TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/7 W198 2201838-1

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Veröffentlicht am 07.11.2019
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Entscheidungsdatum

07.11.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W198 2201838-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX GMBH, XXXX Wien, vertreten durch SLT SIART LIPKOVICH + TEAM GMBH & CO KG, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 05.06.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK) hat mit Bescheid vom 05.06.2018, Zl. XXXX , festgestellt, dass Herr XXXX , VSNR XXXX , aufgrund seiner Beschäftigung bei der Dienstgeberin XXXX GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.01.2016 gemäß

§ 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-) versicherungspflicht und der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliege.

Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei der Tätigkeit des XXXX für die Beschwerdeführerin um ein Dauerschuldverhältnis gehandelt habe, bei dem Herr XXXX laufende Dienstleistungen erbracht habe. Ein Vertretungsfall sei in der Praxis nie eingetreten und sei das Vertretungsrecht vertraglich ausgeschlossen worden. Herr XXXX sei an die Arbeitszeit und den Arbeitsort gebunden gewesen. Er sei der Kontrolle und den Weisungen der Beschwerdeführerin unterworfen gewesen. Die Arbeitsabläufe seien Herrn XXXX vorgegeben worden. Er habe die Dienstleistungen mit den im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Betriebsmitteln verrichtet. Herr XXXX habe vom 01.01.2015 bis 31.01.2016 ein Entgelt in Höhe von € 20,00 pro geleisteter Stunde bzw. € 23,00 für spezielle Netzwerk- und Administratorentätigkeiten erhalten. Aus all dem ergebe sich, dass Herr XXXX bei der Beschwerdeführerin in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt gewesen sei.

2. Gegen diesen Bescheid der WGKK hat die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 05.07.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde zunächst ausgeführt, dass über die Dienstnehmereigenschaft gemäß § 47 Abs. 2 EStG zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein rechtskräftiger Spruch vorliege. Da bei der Beschwerdeführerin eine GPLA-Prüfung durchgeführt worden sei, seien die abgabenrechtlichen Bescheide für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht maßgebend. Diese Bescheide seien jedoch noch nicht in Rechtskraft erwachsen. In weiterer Folge wurde in der Beschwerde auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen eingegangen und wurde diesen entgegengetreten. Es wurde ausgeführt, dass keine Begründung für eine allfällige Abwesenheit des Herrn XXXX anzugeben gewesen sei. Im konkreten Fall seien Vertretungen sehr wohl mit externen Personen erfolgt. Das Ablehnen von Aufträgen sei nicht nur möglich, sondern auch vereinbart gewesen und sei auch sanktionslos und ohne sonstige Konsequenzen von Herrn XXXX praktiziert worden. Die belangte Behörde lege nicht dar, wie jemand, dem es sanktionslos freistehe, im Vorfeld Aufträge abzulehnen, an Arbeitszeiten gebunden sein könne. Der Vertrag mit Herrn XXXX beinhalte keine Verpflichtung zur Leistung von Mindestwochenstunden, sondern beschreibe lediglich das grundsätzlich vereinbarte Ausmaß der Beauftragungen. Hinsichtlich Weisungen sei auszuführen, dass die belangte Behörde nicht zwischen der persönlichen und der sachlichen Weisungsgebundenheit unterscheide und führe ausschließlich Beispiele für sachliche Weisungen an. Sachliche Weisungen seien für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft aber ohne Belang. Wenn die belangte Behörde ausführe, dass Herr XXXX beim Kundeneinsatz vor Ort ein Firmenfahrzeug benutzt habe, so sei auszuführen, dass aus den Fahrtenbüchern der Beschwerdeführerin eindeutig hervorgehe, dass Herr XXXX im relevanten Zeitraum 2015 lediglich vier Mal das Firmenfahrzeug verwendet habe. Die durch die belangte Behörde vorgenommene Subsumtion des Dienstleistungsvertrages unter den Tatbestand des § 4 Abs. 2 ASVG sei rechtlich unrichtig und nicht zutreffend. Es sei verfahrenswidrig, im gegenständlichen Sachverhalt ein Überwiegen des Vorliegens der Kriterien iSd § 4 Abs. 2 ASVG zu unterstellen ohne den Vertragswillen aus ex-ante Sicht zu berücksichtigen, die gelebte Praxis nicht vollständig zu erheben und auch die ausstehende Vorfrage zur abgabenrechtlichen Klassifikation iSd § 47 Abs. 2 EStG zu übergehen. Es bestehe sohin mangels Dienstnehmereigenschaft iSd § 47 Abs. 2 EStG auch keine automatische Dienstnehmereigenschaf iSd § 4 Abs. 2 ASVG.

3. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 25.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 04.02.2019 die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin aufgefordert, konkrete Tatsachen/Umstände zu benennen, wodurch sich die Tätigkeit des Herrn

XXXX von der Tätigkeit des Herrn XXXX , welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.2019 als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG qualifiziert wurde, unterscheidet.

5. Am 25.02.2019 langte eine mit 21.02.2019 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin zum Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.2019 ein. Darin wurde ausgeführt, dass das Verfahren des Herrn XXXX gegen die Beschwerdeführerin beim Arbeits- und Sozialgericht XXXX am 27.01.2019 abgeschlossen worden sei und das Urteil schriftlich ergehe. Es werde daher der Antrag gestellt, die Frist zur Stellungnahme bis zum Zugang der Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichts XXXX zu erstrecken.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 26.02.2019 der WGKK die Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 21.02.2019 übermittelt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 13.06.2019 Herrn XXXX die Auftragserteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.2019 sowie die dazu ergangene Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 21.02.2019 übermittelt.

8. Am 02.07.2019 wurde das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts

XXXX vom XXXX zu Zl. XXXX , an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt, mit welchem festgestellt wurde, dass Herr XXXX aufgrund eines echten Arbeitsvertrages für die Beschwerdeführerin - für einen im Wesentlichen gleichen Zeitraum wie beschwerdegegenständlich - tätig war.

9. Am 16.07.2019 langte eine mit 14.07.2019 datierte Stellungnahme des Herrn XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher er ausführte, dass sich seine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin nicht von der Tätigkeit des Herrn XXXX unterschieden habe.

10. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 18.07.2019 der WGKK sowie der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin die Stellungnahme des Herrn XXXX vom 14.07.2019 übermittelt.

11. Am 01.08.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine mit 31.07.2019 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin ein.

12. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 27.08.2019 der WGKK und Herrn XXXX die Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 31.07.2019 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Herr XXXX war bei der Beschwerdeführerin auf Basis eines mit 08.02.2011 datierten schriftlichen Vertrages als IT-Techniker gegen Entgelt beschäftigt. Herr XXXX war ursprünglich bis zum Jahr 2013 im sogenannten "24/7-Dienst" (auch "24/7-Support" oder "IT-Support") tätig, wechselte im Laufe des Jahres 2013 in die Abteilung "Netzwerkadministration" und war fortan - sohin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum - im Bereich der "Netzwerkadministration" tätig.

Im Rahmen seiner Tätigkeit im Bereich der "Netzwerkadministration" oblag es Herrn XXXX , die gesamte Netzwerkinfrastruktur der Beschwerdeführerin zu administrieren und zu warten, dort Netzwerkkomponenten zu installieren und auszutauschen und für das ordnungsgemäße Funktionieren der Netzwerkinfrastruktur zu sorgen.

Zu Ausübung seiner Tätigkeit war Herr XXXX regelmäßig zumindest montags sowie mittwochs bis freitags jeweils von spätestens 10:00 Uhr bis zumindest 17:00 Uhr im Betrieb der Beschwerdeführerin anwesend. In einigen (Ausnahme)fällen teilte Herr XXXX der Beschwerdeführerin mit einigen Tagen Vorlaufzeit mit, dass er an bestimmten Tagen zu seiner Tätigkeit nicht oder verspätet erscheinen werde. In solchen Fällen setzte die Beschwerdeführerin keine Sanktion gegen Herrn XXXX . Im Regelfall ist Herr XXXX seiner Tätigkeit nicht ohne Vorliegen eines besonderen Hinderungsgrundes ferngeblieben.

Wenn Herr XXXX infolge Krankheit an seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin verhindert war, gab er dies der Beschwerdeführerin bekannt.

Bei der Beschwerdeführerin bestand ein Zeiterfassungssystem, in welches Herr XXXX seine Anwesenheit samt Pausen eintrug. Weiters wurde in das System die Art der durchgeführten Tätigkeiten eingetragen. Die korrekte Erfassung der Daten im Zeiterfassungssystem durch Herrn XXXX sowie die Anwesenheit des Herrn XXXX wurden seitens der Beschwerdeführerin stichprobenartig kontrolliert. Ab August 2015 musste Herr XXXX sogenannte "Morgenappelle" per Email übermitteln, mit denen der aktuelle Stand seiner Einträge im Zeiterfassungssystem bestätigt und über die für den betreffenden Arbeitstag geplanten Tätigkeiten berichtet wurde.

Herr XXXX übte seine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin in erster Linie am Betriebsstandort der Beschwerdeführerin aus, daneben auch bei den jeweiligen Kunden. Vereinzelt arbeitete Herr XXXX auch von zuhause. Am Standort der Beschwerdeführerin wurde Herrn XXXX ein Schreibtisch, Telefon, Computer, Monitore, Drucker, Schreibmaterial, sohin die komplette Infrastruktur, zur Verfügung gestellt. Herr XXXX verwendete bei seinen Tätigkeiten für die Beschwerdeführerin Visitenkarten, ein Diensthandy sowie einen Laptop, welche von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurden.

Herr XXXX hatte seine Leistung persönlich zu erbringen. Es war ihm nicht erlaubt, an seiner Stelle eine von ihm selbst ausgewählte anderweitige Person für die von ihm gegenüber der Beschwerdeführerin zu erbringende Leistung einzusetzen. Herrn XXXX war es lediglich möglich, vorgesehene Dienstzeiten mit anderen bei der Beschwerdeführerin beschäftigten Mitarbeitern zu tauschen. Herrn XXXX war es insbesondere nicht erlaubt, betriebsfremde Personen zur Verrichtung der von ihm zu erbringenden Leistungen einzusetzen.

Die Beschwerdeführerin entlohnte Herrn XXXX entsprechend der von ihm gelegten Rechnungen, die er auf Basis seiner Eintragungen im Zeiterfassungssystem der Beschwerdeführerin erstellte. Für Krankenstands- und Urlaubszeiten erhielt Herr XXXX kein Entgelt. Das Entgelt war nach einem festen Betrag (€ 23,00) pro geleisteter Arbeitsstunde bemessen, dessen Höhe nicht nach dem von Herrn XXXX betriebenen Arbeitsaufwand variierte.

Mit Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts XXXX vom XXXX zu Zl. XXXX wurde festgestellt, dass Herr XXXX aufgrund eines echten Arbeitsvertrages für die Beschwerdeführerin - für einen im Wesentlichen gleichen Zeitraum wie beschwerdegegenständlich - tätig war. Die Beschäftigungsmerkmale haben sich im Laufe der Jahre, in denen Herr XXXX für die Beschwerdeführerin tätig war, nicht geändert.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere dem dort angeschlossenen Urteil des Arbeits-und Sozialgerichts XXXX zu

Zl. XXXX vom XXXX , aus der Beschwerde, den Stellungnahmen und Schriftsätzen der Beschwerdeführerin sowie dem angeschlossenen Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX vom 08.02.2011.

Das Bundesverwaltungsgericht legt im Wesentlichen den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt zugrunde, welcher sich im Wesentlichen mit dem festgestellten Sachverhalt des Arbeits-und Sozialgerichts XXXX zu Zl. XXXX deckt, da dieser schlüssig und nachvollziehbar ist, zumal beiden Verfahren (sowohl bei der belangten Behörde als auch vor dem Arbeits-und Sozialgerichts XXXX ) ein ausführliches Ermittlungsverfahren zugrunde liegt, in welchen die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit hatte ihr Vorbringen zu erstatten und auch Herr XXXX zum maßgeblichen Sachverhalt ausführlich vor dem Arbeits-und Sozialgerichts XXXX vorgebracht hat. Im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren beschreibt Herr XXXX sehr ausführlich und detailliert seine damalige Rechtsbeziehung zur Beschwerdeführerin.

Darüber hinaus ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen:

Die Feststellung, wonach Herr XXXX seine Leistung persönlich zu erbringen hatte, ergibt sich einerseits aus seiner Aussage vor der belangten Behörde am 28.04.2016, wo er angab, dass er sich in keiner Weise vertreten habe lassen dürfen und es ihm untersagt worden sei, eigene Vertreter zu stellen sowie andererseits aus der diesbezüglichen Bestimmung im Vertrag vom 08.02.2011, wo festgehalten ist: "Der Subunternehmer ist nicht berechtigt, sich geeigneter Vertreter oder Gehilfen zu bedienen."

Die Beschwerdeführerin tätigte hinsichtlich der Möglichkeit einer Vertretung widersprüchliche Angaben. So ist der Stellungnahme vom 30.05.2016 zu entnehmen, dass die Abwesenheiten des Herrn XXXX der Beschwerdeführerin gemeldet werden hätten müssen und auf Fälle wie einer Krankheit beschränkt gewesen seien. In der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 31.05.2017 wird hingegen seitens der Beschwerdeführerin ein allgemeines Vertretungsrecht behauptet. Dieser später im Verfahren getätigten Angabe kommt jedoch keine Glaubwürdigkeit zu. Es ist daher davon auszugehen, dass Herr XXXX nicht berechtigt war, sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin vertreten zu lassen.

Die Feststellung betreffend das Entgelt ergibt sich aus den Rechnungen.

Die Feststellung, wonach sich die Beschäftigungsmerkmale im Laufe der Jahre, in denen Herr XXXX für die Beschwerdeführerin tätig war, nicht geändert haben, ergibt sich aus dem "Aktenvermerk zur Beifügung in das Protokoll der Schlussbesprechung über die GPLA-Prüfung der XXXX GmbH betreffend die Jahre 2015 und 2016", in welchem von der Beschwerdeführerin erklärt wird, dass sich der Sachverhalt in den Jahren 2015 und 2016 nicht geändert habe.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall stellte der Beschwerdeführer zwar einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung, allerdings ergab sich der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Wie beweiswürdigend ausgeführt, wurde sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem Arbeits- und Sozialgericht XXXX zu Zl. XXXX ein ausführliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Auch die beantragten Zeugen vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

Zu A.) Abweisung der Beschwerde:

Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Dienstverhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechtes des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein. (vgl. unter vielen das Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0123).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor. Persönliche Arbeitspflicht ist (unter anderem) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann (vgl. etwa VwGH vom 12.10.2016, Zl. Ra 2016/08/0095 und vom 01.10.2015, Zl. Ro 2015/08/0020).

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa zuletzt VwGH vom 12.10.2016, Ra 2016/08/0095).

Den oben getroffenen Feststellungen folgend hatte Herr XXXX seine Leistung persönlich zu erbringen. Er war ihm nicht erlaubt, an seiner Stelle eine von ihm selbst ausgewählte anderweitige Person für die von ihm gegenüber der Beschwerdeführerin zu erbringende Leistung einzusetzen. Herrn XXXX war es lediglich möglich, vorgesehene Dienstzeiten mit anderen bei der Beschwerdeführerin beschäftigten Mitarbeitern zu tauschen. Im Falle einer Erkrankung kam es bloß zu einer internen Vertretung; eine Vertretung erfolgte ausschließlich aus dem Pool der für die Beschwerdeführerin tätigen Personen.

Weiters ist zu prüfen, ob Herr XXXX örtlich und zeitlich und hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens weisungsgebunden, kontrollunterworfen und in die Arbeitsorganisation der Beschwerdeführerin eingebunden waren.

Für Herrn XXXX bestand keine freie Dispositionsmöglichkeit über seine Arbeitszeit. Wie oben festgestellt, war Herr XXXX regelmäßig zumindest montags sowie mittwochs bis freitags jeweils von spätestens 10:00 Uhr bis zumindest 17:00 Uhr im Betrieb der Beschwerdeführerin anwesend und wurde die Erbringung der Leistung in zeitlicher Hinsicht dahingehend kontrolliert, indem er sich in das Zeiterfassungssystem der Beschwerdeführerin eintragen musste. Auch der Arbeitsort wurde Herrn XXXX von der Beschwerdeführerin vorgegeben, zumal er seine Tätigkeit in erster Linie am Betriebsstandort der Beschwerdeführerin erbrachte.

Für die Prüfung der persönlichen Abhängigkeit ist nicht die Weisungsgebundenheit betreffend das Arbeitsverfahren und die Arbeitsergebnisse maßgebend, sondern nur jene betreffend das arbeitsbezogene Verhalten. Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten lagen im gegenständlichen Fall sehr wohl vor. Herr XXXX war in der Arbeitsorganisation und den Arbeitsabläufen nicht frei. Die Tätigkeit des Herrn XXXX war somit nicht frei ausgestaltbar, sondern ergab sich aus Zielvorgaben der Beschwerdeführerin.

Was die Betriebsmittel anbelangt, wurde Herrn XXXX am Betriebsstandort der Beschwerdeführerin ein Schreibtisch, Telefon, Computer, Monitore, Drucker, Schreibmaterial, sohin die komplette Infrastruktur, zur Verfügung gestellt. Herr XXXX verwendete für bei seinen Tätigkeiten für die Beschwerdeführerin Visitenkarten, ein Diensthandy sowie einen Laptop, welche von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurden.

Die Bereitstellung der unternehmensspezifischen wesentlichen Betriebsmittel, wie oben ausgeführt die Bindung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes sowie die Kontrolle durch die Beschwerdeführerin sprechen für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung des Herrn XXXX in den betrieblichen Ablauf/die betriebliche Struktur der Beschwerdeführerin und sohin für das Vorliegen einer persönlichen Anhängigkeit des Herrn XXXX von der Beschwerdeführerin.

Aufgrund all dieser Erwägungen ist festzuhalten, dass Herr XXXX in mehrfacher Hinsicht in den betrieblichen Ablauf/ die betriebliche Struktur der Beschwerdeführerin eingebunden, an die Ordnungsvorschriften und Abläufe der Beschwerdeführerin gebunden, der Beschwerdeführerin weisungs- und kontrollunterworfen und persönlich arbeitspflichtig war. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes lag dadurch ein Ausdruck der Einschränkung der persönlichen Bestimmungsfreiheit des Herrn XXXX vor. In einer Gesamtschau sind somit die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit als überwiegend zu beurteilen.

Die Merkmale für das Bestehen persönlicher Abhängigkeit sind im gegenständlichen Fall somit als gegeben anzusehen. Im Verfahren betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung ist es ausreichend, darzulegen, dass jedenfalls ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegender Entgeltanspruch bestand (vgl. VwGH vom 04.09.2013, Zl. 2013/08/0110). Dass der Anspruchslohn des Herrn XXXX im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze lag, wurde im gesamten Verfahren weder bestritten noch wurde Gegenteiliges behauptet.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die persönliche Abhängigkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit zwangsläufig zur Folge und muss daher nicht gesondert geprüft werden (ua. VwGH vom 22.12.2009, 2006/08/0317; VwGH vom 25.04.2007, 2005/08/0137; VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0221).

Eine Abwägung iSd § 4 Abs. 2 ASVG ergibt, dass bei der Tätigkeit des Herrn XXXX die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Abschließend ist auf das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts XXXX vom XXXX zu Zl. XXXX , zu verweisen, mit dem festgestellt wurde, dass XXXX aufgrund eines echtes Arbeitsvertrages für die Beschwerdeführerin - für einen im Wesentlichen gleichen Zeitraum wie beschwerdegegenständlich - tätig war.

Zudem ist festzuhalten, dass die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.2019, Zl. W198 2197514-1/7E, mit welchem Herr XXXX als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG qualifiziert wurde, zurückgewiesen wurde (VwGH vom 26.09.2019, Ra 2019/08/0134).

Es wird bemerkt, dass Dienstnehmer gemäß ASVG, seit dem ASRÄG 1997 (BGBl.I 1997/139), jedenfalls auch Arbeitnehmer im Sinne des Lohnsteuerrechts (und umgekehrt) sind, diese Begriffe somit in den beiden Materiengesetzen identen Inhalt haben.

Darüber hinaus bestehen nach der aktuellen Rechtsprechung zwischen § 4 Abs. 2 ASVG und §§ 1151, 1153 ABGB (Definition des Dienstvertrages/Arbeitsvertrages bzw. des Dienstnehmers) kaum Unterschiede. Verwiesen wird im gegenständlichen Zusammenhang auf Mosler in Mosler/Müller/Pfeil (HrsG), der SV-Kommentar § 4 ASVG, RZ 66 und 75ff.

Weiters wird auf § 49 Abs. 6 ASVG verwiesen, wonach die Versicherungsträger und die Verwaltungsbehörden an rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte, in denen Entgeltansprüche des Dienstnehmers (Lehrlings) festgestellt werden, gebunden.

Wenngleich § 49 Abs. 6 ASVG die Bindung der Verwaltungsgerichte nicht erwähnt, gegenständlich somit keine unmittelbare Bindungswirkung des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 46 Abs. 6 ASVG besteht, so ist doch von einer gewissen "Indizwirkung" - wie oben dargestellt - auch für gegenständliches Verfahren auszugehen und sind insbesondere auch die Aussagen der Parteien im Zivilverfahren, aufgrund der Unbeschränktheit der Beweismittel im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, auch im gegenständlichen Verfahren als Beweismittel verwertbar.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Dienstnehmereigenschaft, Dienstverhältnis, persönliche Abhängigkeit,
Pflichtversicherung, wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W198.2201838.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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