TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/29 L503 2005842-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2019
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Entscheidungsdatum

29.10.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
Koordinierung Soziale Sicherheit Art. 11
Koordinierung Soziale Sicherheit Art. 12

Spruch

L503 2005842-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX ), vertreten durch zobl.bauer Pinzgau Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung GmbH, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26.07.2011, Zl. XXXX , betreffend Versicherungspflicht, zu Recht erkannt:

A.) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG insofern teilweise stattgegeben, als Herr XXXX , aus dem Spruch zu entfallen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass XXXX , aufgrund der für die XXXX ) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit in der Zeit jeweils vom 5.12.2010 bis 20.4.2011 der Pflicht(Voll)-Versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlagen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26.7.2011 wurde - in teilweiser Bestätigung eines Versicherungspflichtbescheids der SGKK vom 4.2.2011 - ausgesprochen, dass sieben namentlich genannte Personen aufgrund der für die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit in der Zeit jeweils vom 5.12.2010 bis 20.4.2011 der Pflicht(Voll)-Versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlagen.

Begründend führte die Landeshauptfrau von Salzburg im Wesentlichen aus, die BF fungiere unter anderem im Bereich des Wintertourismus als britischer Reiseveranstalter. Das Hotel R. in S. sei von der BF in der Wintersaison 2010/2011 angepachtet und als "Clubhotel R." mit einer Kapazität von 70 Personen auf näher genannter Website in Zusammenhang mit Pauschalreiseangeboten beworben worden. Die Betriebsführung des Hotels und die Gästebetreuung während des Aufenthalts seien mit eigenem Personal der BF erfolgt.

Im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 2.2.2011 seien 16 Personen für die BF entgeltlich arbeitend angetroffen worden, ohne dass diese zur Sozialversicherung gemeldet worden wären. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten für diese Personen auch keine A1-Entsendungsformulare vorgelegt werden können. Für bestimmte, näher genannte Personen seien jedoch derartige Formulare nachträglich vorgelegt worden, wobei diese vor dem Kontrollzeitpunkt bzw. dem Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids ausgestellt worden seien. Für andere Personen wiederum seien ebenso entsprechende Entsendungsformulare vorgelegt worden, wobei diese jedoch erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids ausgestellt worden seien.

Von den nunmehr verfahrensgegenständlichen verbleibenden Personen hätten konkret zwei namentlich genannte Personen als Angehörige des "Headteams" der BF von einem Büro in S. aus gearbeitet. Weitere fünf der verbleibenden Personen hätten eigenen Angaben zufolge als Reiseleiter bzw. Gästebetreuer oder im Service des Clubhotels gearbeitet. Das Personal vor Ort sei den Mitgliedern des sogenannten Headteams direkt kontroll- und weisungsunterworfen gewesen. Die Mitglieder des sogenannten Headteams seien wiederum unmittelbar gegenüber der BF kontroll- und weisungsunterworfen gewesen.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gelangte die Landeshauptfrau von Salzburg zum Ergebnis, dass innerstaatliches Recht im Hinblick auf jene Personen, für die sogenannte A1-Entsendungsformulare vorliegen würden, welche bereits vor dem Zeitpunkt der Kontrolle bzw. der Erlassung des angefochtenen Bescheids ausgestellt wurden, nicht anzuwenden sei. Sehr wohl sei jedoch innerstaatliches Recht im Hinblick auf jene Personen, für die A1-Entsendungsformulare erst nach der Kontrolle bzw. Bescheiderlassung ausgestellt worden seien bzw. im Hinblick auf jene Personen, für die gar keine A1-Entsendungsformulare vorliegen würden, anzuwenden. Im Hinblick auf die beiden zuletzt genannten Personengruppen sei von einer Tätigkeit im Rahmen persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der BF im Sinne von § 4 Abs 2 ASVG auszugehen, sodass die entsprechende Versicherungspflicht festzustellen gewesen sei.

2. Mit Schriftsatz ihres damaligen rechtsfreundlichen Vertreters vom 9.8.2011 erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26.7.2011. Darin monierte die BF, dass die Einvernahmen der Mitarbeiter der BF nicht in der zwingend vorgeschriebenen Amtssprache Deutsch, sondern auf Englisch bzw. teilweise auf Englisch und Deutsch gemischt, durchgeführt worden seien. Derartige Niederschriften würden somit "ein rechtliches Nullum" darstellen. In rechtlicher Hinsicht verwies die BF auf die VO (EG) Nr. 987/2009 und führte diesbezüglich aus, dass durch die nachträglich vorgelegten A1-Entsendungsformulare im Hinblick auf diese Personen belegt sei, dass diese tatsächlich in ihrem Heimatstaat versicherungspflichtig sind.

3. Mit Bescheid vom 8.11.2013 wies der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Berufung der BF gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26.7.2011 ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

Begründend führte der Bundesminister im Wesentlichen aus, die BF habe im vereinigten Königreich einerseits und in Österreich andererseits unterschiedliche betriebliche Tätigkeiten ausgeübt. Im Vereinigten Königreich sei ein Reiseveranstaltungsunternehmen betrieben worden, während die BF in Österreich ein Hotel betrieben habe. Daraus sei rechtlich - näher begründet - zu schließen, dass eine nennenswerte Tätigkeit der BF im Niederlassungsstaat nicht vorliege und daher das Personal der BF auch nicht als entsendete Dienstnehmer im Sinne der VO (EG) Nr. 883/2004 betrachtet werden könne. Das Vorliegen von Entsendungen sei daher auszuschließen. Im Übrigen seien die verfahrensgegenständlichen Personen - näher begründet - im Rahmen persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne von § 4 Abs 2 ASVG für die BF tätig geworden. Im Hinblick auf jene Personen, für die nachträglich A1-Formulare ausgestellt worden waren, führte der Bundesminister - näher begründet und sinngemäß - aus, dass diese von der SGKK sowie der Landeshauptfrau von Salzburg zutreffend als nicht bindend anerkannt worden seien.

4. Einer dagegen seitens der BF erhobenen Revision gab der VwGH mit Erkenntnis vom 31.7.2014, Zahl: Ro 2014/08/0003-14, statt und hob den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Darin führte der VwGH aus, die Revision mache geltend, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine Entsendung im Sinn des Art. 12 Abs. 1 VO 883/2004 vorliege, und wende sich insbesondere gegen die Annahme, dass mit dem in Österreich geführten Hotelbetrieb ein wesentlich höherer Umsatz erzielt werde als mit dem im Vereinigten Königreich geführten Reiseunternehmen. Außerdem liege die Verantwortung betreffend die Führung des Hotelbetriebs im Vereinigten Königreich; jene Personen, die das so genannte "Head Office" in Österreich bildeten, seien weisungsgebunden. Es liege daher eine gültige Entsendung vor.

Nach Auffassung des VwGH sei im vorliegenden Fall, in dem die Arbeitgeberin in einem Mitgliedstaat Reisen veranstaltet und in einem anderen Mitgliedstaat ein Hotel betreibt und dorthin Arbeitnehmer entsendet, auf Basis der Feststellungen der belangten Behörde keine Missbrauchs- oder Umgehungskonstruktion zu erkennen. Die belangte Behörde hätte sich daher näher mit den gesamten Tätigkeiten der BF auseinandersetzen müssen, um beurteilen zu können, ob eine nennenswerte Tätigkeit im Vereinigten Königreich vorliegt. Dabei wäre insbesondere auf die Kriterien Bedacht zu nehmen gewesen, die - unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH - in den Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission und den "praktischen Leitfaden" eingeflossen sind. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, dass eine nennenswerte Tätigkeit der BF im Vereinigten Königreich zu bejahen war, so wäre zu klären, ob die übrigen Voraussetzungen für eine Entsendung hinsichtlich der einzelnen Dienstnehmer vorgelegen sind.

5. Mit Schreiben vom 9.9.2014 wies die SGKK das BVwG darauf hin, dass der britische Sozialversicherungsträger am 10.6.2014 die Entsendebestätigungen für XXXX widerrufen habe, wobei das entsprechende Schreiben vorgelegt wurde.

6. Mit Schreiben vom 11.9.2019 ersuchte das BVwG die SGKK, dem BVwG jenes Schreiben des britischen Sozialversicherungsträgers, mit dem es zu einem Widerruf von Entsendebestätigungen kam, (nochmals) zu übermitteln. In diesem Zusammenhang wurde auch ersucht, einen allfälligen Schriftverkehr der SGKK mit dem britischen Sozialversicherungsträger zu übermitteln.

7. Am 12.9.2019 übermittelte die SGKK dem BVwG ein Schreiben vom 20.6.2013 an den britischen Sozialversicherungsträger, mit dem sie diesen unter Hinweis auf den bereits seinerzeit existenten Versicherungspflichtbescheid der SGKK ersuchte, aufgrund der Bindungswirkung des Bescheids im Sinne der VO 883/2004 die betreffenden Entsendebestätigungen zurückzuziehen.

Vorgelegt wurde zudem der Widerruf des britischen Sozialversicherungsträgers vom 10.6.2014 betreffend die Entsendebestätigungen für XXXX .

8. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 13.9.2019 räumte das BVwG dem (nunmehrigen) steuerlichen Vertreter der BF insbesondere wie folgt das Recht zur Stellungnahme ein:

Es wird um Beantwortung bzw. Stellungnahme (hinsichtlich) folgender Fragen bzw. Aspekte binnen drei Wochen ersucht:

* Es wird ersucht, die ungefähren Umsätze der Beschwerdeführerin, die diese in den Jahren 2010, 2011 und 2012 einerseits in Großbritannien und andererseits in Österreich erzielt hat, bekannt zu geben.

* Es wird ersucht, die ungefähre Anzahl der in Österreich sowie der in Großbritannien tätigen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin in den genannten Jahren bekannt zu geben.

Zudem wird binnen gleicher Frist die Möglichkeit zur Stellungnahme hinsichtlich folgender Aspekte die konkreten Dienstnehmer betreffend gewährt (zum Versicherungspflichtbescheid der SGKK vom 4.2.2011, abgeändert mit Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 26.7.2011)

* Zu XXXX : Diese hat bei ihrer Befragung am 2.2.2011 angegeben, sie habe vor der Beschäftigung durch die Beschwerdeführerin in einem Café in Schweden gearbeitet. Dies ist insofern relevant, als eine Entsendung nach Art 14 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 nur dann vorliegt, wenn die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung (beim Entsender) bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat.

Im Übrigen liegt auch keine Entsendebestätigung diese Dienstnehmerin betreffend vor.

* Zu XXXX : Dieser hat bei seiner Befragung am 2.2.2011 angegeben, er habe vor seiner Beschäftigung durch die Beschwerdeführerin in einem Kleidergeschäft in Schweden und Norwegen gearbeitet. Auch hier ist wiederum auf Art 14 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 zu verweisen, wonach eine Entsendung nur dann vorliegt, wenn die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung (beim Entsender) bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat.

Im Übrigen liegt auch keine Entsendebestätigung diesen Dienstnehmer betreffend vor.

* Zu XXXX : Dieser war den vorliegenden Unterlagen bereits im Oktober 2004 als "Austrian Manager" eingestellt worden. Dies ist insofern relevant, als eine Entsendung nur für die Dauer von 24 Monaten vorliegen kann (Art 12 Abs 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

* Zu XXXX : Auch diesen Dienstnehmer betreffend liegt keine Entsendebestätigung vor. Er wird um Stellungnahme ersucht, ob im Hinblick auf diesen Dienstnehmer - so wie bei zahlreichen anderen Dienstnehmern - die Ausstellung einer Entsendebestätigung beantragt worden war und ob diese allenfalls nicht ausgestellt wurde; falls keine beantragt wurde, wird um Nennung des Grundes dafür ersucht.

* Zu XXXX : Diese Dienstnehmer betreffend wurden zwar Entsendebestätigungen in Vorlage gebracht, allerdings wurden diese durch den britischen Sozialversicherungsträger widerrufen. Das diesbezügliche Schreiben des britischen Sozialversicherungsträgers vom 10.6.2014 ist dem gegenständlichen Schreiben beigelegt. Insofern kann jedenfalls von keiner Entsendung (mehr) ausgegangen werden. Sollten dagegen jedoch Rechtsmittel erhoben worden sein, so wird um diesbezügliche Mitteilung und Auskunft hinsichtlich des Verfahrensausgangs ersucht.

9. Mit Stellungnahme vom 24.10.2019 gab der steuerliche Vertreter der BF - nach Fristerstreckung durch das BVwG - die Umsätze der BF in den Jahren 2010, 2011 und 2012 einerseits in Großbritannien und andererseits in Österreich bekannt; ebenso gab er die Anzahl der Mitarbeiter der BF in Großbritannien und in Österreich bekannt.

Im Übrigen führte der steuerliche Vertreter aus, es sei nicht mehr möglich, die einzelnen vom BVwG angefragten Aspekte zu beantworten. Auf Grund der Bestimmung der DSGVO in Großbritannien sei die BF gesetzlich verpflichtet gewesen, Personalunterlagen spätestens nach 6 Jahren zu löschen. Dieser Verpflichtung sei das Unternehmen vor einiger Zeit nachgekommen und somit nicht mehr in der Lage, einzelne Aspekte zu beantworten.

Der Widerruf der ausgestellten A1-Formulare von XXXX durch den britischen Sozialversicherungsträger sei ausschließlich auf Grund des Umstandes erfolgt, dass die SGKK für die eben erwähnten Personen zusätzlich A1-Formulare ausgestellt habe. Weder die BF noch die betroffenen Personen hätten dafür einen Antrag gestellt. Die neuerliche Ausstellung von A1-Formularen durch die SGKK sei nach Ansicht der BF ungültig. A1-Formulare könnten zusätzlich nur vom Entsendestaat (Großbritannien) ausgestellt werden. Ob gegen den Widerruf durch den britischen Sozialversicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt wurde, sei für die BF nicht mehr feststellbar, was bei einer Verfahrenslänge von über 8 Jahren durchaus nachvollziehbar sei.

Die BF habe weiters keine Unterlagen mehr zur Fragestellung, ob dem Antragsformular von XXXX stattgegeben wurde. Nachdem aber bei den XXXX A1-Formulare ausgestellt wurden und bei XXXX derselbe Sachverhalt vorgelegen sei, sei "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ebenfalls ein A1 Formular ausgestellt wurde."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF betreibt in Großbritannien ein Reiseveranstaltungsunternehmen. In Österreich hat sie in der verfahrensgegenständlichen Zeit ein Hotel betrieben.

In Österreich wurden folgende Umsätze erzielt:

2010 EUR 315.000

2011 EUR 281.000

2012 EUR 325.000

In Großbritannien wurden folgende Umsätze erzielt:

2010 GBP 21.687.000

2011 GBP 20.844.000

2012 GBP 18.217.000

In Österreich wurden beschäftigt:

2010 rund 15 Beschäftigte

2011 rund 15 Beschäftigte

2012 rund 15 Beschäftigte

In Großbritannien wurden beschäftigt:

2010 rund 280 Beschäftigte

2011 rund 265 Beschäftigte

2012 rund 255 Beschäftigte

1.2. XXXX waren Teil des "Head-Teams" in Österreich. Sie waren den ihnen vorgesetzten Mitarbeitern der BF in Großbritannien gegenüber unmittelbar weisungsunterworfen. Bei den übrigen verfahrensgegenständlichen Personen handelte es sich um Hotelpersonal (Servicepersonal, Gästebetreuer, Reiseleiter), welches dem "Head-Team" der BF gegenüber weisungsunterworfen war. Hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Personen liegen keine Entsendebestätigungen im Hinblick auf die relevanten Zeiträume (mehr) vor (siehe diesbezüglich auch die unter Punkt 1.3.4. getroffenen Feststellungen.

1.3. Im Hinblick auf die nachfolgend genannten Personen sind darüber hinaus folgende konkrete Feststellungen entscheidungsrelevant:

1.3.1. XXXX hat vor der Beschäftigung durch die BF in einem Café in Schweden gearbeitet.

1.3.2. XXXX hat vor seiner Beschäftigung durch die BF in einem Kleidergeschäft in Schweden und Norwegen gearbeitet.

1.3.3. XXXX war bereits im Oktober 2004 als "Austrian Manager" eingestellt worden und seither durchgehend für die BF in Österreich tätig.

1.3.4. Betreffend XXXX wurden zwar zunächst Entsendebestätigungen ausgestellt, vom britischen Sozialversicherungsträger allerdings am 10.6.2014 widerrufen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der SGKK sowie ergänzend durch die vom steuerlichen Vertreter der BF auf Aufforderung vorgelegten Unterlagen bzw. durch die Gewährung von Parteiengehör an den steuerlichen Vertreter der BF durch das BVwG.

2.2. Was die unter Punkt 1.1. getroffenen Feststellungen anbelangt, so ist zunächst anzumerken, dass unbestritten ist, dass die BF in Großbritannien ein Reiseveranstaltungsunternehmen betreibt und in Österreich in der verfahrensgegenständlichen Zeit ein Hotel betrieben hat.

Was die getroffenen Feststellungen zu den Umsatzzahlen und dem Personalstand der BF einerseits in Großbritannien und andererseits in Österreich anbelangt, so beruhen diese zunächst auf den Angaben der steuerlichen Vertretung der BF in der Stellungnahme vom 24.9.2019. Darüber hinaus konnten die Angaben der BF, was ihre Umsätze in Großbritannien anbelangt, durch das BVwG dem Grunde nach auch durch eine Einsichtnahme in das - frei zugängliche - britische Firmenbuch ("Companies House"), in dem auch sämtliche Unternehmensbilanzen veröffentlicht sind, verifiziert werden (vgl. https://www.gov.uk/get-information-about-a-company; konkret hat die BF die "Company Number" XXXX ). Dass die BF in Großbritannien entsprechend hohe Umsätze erzielen muss, legt im Übrigen bereits der Internetauftritt der BF für den britischen Markt nahe ( XXXX /), zumal die BF ein äußerst großes Angebot an Bildungs-, Sport- und Schulreisen aufweist; es wird zwar nicht verkannt, dass diese Einsichtnahme seitens des BVwG in das Angebot der BF nunmehr im Jahr 2019 erfolgte, allerdings können daraus wohl auch Rückschlüsse auf vergangene Jahre gezogen werden.

Plausibel erscheinen zudem - in Anbetracht des Umstands, dass die BF in Österreich ein einziges Hotel betrieben hat - die Angaben des steuerlichen Vertreters der BF hinsichtlich der Umsatzzahlen und des Personalstands der BF in Österreich.

2.3. Was die unter Punkt 1.2. getroffenen Feststellungen zum "Head-Team" der BF im Hotel R. sowie zum sonstigen (Service-)Personal sowie dessen Weisungsunterworfenheit der BF bzw. deren "Head-Team" gegenüber anbelangt, so sind diese dem Grunde nach unbestritten. Unbestritten ist zudem, dass hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Personen keine Entsendebestätigungen im Hinblick auf die relevanten Zeiträume (mehr) vorliegen.

2.4. Was schließlich die konkreten Feststellungen zu bestimmten Personen unter Punkt 1.3. anbelangt, so ist Folgendes auszuführen:

XXXX hat bei ihrer Befragung am 2.2.2011 angegeben, sie habe vor der Beschäftigung durch die BF in einem Café in Schweden gearbeitet.

XXXX hat bei seiner Befragung am 2.2.2011 angegeben, er habe vor seiner Beschäftigung durch die BF in einem Kleidergeschäft in Schweden und Norwegen gearbeitet. XXXX war seinen eigenen Angaben zufolge bereits im Oktober 2004 als "Austrian Manager" eingestellt worden. Zu alldem ist anzumerken, dass der damalige rechtsfreundliche Vertreter der BF diese Angaben in keiner Weise substantiiert bekämpfte, sondern lediglich monierte, dass die Antworten der befragten Personen ungeachtet des Umstands, dass Deutsch die Amtssprache ist, hauptsächlich auf Englisch protokolliert worden seien. Konkrete Fehler dieser - unmissverständlichen - Angaben bzw. Protokollierungen hat er jedoch nicht aufgezeigt. Im Übrigen wurden diese Angaben dem nunmehrigen steuerlichen Vertreter der BF im Rahmen des Parteiengehörs seitens des BVwG nochmals vorgehalten und trat er diesen in seiner Stellungnahme vom 24.10.2019 nicht mehr entgegen.

Dass die betreffend XXXX zunächst ausgestellten Entsendebestätigungen vom britischen Sozialversicherungsträger am 10.6.2014 widerrufen wurden, ergibt sich unmittelbar aus dem aktenkundigen Widerrufsschreiben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Teilweise Stattgabe, teilweise Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG

3.2.1. § 4 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung lautete auszugsweise:

(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[...]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. [...]

[...]

3.2.2. § 35 ASVG lautete auszugsweise:

(1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. [...]

3.2.3. Art 11 Abs 3 der VO (EG) Nr. 883/2004 lautet auszugsweise:

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats; [...]

3.2.4. Art 12 Abs 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 lautet:

(1) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst.

3.2.5. Art 5 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 lautet:

Vom Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Dokumente, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung bescheinigt wird, sowie Belege, auf deren Grundlage die Dokumente ausgestellt wurden, sind für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden.

3.2.6. Art 14 Abs 1 und 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 lautet:

(1) Bei der Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 der Grundverordnung umfassen die Worte "eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird" auch eine Person, die im Hinblick auf die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt wird, vorausgesetzt die betreffende Person unterliegt unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen, bei dem sie eingestellt wird, seinen Sitz hat.

(2) Bei der Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 der Grundverordnung beziehen sich die Worte "der gewöhnlich dort tätig ist" auf einen Arbeitgeber, der gewöhnlich andere nennenswerte Tätigkeiten als reine interne Verwaltungstätigkeiten auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen niedergelassen ist, ausübt, unter Berücksichtigung aller Kriterien, die die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens kennzeichnen; die maßgebenden Kriterien müssen auf die Besonderheiten eines jeden Arbeitgebers und die Eigenart der ausgeübten Tätigkeiten abgestimmt sein.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

3.3.1. Zur Frage, ob die BF "gewöhnlich" in Großbritannien "tätig" im Sinne von Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 bzw. Art 14 Abs 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 war

Die Frage, ob die BF "gewöhnlich" in Großbritannien "tätig" im Sinne von Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 bzw. Art 14 Abs 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 war, ist insofern zuerst zu prüfen, zumal im Falle einer Verneinung dieser Frage eine Entsendung im Sinne der VO (EG) 883/2004 jedenfalls nicht vorliegen könnte - mit der Konsequenz, dass sämtliche Personen betreffend österreichisches Recht zu Anwendung zu gelangen hätte.

Diesbezüglich hat bereits der VwGH im gegenständlichen Verfahren (Erkenntnis vom 31.7.2014, Zl. Ro 2014/08/0003-14) ausgesprochen, dass im hier vorliegenden Fall, in dem die BF in einem Mitgliedstaat Reisen veranstaltet und in einem anderen Mitgliedstaat ein Hotel betreibt und dorthin Arbeitnehmer entsendet, keine Missbrauchs- oder Umgehungskonstruktion zu erkennen sei. Es müsse anlässlich der Beurteilung einer nennenswerten Tätigkeit der BF in Großbritannien insbesondere auf die Kriterien Bedacht genommen werden, die - unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH - in den Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission und den "praktischen Leitfaden" eingeflossen sind.

Diesbezüglich ist hier auszuführen, dass die BF unstrittig ihren Sitz - und zwar seit jeher - in Großbritannien hatte. Weiters unterscheidet sich die Struktur des Personals zwar insofern, als in Großbritannien hauptsächlich Reisebüro-Mitarbeiter angestellt sind, während es sich in Österreich um Hotelpersonal handelte, allerdings hat der VwGH diesbezüglich in seinem Erkenntnis vom 31.7.2014 darauf hingewiesen, dass es unerheblich ist, ob die entsendeten Arbeitnehmer andere Arbeiten leisten als jene, die im entsendenden Unternehmen normalerweise verrichtet werden. Davon, dass die BF in Großbritannien nur "reine interne Verwaltungstätigkeiten" im Sinne von Art 14 Abs 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 ausübt, kann unzweifelhaft nicht gesprochen werden. In diesem Zusammenhang muss man sich zudem vor Augen halten, dass der Mitarbeiterstand in Großbritannien den getroffenen Feststellungen zufolge jedenfalls um ein Vielfaches höher war als in Österreich. Die (Reise-)Verträge der BF wurden und werden, soweit ersichtlich, zur Gänze in Großbritannien geschlossen, wobei die von der BF betriebene Website unzweifelhaft auf britische Kunden abzielt. Der in Großbritannien von der BF erwirtschaftete Umsatz ist zudem um ein Vielfaches höher als ihr in Österreich mit dem verfahrensgegenständlichen Hotel erzielter Umsatz.

Aus diesen Umständen folgt nach Ansicht des BVwG unzweifelhaft, dass die BF "gewöhnlich" in Großbritannien "tätig" im Sinne von Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 bzw. Art 14 Abs 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 war bzw. ist.

3.3.2. Zu den einzelnen Personen ist sodann rechtlich wie folgt auszuführen:

3.3.2.1. Zu XXXX : Diese hat vor der Beschäftigung durch die BF in einem Café in Schweden gearbeitet. Dies ist insofern relevant, als eine Entsendung nach Art 14 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 in dem Fall, dass die Person im Hinblick auf die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt wird, nur dann vorliegt, wenn die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung (beim Entsender) bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat. Diese Voraussetzung ist hier somit nicht gegeben. Im Übrigen liegt auch keine Entsendebestätigung diese Dienstnehmerin betreffend vor.

Folglich ist die Beschwerde im Hinblick auf diese Person als unbegründet abzuweisen.

3.3.2.2. Zu XXXX : Dieser hat vor seiner Beschäftigung durch die BF in einem Kleidergeschäft in Schweden und Norwegen gearbeitet. Dies ist wiederum insofern relevant, als eine Entsendung nach Art 14 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 in dem Fall, dass die Person im Hinblick auf die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt wird, nur dann vorliegt, wenn die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung (beim Entsender) bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat. Diese Voraussetzung ist hier somit nicht gegeben. Im Übrigen liegt auch keine Entsendebestätigung diesen Dienstnehmer betreffend vor.

Folglich ist die Beschwerde im Hinblick auf diese Person als unbegründet abzuweisen.

3.3.2.3. Zu XXXX : Dieser war von der BF bereits im Oktober 2004 als "Austrian Manager" eingestellt worden. Dies ist insofern relevant, als eine Entsendung nur für die Dauer von 24 Monaten vorliegen kann (Art 12 Abs 1 VO (EG) Nr. 883/2004), dieser Zeitraum wurde klar überschritten. Im Übrigen liegt auch keine Entsendebestätigung diesen Dienstnehmer betreffend vor.

Folglich ist die Beschwerde im Hinblick auf diese Person als unbegründet abzuweisen.

3.3.2.4. Zu XXXX : Diese Dienstnehmer betreffend wurden zwar Entsendebestätigungen in Vorlage gebracht, allerdings wurden diese durch den britischen Sozialversicherungsträger sodann widerrufen.

Hier ist zunächst näher auf Art 5 Abs 1 der VO (EG) Nr. 987/2009 einzugehen, der wie folgt lautet: Vom Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Dokumente, in denen der Status einer Person für die Zwecke der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung bescheinigt wird, sowie Belege, auf deren Grundlage die Dokumente ausgestellt wurden, sind für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden.

Der britische Sozialversicherungsträger hat durch seinen Widerruf explizit - wenn auch nachträglich - bekannt gegeben, dass die Beschäftigungsverhältnisse der im Widerruf genannten Personen nicht dem System der sozialen Sicherheit Großbritanniens unterworfen werden und dass die Voraussetzungen für eine Entsendung im Sinne von Art 12 Abs 1 VO (EG) 883/2004 nicht vorliegen. Dies hat zur Konsequenz, dass auf die Beschäftigungsverhältnisse der betroffenen Personen österreichisches Recht anzuwenden ist. Da es unzweifelhaft ist, dass das Hotelpersonal in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne von § 4 Abs 2 ASVG von der BF als Dienstgeberin im Sinne von § 35 Abs 1 ASVG tätig wurde, besteht somit Versicherungspflicht nach dem ASVG.

An alldem vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Widerruf seitens Großbritanniens auf ein diesbezügliches Ersuchen der SGKK mit dem Hinweis auf den zuvor erlassenen Versicherungspflichtbescheid vom 4.2.2011 erfolgte (das BVwG ließ sich im Übrigen auch den Schriftverkehr der SGKK mit britischen Sozialversicherungsträger vorlegen; entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme der BF vom 24.10.2019 argumentierte die SGKK - im Unterschied zu einem weiteren Verfahren, siehe diesbezüglich das Erkenntnis des BVwG vom heutigen Tage zur Zl. L503 2005842-2 - dabei auch nicht mit allfälligen, von ihr selbst [in rechtswidriger Weise] ausgestellten "A1-Entsendebestätigungen", wobei derartige hier auch nicht aktenkundig sind; die SGKK wies den britischen Sozialversicherungsträger vielmehr nur auf ihren Versicherungspflichtbescheid hin).

Von einer Entsendung kann somit nicht ausgegangen werden und ist die Beschwerde im Hinblick auf diese Person folglich als unbegründet abzuweisen.

3.3.2.5. Zu XXXX

Diesbezüglich ist nochmals auf Art 12 Abs 1 der VO (EG) 883/2004 zu verweisen, der wie folgt lautet:

(1) Eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst.

Den getroffenen Feststellungen zufolge ist unstrittig, dass XXXX in Österreich für die Rechnung der BF - die gewöhnlich in Großbritannien tätig ist (siehe oben) - eine Beschäftigung ausgeübt hat und dass er von der BF nach Österreich "entsandt" wurde (ohne, dass mit "entsandt" hier schon eine rechtliche Beurteilung verbunden ist), um dort eine Arbeit für die Rechnung der BF auszuführen. Dass die voraussichtliche Dauer der Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschritt, liegt auf der Hand, ging es doch nur um eine wenige Monate dauernde Beschäftigung während der Wintersaison. Dass er nicht eine andere Person ablöste, liegt ebenso auf der Hand, wurde er doch mit Beginn der Wintersaison eingesetzt. Schließlich hat die SGKK im Hinblick auf XXXX auch keinerlei sonstige Umstände ins Treffen geführt - und ergeben sich auch aus dem Akt keine entsprechenden Anhaltspunkte - die einer Entsendung im rechtlichen Sinne entgegenstehen würden.

Folglich wurde XXXX von der BF im Sinne von Art 12 Abs 1 der VO (EG) 883/2004 nach Österreich entsandt und ist der Beschwerde diesbezüglich stattzugeben; XXXX hat mangels Anwendbarkeit österreichischen Rechts aus dem Spruch des Bescheids der Landeshauptfrau von Salzburg zu entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung insbesondere zur Auslegung der VO (EG) 883/2004 von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Insbesondere ist im gegenständlichen Verfahren bereits eine Entscheidung des VwGH ergangen (Erkenntnis vom 31.7.2014, Zl. Ro 2014/08/0003-14), auf die sich das BVwG maßgeblich stützt.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Entsendung, Mitgliedstaat, persönliche Abhängigkeit,
Teilstattgebung, Versicherungspflicht, wirtschaftliche Abhängigkeit,
Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2005842.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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