TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/17 G305 2178066-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2019
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Entscheidungsdatum

17.10.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
ASVG §68
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G305 2178066-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, XXXX, XXXX, vertreten durch MUHRI & WERSCHITZ PARTNERSCHAFT VON RECHTSANWÄLTEN GmbH, Neutorgasse 47, 8010 Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 19.07.2017, BZ: XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

1.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass auf dem Beitragskonto-Nr. XXXX EUR 137.109,91 und auf dem Beitragskonto-Nr. XXXX EUR 1.026,13, sohin insgesamt EUR 138.136,04 offen und unberichtigt aushaften.

2.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 19.07.2017, BZ.: XXXX, sprach die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde oder kurz: StGKK) aus, dass Dr. XXXX, geboren am XXXX, (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) als Geschäftsführer der Firma XXXX, (in der Folge: so, oder: Primärschuldnerin, oder: GmbH) für auf den Beitragskonten Nr. XXXX und Nr. XXXX aushaftende Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 180.528,10 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 3,38% p.a. ab 19.07.2017 aus EUR 138.136,04 schulde und zur Zahlung dieses Betrages binnen 15 Tagen verpflichtet sei.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass ihr die GmbH als Dienstgeberin für zur Sozialversicherung anmeldete Dienstnehmer Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren in Höhe von insgesamt EUR 509.141,85 einschließlich Verzugszinsen schulde. Am 10.06.2015 sei über das Vermögen der GmbH vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu XXXX das Sanierungsverfahren eröffnet worden. Am 30.10.2015 sei das Verfahren mit einer Quote von 100% (für Gläubiger mit Forderungen unter EUR 50.000,00) bzw. 40% (für die restlichen Gläubiger, so auch die StGKK) beendet worden. Die restlich aushaftenden Forderungen der StGKK seien somit als uneinbringlich anzusehen. Der Insolvenzverwalter der Primärschuldnerin habe angemeldete Forderungen in Höhe von EUR 929.228,30 anerkannt und sei deren Höhe als rechtskräftig entschieden anzusehen. Es folgte eine Aufgliederung des Haftungsbetrages. Mit Schreiben der StGKK vom 11.01.2016 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, sich am Verfahren zu beteiligen und Einwendungen zu erheben, dies vorerst nur in Bezug auf die Meldeverstöße gemäß § 111 ASVG in Höhe von EUR 80.606,00. Mit Schreiben vom 26.01.2016 ersuchte er unter Hinweis auf einen konsumierten Urlaub um Fristerstreckung bis zum 29.02.2016. Mit Schreiben vom 07.03.2016 teilte der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass er dessen rechtsfreundliche Vertretung übernommen habe und eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht gegeben sei. Mit Schreiben vom 07.06.2016 kam eine Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes GRAZ-STADT zur Nachreichung, woraus ersichtlich war, dass der Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 09.12.2015 aufgehoben worden sei. Am 22.11.2016 habe die Behörde schriftlich reagiert.

In der rechtlichen Beurteilung heißt es im Kern, dass zwar richtig sei, dass das Recht auf Feststellung von Zahlungsverpflichtungen gemäß § 68 Abs. 1 ASVG binnen drei Jahren ab Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge verjähre, wenn keine Meldeverstöße festgestellt würden. Infolge Unterbrechung der Verjährung durch Bescheiderstellung und Einleitung des Verwaltungsverfahrens sei die erste GPLA erst durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.10.2012 rechtskräftig geworden. Da die Insolvenzeröffnung am 10.06.2015 erfolgt sei und die Belastung der ersten GPLA innerhalb von drei Jahren davor liege, sei der restlich aushaftende Betrag er ersten GPLA voll zu erfassen gewesen. Bezüglich der dritten GPLA sei nur der Zeitraum 07/12 bis 04/15 herangezogen worden. Gemäß § 9 IO werde die Verjährung mit der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterbrochen und beginne erst mit Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig wurde, wieder neu zu laufen. Das Sanierungsverfahren der GmbH sei am 30.10.2015 beendet worden und sei eine Verjährung somit nicht eingetreten. Die Verjährungsverzichtserklärung vom 13.09.2011 betreffe die Primärschuldnerin und habe auf die Haftung keine Auswirkung.

Zur Geschäftsführerhaftung des Beschwerdeführers heißt es im Wesentlichen zusammengefasst, dass anlassbezogen die Voraussetzungen dafür vorlägen. Der Beschwerdeführer sei vom 28.03.1988 bis zur Insolvenzeröffnung als selbständig vertretungsbefugter, handelsrechtlicher (kaufmännischer) Geschäftsführer der GmbH tätig gewesen. Die Gleichbehandlung der Beiträge aus den GPLA's sei ein Bestandteil der ihm auferlegten Pflichten gewesen, die er nicht erfüllt habe. Die Haftungsprüfung beziehe sich lediglich auf die Prüfung der Gleichbehandlung. Um über den Einsatz der Mittel und die damit verbundene Un- bzw. Gleichbehandlung der StGKK mit anderen Gläubigern der GmbH vor der Insolvenzeröffnung eine Aussage treffen zu können, sei am 22.11.2016 eine Haftungsprüfung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eingeleitet worden. Um eine Haftungsquotenberechnung durchführen zu können, kam gleichzeitig mit dem Schreiben vom 22.11.2016 ein Berechnungsblatt zur Übermittlung, das auch eine Anleitung zum Ausfüllen enthielt. Der überprüfbare Nachweis der behaupteten Gleichbehandlung der Forderung der StGKK mit den Forderungen anderer Gläubiger vor der Insolvenzeröffnung wurde nicht erbracht. Auch der (geschuldete) Betrag wurde nicht beglichen. Da der BF seiner Darlegungspflicht nicht nachkam, war anzunehmen, dass er die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt habe und könne somit von einer schuldhaften Pflichtverletzung mit der Konsequenz einer Haftung für die gesamten offenen Beitragsverbindlichkeiten ausgegangen werden.

Mit dem Haftungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer überdies je eine, jeweils zum 19.07.2017 datierte und auf die Beitragskonten Nr. XXXX, Nr. XXXX bezogene Rückstandsaufstellung übermittelt.

2. Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 20.07.2017 zugestellten Haftungsbescheid richtete sich dessen, zum 09.08.2017 datierte, am selben Tag der belangten Behörde mit E-Mail übermittelte Bescheidbeschwerde, die er mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht wolle 1.) den angefochtenen Bescheid aufheben, in eventu 2.) den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde, 3.) über die gegenständliche Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen.

In der Begründung seiner Beschwerde brachte er im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass lediglich die zu ON3/153 zur Anmeldung gebrachte Forderung der StGKK in Höhe von EUR 929.228,30 zur Gänze von der Insolvenzverwalterin festgestellt und anerkannt worden sei. Die ursprüngliche Forderungsanmeldung zu ON3/131 sei mit Schriftsatz vom 31.08.2015 zur Gänze zurückgezogen worden. Im Sanierungsverfahren der GmbH sei ein strukturierter Sanierungsplan abgeschlossen worden. Dieser sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass die betroffenen Gläubiger, die mehr Forderungen als EUR 50.000,00 hätten, diesem die ausdrückliche Zustimmung erklärt hätten. Die Zustimmung (auch) der StGKK hätte einen ausdrücklichen Verzicht auf eine darüber hinausgehende Quote beinhaltet, womit auch auf eine darüber hinausgehende Forderung verzichtet worden sei. Mit Schreiben vom 23.12.2016 habe der Beschwerdeführer den Nachweis angetreten, dass eine Gleichbehandlung auf alle Gläubiger bezogen vorgelegen sei. Er habe eine Berechnung der Differenzquote vorgenommen. Damit treffe ihn kein Verschulden. Im Haftungsbescheid würde die belangte Behörde nicht darlegen, aus welchen Positionen der nunmehr geforderte Betrag in Höhe von EUR 180.528,10 bestehe. So werde nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Rechtsgrund der Beschwerdeführer welche Nachzahlungen zu leisten hätte. Die Bezeichnung "Beitrag Rest", in der mit dem Haftungsbescheid gemeinsam übermittelten Rückstandsaufstellung, reiche nicht aus. Zur Höhe und Beitragsart habe die belangte Behörde keine (weiteren) Feststellungen getroffen.

Zum Beschwerdegrund "Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes" heißt es, dass die GmbH keine Gläubiger bevorzugt hätte. Aus einer (in der Beschwerde enthaltenen) Aufstellung gehe eine "Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger" hervor. Er habe keinen Meldeverstoß begangen; dazu habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Auf Grund der höchstgerichtlichen Entscheidung im November 2012 habe der Beschwerde mit der StGKK eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen, wobei vereinbart worden sei, dass monatlich EUR 5.000,00 an die belangte Behörde gezahlt würden. Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen würden für SV-Beiträge insoweit haften, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Unter den, "den Vertretern auferlegten Pflichten" sei unter anderem die in § 114 ASVG umschriebene Verpflichtung zur Abfuhr einbehaltender Dienstnehmerbeiträge zu verstehen. Eine Haftung komme nicht in Betracht, wenn die Gebietskrankenkasse bei Erlassung ihres Haftungsbescheides nicht zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen differenziert habe. Anlassbezogen habe die belangte Behörde vor Erlassung des Bescheides und auch im komme mangels "Bestimmbarkeit der angefochtenen Beträge" eine Haftung der Beschwerdeführerin (!) nicht angenommen. In der Entscheidung des VwGH vom 07.09.2005 werde ausgesprochen, dass ein Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben sei, wenn die Behörde im Bescheid zur Geschäftsführerhaftung für Beitragsschuldigkeiten keine Feststellungen treffe, ob und in welchem Umfang konkret Gehälter ausbezahlt und somit Dienstnehmeranteile einbehalten worden seien bzw. ob die Uneinbringlichkeit von Beitragsschuldigkeiten auf Meldepflichtverletzungen zurückzuführen gewesen sei, sondern nur ganz allgemein darauf hingewiesen werde, dass es sich um eine Haftung wegen einbehaltener, aber nicht abgeführter Dienstnehmeranteile bzw. wegen schuldhafter Meldepflichtverletzungen handle. Der Bescheid sei wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nur darauf hingewiesen habe, dass der Beschwerdeführer für Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren zu haften habe, eine nähere Aufgliederung der Beiträge jedoch nicht erfolgt sei. Auch seien keine Feststellungen zur Forderungshöhe getroffen worden. So habe es die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unterlassen, Feststellungen zum Beurteilungszeitraum, zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH, zum Zeitpunkt der rechnerischen Überschuldung der GmbH, zu einem allfälligen Quotenschaden der belangten Behörde, zu den Quotenzahlungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und zum Verhältnis der Zahlungen im Beurteilungszeitraum zu den allfälligen Verbindlichkeiten und den Beitragsverbindlichkeiten zu treffen. Mit den Zahlungen an die StGKK sei diese ohnehin über jener fiktiven Quote gelegen, die sich errechnen würden, wenn die vorhandenen Geldmittel auf sämtliche Gläubiger anteilig aufgeteilt worden wären. Eine Gläubigerbenachteiligung zu Lasten der belangten Behörde sie daher auszuschließen, weshalb der angefochtene Bescheid als rechtswidrig aufzuheben sei. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die belangte Behörde die Gesamtforderung, nicht jedoch einen allfälligen Quotenschaden geltend gemacht. Die Forderung sei gemäß 68 ASVG verjährt, da die Feststellung der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge nach Ablauf von drei Jahren ab Fälligkeit der Beiträge erfolgt sei. Die Frist für die Feststellung der Beiträge gegenüber dem Beschwerdeführer sei verstrichen, da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur die Frist gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Geschäftsführern unterbreche. Auch habe die StGKK auf darüberhinausgehende Forderungen verzichtet, da sie der gemäß § 150 Abs. 2 IO möglichen Rücksetzung zugestimmt habe.

Zum Beschwerdegrund "Rechtswidrigkeit infolge Mangelhaftigkeit des Verfahrens" heißt es, dass die belangte Behörde auch gegen den aus der Bestimmung des § 37 AVG resultierenden Grundsatz, den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen, verletzt hätte, wodurch der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht ermittelt worden sei. Das dem gegenständlichen Bescheid zugrundeliegende Verfahren sei daher mangelhaft. Der Beschwerdeführer habe zu den "Beiträgen Rest" mangels Übermittlung keine Stellungnahme abgeben können. Dies sei insofern von Relevanz, da der Beschwerdeführer bei einer Übermittlung einer detaillierten Aufstellung und Angabe der Widmung der Beiträge zu den angeblich der Haftung zu Grunde liegenden Beiträgen Stellung hätte nehmen können. Schlussendlich habe die belangte Behörde im gegenständlichen Bescheid nunmehr einen - wenn auch nicht nachvollziehbaren - Betrag von EUR 180.528,10 zugrundegelegt, wohingegen im bisherigen Verfahren, in dem rechtliches Gehör gewährt wurde, lediglich uneinbringliche Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von EUR 80.606,00 gegenständlich waren. Dem BF sei nicht möglich gewesen, zu dem Betrag, der um mehr als 100% von dem ursprünglich zur Diskussion stehenden Betrag nach oben abweicht, Stellung zu beziehen. Überdies sei auch der Grundsatz der Offizialmaxime sowie der materiellen Wahrheitsfindung verletzt worden.

3. Am 28.11.2017 brachte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Akten des Beschwerdeverfahrens zur Vorlage. Hier wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

4. Am 01.02.2018 wurde der Akt bezüglich des zu XXXX vor dem Landesgericht XXXX eröffneten (insolvenzrechtlichen) Sanierungsverfahrens der GmbH angefordert und anher übermittelt.

5. Am 16.03.2018 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt, anlässlich welcher der Beschwerdeführer als Partei und die Behördenvertreterin, sowie XXXX als Zeuge einvernommen wurden. Auf die Einvernahme des ebenfalls als Zeugen geladenen Rechtsanwaltes XXXX wurde verzichtet, nachdem dieser angegeben hatte, zur Frage der (Un-)gleichbehandlung der Forderungen gegen die GmbH mangels Entbindung von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nichts angeben zu können bzw. zu dürfen.

Abschließend erging der Auftrag an die Behördenvertretung, die in der Verhandlung mehrfach angesprochenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts vom 17.10.2012, die Bezug habenden GPLA-Prüfberichte bezüglich der drei durchgeführten GPLA-Prüfungen und die Verzugszinsenstaffel vorzulegen.

6. Über Anforderung durch das Bundesverwaltungsgericht übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 21.03.2018, BZ.: XXXX, das Prüfprotokoll der 1. GPLA, weiter den Prüfbericht der 2. GPLA und den Prüfbericht der 3. GPLA, sowie ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.10.2012 betreffend OP-Schwestern und ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs selben Datums betreffend Ärzte.

Im bezogenen Schreiben heißt es, dass eine Verzugszinsenstaffel, der die genaue Belastung der Verszugszinsen samt Datum und Kapital zu entnehmen ist, nicht vorgelegt werden könne, da es sich um sehr alte Beiträge handle und in der Zwischenzeit eine Systemumstellung stattgefunden habe. Es sei nicht möglich, die alten Berechnungsblätter und neuen Computerausdrucke so zu kombinieren, dass dies eine leicht verständliche Staffel ergeben würde. Aus diesem Grund werde der Haftungsbetrag um die gesamten Verzugszinsen bis zur Haftungsbescheiderstellung verringert und würden somit EUR 138.136,04 (bestehend aus EUR 137.109,91 zu XXXX und EUR 1.026,13 zu XXXX) aushaften.

7. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 28.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer das Schreiben der StGKK vom 21.03.03.2018 und die mit diesem zur Vorlage gebrachten Urkunden zur Kenntnis gebracht und ihm im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

8. Am 16.04.2018, 16:52 Uhr ersuchte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit zum selben Tag datiertem Schriftsatz um Erstreckung der Frist zur Stellungnahme bis zum 30.04.2018.

9. Mit hg. E-Mail vom 18.04.2018, 12:33 Uhr, wurde dem Ersuchen Folge gegeben.

10. In seiner Stellungnahme vom 30.04.2018, eingelangt am 02.05.2018, führte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung aus, dass ein laufendes Verfahren gegenüber einer juristischen Person Verjährungsansprüche, die gegenüber einem subsidiär Haftenden zu beachten sind, nicht berühren würde. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH verlängere bzw. unterbreche die Frist nur dieser gegenüber, nicht aber gegenüber den Geschäftsführern. Demnach sei die Forderung verjährt, weshalb (auch) aus diesem Grund der Haftungsbescheid zu Unrecht erlassen worden und aufzuheben sei. Es bestehe daher infolge Verjährung kein Anspruch auf die Verzugszinsen. Nach wie vor sei von der belangten Behörde nicht festgestellt, welche der Hausärztinnen ohnehin nach dem GSVG pflichtversichert gewesen seien und welche Beträge zur Verringerung des Nachforderungsbetrages pflichtgemäß von der SVA an die StGKK überwiesen hätten werden müssen.

11. Mit hg. Verfahrensanordnung wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des Beschwerdeführers zur Kenntnis gebracht und ihr im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

12. In ihrer zum 29.05.2018, am 01.06.2018 eingelangten Stellungnahme brachte die belangte Behörde vorerst zum Verjährungseinwand des Beschwerdeführers vor, dass die Forderung betreffend den Haftungsbescheid gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht verjährt sei. Ein Haftungsprüfungsverfahren habe erst mit dem Zeitpunkt, ab dem die genaue Höhe des Ausfalles bekannt war, eingeleitet werden können. Das Sanierungsverfahren der GmbH sei am 30.10.2015 beendet worden und sei das erste Ankündigungsschreiben am 15.12.2015 verschickt worden. Auch dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs angeblich erst Ende November dem Beschwerdeführer zugegangen wäre, ändere nichts daran, dass - trotz mehrmaliger Aufforderungen - keine korrekten Berechnungsunterlagen vorgelegt wurden, weshalb der Judikatur entsprechend von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen gewesen sei.

Wie schon im Haftungsbescheid vom 19.07.2017 ausgeführt, seien alle von der SVA an die StGKK überwiesenen Zahlungen vor Bescheiderstellung am Beitragskonto verbucht worden.

13. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 12.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der belangten Behörde vom 29.05.2018 zur Kenntnis gebracht und ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

14. In seiner im Wege seiner Rechtsvertretung ergangenen Stellungnahme vom 04.07.2018 brachte er zum "Themenkomplex Verjährung" vor, dass § 9 IO die Frist nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Geschäftsführern unterbreche, weshalb die Forderungen vor dem Juni 2012 jedenfalls verjährt seien. Die Inanspruchnahme persönlich Haftender sei nur zulässig, wenn die Einhebungsverjährung gegenüber dem Hauptschuldner noch nicht eingetreten ist.

Die zum "Themenkomplex der materiellen Wahrheitsfindung durch die belangte Behörde" als "knapp" empfundene Stellungnahme der StGKK gehe ins Leere. Gemäß § 37 AVG habe die Behörde den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Dabei sei der wahre Sachverhalt vollständig festzustellen. Im gegenständlichen Fall habe es die Behörde unterlassen, den wahren Sachverhalt festzustellen. Können keine Feststellungen dahingehend getroffen werden, welche von den geltend gemachten Beträgen die SVA tatsächlich an die belangte Behörde zu leisten gehabt hätte, so bleibt die geltend gemachte Forderung unschlüssig und sei der Haftungsbescheid ersatzlos zu beheben.

15. Mit hg. Verfahrensanordnung vom 25.07.2018 wurde die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 04.07.2018 der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht und dieser im Rahmen des Parteiengehörs die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

16. In ihrer, zum 08.08.2018 datierten Stellungnahme verwies die belangte Behörde zum Verjährungseinwand des Beschwerdeführers auf ihr bisheriges Vorbringen, wonach die Forderung nicht verjährt sei.

Hinsichtlich der Überweisungen der SVA wurde ebenfalls auf das bisherige Vorbringen verwiesen und die Spezifika des Rückforderungsverfahrens der SVA geleisteter Beiträge an die Gebietskrankenkasse erläutert und auf die Gegebenheiten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren eingegangen. Hingewiesen wurde auch auf das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 28.11.2017, Zl. 9 ObA 36/17k, aus dem im Wesentlichen hervorgehe, dass ein an eine Ärztin auf Grund einer Rückforderung ausgezahltes Guthaben von der GmbH nicht eingefordert werden könne. Auch in diesem Erkenntnis werde der Ablauf des Rückforderungsverfahrens genau erklärt und sei dies der GmbH und damit auch dem Beschwerdeführer bekannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Gesellschaftsvertrag vom XXXX.1988 wurde die Firma "XXXX" mit Sitz in XXXX gegründet. Diese in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründete Gesellschaft wurde zur FN XXXX im Firmenbuch des Landesgerichtes für XXXX eingetragen und trägt diese seit dem XXXX.1997 die Firmenbezeichnung "XXXX".

Das Geschäftsmodell der GmbH beruht im Wesentlichen in der Führung eines privaten Geburtenhauses, in dem Belegärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe Entbindungen durchführen. Für die Geburtshilfe und die operative Gynäkologie stellt die GmbH sämtliche Gerätschaften und Infrastruktur sowie die Anästhesie zur Verfügung. Die Leistungen der GmbH werden zu 91% von Belegärzten erbracht (Insolvenzakt des LG für XXXX zu Zl. XXXX, ON 5, S. 2).

1.2. Am 10.06.2015 beantragte die XXXX, FN XXXX, beim Landesgericht für XXXX die Eröffnung des Sanierungsverfahrens und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Betriebserfolg bis zum Ende des Jahres 2011 überwiegend positiv gewesen sei und sämtliche Verbindlichkeiten aus dem laufenden Ergebnis gedeckt hätten werden können. Im Jahr 2012 hätten die Gesellschafterärzte den Wunsch nach einer Veräußerung der Gesellschaft geäußert und die Jahresabschlüsse (gegen den Willen des Beschwerdeführers) an potentielle Kaufkandidaten am Markt weitergegeben. Dies habe dem Marktstatus der GmbH extrem geschadet. Als der ärztliche Leiter den Werkvertrag aufkündigte, habe dies ab Jänner 2013 zu einem entscheidenden Einbruch in der Frequenz der Belegärzte in dem von der Primärschuldnerin (der GmbH) betriebenen Haus geführt. Mit Ausscheiden der Gesellschafter aus den medizinischen Berufen sei insbesondere ab Jänner/Februar 2013 die Belagsfrequenz in der operativen Gynäkologie und Geburtshilfe durch Belegärzte derart gesungen, dass zwischen 2012 und 2014 aus der XXXX GmbH rund EUR 850.000,00 über eine Genussscheinbegebung der Primärschuldnerin eingebracht worden seien, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Dies sei auch bis zur rechtskräftigen negativen Entscheidung über die GPLA-Prüfung vom 17.10.2012 des VwGH zu Zl. XXXX gelungen. Die Summe der Beitragsnachzahlungen für die erste GPLA-Prüfung von 2000 bis 2009 habe eine reine Kapitalforderung von EUR 426.545,88, zuzüglich Zinsen in Höhe von EUR 97.231,85, sohin von insgesamt EUR 523.777,73 ergeben. Die Geschäftsführung der Gesellschaft habe inzwischen mit der StGKK einen Forderungsnachlass bei den Zinsen und eine Ratenzahlung bei den rückständigen Beitragsforderungen erzielt. Die XXXX GmbH habe zur Sicherheit für die GKK für einen Betrag von EUR 100.000,00 die Bürgschaft übernommen. In den Monaten von November 2013 bis April 2015 habe die GmbH die vereinbarten Raten von EUR 5.000,00, zusammen EUR 90.000,00 an die StGKK gezahlt. Im April 2015 habe die Hausbank der GmbH mitgeteilt, dass auf Grund des Jahresabschlusses 2014 eine Weiterfinanzierung des Kontokorrentkredits auf Blankobasis in Höhe von EUR 300.000,00 nicht mehr möglich sei. Die Verbindlichkeiten bei der StGKK, die Kreditkündigung durch die Hausbank der GmbH hätten im Zusammenhang mit der noch immer nicht ausreichenden Belagsfrequenz die GmbH veranlasst, ein Sanierungsverfahren ohne Selbstverwaltung zu beantragen (Insolvenzakt des LG für XXXX zu Zl. XXXX, ON1, S. 6 oben).

Mit Beschluss vom XXXX.2015 eröffnete das Landesgericht für XXXX zu XXXX das insolvenzrechtliche Sanierungsverfahren über das gemeinschuldnerische Vermögen der GmbH.

Im Insolvenzverfahren meldete die belangte Behörde zu ON 131 Forderungen in Höhe von insgesamt EUR 1,002.479,32 (darin lt.

Rückstandsausweis vom 24.07.2015 in Höhe von EUR 640.319,26 und lt.

Rückstandsausweis vom 24.07.2015 in Höhe von EUR 2.160,06 und lt. Aufstellung vom 24.07.2015 in Höhe von EUR 360.000,00) an (Insolvenzakt des LG für XXXX zu Zl. XXXX, Forderungsanmeldungen).

Mit an das Insolvenzgericht gerichteten Eingabe vom 31.08.2015 erklärte die belangte Behörde, dass sie die Forderungsanmeldung vom 24.07.2015 zurückziehe (Insolvenzakt des LG für XXXX zu Zl. XXXX).

Eine nachträgliche Forderungsanmeldung in Höhe von EUR 929.228,30 wurde von der Insolvenzverwalterin der GmbH ausdrücklich anerkannt.

Mit Beschluss vom 24.09.2015 bestätigte das Insolvenzgericht den am 24.08.2015 angenommenen Sanierungsplan des Inhalts, dass Insolvenzgläubiger mit Forderungen bis einschließlich EUR 50.000,00 eine Barquote von 100% und Insolvenzgläubiger mit höheren Forderungen eine Barquote von 40% erhalten (Insolvenzakt des LG für XXXX zu Zl. XXXX).

Damit steht fest, dass die Insolvenzforderung der StGKK, die den Betrag von EUR 50.000,00 überschritt, zu 60% uneinbringlich ist.

1.3. Nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Primärschuldnerin vertritt ein (handelsrechtlicher) Geschäftsführer gemeinsam mit einem weiteren (handelsrechtlichen) Geschäftsführer oder gemeinsam mit einem Prokuristen die Gesellschaft.

1.4. Seit dem 29.03.1988 ist der Beschwerdeführer als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der GmbH im Handelsregister bzw. im Firmenbuch eingetragen. Am 27.11.2009 wurde bei ihm die Löschung der Funktion des (handelsrechtlichen) Geschäftsführers im Firmenbuch eingetragen.

Am 18.08.2010 wurde im Firmenbuch eingetragen, dass der Beschwerdeführer die Gesellschaft mit 14.07.2010 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertritt.

Am 22.02.2018 erfolgte die Eintragung der Löschung der Funktion des Beschwerdeführers als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer im Firmenbuch der GmbH.

Der Beschwerdeführer ist von Beruf Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und betreibt in XXXX eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei unter der Firma XXXX GmbH als deren Geschäftsführer. Im Unternehmen der Primärschuldnerin war er für die Liquidierung der Verbindlichkeit der Gesellschaft alleinverantwortlich; sämtliche Rechnungen, die an die Primärschuldnerin gerichtet waren, wurden von ihm allein genehmigt und abgezeichnet (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.03.2018, S. 13 oben). Als die Primärschuldnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, veranlasste er als deren Geschäftsführer, dass die Rechnungen im "Rahmen der Liquidität" der GmbH gezahlt werden, was heißt, dass die als "vordringlich" erachteten Rechnungen als erste liquidiert wurden. Dabei handelte es sich um Rechnungen im Zusammenhang mit Medizinprodukten, Medikamenten, mit der maschinellen und technischen Ausstattung des Hauses. Diese Rechnungen wurden zur Gänze liquidiert (PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.03.2018, S. 14 unten). Die zweite Kategorie von Rechnungen umfasste die Honorare der Belegärzte PV des BF in Verhandlungsniederschrift vom 16.03.2018, S. 15 oben).

1.4.1. Im Zeitraum 28.03.1988 bis 19.08.1997 war weiter XXXX als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der GmbH eingetragen.

Nach Löschung seiner Funktion am 19.08.1997 wurde XXXX als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der GmbH eingetragen. Am 27.11.2009 wurde die von ihm innegehabte Funktion des (handelsrechtlichen) Geschäftsführers im Firmenbuch gelöscht. Am 18.08.2010 wurde eingetragen, dass er die Gesellschaft seit dem 14.07.2010 wieder als (handelsrechtlicher) Gesellschafter vertrete.

Am 01.09.2012 wurde die Löschung der Funktion des XXXX als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer im Firmenbuch der GmbH eingetragen.

Am 27.11.2009 wurde XXXX als (handelsrechtliche) Geschäftsführerin der GmbH eingetragen. Bei ihr wurde die Löschung der Funktion der (handelsrechtlichen) Geschäftsführerin am 18.08.2010 eingetragen.

1.4.2. Vom 19.08.1997 bis 27.11.2009 und vom 18.08.2010 bis 01.09.2012 vertraten der Beschwerdeführer und XXXX gemeinsam als (handelsrechtliche) Geschäftsführer die Gesellschaft.

Vom 27.11.2009 bis 18.08.2010 vertraten der Beschwerdeführer und XXXX die GmbH gemeinsam als (handelsrechtliche) Geschäftsführer.

1.5. Vom 18.08.2010 bis 10.02.2017 war der Beschwerdeführer als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der GmbH allein eingetragen. Da im angeführten Zeitraum keine weitere Person im Firmenbuch als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer eingetragen war, war demnach der Beschwerdeführer allein vertretungsbefugt.

Erst ab dem 10.02.2017 vertritt er die Gesellschaft wieder gemeinsam mit einem weiteren (handelsrechtlichen) Geschäftsführer. Zu diesem Zeitpunkt wurde der am XXXX geborene XXXX als weiterer (handelsrechtlicher) Geschäftsführer im Firmenbuch der GmbH eingetragen.

1.6. Anlässlich einer den Prüfzeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2004 umfasst habenden GPLA wurden bei dem der GmbH zugewiesenen Dienstgeberkonto-Nr.: XXXX Beiträge (einschließlich Verzugszinsen) in Höhe von insgesamt EUR 339.781,87 nachverrechnet (Prüfungsprotokoll zur Dienstgeberkonto-Nr. XXXX den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2004 betreffend).

Anlässlich einer den Prüfzeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2004 umfasst habenden GPLA wurden bei dem der GmbH zugewiesenen Dienstgeberkonto-Nr. XXXX Beiträge (einschließlich Verzugszinsen) in Höhe von insgesamt EUR 306.350-9 in Höhe von - EUR 65.738,69 nachverrechnet, was einer Berichtigung der Beitragsnachweisung entsprach (Prüfungsprotokoll zur Dienstgeberkonto-Nr. XXXX den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2004 betreffend).

Nach Abzug der geleisteten Ratenzahlungen, sowie sämtlicher, durch die SVA vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleisteten Zahlungen und nach Abzug der Quote aus dem Sanierungsverfahren (EUR 34.388,16) haften für die erste GPLA kapitalisierte Beiträge in Höhe von restlich EUR 51.906,72 aus. Die Aufgliederung dieses (offen und unberichtigt aushaftenden) Betrages ergibt sich aus der Beilage 4, die einen integrierenden Bestandteil des angefochtenen Haftungsbescheides bildet.

1.6.1. Anlässlich einer den Prüfzeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 umfasst habenden (weiteren) GPLA wurden bei dem der GmbH zugewiesenen Dienstgeberkonto-Nr. XXXX Beiträge (einschließlich Zinsen) in Höhe von insgesamt EUR 341.772,37 nachverrechnet, weil das im freien Dienstverhältnis von der Beschwerdeführerin beschäftigte Pflegepersonal als "echte Dienstnehmer" umqualifiziert wurde (Prüfbericht vom 09.03.2011 zur Dienstgeberkonto-Nr. XXXX den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 betreffend).

Die Belastungen dieser den Prüfzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2009 umfasst habenden (weiteren) GPLA wurden von der belangten Behörde infolge Verjährung zur Berechnung des Haftungsbetrages nicht herangezogen.

1.6.2. Anlässlich einer den Prüfzeitraum ab dem 01.01.2010 bis 31.07.2015 umfasst habenden Konkursabschlussprüfung in dem über das gemeinschuldnerische Vermögen der GmbH eröffneten Insolvenzverfahren wurden zur Dienstgeberkonto-Nr. XXXX Konkursforderungen in Höhe von EUR 425.975,61 und Masseforderungen in Höhe von EUR 64.943,06, sohin ein Nachrechnungsbetrag von EUR 490.918,67 (zuzüglich EUR 2.510,45) ausgewiesen (Prüfbericht vom 21.08.2015 zu Dienstgeberkonto-Nr. XXXX für den Zeitraum 01.01.2010 bis 31.07.2015).

Im hier angefochtenen Haftungsbescheid hat die belangte Behörde infolge Verjährung lediglich die (noch nicht verjährten) Belastungen der Monate 07/12 bis 05/15 als haftungsrelevant angesetzt. Die Belastungen, die den vor dem haftungsrelevanten Zeitraum gelegenen Zeitraum betreffen, wurden von der belangten Behörde als verjährt betrachtet und bei der Berechnung des Haftungsbetrags daher nicht angesetzt.

Der im Haftungsbescheid vom 19.07.2017 in Höhe von EUR 180.528,10 ausgewiesene Haftungsbetrag wurde von der belangten Behörde mit Schreiben vom 21.03.2018 verzugszinsenbereinigt auf EUR 138.136,04 (bestehend aus EUR 137.109,91 zu XXXX und EUR 1.026,13 zu XXXX) reduziert.

1.7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.01.2016, das am 14.01.2016 hinterlegt und innerhalb der Abholfrist behoben wurde, wurde der Beschwerdeführer unter ausdrücklichem Hinweis auf die Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 10 ASVG aufgefordert, sich am Verfahren zu beteiligen und Einwendungen gegen seine persönliche Haftung zu erheben. Im bezogenen Schreiben wurde er darüber in Kenntnis gesetzt, dass auf dem Beitragskonto der GmbH für den Zeitraum 14.07.2010 bis 10.06.2015 Beiträge in Höhe von restlich EUR 80.606,00 unberichtigt aushaften würden und dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH für die ordnungsgemäße und termingerechte Abfuhr der vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich war.

1.7.1. In seiner schriftlichen Replik vom 26.01.2016 teilte er der belangten Behörde mit, dass er das zur Haftungsprüfung gem. § 67 Abs. 10 ASVG bereits erwartete Schreiben urlaubsbedingt verspätet erhalten habe und ersuchte diesbezüglich um Fristerstreckung bis zum 29.02.2016. Diesbezüglich bat er auch zu berücksichtigen, dass er die Kanzlei XXXX führe und er auch als Geschäftsführer der GmbH intensiv tätig sei, weshalb er arbeitsmäßig sehr belastet sei.

Einen rechnerischen Nachweis über die Gleichbehandlung aller Gläubiger(innen) der GmbH erbrachte der Beschwerdeführer nicht.

1.7.2. Mit Schreiben vom 01.02.2016 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass seinem Ersuchen, die Frist zur Vorlage von Unterlagen bis 29.02.2016 zu verlängern, entsprochen werde.

1.7.3. Mit Schreiben vom 09.02.2016 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass in der Zwischenzeit die Stellungnahmen von zwei weiteren Geschäftsführern bei der Kasse eingelangt wären, weshalb er ersucht werde, auch auf diese einzugehen. Demnach habe XXXX eingewendet, dass die faktische Geschäftsführung auch während ihrer Geschäftsführertätigkeit vom Beschwerdeführer ausgeübt worden sei. XXXX habe eine Kompetenzverteilung eingewandt, wonach er nur der "ärztliche" Geschäftsführer gewesen sei.

1.7.4. Mit Schreiben vom 26.02.2016 gab die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers (Rechtsanwalt XXXX) bekannt, dass sie vom Beschwerdeführer mit der Vertretung seiner rechtlichen Interessen beauftragt worden sei; für eine ausführliche Stellungnahme wurde um eine Fristerstreckung bis zum 07.03.2016 ersucht. Im bezogenen Schreiben wurde klargestellt, dass der Beschwerdeführer "Geschäftsführer für den kaufmännischen Bereich" gewesen sei.

1.7.5. Mit E-Mail vom 29.02.2016, 11:46 Uhr, gab die belangte Behörde bekannt, dass sie die weitere Fristverlängerung zur Vorlage einer Stellungnahme bis zum 07.03.2016 genehmige.

1.7.6. Mit Schreiben vom 07.03.2016 teilte der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt XXXX, zusammengefasst mit, dass die Voraussetzungen für eine Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht vorlägen. Eine Verletzung abgabenrechtlicher Verpflichtungen, die zu einer Haftung der Geschäftsführung führen würde, sei ausgeschlossen. Sowohl die zugrunde gelegten Zeiträume als auch die ausgewiesenen Beträge seien nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer habe gegen die Meldepflicht nicht verstoßen. Er durfte zu jedem Zeitpunkt davon ausgehen, dass es sich bei den Ärzten mit Konsulentenvertrag nicht um Dienstnehmer gehandelt habe und daher auch keine Meldepflichten nach dem ASVG bestanden. Im Übrigen wurde (gestützt auf die Bestimmung des § 68 Abs. 1 ASVG) Verjährung der Beitrags(nach)forderungen eingewandt. Auch habe eine Bevorzugung einzelner Gläubiger oder einiger Gläubiger nicht stattgefunden. Weiter heißt es im Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, dass die belangte Behörde im Insolvenzverfahren zu GZ XXXX s des Landesgerichtes für XXXX zu ON 3/153 Forderungen in Höhe von EUR 929.228,30 angemeldet hätte, die von der Insolvenzverwalterin zur Gänze festgestellt und anerkannt worden seien. Eine (rechnerische) Gegenüberstellung des Status im November 2012 zum Status im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Juni 2015 ergebe, dass sich dieser nicht wesentlich geändert hätte. Weiter heißt es, dass der Beschwerdeführer auf Grund der höchstgerichtlichen Entscheidung vom November 2012 eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der belangten Behörde abgeschlossen hätte, worin vereinbart wurde, dass monatlich ein Betrag von EUR 5.000,00 an die belangte Behörde gezahlt werden sollte. Der Ratenzahlungsplan sei bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Juni 2015 eingehalten worden und habe sich die ursprüngliche Forderung der belangten Behörde um rund EUR 150.000,00 reduziert. Sodann findet sich eine als "Status August 2015" bezeichnete rechnerische Aufstellung, aus der der Beschwerdeführer ableiten wollte, dass sich im November 2012 derselbe Status ergeben hätte, wie er im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung im Juni 2015 gegeben war.

1.7.7. Mit Schreiben vom 07.06.2016 reichte der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die zum 25.05.2016 zur Abgabenkonto-Nr.: XXXX ergangene Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes XXXX nach, hinsichtlich der ausgeführt wurde, dass mit dieser einer gleichartig gelagerten Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom 09.12.2015 stattgegeben worden sei.

Der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes XXXX lässt sich entnehmen, dass der Beschwerde vom 11.01.2016 und der Beschwerde vom 10.03.2016 stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben werde. Weiter sprach die Abgabenbehörde aus, dass eine Begründung gemäß § 93 Abs. 3a BAO entfallen konnte, da dem Anbringen vollinhaltlich Rechnung getragen wurde.

1.7.8. Mit Schreiben vom 22.11.2016 teilte die belangte Behörde mit, dass nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage keine Meldeverstöße gemäß § 111 ASVG festgestellt worden seien, weshalb eine Haftungsbescheiderstellung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG hinsichtlich Meldeverstößen gemäß § 111 ASVG nicht erfolge. Auf den Beitragskonten (Nr. XXXX und Nr. XXXX) würden derzeit rückständige Beiträge in Höhe von EUR 570.154,47 aushaften. Das Sanierungsverfahren sei am 13.10.2015 gemäß § 152b IO beendet worden und seien die Quote in Höhe von 40% und die Vergütung durch den IEF bei der Berechnung des Rückstandes berücksichtigt worden. Abermals erging die Aufforderung an den Beschwerdeführer, bis zum 16.12.2016 schriftlich darzulegen, weshalb ihn kein Verschulden treffe und dass diesfalls ein "umfassender, rechnerisch überprüfbarer Entlastungsnachweis zu erbringen" wäre. Für den Fall, dass er seiner Darlegungspflicht nicht nachkomme, könne angenommen werden, dass er die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt habe und könne somit von einer schuldhaften Pflichtverletzung mit der Konsequenz einer Haftung für die gesamten offenen Beitragsverbindlichkeiten ausgegangen werden. Zur Darstellung der Verbindlichkeiten und der geleisteten Zahlungen wurde dem Beschwerdeführer ein Formular zur Verfügung gestellt.

1.7.9. Mit Schreiben vom 02.12.2016 ersuchte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers um eine Erstreckung der Frist für eine Stellungnahme bis zum 23.12.2016.

1.7.10. Mit E-Mail vom 05.12.2016, 08:58 Uhr, gab die belangte Behörde dem Fristverlängerungsersuchen bis 23.12.2016 Folge.

1.7.11. Mit Schreiben vom 23.12.2016 teilte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zusammengefasst mit, dass die Beitragsschuld infolge Eintritts der Einhebungsverjährung erloschen sei. Ein Verschulden des Beschwerdeführers liege nicht vor, da der Verwaltungsgerichtshof erst mit Erkenntnis vom XXXX.2012, Zl. XXXX, eine rechtliche Klarstellung getroffen habe. Eine Ungleichbehandlung von Gläubigern habe von der Behörde nicht festgestellt werden können und liege eine solche auch nicht vor. Die belangte Behörde habe dem Sanierungsplan der GmbH zugestimmt; im gegenständlichen Fall sei von der gesetzlichen Entschuldungswirkung des Sanierungsplans nicht auszugehen, sondern liege eine ausdrückliche und vorbehaltlose Zustimmung der StGKK vor und habe sie damit auf weitergehende Forderungen verzichtet. Weitere Ansprüche könnten gegen den Geschäftsführer nicht mehr geltend gemacht werden.

Der geforderte rechnerische Nachweis über die (Un-)gleichbehandlung aller Gläubiger wurde auch mit diesem Schreiben nicht beigebracht.

1.7.12. Mit einem weiteren, zum 07.03.2017 datierten - direkt an die XXXX GmbH gerichteten - Schreiben teilte die belangte Behörde mit, dass dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.06.2016 aufgefordert worden sei, die am 28.11.2014 zur Besicherung der Ratenvereinbarung mit der GmbH über einen Kapitalbetrag von damals EUR 312.004,27 übernommene Zahlungsgarantie bis zu einem Maximalbetrag von EUR 100.000,00 an Kapital einzulösen und den Betrag zur Anweisung zu bringen.

Mit diesem Schreiben wurden dem Beschwerdeführer alle auf die GPLA vom 01.01.2001 bis 31.12.2004 geleisteten Zahlungen, die ausnahmslos als Kapital gewidmet waren, bekannt gegeben. Hinsichtlich der GPLA für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 wurde ausgeführt, dass der im insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahren angemeldete Kapitalbetrag von EUR 200.852,08 durch die Zahlungen keine Verringerung erfahren hat. Von der Ratenvereinbarung vom 22.12.2014, für die die XXXX GmbH eine Garantieerklärung für einen maximalen Kapitalbetrag von EUR 100.000,00 übernommen hat, habe im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch ein Kapitalbetrag in Höhe von EUR 287.146,96 unberichtigt ausgehaftet. Aus dem Insolvenzverfahren habe die StGKK eine Quote von 40% erhalten; es verbleibe eine Kapitalforderung von restlich EUR 172.288,18; die Zahlungsgarantie sei mit dem gesamten Garantiebetrag aufrecht. Verzugszinsen seien weder Gegenstand der Ratenvereinbarung, noch der Garantieerklärung gewesen und seien diese erst mit Insolvenzeröffnung zum Zweck der Forderungsbekanntgabe berechnet worden.

1.8. Am 11.04.2011 wurde gegenüber der belangten Behörde eine Verjährungsverzichtserklärung abgegeben.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer mit der belangten Behörde am 22.12.2014 eine Ratenzahlungsvereinbarung über eine Kapitalforderung der StGKK, den Zeitraum 01.01.2001 bis 31.12.2004 über ursprünglich EUR 225.693,80 und den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 über ursprünglich EUR 200.852,08 zum Inhalt.

Bis zur Eröffnung des insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahrens wurden monatliche Teilzahlungen in Höhe von EUR 5.000,00 geleistet.

1.8.1. Die StGKK hat dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH keinen Meldeverstoß im Sinne des § 111 ASVG zur Last gelegt.

Es steht fest, dass der Beschwerdeführer den geforderten rechnerischen Nachweis über die Gleichbehandlung aller Gläubiger(innen) vor Eröffnung des insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahrens (trotz Hinweises auf die Rechtsfolgen nach § 67 Abs. 10 ASVG) nicht erbracht hat (sic die Angaben des BF anlässlich seiner PV in Verhandlungsniederschrift vom 16.03.2018, S. 12 unten).

Er selbst hat (trotz Aufforderung) keine Zahlung an die belangte Behörde geleistet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, dem beigeschafften Insolvenzakt des Landesgerichtes für XXXX und dem vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, aus den eingeholten öffentlichen Urkunden, sowie aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urkunden, die, soweit sie hinsichtlich ihres Aussagegehaltes unbestritten geblieben sind, dem beschwerdegegenständlichen Ermittlungsverfahren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Verjährungseinrede des Beschwerdeführers:

3.1.1. Die gegen den verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid erhobene Beschwerde stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Forderungen verjährt seien und das Insolvenzverfahren nur gegen die Primärschuldnerin, nicht jedoch (auch) gegen den Beschwerdeführer als vormaligem Geschäftsführer der GmbH eine die Verjährung unterbrechende Wirkung hätte.

Gemäß § 68 Abs. 1 ASVG verjährt das Recht auf Reststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder nur unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechts wird durch jede zum Zweck der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

Gemäß § 68 Abs. 2 ASVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

Die Bezug habende Bestimmung des § 9 Insolvenzordnung, BGBl. I Nr. 29/2010 hat folgenden Wortlaut:

"Verjährung

§ 9. (1) Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluß über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

(2) Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt."

3.1.2. Die Bestimmung des § 68 ASVG normiert die Verjährung der Feststellung und Einforderung von Beiträgen. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs ist die Bestimmung des Abs. 1 lediglich auf das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen und nicht auch auf die Feststellung der Versicherungspflicht anzuwenden. Für letztere sieht das Gesetz keine Verjährung vor, weshalb die Versicherungspflicht auch für Zeiträume festgestellt werden kann, für die bereits Feststellungsverjährung gemäß Abs. 1 vorliegt (VwGH vom 16.11.2011, Zl. 2008/08/0152 und vom 22.06.2005, Zl. 2001/08/0053). Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass die Rechtsmittelinstanzen von Amts wegen dazu verpflichtet seien, sich mit der Verjährungsfrage gemäß § 68 zu befassen (VwGH vom 19.12.2012, Zl. 2011/08/0089 und vom 13.06.1995, Zl. 94/08/0107).

Wie schon oben näher ausgeführt, kennt das Gesetz die Feststellungsverjährung (Abs. 1) und die Einforderungsverjährung (Abs. 2). Zwar gibt das Gesetz keine direkte Auskunft darüber, mit welchem Vorgang die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen als festgestellt anzusehen ist. Als gesichert gilt, dass für die Feststellung nicht allein die interne Willensbildung des Sozialversicherungsträgers ausschlaggebend sein kann, sondern diese in die Sphäre des Beitragsschuldners gelangen muss; dafür sprechen die erforderliche In-Kenntnis-Setzung des Zahlungspflichtigen bei der Unterbrechung der Feststellungsverjährung und die Verständigung des Zahlungspflichtigen als fristauslösendes Ereignis für die Einforderungsverjährung gemäß Abs. 2. Die in Abs. 1 enthaltene Regelung, wonach die Feststellungsverjährung für die Dauer eines Verfahrens in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, insbesondere betreffend die Feststellung der Verpflichtung der Zahlung von Beiträgen gehemmt wird, legt nahe, dass die Feststellung mit rechtskräftigem Abschluss des Administrativverfahrens bzw. noch später (sohin erst mit der abschließenden Entscheidung durch den VfGH oder VwGH) eintritt. Diese Hemmung bezieht sich auch auf den in Abs. 1 genannten Beitragsmithaftenden; dabei ist hervorzuheben, dass der Beitragsmithaftende erst mit der 50. ASVG-Novelle in die Verjährungsbestimmung mitaufgenommen wurde (siehe dazu Derntl in Sonntag, ASVG, 6. Aufl. § 68 Rz. 4 mwN).

In seinem Erkenntnis vom 26.05.2004, Zl. 2001/08/0209, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach ständiger Rechtsprechung zu § 68 ASVG in der Fassung vor Inkrafttreten der 50. Novelle zum ASVG die auf Beitragsschuldner zugeschnittenen Regeln dieser Bestimmung auf Beitragshaftende mit der Maßgabe sinngemäß angewendet worden seien, dass die Beitragsforderung gegenüber dem Primärschuldner im Zeitpunkt der Geltendmachung der Vertreterhaftung noch nicht verjährt sein durfte und dass erst der Erlassung des Haftungsbescheides - nicht aber auch anderen zur Geltendmachung der Haftung vorgenommenen Maßnahmen - verjährungsunterbrechende Wirkung zukam. Aus der Einfügung des Wortes "Beitragsmithaftender" in den ersten Satz des § 68 Abs. 1 ASVG durch die 50. ASVG-Novelle habe der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf den Zusammenhang dieses Satzes mit den übrigen Bestimmungen des § 68 Abs. 1 und 2 ASVG den Schluss gezogen, dass die bisherige Rechtsprechung zur Verjährung des Rechtes auf Inanspruchnahme eines Haftungspflichtigen nach § 67 Abs. 10 ASVG zumindest in folgenden Punkten nicht mehr aufrechterhalten werden konnte: Erstens sei auch über die Haftungsverpflichtung nach § 67 Abs. 10 ASVG unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 409 und 410 (insbesondere Abs. 1 Z. 7) ASVG ein Feststellungsbescheid nach § 68 Abs. 1 ASVG zu erlassen. Zweitens verjähre auch dem Haftungspflichtigen gegenüber dieses Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen erst binnen drei bzw. fünf Jahren. Drittens werde dieses Feststellungsrecht jedenfalls auch durch jede zum Zwecke der Feststellung (seiner Haftungsverpflichtung) getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Haftungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Viertens ergebe sich aus der Geltung des § 68 Abs. 1 ASVG, dass gegenüber dem Haftungspflichtigen von "festgestellten Beitragsschulden" iSd § 68 Abs. 2 ASVG jedenfalls so lange nicht gesprochen werden könne, als noch ein Streit über die Haftungsverpflichtung selbst nach § 68 Abs. 1 ASVG bestehe.

Zur Vermeidung dieser Beitragseinbußen soll im § 68 Abs. 1 ASVG klargestellt werden, dass diese Bestimmung auch für Beitragsmithaftende gilt. Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung sollen, auch wenn sie nur gegen den Zahlungspflichtigen gesetzt werden, in gleicher Weise gegen den Beitragsmithaftenden wirken. Das Tatbestandsmoment der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung beim Primärschuldner zeigt, dass die Verjährungsfrist für den haftungspflichtigen Vertreter (zumindest) nicht früher ablaufen kann, als mit dem Entstehen der Haftung, d.h. als feststeht, dass Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung eingetreten ist (VwGH vom 01.04.2009, Zl. 2008/08/0223 mwN).

3.1.3. Wenn der Beschwerdeführer unter Berufung auf die Bestimmung des § 68 ASVG vermeint, dass die dem (in Beschwerde gezogenen) Haftungsbescheid zu Grunde liegende Forderung verjährt sei, weil die Frist für die Feststellung der Beiträge gegenüber dem Beschwerdeführer verstrichen sei (die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Primärschuldnerin verlängere oder unterbreche nur die Frist gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber den Geschäftsführern), übersieht er, dass es für die Verjährung der mit dem Haftungsbescheid festgestellten Forderungen gegenüber dem beitragsmithaftenden Gesellschafter auf die Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung bei der Primärschuldnerin ankommt. Der Bescheid gegenüber dem Beitragsmithaftenden kann daher erst dann ergehen, wenn feststeht, ob und welche Beiträge uneinbringlich sind. Bei lang dauernden Insolvenzverfahren wird daher infolge zwischenzeitlich eingetretener Verjährung keine Haftung gegenüber einem Mithaftenden durchgesetzt werden können, sodass es zu erheblichen Beitragseinbußen kommt (VwGH vom 01.04.2009, Zl. 2008/08/0223).

Anlassbezogen steht zwischen den Verfahrensparteien außer Streit, dass das Landesgericht für XXXX mit Beschluss vom XXXX.2015 zu XXXX das Sanierungsverfahren über das gemeinschuldnerische Unternehmen der Primärschuldnerin eröffnet hat.

Außer Streit steht weiter, dass die belangte Behörde (nach Zurückziehung der mit Schriftsatz vom 31.08.2015 angemeldeten Beitragsforderungen zu ON 3/131) zu ON3/153 Forderungen in Höhe von EUR 929.228,30 angemeldet hat und diese Forderung von der Insolvenzverwalterin zur Gänze festgestellt und anerkannt wurde.

Mit Beschluss vom 25.09.2015 bestätigte das Insolvenzgericht den am 24.08.2015 angenommenen Sanierungsplan des Inhalts, dass Insolvenzgläubiger mit Forderungen bis einschließlich EUR 50.000,00 eine Barquote von 100% und Insolvenzgläubiger (darunter die belangte Behörde) mit höheren Forderungen eine Barquote von 40 % erhalten.

Erst damit stand die Uneinbringlichkeit der von der belangten Behörde angemeldeten Beitragsforderungen in dem die Barquote von 40% übersteigenden Betrag fest; damit wurde die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 Abs. 1 ASVG (am 25.09.2015) in Gang gesetzt.

Die Einleitung des Haftungsprüfungsverfahrens (und das in diesem Zusammenhang an den Beschwerdeführer ergangene Schreiben vom 22.11.2016) erfolgte daher noch innerhalb der Verjährungsfrist, sodass Verjährung nicht eingetreten ist.

3.2. Zum behaupteten Verzicht der belangten Behörde durch Zustimmung zum Sanierungsplan:

3.2.1. In der Beschwerdeschrift heißt es weiter, dass die belangte Behörde durch ihre Zustimmung zum Sanierungsplan der Primärschuldnerin (hier: der GmbH) "unzweifelhaft auf die über die Quote hinausgehenden Forderungen ausdrücklich verzichtet" hätte, wodurch der "strukturierte Sanierungsplan" möglich geworden sei. Eine Haftung seiner Person habe zum Zeitpunkt der Zustimmung zum Sanierungsplan "unter keinen Umständen" bestanden, weshalb die Regelungen des § 151 IO nicht zum Ansatz kämen.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung darstellt, die ihn deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt, als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (siehe d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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