TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/9 LVwG-2019/34/2173-12

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Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §4
VVG §10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde der AA GmbH, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 16.9.2019, *****, betreffend Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) in einer Angelegenheit nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.11.2019, fortgesetzt am 4.12.2019,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

„In Spruchpunkt II. des Bescheides vom 17.10.2011 trug der Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde der Vorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 auf,

1.   die zur Zwischenlagerung auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y anlagenrechtlich nicht genehmigten Abfälle

-        Rechengut (SN *****),

-        Bodenaushub,

-        sowie Holzasche (SN *****)

bis längstens 15.11.2011 zu entfernen,

2.   die derzeit auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y nicht konsensmäßig zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-        Sandfanginhalte, öl- oder kaltreinigerhaltig (SN *****),

-        Rückstände aus der Baustellensortierung

entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern oder bis längstens 15.11.2011 zu entfernen.

In Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 30.10.2015 trug der Landeshauptmann von Tirol der Vorgängerin der Beschwerdeführerin auf, die nachstehenden zwischengelagerten Abfälle auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y, welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind und anlagenrechtlich nicht genehmigt sind, bis zum 1.3.2016 zu entfernen:

-        Bodenaushub (10.000 m³)

In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides trug der Landeshauptmann von Tirol der Vorgängerin der Beschwerdeführerin auf, die derzeit auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y nicht konsensgemäß zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-        Baustellenabfälle (250 m³),

-        Sandfanginhalte (6.000 m³) und

-        Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung (2.500 m³),

welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind, entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern bzw die konsensüberschreitenden Mengen zu entfernen oder die gesamten nicht konsensgemäß zwischengelagerten Abfälle bis zum 1.3.2016 zu entfernen.

Sie haben die Ihnen in Spruchpunkt 1. des Bescheides des Landeshauptmannes als Abfallbehörde vom 30.10.2015, *****, auferlegte Verpflichtung nicht zur Gänze erfüllt.

Es wird daher die mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Z vom 13.4.2016, *****, hinsichtlich des Spruchpunktes II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 17.10.2011, *****, und des Spruchpunktes 1. des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 30.10.2015, *****, angedrohte Ersatzvornahme insofern angeordnet, als

-        im nordwestlichen Bereich innerhalb Ihrer Anlage, jedoch außerhalb des Flugdaches, alle Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung,

-        südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung der gesamte Bodenaushub und

-        unter dem nördlichen Flugdach im Bereich der ehemaligen Sortieranlage alle Sandfanginhalte

vollständig und

-        im hinteren, nordöstlichen Bereich Ihrer Anlage, auf dem mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 12.3.2012, *****, genehmigten Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks Baustellenabfälle im Ausmaß von 250 m³

zu entfernen sind,

sofern Sie diese nicht an anderen Örtlichkeiten gemäß den Ihnen nach dem AWG 2002 erteilten Genehmigungen zwischenlagern dürfen.“

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete die belangte Behörde die Ersatzvornahme im Hinblick auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.10.2015, *****, wie folgt an:

„I.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.10.2015, *****, Spruchpunkt I., wurde der [Vorgängerin der Beschwerdeführerin] der Auftrag erteilt, die nachstehenden zwischengelagerten Abfälle auf dem Betriebsareal GP **1, KG Y, welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind und anlagenrechtlich nicht genehmigt sind, bis zum 1.3.2016 zu entfernen:

-   Bodenaushub (10.000 m³)

Gemäß Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der [Vorgängerin der Beschwerdeführerin] aufgetragen, die derzeit auf dem Betriebsareal auf GP **1, KG Y, nicht konsensgemäß zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-   Baustellenabfälle 250 m³

-   Sandfanginhalte 6.000 m³ und

-   Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung 2.500 m³,

welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern bzw die konsensüberschreitenden Mengen zu entfernen oder die gesamten nicht konsensgemäß zwischengelagerten Abfälle bis zum 1.3.2016 zu entfernen.

Diesen Verpflichtungen sind Sie nicht nachgekommen.

Es wird daher gemäß § 4 Abs 1 VVG die mit Schreiben vom 13.4.2016, *****, angedrohte Ersatzvornahme in folgendem Umfang angeordnet:

1. Die nachstehenden zwischengelagerten Abfälle auf dem Betriebsareal GP **1, KG Y, welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind und anlagenrechtlich nicht genehmigt sind, zu entfernen:

-   Bodenaushub (10.000 m³)

2. Die derzeit auf dem Betriebsareal auf GP **1 KG Y, nicht konsensgemäß zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-   Baustellenabfälle 250 m³

-   Sandfanginhalte 6.000 m³ und

-   Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung 2.500 m³,

welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011, *****, erfasst sind entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern bzw die konsensüberschreitenden Mengen zu entfernen oder die gesamten nicht konsensgemäß zwischengelagerten Abfälle bis zum 1.3.2016 zu entfernen.

II.

Die aufschiebende Wirkung einer fristgerecht eingebrachten Beschwerde wird gemäß § 13 VwGVG aberkannt.“

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG Tirol) mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben. Begründend führt die Beschwerdeführerin aus, der Titelbescheid sei zu unbestimmt und sie habe seit dem vom Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde und von der belangten Behörde am 28.3.2019 durchgeführten Ortsaugenschein laufend Material entfernt. Aus diesem Grund sei die Ersatzvornahme weder erforderlich noch zulässig.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 30.10.2015, *****, die Androhung der Ersatzvornahme vom 13.4.2016, *****, den Aktenvermerk des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde über den Ortsaugenschein am 28.3.2018, die Mitteilung des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 5.11.2019 samt Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 17.10.2011, ***** (vgl OZ 4), die von der Beschwerdeführerin am 28.11.2019 vorgelegte Liste über die Abfall-Ausgänge im Zeitraum 1.8.2015 bis 28.11.2019 (vgl OZ 10), Durchführung eines Ortsaugenscheins am 19.11.2019 (vgl Verhandlungsschrift in OZ 5) sowie Einvernahme des vormaligen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin CC und des abfalltechnischen Amtssachverständigen im Rahmen der Verhandlung am 19.11.2019, fortgesetzt am 4.12.2019 (vgl Verhandlungsschriften in OZ 5 und 11). Die Lichtbilder in den Beilagen ./4 und ./5 zur Verhandlungsschrift in OZ 5 zeigen den Zustand vor Ort am 19.11.2019. Aus den Beilagen ./10 bis ./13 und ./19 bis 21 zur Verhandlungsschrift in OZ 11 geht hervor, inwiefern sich die Situation vor Ort im Laufe der Zeit verändert hat. Die Beschwerdeführerin legte in der Verhandlung den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.9.2006, *****, vor. Es wurden alle von der Beschwerdeführerin angebotenen Beweise aufgenommen.

II.      Sachverhalt:

In Spruchpunkt II. des Bescheides vom 17.10.2011 trug der Landeshauptmann von Tirol als Abfallbehörde der Vorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 62 Abs 2 AWG 2002 auf,

1.   die zur Zwischenlagerung auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y anlagenrechtlich nicht genehmigten Abfälle

-        Rechengut (SN *****),

-        Bodenaushub,

-        sowie Holzasche (SN *****)

bis längstens 15.11.2011 zu entfernen,

2.   die derzeit auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y nicht konsensmäßig zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-        Sandfanginhalte, öl- oder kaltreinigerhaltig (SN *****),

-        Rückstände aus der Baustellensortierung

entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern oder bis längstens 15.11.2011 zu entfernen.

In Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 30.10.2015 trug der Landeshauptmann von Tirol der Vorgängerin der Beschwerdeführerin auf, die nachstehenden zwischengelagerten Abfälle auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y, welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011 erfasst sind und anlagenrechtlich nicht genehmigt sind, bis zum 1.3.2016 zu entfernen:

-   Bodenaushub (10.000 m³)

In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides trug der Landeshauptmann von Tirol der Vorgängerin der Beschwerdeführerin auf, die derzeit auf dem Betriebsareal auf Gst-Nr **1 in EZ *** GB ***** Y nicht konsensgemäß zwischengelagerten Mengen der Abfallarten

-   Baustellenabfälle (250 m³),

-   Sandfanginhalte (6.000 m³) und

-   Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung (2.500 m³),

welche nicht bereits vom Entfernungsauftrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.10.2011 erfasst sind, entsprechend dem bestehenden Konsens zwischenzulagern bzw die konsensüberschreitenden Mengen zu entfernen oder die gesamten nicht konsensgemäß zwischengelagerten Abfälle bis zum 1.3.2016 zu entfernen.

Dem Bescheid vom 30.10.2015 lag unter anderen der seitens des abfalltechnischen Amtssachverständigen am 2.9.2015 durchgeführte Ortsaugenschein zugrunde. Damals stellte der abfalltechnische Amtssachverständige Folgendes fest (vgl Seite 3 und 4 des Bescheides vom 30.10.2015):

a)   Unter dem nördlichen Flugdach (Bereich ehemalige Sortieranlage) werden Sandfanginhalte im Ausmaß von 6.000 m³ gelagert. Eine anlagenrechtliche Genehmigung für die Ablagerung von Sandfanginhalten in diesem Bereich besteht nicht.

b)   Im nordwestlichen Bereich innerhalb der Anlage, außerhalb des Flugdaches, werden Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung im Ausmaß von 2.500 m³, welche in diesem Bereich zu entfernen sind, gelagert.

c)   Südlich angrenzend an die zwischengelagerten Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung wird Bodenaushub im Ausmaß von insgesamt 10.000 m³ zwischengelagert. Für die Zwischenlagerung der Abfallart Bodenaushub liegt kein anlagenrechtlicher Konsens vor.

d)   Im anlagenrechtlich genehmigten Zwischenlagerbereich für Baustellenabfälle wurde ein Ausmaß von circa 350 m³ festgestellt. Entsprechend dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 12.3.2012, *****, dürfen jedoch maximal 100 m² Baustellenabfälle zwischengelagert werden. Daraus ergibt sich eine konsenswidrige Menge von 250 m³, die zu entfernen ist.

Dieser Bescheid erwuchs am 15.12.2015 in Rechtskraft (vgl OZ 4).

Mit Verfahrensanordnung vom 13.4.2016 drohte die belangte Behörde die Ersatzvornahme im Hinblick auf die Bescheide vom 30.10.2015 und vom 17.10.2011 an, weil eine Überprüfung am 9.3.2016 ergeben habe, dass die darin erteilten Aufträge nicht erfüllt worden seien. Konkret wurde die Ersatzvornahme bezüglich des Bodenaushubs (10.000 m³), der Baustellenabfälle (250 m³), der Sandfanginhalte (6.000 m³) und der Rückstände aus der Abfallsortierung (2.500 m³) angeordnet. Die belangte Behörde setzte für die Erfüllung der Leistung eine Paritionsfrist bis zum 1.8.2016.

Heute stellt sich die Situation innerhalb der Anlage der Beschwerdeführerin bezüglich der in Rede stehenden Abfallarten wie folgt dar:

a)   Im nordwestlichen Bereich innerhalb der Anlage der Beschwerdeführerin, jedoch außerhalb des Flugdaches, werden zumindest seit dem 2.9.2015 Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung im Ausmaß von 2.500 m³ gelagert. Aufgrund der vor diesen Abfällen lagernden Abfällen anderer Art war/ist eine Entfernung der Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung bislang nicht möglich. Für diese Lagerung besteht keine Bewilligung nach dem AWG 2002.

b)   Südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung im Ausmaß von 2.500 m³ lagerte zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 30.10.2015 Bodenaushub im Ausmaß von 10.000 m³. Inzwischen hat die Beschwerdeführerin in etwa die Hälfte dieses Bodenaushubmaterials entfernt. Für die Lagerung von Bodenaushub auf der gegenständlichen Fläche besteht keine Bewilligung nach dem AWG 2002.

c)   Aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 12.3.2012, *****, verfügt die Beschwerdeführerin über die nach dem AWG 2002 erteilte Genehmigung für die Lagerung von Baustellenabfällen im Ausmaß von 100 m² auf dem Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks im hinteren, nordöstlichen Bereich der Anlage. Entgegen diesem Bescheid lagert die Beschwerdeführerin dort zumindest seit dem 2.9.2015 insgesamt 350 m³ Baustellenabfälle. Aufgrund der vor dem Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks lagernden Abfälle anderer Art war/ist eine Entfernung einer Menge von 250 m³ auf diesem Zwischenlagerplatz bislang nicht möglich.

d)   Unter dem nördlichen Flugdach im Bereich der ehemaligen Sortieranlage werden zumindest seit dem 2.9.2015 Sandfanginhalte im Ausmaß von 6.000 m³ gelagert. Auch in diesem Bereich war/ist es aufgrund der vor ihm lagernden Abfälle anderer Art bislang nicht möglich, dort lagernde Sandfanginhalte zu entfernen.

Beim vormaligen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestehen keine Zweifel darüber, welche Abfälle den Bescheiden vom 17.10.2011 und vom 30.10.2015 zu Grunde liegen und wo diese derzeit lagern. Aus Sicht des beigezogenen Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Abfallwirtschaft sind die der Beschwerdeführerin in den Bescheiden vom 17.10.2011 und vom 30.10.2015 auferlegten Verpflichtungen objektiv eindeutig erkennbar (vgl ASV OZ 12 S 11; VwGH 22.2.2001, 2000/07/0254, wonach die Frage der ausreichenden Bestimmtheit nicht allein eine Rechtsfrage, sondern auch eine Fachfrage ist).

III.     Beweiswürdigung:

Strittig sind die heute sich auf der Anlage befindlichen Mengen der in Rede stehenden Abfallarten. Aus dem Aktenvermerk des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 28.3.2019 geht hervor, dass sich jene Örtlichkeiten, an denen sich die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung im Ausmaß von 2.500 m² und die Sandfanginhalte im Ausmaß von 6.000,00 m³ sowie der mit Bescheid der Abfallbehörde vom 12.3.2012 genehmigte Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks befinden, bislang nicht dermaßen zugänglich waren/sind, als dass eine Entfernung von Abfällen möglich gewesen wäre/ist. Der Aktenvermerk vom 28.3.2019 liegt im verwaltungsbehördlichen Akt ein, sodass der Beschwerdeführerin dessen Inhalt bekannt sein müsste (in der Verhandlung am 19.11.2019 verzichtete der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin auf Akteneinsicht, vgl OZ 5 S 4). Ungeachtet dessen, hat sie nicht einmal behauptet, eine Entfernung von Abfällen in den in Rede stehenden Bereichen sei möglich. Das LVwG Tirol hat sich anlässlich des am 19.11.2019 durchgeführten Ortsaugenscheins selbst davon überzeugt, dass eine Entfernung von Abfällen aus den in Rede stehenden Bereichen derzeit aufgrund vor diesen Abfällen lagernder Abfälle anderer Art nicht möglich ist (vgl VHS in OZ 5 S 4 und Beilagen ./4 und 5 zu OZ 5). Insofern konnten die im Bescheid vom 30.10.2015 enthaltenen Mengen übernommen werden.

Nach dem Ortsaugenschein am 19.11.2019 forderte das LVwG Tirol die Beschwerdeführerin auf, mitzuteilen, inwiefern Sie der Verpflichtung im Sinne des Bescheides vom 30.10.2015 nachgekommen ist (vgl OZ 8). Daraufhin legte die Beschwerdeführerin eine Liste über die Abfall-Ausgänge im Zeitraum vom 1.8.2015 bis zum 28.11.2019 vor (vgl OZ 10). Daraus ergibt sich ein Ausgang von Bodenaushub der Schlüsselnummer 31411 Spezifikation 29 im Ausmaß von 7.067,06 m³ und von Bodenaushub der Schlüsselnummer 31411 Spezifikation 30 im Ausmaß von 13,56 m³. Eine unbestimmte Menge an Bodenaushub ist auch in der Position „Recycling Baustoff U-A“ enthalten. Der abfalltechnische Amtssachverständige hat in der Verhandlung erläutert, dass es Örtlichkeiten gibt, an denen die Beschwerdeführerin Bodenaushub gemäß den ihr nach dem AWG 2002 erteilten Genehmigungen lagern darf. Ausgänge von Bodenaushub aus diesen Örtlichkeiten scheinen auch in der Liste in OZ 10 auf. Die Liste in OZ 10 gibt sohin keinen Aufschluss darüber, welche Menge an Bodenaushub südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung entfernt wurde. Er bestätigte allerdings, dass Bodenaushub entfernt worden war. Aufgrund des von ihm am 19.11.2019 durchgeführten Ortsaugenscheins und einer Schätzung (Länge x Breite x Höhe) befinden sich nach wie vor in etwa 5.000 m³ Bodenaushub südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist von dieser Menge nunmehr auszugehen.

Aufgrund der sie als Verpflichtete im Vollstreckungsverfahren treffenden besonderen Mitwirkungsobliegenheit wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen genau anzugeben, welche Maßnahmen gesetzt wurden (vgl VwGH 27.10.2014, 2013/04/0079).

Der vormalige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat in der Verhandlung nicht bestritten, zu wissen, welche Abfallhäufen gemeint sind und wo sich diese befinden. Im Gegenteil: so hat das LVwG Tirol doch den Eindruck gewonnen, dass er sehr genau weiß, welche Häufen gemeint sind. Insofern ist die entsprechende Feststellung zu treffen.

IV.      Rechtslage:

1. § 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl Nr 53/1991, lautet:

„Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.“

2. § 10 VVG, BGBl Nr 53/1991, in der Fassung BGBl I Nr 33/2013, lautet:

„§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“

V.       Erwägungen:

Aus dem Titelbescheid vom 30.10.2015 (in Rechtskraft erwachsen am 15.12.2015) gehen vier wesentliche Punkte hervor:

a)   Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über die nach dem AWG 2002 erforderliche Genehmigung für die Lagerung von Rückständen aus der Baustellenabfallsortierung im nordwestlichen Bereich innerhalb der Anlage der Beschwerdeführerin, jedoch außerhalb des Flugdaches.

b)   Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über die nach dem AWG 2002 erforderliche Genehmigung für die Lagerung von Bodenaushub südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung.

c)   Aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 12.3.2012, *****, verfügt die Beschwerdeführerin über die nach dem AWG 2002 erteilte Genehmigung für die Lagerung von Baustellenabfällen im Ausmaß von 100 m² auf dem Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks im hinteren, nordöstlichen Bereich der Anlage. Indem sie dort 350 m³ Baustellenabfälle lagert, überschreitet sie den ihr erteilten Konsens um 250 m³.

d)   Die Beschwerdeführerin verfügt nicht über die nach dem AWG 2002 erforderliche Genehmigung für die Lagerung von Sandfanginhalten unter dem nördlichen Flugdach im Bereich der ehemaligen Sortieranlage.

Trotzdem lagert die Beschwerdeführerin im nordwestlichen Bereich innerhalb ihrer Anlage, jedoch außerhalb des Flugdaches, 2.500 m³ Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung, südlich angrenzend an die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung 5.000 m³ Bodenaushub, im hinteren, nordöstlichen Bereich der Anlage nicht 100 m³, sondern insgesamt 350 m³ Baustellenabfälle auf dem mit Bescheid der Abfallbehörde vom 12.3.2015 genehmigten Zwischenlagerplatz für Baustellenabfälle/Autowracks und unter dem nördlichen Flugdach im Bereich der ehemaligen Sortieranlage Sandfanginhalte im Ausmaß von 6.000 m³.

Der Titelbescheid ordnet somit die vollständige Entfernung von Bodenaushub, Sandfanginhalten und Rückständen aus der Baustellenabfallsortierung an. Diese Anordnung ist unmissverständlich und beinhaltet einen objektiv eindeutigen Inhalt. Daran ändert nichts, dass gleichzeitig die zu entsorgende Menge - noch zusätzlich - durch die Angabe der Größenordnung (10.000 m³ Bodenaushub, 6.000 m³ Sandfanginhalte, 2.500 m³ Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung) präzisiert wird. Auch die Anordnung eine Menge von 250 m³ Baustellenabfälle vom genehmigten Zwischenlager zu entfernen, ist eindeutig.

Beim vormaligen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bestehen keine Zweifel darüber, welche Abfälle den Bescheiden vom 17.10.2011 und vom 30.10.2015 zu Grunde liegen und wo diese derzeit lagern. Auch aus fachlicher Sicht sind die der Beschwerdeführerin in den Bescheiden vom 17.10.2011 und vom 30.10.2015 auferlegten Verpflichtungen objektiv eindeutig erkennbar.

Der Titelbescheid ist ausreichend bestimmt und damit vollstreckbar.

Die Beschwerdeführerin ist der ihr im Titelbescheid auferlegten Verpflichtung weder bis zum Ablauf der im Titelbescheid festgesetzten Frist (1.3.2016) oder bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens (diese erfolgte mit Schreiben vom 13.4.2016) nachgekommen.

Die mit Verfahrensanordnung vom 13.4.2016 erfolgte Androhung der Ersatzvornahme stimmt mit der nunmehrigen Anordnung der Ersatzvornahme überein.

Die Entfernung eines Teils des Bodenaushubmaterials stellt keine wesentliche Sachverhaltsänderung dar, die die Vollstreckung unzulässig machen würde (vgl VwGH 11.1.2012, 2010/06/0272).

Wenn die Beschwerdeführerin den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.9.2006 ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass im konkreten Fall eine Zwischenlagerung in Tanks wie auf Seite 7 vorgesehen - nach den getroffenen Feststellungen – gerade nicht erfolgt. Im Übrigen wäre eine allfällige Bewilligung vor Erlassung der Bescheide vom 17.10.2011 und vom 30.10.2015, wenn sie überhaupt je existierte, durch den Titelbescheid vernichtet worden ist (vgl VwGH 22.02.2001, 2000/07/0254).

Im Ergebnis ist die Vollstreckung zulässig (vgl VwGH 27.10.2014, 2013/04/0079).

Die Anordnung der Ersatzvornahme wird im Hinblick auf den Bodenaushub, die Sandfanginhalte, und die Rückstände aus der Baustellenabfallsortierung dahingehend präzisiert, dass alle an den in Rede stehenden Örtlichkeiten lagernden Abfälle zur Gänze zu entfernen sind. Entsprechend der obigen Ausführungen ist diese Maßnahme im Titelbescheid enthalten, sodass es sich dabei um eine zulässige Konkretisierung handelt (vgl VwGH 22.2.2001, 2000/07/0254).

Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist aufgrund der Anordnung in § 10 Abs 2 VVG aufzuheben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die vorliegende Entscheidung orientiert sich an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu Ersatzvornahmen im Sinne des § 4 VVG (vgl die oben zitierten Entscheidungen). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG liegt daher nicht vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Anordnung
Ersatzvornahme
Bestimmtheit des Titelbescheides
Änderung Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.34.2173.12

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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