004-II/2/b/2012, S 9).

Dass die belangten Behörde im vorliegenden Fall gegen die angezogenen Gesetze und Richtlinien verstießen, wird durch einen anonym bleiben wollenden Polizei-Einsatztrainer (der belangten Behörde) - auf Sachverhaltsebene - bestätigt. Er hielt gegenüber der im Nationalrat vertretenen Partei „NEOS - Das neue Österreich und Liberales Forum“ wortwörtlich fest: „Der Mann war bereits am Boden fixiert. Es ging keine Gefahr von ihm aus. Wenn man ihm also Handfesseln anlegen wollte, gibt es gängige Techniken, die das möglich machen. Wuchtige Schläge in die Körperregion zählen sicher nicht zur gängigen Praxis der Polizei. Es gäbe nur ein Szenario, das solche Prügel rechtfertigt. Und zwar, wenn der Mann eine Waffe in Händen halten würde und er „sich diese nicht abnehmen lässt", was aktenkundig nicht der Fall war (Parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen vom 03.06.2019, https://www.parlament.gv.at/PAKT/ …). Die belangten Behörden haben - beurteilt nach den Aussagen des Polizei-Einsatztrainers - somit einen gewalttätigen Akt polizeilicher Willkür zu verantworten.

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch dazu verpflichtet, eine Amtshandlung allenfalls abzubrechen, es also verbietet, die Amtshandlung unter allen Umständen (etwa mit Brachialgewalt) zu Ende zu bringen. Vielmehr hat eine Abwägung zwischen dem Schaden stattzufinden, der infolge der Anwendung von Zwangsgewalt zu befürchten ist und jenem, der in Folge eines Abbruchs, einer Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt bzw einer Innehaltung der Amtshandlung allenfalls resultieren könnte (vgl Suntinger, Menschenrechte und Polizei Handbuch für TrainerInnen, BMI, S 71). Dies betont auch der Menschenrechtsbereit als ständiges beratendes Organ der Volksanwaltschaft: „Ist die Rechtsordnung zwar auf Durchsetzung angelegt und wird die staatliche Autorität durch die im Gesetz vorgesehenen Eskalationsstufen gestärkt, so bedeutet dies aber nicht, dass eine Amtshandlung ihren Abschluss in etwas „Handfestem" wie einer sofortigen Anzeige oder Festnahme finden muss. Den BeamtInnen muss ein derartiger „Schritt zurück" ohne Gesichtsverlust vor dem Vorgesetzten und den Kolleginnen erlaubt sein.“ (Menschenrechtsbeirat, Prävention und Reaktion, Zwei Analysen aus Anlass des Todes von Cheibani Wague, NWV, 2004, 59).

Auf der Aufnahme ist ersichtlich, dass die Amtshandlung jederzeit unterbrochen hätte werden können. Der Beschwerdeführer befand sich in einem von der belangten Behörde „abgesicherten“ Bereich, umrandet von Einsatzfahrzeugen und Sicherheitsorganen. Die exzessive, gesetzwidrige Vorgehensweise zeigt sich im Besonderen auch in diesem Umstand.

3.2. Rechtswidrige Dokumentation

Rechtlich ist festzuhalten, dass die StPO den Grundsatz der Aktenvollständigkeit vorsieht. Die Kriminalpolizei trifft eine umfassende Dokumentationspflicht ihrer Tätigkeit im Rahmen einer strukturierten Aktenführung (EBRV 25 BlgNR 22. GP 131f, Vogl in Fuchs/Rotz, § 95 Rz 4/1, § 100 Rz 4ff). Sie ist zur Objektivität und Wahrheitserforschung sowie zur Transparenz verpflichtetet (§ 3 Abs 1 StPO; EBRV 25 BlgNR 22. GP 132) und hat den realen Geschehensablauf treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch zu ermitteln (Schmoller in Fuchs/Ratz, WK StPO § 3 Rz 31; § 43 BDG). Kriminalbeamten sind gemäß § 31 Abs 2 Z 4 und Z 5 iVm § 10 Abs 1 RLV bei Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verpflichtet dafür zu sorgen, dass die für ihr Einschreiten maßgeblichen Umstände später nachvollzogen werden können.

Mit den oben angeführten Berichten (vgl Beilagen) haben die belangten Organe eklatant gegen die angeführten Pflichten verstoßen, zumal durch die Audio- und Videoaufnahmen objektiviert ist, dass ihre Darstellung den wahren Begebenheiten widerspricht. Die rechtswidrige Dokumentation indiziert überdies ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken und Voreingenommenheit der belangten Organe, insbesondere weil

    (i)  der Anfallsbericht von den anwesenden belangten Organen eigenhändig unterschrieben wurde (Beilage ./l, S 4)          und

    (ii) im Zeitpunkt des Verfassens des Anfalls- und Abschlussberichtes (Beilage ./2 und ./3) die besagte Video- und          Audioaufnahme, in der die sieben Faustschläge, die Insp. E. dem Beschwerdeführer versetzte, bereits   veröffentlicht worden war.

3.3. Der (durch Video- und Audioaufnahme objektivierte) Sachverhalt verlangt somit folgende rechtliche Subsumtion: Die belangten Behörden verletzten durch das Verhalten (i.e. durch Setzen von Faustschlägen, durch Knien auf den Beschwerdeführer, Auf-dem-Boden-Halten des Beschwerdeführers zur Anwendung von Körperkraft mit Händen und Füßen) ihrer (belangten) Organe den Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten auf Verhältnismäßigkeit der Amtshandlung, rechtswidrige Körperkraftanwendung und Festnahme nach § 29 SPG, § 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz und §§ 5, 170, 171 StPO sowie in seinem Grundrecht auf Schutz vor Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung nach Art 3 EMRK sowie auf Freiheit und Sicherheit nach Art 5 EMRK und Art 1 PersFrG und verstießen gegen § 32 Abs 2 Z 4 SPG iVm der Richtlinien für das Einsatztraining, BMI-EE1233/0004-II/2/b/2012 sowie iVm § 5 RLV der Achtung der Menschenwürde.

Durch die tatsachenwidrige Dokumentation der Amtshandlung verstießen sie nicht nur gegen § 31 Abs 2 Z 4 und Z 5 iVm § 10 Abs 1 RLV, sondern auch gegen den Grundsatz der Objektivität und Wahrheitserforschung nach § 3 StPO, der Verpflichtung zum unparteiischen Handeln nach § 43 BDG und zur rechtkonformen Dokumentation nach den §§ 95 und 100 StPO.

4. Aus all diesen Gründen wird der

Anträge

gestellt, das Landesverwaltungsgericht Wien möge

(i) gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen, durchführen und die in Beschwerde gezogenen Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 28 Abs 6 VwGVG für rechtswidrig erklären sowie dem Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung den Ersatz der entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution auftragen sowie

(ii) die Dienstaufsichtsbeschwerde über die Richtlinienbeschwerde zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Richtlinienwidrigkeit informieren; in eventu möge die gerügten Verletzungen der angezogenen Richtlinien und Rechtsnormen selbst feststellen.“

2.1. Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte die Maßnahmenbeschwerde der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und der Möglichkeit zur Erstattung einer Gegenschrift.

Die belangte Behörde erstattete mit Eingabe vom 17.09.2019 eine Gegenschrift und legte dieser eine DVD mit einer Videodatei des Beweissicherungsteams vom 31.05.21019 und das ungekürzte Video des Zeugen Mag. U. sowie den Akt zur GZ: … vor. Die Gegenschrift ist wie folgt ausgeführt:

„I.      SACHVERHALT

Der Sachverhalt stellt sich aufgrund der derzeit amtsbekannten Informationen wie folgt dar:

Am 31.05.2019, gegen 16:25 Uhr, nachdem die Versammlung für beendet erklärt worden war, wurde der BF aufgefordert, selbständig aufzustehen und die einschreitenden Beamten in den gesicherten Bereich zu begleiten. Dieser Aufforderung kam der BF trotz mehrmaliger Wiederholung nicht nach, und gab an, dass er sich nicht freiwillig von der Sitzblockade entfernen werde. Deswegen wurde der BF von zwei einschreitenden Beamten an den Armen und Beinen erfasst und in Richtung des gesicherten Bereichs getragen. Der BF machte sich anfangs „schwer“, um den Transport schwieriger zu gestalten. Wenig später begann der BF, sich mit seinem gesamten Oberkörper zu verwinden und versuchte, durch Austreten mit den Beinen sich aus dem Tragegriff zu lösen.

Es wurde daher notwendig, den BF vorsichtig kurz auf der Fahrbahn abzulegen. Jedoch begann der BF in dieser Position plötzlich mehrmals mit seinem Hinterkopf auf die Fahrbahn aufzuschlagen und laut zu schreien.

Sämtliche Aufforderungen der einschreitenden Beamten an den BF, dass dieser seine Gegenwehr einstellen und selbst gehen möge, wurden vom BF ignoriert, sodass dieser erneut aufgehoben und getragen werden musste.

Unmittelbar vor dem Zugang zum gesicherten Bereich riss der BF unerwartet ruckartig seine Beine auseinander und begann den gesamten Körper zu verwinden. In der Folge gelang es dem BF durch diese massive Gegenwehr, mit seinen Beinen gegen die einschreitenden Beamten zu treten und einen der Beamten aus dem Gleichgewicht zu bringen, wodurch dieser

zu Fall und auf dem BF zu liegen kam.

Selbst noch im gesicherten Bereich leistete der BF Widerstand, indem er gegen die Beamen austrat und versuchte, die Amtshandlung zu verhindern.

Aus diesem Grund wurde am 31.05.2019 um 16:30 Uhr die Festnahme, gem. § 170 StPO wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung gegen den BF ausgesprochen.

Nachdem der BF über die Gründe, die zu seiner Festnahme führten, informiert worden war, drehte sich dieser in Bauchlage und verschränkte seine Hände unter seinem Oberkörper und verkrampfte sich dermaßen, dass seine Hände nicht mehr erreicht werden konnten. Auch in dieser Lage versuchte der BF noch nach den einschreitenden Beamten zu treten.

Aufgrund des aggressiven Verhaltens und der mangelnden Kooperationsbereitschaft versuchten die einschreitenden Beamten, die Hände des BF auf dessen Rücken zu verbringen, um Handfesseln anlegen zu können. Die Gegenwehr und die Körperspannung des BF machten dies jedoch aussichtslos. Um den Widerstand zu brechen und die Hände am Rücken fixieren zu können, wurden dem BF durch einen Polizeibeamten mehrere Fauststöße gegen den Rückenbereich versetzt. Unmittelbar nachdem der BF die Körperspannung und Gegenwehr aufgab, wurde auch die Anwendung von Zwangsgewalt beendet.

Da der BF nunmehr begann, sich mit seinem Oberkörper aufzubäumen und den Kopf auf den Asphaltboden fallen ließ, wurde der Kopf des BF auf dem Boden fixiert um eine Selbstverletzung zu vermeiden.

Danach wurde die Handfessel am Rücken des BF angelegt und arretiert. Auf die Blutzirkulation wurde Bedacht genommen. Der BF wurde nach der Schließung sofort in eine aufrechte Position gebracht und schließlich zum Arrestantenwagen geführt.

Am 31.05.2019 erfolgte auch die Einvernahme des BF als Beschuldigter wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter schwerer Körperverletzung, wobei der BF einen Misshandlungsvorwurf äußerte. Das Referat Besondere Ermittlungen der LPD Wien wurde daraufhin verständigt und übernahm aufgrund der Zuständigkeit der LPD Wien die Ermittlungen bezüglich des Misshandlungsvorwurfes. Überdies erfolgten durch den zuständigen Amtsarzt ein Augenschein und die Dokumentation der Verletzungen, die nach den Behauptungen des BF durch den Vorfall eingetreten sein sollen.

Beweis: Kriminalpolizeilicher Akt, Originalvideo, Video der LPD Wien (Polizeikamera);

Zur Dokumentation:

Sowohl im Anfallsbericht als auch im Abschluss-Bericht wurden die unterschiedlichen Wahrnehmungen bezüglich der Schläge (einerseits aufgrund der beigebrachten Meldungen und Aktenvermerke und andererseits, auch aufgrund der Vernehmung des Beschuldigten) eindeutig dokumentiert. Auch auf das Video wurde im Anfallsbericht mehrmals hingewiesen. Desgleichen wird im Anfallsbericht eindeutig festgehalten, dass eine kriminaltechnische Überprüfung des Videos (Twitter) bereits veranlasst wurde (Übermittlung des Videos BK Büro 5.2) und, dass das diesbezügliche Ergebnis im Rahmen des Abschlussberichtes auch der Staatsanwaltschaft mitgeteilt werde.

Zum Zeitpunkt der Verfassung des Anfallsberichtes stand lediglich das „Twitter-Video“ zur Verfügung. Dieses ist nicht das „Originalvideo“, sondern weist, - wie durch zwischenzeitliche Untersuchungen und entsprechende Ermittlungen geklärt werden konnte - Abweichungen vom Originalvideo auf („Loops“, fehlende Anfangsvideoteile).

Nachdem das „Nicht-Originalvideo“ im Internet gesichtet wurde bzw. der Filmer U. im Rahmen einer ORF ZIB Sendung am 1.6.2019 namentlich bekannt wurde, wurde seitens der LPD Wien unverzüglich versucht, mit dem Urheber des Videos Kontakt aufzunehmen.

Im Rahmen der Zeugenvernehmung des Herrn U. am 5.6.2019, wurden von diesem das Original Video und die „geloopte Version“ zur Verfügung gestellt.

Dem Verfasser des Abschluss-Berichts war zum relevanten Zeitpunkt das „nicht-geloopte“ Video noch nicht bekannt.

Es darf nochmals betont werden, dass zum Zeitpunkt der Übermittlung des Anfalls-Berichts das „Twitter-Video“, dem Staatsanwalt bereits bekannt war und auf die bereits veranlasste Überprüfung des Videos im Rahmen des Berichtes ausdrücklich hingewiesen wurde.

Darüber hinaus entspricht es den Tatsachen, dass der Anfalls-Bericht aufgrund des zum Zeitpunkt dessen Verfassung gegebenen Informationsstandes angefertigt wurde und darin auf sämtliche zu diesem Zeitpunkt (später Nachmittag des 1.6.2019) zur Verfügung stehende Informationen hingewiesen wurde. Dass im Zuge weiterführender Ermittlungen (zum Beispiel die Anzahl der versetzten Schläge laut dem ab 05.06.2019 zur Verfügung stehenden „Original-Video“) neue verfahrensrelevante Erkenntnisse zutage traten, liegt in der Natur der Sache und ist dieses auch Zweck des Ermittlungsverfahrens.

Warum die am 12.7.2019 verfasste Beschwerde dennoch davon ausgeht, dass der gleiche Ermittlungsstand bereits am späten Nachmittag des 1.6.2019 bestanden haben soll, ist nicht nachvollziehbar.

Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass strafrechtliche Ermittlungen in gegenständlicher Causa laufend geführt werden AZ:… sich der jeweilige objektive Erkenntnisstand laufend ändert (Einvernahme von Zeugen, des Beschuldigten, etc,). Letztlich wurden die unterschiedlichen Angaben, so auch jene des BF ausdrücklich festgehalten.

Beweis: vorgelegter kriminalpolizeilicher Akt; Video der Polizeikamera, „Rohversion“ des U.-Videos;

II.     RECHTSLAGE

     1.) Zur Festnahme:

Die Bestimmungen des § 170 Abs. 1 Z 1 Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 121/2016, lauten:

„Festnahme

Zulässigkeit

§ 170. (1) Die Festnahme einer Person, die der Begehung einer strafbaren Handlung verdächtig ist, ist zulässig,

wenn sie auf frischer Tat betreten oder unmittelbar danach entweder glaubwürdig der Tatbegehung beschuldigt oder mit Gegenständen betreten wird, die auf ihre Beteiligung an der Tat hinweisen, […]

Die Bestimmungen des § 269 und § 84 StGB lauten auszugsweise:

„Widerstand gegen die Staatsgewalt

§ 269. (1) Wer eine Behörde mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt und wer einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im Fall einer schweren Nötigung (§ 106) jedoch mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. […]“

„Schwere Körperverletzung

§ 84. (1) Wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als vierundzwanzig Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit oder eine an sich schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.

[…]“

     2.) Zur Durchsetzung der strafprozessualen Festnahme gemäß § 93 Abs. 1 StPO:

Die relevante Bestimmung des § 93 Abs. 1 StPO lautet:

„Zwangsgewalt und Beugemittel

§ 93. (1) Die Kriminalpolizei ist nach Maßgabe des § 5 ermächtigt, verhältnismäßigen und angemessenen Zwang anzuwenden, um die ihr gesetzlich eingeräumten Befugnisse durchzusetzen; dies gilt auch für die Durchsetzung einer Anordnung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts. Dabei ist die Kriminalpolizei unter den jeweils vorgesehenen Bedingungen und Förmlichkeiten ermächtigt, auch physische Gewalt gegen Personen und Sachen anzuwenden, soweit dies für die Durchführung von Ermittlungen oder die Aufnahme von Beweisen unerlässlich ist. Eine Anordnung zur Festnahme (§ 171 Abs. 1) berechtigt auch dazu, die Wohnung oder andere durch das Hausrecht geschützte Orte nach der festzunehmenden Person zu durchsuchen, soweit die Festnahme nach dem Inhalt der Anordnung in diesen Räumen vollzogen werden soll.“

Im gegenständlichen Fall waren die Fixierung des BF und die Anwendung von Körperkraft gegen diesen geeignet, die rechtswidrigen Angriffe gegen die einschreitenden Beamten (in der Folge: uEB) zu beenden und die Festnahme gegen den BF durchzusetzen.

Wie dem Sachverhalt entnommen werden kann versuchte der BF mehrmals, mit seinen Beinen gegen die uEB zu treten, um diese an der Amtshandlung zu hindern. Aufgrund dieses Verhaltens stellte der BF - entgegen der Behauptung in der Beschwerde - sehr wohl eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der einschreitenden Beamten dar.

Um seinen Widerstand nicht aufgeben zu müssen, drehte sich der BF sogar, nachdem er über seine Festnahmegründe informiert worden war, in Bauchlage und verschränkte seine Hände unter seinem Oberkörper, sodass sie von den uEB nicht mehr erreicht werden konnten.

Bereits zuvor hatte sich der BF den uEB gegenüber äußerst unkooperativ verhalten. Die Aufforderung der einschreitenden Polizeibeamten an ihn, er möge selbständig aufstehen und den gesicherten Bereich verlassen, ignorierte er trotz mehrfacher Wiederholung und zog es stattdessen vor, sich von den einschreitenden Beamten wegtragen zu lassen. Dem nicht genug, begann der BF, während er getragen wurde, völlig unmotiviert, nach den uEB auszutreten und versuchte, sich aus deren Tragegriff zu lösen.

Bei der Festnahme ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person vorzugehen (vgl § 36 Abs 2 Satz 1 sowie dazu § 36 Rz 11; s auch Art 3 EMRK und Art 1 Abs 4 PersFrBVG). Die Anwendung von Körperkraft zur Durchsetzung einer rechtmäßigen Festnahme ist zulässig, wenn sie notwendig und maßhaltend ist (vgl VfSlg 12.423/1990, Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 35, RZ 10, Stand 1.5.2017, rdb.at).

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unterliegt die Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse denselben grundsätzlichen Einschränkungen wie der im Waffengebrauchsgesetz geregelte Waffengebrauch; sie muss demnach für ihre Rechtmäßigkeit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen und darf nur dann Platz greifen, wenn sie notwendig ist, um Menschen angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen (vgl. § 6 Abs. 1 Waffengebrauchsgesetz) und Maß haltend vor sich geht; es darf jeweils nur das gelindeste Mittel, das zum Erfolg, etwa zur Abwehr eines Angriffes, führt, angewendet werden (VwGH 24.03.2011, 2008/09/0075 mwH).

Da die Aufforderung der uEB an den BF , den Widerstand zu beenden und auch die Androhung der Anwendung von Zwang in Form von Körperkraft keinen Erfolg zeigten, waren die einschreitenden Beamten gezwungen, die auf einer tauglichen Rechtsgrundlage angedrohte Festnahme durchzusetzen, indem Zwangsgewalt angewandt wurde. Dabei versuchte einer der uEB, durch mehrmalige Fauststöße in den Bereich des Oberkörpers/Rückens die Aufgabe der Körperspannung durch den BF zu erwirken.

Eine Anwendung gelinderer Mittel als Körperkraft war zum Zeitpunkt der Fixierung nicht möglich, weil der Beschuldigte sich weigerte, seinen Widerstand zu beenden. Ein Ablassen hätte die eingesetzten Exekutivbediensteten gefährdet. Sobald der angestrebte Erfolg (Aufgabe der Körperspannung) eingetreten war, wurde die Ausübung von Körperkraft eingestellt. Die Anwendung von Körperkraft allein stellt kein durch Art. 3 MRK verpöntes Verhalten dar.

Die Amtshandlung bestand sohin konkret in der Effektuierung der ausgesprochenen Festnahme und der Hinderung am weiteren strafbaren Verhalten. Die dabei vom uEB angewandte Körperkraft ging nicht über jene hinaus, die der Überwindung des auf Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung zielenden Widerstandes (§ 2 Z2 iVm §4 WaffGG) diente (vgl. VfGH vom 29.09.1992, GZ: B590/89). Sie war daher auch unter dem Blickwinkel des § 29 SPG verhältnismäßig.

Hervorzuheben ist, dass die Anwendung der oben beschriebenen Körperkraft keine Verletzung der Nieren des BF zur Folge hatte:

„Bei der zweiten Person, welche auf dem veröffentlichten Video zu sehen ist und gegen die Fauststöße ausgeführt wurden, da diese trotz Aufforderung, ihre Hände hervorzugeben und zu zeigen, diese weiterhin unter ihrem Körper (Bauchlage) verbarg und durch Körperspannung die Vollziehung der Festnahme verhindern wollte, wurden folgende Verletzungen bei der amtsärztlichen Untersuchung festgestellt:

- Bluterguss über linkem Schulterblatt,

- oberflächliche Kratzer im Bereich des linken Schulterblatts,

- oberflächliche Kratzer paravertebral rechts Höhe LWS,

- multiple Blutergüsse am linken Oberarm innenseitig.“

Beweis: Aufzeichnungen des Amtsarztes der LPD Wien vom 31.05.2019; kriminalpolizeilicher Akt;

Eine alternative, gelindere Möglichkeit stand den Exekutivbeamten in dieser konkreten, eskalierenden Situation nicht zur Verfügung. Ein Ablassen hätte die eingesetzten Exekutivbediensteten gefährdet.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde in allen Punkten kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. An Kosten werden

• Schriftsatzaufwand und

• Vorlageaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

2.2. Auf die Gegenschrift der belangten Behörde replizierte der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 15.11.2019 und brachte darin Folgendes vor:

„Stellungnahme:

Der Beschwerdeführer machte in der Maßnahmenbeschwerde die Unverhältnismäßigkeit der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ua in Form eines Drückens gegen den Hals und Fallenlassens auf den Beschwerdeführer geltend.

In der Gegenschrift bestreitet die belangte Behörde ein rechtswidriges Verhalten. Zum angeführten Vorwurf führt sie aus:

„Unmittelbar vor dem Zugang zum gesicherten Bereich riss der BF unerwartet ruckartig seine Beine auseinander und begann den gesamten Körper zu verwinden. In der Folge gelang es dem BF durch diese massive Gegenwehr, mit seinen Beinen gegen die einschreitenden Beamten zu treten und einen der Beamten aus dem Gleichgewicht zu bringen, wodurch dieser zu Fall und auf dem BF zu liegen kam."

Aus der hiermit

vorgelegten Videoaufnahme (siehe Beilage CD-ROM)

ist ersichtlich, dass die Depositionen der belangten Behörde unrichtig sind. Der Beschwerdeführer riss weder seine Beine ruckartig auseinander, noch windete er den gesamten Körper, geschweige denn trat er gegen die einschreitenden Beamten. Der Beamte kam auch nicht aus dem Gleichgewicht bzw stürzte. Vielmehr setzte er - ohne den geringsten Anlass von Seiten des Beschwerdeführers - gezielt massive körperliche Gewalt gegen den Einschreiter ein: Das belangte Organ (= BzI G.) drückte mit gesamten Körpergewicht seinen Ellbogen gegen die Kehle des Beschwerdeführers und schlussendlich die Rückseite seiner zur Faust geballten Hand.

Die Bildaufnahme belegt auf eindrückliche Art und Weise, dass die gesetzte Gewaltanwendung im Hinblick auf das Verhalten des Beschwerdeführers keinesfalls verhältnismäßig war. Der Verdacht der vorsätzlichen Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung wird hierdurch sogar indiziert.“

2.3. Die belangte Behörde erstattete daraufhin die nachstehende Stellungnahme vom 09.12.2019:

„1)  In der Maßnahmenbeschwerde vom 12.072019, wird zum Sachverhalt (in der Folge: SV I) ausge- führt:

„[…] Die belangten Organe trugen die Aktivistinnen und auch den Beschwerdeführer in einen - zuvor an der Mauer des Volksbildungshauses mit Polizeibussen errichteten - „abgesicherten Bereich", wo er zu Boden gebracht mit dem Bauch nach unten liegend, anfangs von drei später von fünf belangten Organgen fixiert wurde. Ein belangtes Organ drückte noch zuvor seinen Arm gegen seinen Hals und fiel mit dem gesamten Körpergewicht auf den Körper des Beschwerdeführers,[…]"

Im Schriftsatz vom 15.11.2019, führt der BF nunmehr u.a. folgende Behauptungen (in der Folge: SV II) ins Treffen:

„[…] Das belangte Organ (= Bzl G.) drückte mit gesamten Körpergewicht seinen Ellenbogen gegen die Kehle des Beschwerdeführers und schlussendlich die Rückseite seiner zur Faust geballten Hand […]“.

Im Ergebnis erstattet der BF somit zwei völlig konträre Beschwerdevorbringen. Während in SV I behauptet wird, ein Organ habe im „abgesicherten Bereich" zunächst mit dem Arm gegen den Hals des BF gedrückt und sei dann mit dem gesamten Körpergewicht auf den BF gefallen, wird in SV II wiederum vorgebracht, das Organ habe mit seinem ganzen Körpergewicht den Ellenbogen gegen die Kehle des BF gedrückt und schlussendlich die Rückseite seiner zur Faust geballten Hand.

Die Schilderung der Vorkommnisse in SV I lassen aufgrund der eindeutigen Formulierung eindeutig den Schluss zu) dass das Organ seinen Arm gegen den Hals des BF drückte noch bevor er mit dem gesamten Körpergewicht auf den Körper des BF stürzte. Eine Interpretation der Formulierung „und" dahingehend, dass beide Handlungen (Drücken des Arm gegen den Hals und Fallen auf den Körper des BF) gleichzeitig stattgefunden haben sollen, scheint faktisch völlig unmöglich und kommt daher nicht in Betracht. Als Örtlichkeit des Geschehens wird der „abgesperrte Bereich" genannt.

Im SV II stellt sich die Sachlage jedoch gänzlich neu dar, nämlich so, als sei das Organ zuvor auf dem BF gelegen und habe danach sein gesamtes Körpergewicht dazu verwendet, um seinen Ellenbogen (und nicht „nur" wie in SV I behauptet, den Arm) gegen die Kehle des BF zu drücken und danach auch noch die zur Faust geballten Hand.

Die Örtlichkeit des Geschehens liegt - wie auf dem Video klar ersichtlich - nicht im „abgesicherten Bereich", sondern unmittelbar davor.

Nach Ansicht der belangten Behörde handelt es sich aufgrund der eklatanten Abweichungen vom bisherigen Beschwerdevorbringen (SV I), bei den in SV II geschilderten Vorwürfen um ein

gänzlich neues Beschwerdevorbringen und somit einen gänzlich anderen Vorfall, als jenen, welcher erstmals mit Schriftsatz vom 15.11.2019 geltend gemacht wurde.

Die neue Beschwerde (SV II) vom 15.11.2019 gegen die behaupteten Maßnahmen vom 31.05.2019 ist jedoch verspätet, zumal die relevante Beschwerdefrist 6 Wochen beträgt.

2)   Abgesehen davon, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers - der Beamte sei nicht aus dem Gleichgewicht gekommen, bzw. gestürzt, sondern habe ohne geringsten Anlass von Seiten des BF - gezielt massive körperliche Gewalt gegen den BF ausgeübt - in Zusammenschau mit dem vorgelegten Video keinesfalls haltbar.

Vielmehr ist im letzten Drittel des Videos deutlich erkennbar, wie der BF, welcher sich an Händen und Füßen von vier Polizeibeamten wegtragen lässt, aufs Heftigste den Versuch unternimmt, sich aus dieser Position zu lösen, indem er sich rückartig aufrichtet und sich dabei an den Armen der Polizeibeamten hoch - und die Polizeibeamten damit gleichzeitig herunter - zieht, und dadurch einen Gleichgewichtsbruch zu provozieren versucht. Nur wenige Sekunden später verwindet er überdies seinen Oberkörper deutlich nach links. Die gesetzte Gegenwehr erfolgte unmöglich ohne Einbeziehung der Beine und kann das Video dementsprechend keinen adäquaten Gegenbeweis zu der von der LPD Wien vertretenen Position erbringen.

Unverkennbar zeigt das Video jedoch, dass der BF seine Gegenwehr an einer - für ihn - strategisch günstigen Stelle setzte, nämlich dort, wo sich der Bewegungsspielraum der Beamten durch die Hauswand, Schaukästen und parkende Polizeiwagen, unverkennbar einzuschränken begann.

Diese örtlichen Gegebenheiten im Zusammenwirken mit der Gegenwehr des BF führten schließlich zum Sturz des Polizeibeamten.

Tastsache ist, dass ein Polizeibeamter auf dem BF zu liegen kam und danach versuchte, sich raschest möglich wieder aufzurichten.

Dass dem BF dabei mit dem gesamten Körpergewicht mutwillig (mit dem Ellenbogen und der Faust) in die Kehle gedrückt worden sei, wird bestritten.

Den Beweis dafür, dass der Polizeibeamte dem BF nicht mit seinem ganzen Körpergewicht mit Ellenbogen und Faust in die Kehle drückte, liefert das vom BF vorgelegte Video selbst.

Auf dem Video ist deutlich hörbar, wie der BF - auch nach den angeblichen massiven körperlichen Gewaltanwendungen an der Kehle - in der Lage ist, lauthals zu schreien.

Allein schon aus diesem Grund ist offensichtlich, dass die behauptete Misshandlung nicht stattgefunden hat, andernfalls dem BF ein solches Verhalten nicht möglich gewesen wäre.

Entsprechend machte der BF bislang keine derartigen Verletzungen an der Kehle geltend und wurden solche auch bei der amtsärztlichen Untersuchung nicht festgestellt.

Die LPD Wien stellt daher den

Antrag,

die Beschwerde in allen Punkten:

1) Drücken des Ellenbogens gegen die Kehle des BF unter Einsatz des gesamten Körpergewichtes,

2) Drücken der Rückseite der zur Faust geballten Hand gegen die Kehle des BF unter Einsatz des gesamten Körpergewichtes,

3) Mutwilliges Fallenlassen eines Polizeibeamten auf den BF,

kostenpflichtig als verspätet zurückzuweisen

in eventu

kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

An Kosten werden der

• Schriftsatzaufwand und der

• allfällige Verhandlungsaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

2.4. Der Beschwerdeführer nahm dazu in seiner Äußerung vom 12.12.2019 Stellung und führt darin aus:

„Die Ausführungen der belangten Behörde sind rechtlich verfehlt und überdies auch auf Tatsachenebene in keiner Weise nachvollziehbar.

    a)   Zu Punkt 1

Wie die belangte Behörde selbst ausführt, ist in der Maßnahmenbeschwerde wortwörtlich festgehalten:

„Ein belangtes Organ drückte noch zuvor seinen Arm gegen seinen Hals und fiel mit dem gesamten Körpergewicht auf den Körper des Beschwerdeführers"

Die Wörtlichkeit „zuvor“ beinhaltet sowohl die zeitliche Vorlagerung als auch die räumliche Vorlagerung, weshalb sie - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - vom Verfahrensgegenstand umfasst ist (Ennöckl in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde2 46). Die Form dieses behördlichen Handelns wurde in der Maßnahmenbeschwerde natürlich angeführt. Die Ausführungen lassen ausreichend erkennen, worin die Rechtswidrigkeit liegt und was die Partei damit anstrebt (Ennöckl in Eisenberger/Ennöckl/Helm, Die Maßnahmenbeschwerde2 47; VfSlg 13.339/1993). Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die mangelnde räumliche und zeitliche Beschreibung nur dann entscheidungswesentlich ist, wenn nicht erkennbar ist, gegen welches behördliche Handeln sich der Betroffene wendet. Genau dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Vielmehr ergibt sich aus der gesamten Darstellung der Beschwerde unzweifelhaft, welche Verwaltungsakte bekämpft werden (VwGH 25.11.1994, 94/02/0103).

Die weiteren Ausführungen es handle sich um „zwei völlig konträre Beschwerdevorbringen“ sind mit den Tatsachen nicht in Einklang zu bringen und offenbar ein vergeblicher Versuch sich mit den belastenden Tatsachen nicht inhaltlich auseinandersetzen zu wollen. Mit der Stellungnahme vom 15.11.2019 wurde das weiter oben angeführte Handeln des belangten Organs (lediglich) konkretisiert und nicht - wie das Ansinnen der belangten Behörde - ein weiterer historischer Sachverhalt eingeführt. Die (zu beurteilenden) Zwangsakte sind ohnehin durch Bild- und Tonaufnahmen objektiviert. Die wörtliche Umschreibung eines Geschehens ist im Vergleich dazu - notgedrungen - auch nicht nur annähernd so präzise und aufschlussreich. Dabei handelt es sich um eine seit Menschengedenken notorische Tatsache: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Den übrigen Ausführungen der belangten Behörde sei entgegnet; lura novit curia.

    b)   Zu Punkt 2

Die Ausführungen der belangten Behörde verwundern doch sehr. Die Ausführungen der belangten Behörde widersprechen den auf dem Video in Echtzeit festgehaltenen Verhaltensweisen der Polizeiorgane und halten sich, wenn sie schon einen Widerspruch erkennen möchte, nicht an die Darstellung in der Beschwerde. Das gesetzte Verhalten steht aufgrund objektiver Beweislage fest, rechtlich würdigen wird es das Gericht.“

Der Beschwerdeführer hat insgesamt 3 Videos dem Verwaltungsgericht Wien übermittelt, die am 13.12.2019 in eine Cloud-Lösung hochgeladen wurden.

3.1. Die Richtlinienbeschwerde wurde vom Verwaltungsgericht Wien der Landespolizeidirektion Wien als Aufsichtsbehörde gemäß § 89 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG zugeleitet.

3.2. Mit Eingabe vom 31.10.2019 teilte die belangte Behörde mit, dem Beschwerdeführer sei zuhanden seiner Rechtsvertretung am 31.10.2019 nachweislich eine Sachverhaltsmitteilung zugestellt worden, wobei eine Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt wurde.

3.3. Mit Eingabe vom 14.11.2019 beantragte der Beschwerdeführer eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien über seine Richtlinienbeschwerde, die der belangten Behörde mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 18.11.2019 zur Kenntnis gebracht wurde.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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