Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W238 2211028-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.10.2018, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin verfügt seit 19.07.2017 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. Am 20.03.2018 beantragte sie unter Vorlage medizinischer Beweismittel die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO. Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:
"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."
2. In dem daraufhin seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), eingeholten Sachverständigengutachten vom 29.05.2018 wurde nach Erstellung eines Untersuchungsbefundes und einer Diagnoseliste seitens der befassten Ärztin für Allgemeinmedizin zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgehalten, dass keine erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule bestehen würden. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sei selbstständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten sei das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Auch das sichere Anhalten und ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln unter den üblichen Transportbedingungen seien möglich. Von pulmonaler Seite bestehe eine ausreichende Kompensation für leichte Belastungen. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems liege nicht vor.
3. Dieses Gutachten wurde dem Parteiengehör unterzogen. In ihrer Stellungnahme vom 18.06.2018 wandte die Beschwerdeführerin ein, dass die Ausführungen im Sachverständigengutachten nicht nachvollziehbar seien. Zur Beurteilung ihrer Erkrankungen und der Fähigkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei die ergänzende Einholung eines internistischen bzw. lungenfachärztlichen Gutachtens sowie eines neurologischen Gutachtens erforderlich. Die Beschwerdeführerin leide unter COPD III und dem Zustand nach Teilentfernung des Lungenlappens infolge eines Lungentumors. Bereits bei kleinsten Belastungen trete Atemnot ein, sodass die Bewältigung einer Gehstrecke von 300 Metern in angemessener Zeit nicht möglich sei. Weiters liege ein Zustand nach Nierenkrebs mit Entfernung der linken Niere vor, wodurch die körperliche Belastbarkeit weiter reduziert sei. Die bei der Beschwerdeführerin vorliegende Panikstörung würde eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ebenso unmöglich machen. Auf die Einschränkungen aufgrund der Nierenerkrankung und der psychischen Beeinträchtigung sei im Sachverständigengutachten nicht eingegangen worden. Ergänzend wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin an bei Sonneneinstrahlung verstärkt auftretenden Hautausschlägen leide, welche die Bewältigung des Weges in den Sommermonaten weiter erschweren würden. Aus den genannten Gründen seien weitere Ermittlungen notwendig.
4. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine Stellungnahme der befassten Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.06.2018 - basierend auf der Aktenlage - eingeholt. Darin wurde ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin beschriebene Atemnot anlässlich der körperlichen Untersuchung ebenso wenig objektiviert habe werden können wie eine höhergradige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit in Folge der Entfernung der linken Niere. Eine Panikstörung sei befundmäßig nicht belegt und auch von der Beschwerdeführerin nicht erwähnt worden. Im Rahmen der Begutachtung hätten auch keine Hautausschläge festgestellt werden können. Diesbezüglich wurde auf entsprechende Schutzmaßnahmen (Sonnenschutz, Bekleidung) verwiesen und ausgeführt, dass die Bewältigung von Wegstrecken in den Sommermonaten damit nicht erschwert werde. Im Übrigen beinhalte der nachgereichte Befund keine neuen Erkenntnisse. Insgesamt seien die vorgebrachten Argumente unter Berücksichtigung der vorhandenen Befunde nicht geeignet, die bisherige Einschätzung zu entkräften.
5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.10.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das medizinische Sachverständigengutachten vom 29.05.2018 und die gutachterliche Stellungnahme vom 25.06.2018 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Aufgrund der im Zuge des Parteiengehörs erhobenen Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch die ärztliche Sachverständige durchgeführt und festgestellt worden, dass eine Änderung des Gutachtens nicht angezeigt sei.
Am Ende des Bescheides wurde angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 29.05.2018 und die Stellungnahme vom 25.06.2018.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin wurde erneut ausgeführt, dass weder das Gutachten vom 28.05.2018 noch die Stellungnahme vom 25.06.2018 hinreichend auf die gravierenden Leiden der Beschwerdeführerin eingegangen seien und auch keine (psychiatrischen bzw. lungenfachärztlichen) Fachgutachten erstellt worden seien. Die Beschwerdeführerin leide unter COPD III und dem Zustand nach Teilentfernung des Lungenlappens aufgrund eines Lungentumors. Bei ihr liege eine schwere Ausprägung der Erkrankung mit einer Einschränkung der Lungenfunktion auf 30-50 % des Sollwertes vor. Die Ausführung der Sachverständigen in ihrer Stellungnahme vom 25.06.2018, wonach eine Atemnot nicht festgestellt habe werden können, sei im Lichte der vorliegenden Diagnose nicht nachvollziehbar. Zudem ergebe sich selbst aus dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverständigengutachten eine mäßiggradige Belastungsdyspnoe. Eine korrekte Beurteilung der vorliegenden Einschränkungen könne nur durch einen lungenfachärztlichen Sachverständigen erfolgen. Zudem leide die Beschwerdeführerin an einer ausgeprägten Sozialphobie, die ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der hierbei auftretenden Panikzustände verunmögliche. Folglich sei auch die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens indiziert.
Abschließend wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Psychiatrie und Lungenheilkunde sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Vornahme der begehrten Zusatzeintragung beantragt.
7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 11.12.2018 vorgelegt.
8. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung der Beschwerdeführerin durch einen (bisher nicht befassten) Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten Sachverständigengutachten vom 07.08.2019 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):
"Status Präsens:
Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 169,
Gewicht: 82 kg
Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose, Sprache unauffällig, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich.
Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck: 130/70.
Pulmo: V.A. beidseits, sonorer KS. Basen atemversch., keine Kurzatmigkeit beim Sprechen, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer, blande Narbe nach Lungenoperation rechts am Rücken.
Abdomen: unauffällig, weich, keine Druckpunkte. keine path. Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, blande querverlaufende Narbe linker Mittelbauch mit etwas prominentem, lipomatösem Narbenbereich kranial, Nierenlager bds. frei.
HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. frei.
BWS: gerade.
LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung frei.
Extremitäten:
Obere Extremitäten:
Schultergelenk rechts: Armvorheben 100°, Armseitheben 95°, Nackengriff frei, Schürzengriff gering eingeschränkt.
Schultergelenk links: Armvorheben 100°, Armseitheben 95°. Nackengriff frei, Schürzengriff gering eingeschränkt.
Ellenbogengelenk rechts frei beweglich, Ellenbogengelenk links: frei beweglich.
Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke beidseits frei, etwas vergröberte proximale Interphalangealgelenke der Finger beider Hände, Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits erhalten.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenk rechts: Flexion 110°, Abd. und Add. altersentsprechend frei.
Hüftgelenk links: Flexion 110°, Abduktion und Adduktion frei.
Kniegelenke frei beweglich, bandstabil, Sprunggelenke beidseits frei, Fußheben und -senken frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig, Hocke durchführbar.
Beide UE können von der Unterlage abgehoben werden, Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar.
Venen: unauffällig, Ödeme: keine.
Stuhl: breiig.
Harn: erhöhte Harnentleerungsfrequenz (bis 15-mal pro Tag), tw. Stressharninkontinenz.
Derma: insgesamt unauffälliges Hautbild, ein maßgebliches Exanthem kann derzeit nicht erhoben werden.
Neuro: Romberg unauffällig, Unterberger unauffällig, ohne Drehtendenz.
Psych.: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich. BF ist klar, wach. in allen Qualitäten orientiert. Stimmung etwas gedrückt. Denkziel wird erreicht.
Gang: ohne Hilfsmittelverwendung unauffälliges, sicheres und flüssiges Gangbild. Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung unauffällig und gut möglich. Stehversuche und Gehversuche unauffällig. Zehenspitzen- und Fersenstand beidseits unauffällig möglich. Die Treppen zum Empfangsschalter werden im Wechselschritt unauffällig begangen.
Beurteilung und Stellungnahme:
1. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor. Im Bericht des Rehabilitationsaufenthaltes Sonnberghof sind keine erheblichen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten beschrieben. Auch im allgemeinmedizinischen
Sachverständigengutachten ... vom 29. Mai 2018 nach persönlicher
Untersuchung sind keine erheblichen funktionellen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten beschrieben. Auch im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung lassen sich keine erheblichen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten objektivieren. Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m ist möglich.
2. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Bei Zustand nach bösartigem Tumor der Niere und bösartigem Tumor der rechten Lunge ist im ärztlichen Sachverständigengutachten von ... nach persönlicher Untersuchung am 28. Mai 2018 ein guter Allgemeinzustand beschrieben. Auch in der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung lässt sich ein guter Allgemeinzustand objektivieren. Eine arterielle Verschlusserkrankung, welche zu einer erheblichen Limitierung der Gehstrecke führen würde, ist befundmäßig nicht dokumentiert, lässt sich nicht erheben und liegt nicht vor. Eine Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen bzw. eine hochgradige Rechtsherzinsuffizienz lässt sich nicht objektivieren, ist nicht befundbelegt und liegt nicht vor. Im Rahmen der klinischen Untersuchung lassen sich keine maßgeblichen kardialen Dekompensationszeichen objektivieren. Eine Lungengerüsterkrankung unter Langzeitsauerstofftherapie liegt nicht vor. Eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung im Stadium IV mit
Langzeitsauerstofftherapie liegt nicht vor. Auch ein Emphysem mit
Langzeitsauerstofftherapie liegt nicht vor. Ein mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nicht benützt werden. Zusammenfassend lässt sich keine erhebliche Funktionseinschränkung des Herzens objektivieren (im Ambulanzbefund der Abteilung für Onkologie vom 29.05.2018 ist eine Echokardiographie des Herzens vom 20. Dezember 2016 angeführt, in welcher eine gute Linksherzfunktion beschrieben ist). Bei Zustand nach operativer Entfernung des rechten Oberlappens der Lunge nach Tumorleiden sowie bei bekannter chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung lässt sich keine sehr schwere Form einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung im Stadium IV objektivieren. Auch liegen keine lungenärztlichen Befunde vor, welche eine sehr schwer ausgeprägte obstruktive Lungenerkrankung beschreiben. Insgesamt liegt keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.
3. Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen liegen nicht vor.
Von nervenärztlicher Seite vorliegend ist lediglich ein Befund ... vom 6. Juli 2018, welcher ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Angststörung, eine Soziophobie und eine Depressio beschreibt. Eine medikamentöse Therapie wurde adaptiert. Im Rahmen der nunmehr erfolgten Anamneseerhebung wurde von der BF angegeben, dass ein einmaliges Gespräch mit einer Psychologin im Rahmen des Rehabilitationsaufenthaltes Sonnberghof stattgefunden habe. Weitere Therapiesitzungen seit Ende des Rehabilitationsaufenthaltes seien nicht erfolgt. Auch eine Psychotherapie sei bisher nicht erfolgt. Ein stationärer Aufenthalt an einer psychiatrischen Fachabteilung ist ebenso bisher nicht durchgeführt worden. Eine engmaschige und durchgehende nervenärztliche Betreuung liegt nicht vor und ist nicht befundbelegt. Insgesamt lässt sich hinsichtlich der von nervenärztlicher Seite angeführten Diagnosen keine derartige Ausprägung objektivieren, welche die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert. Zudem bestehen deutliche Therapiereserven (engmaschige nervenärztliche Kontrollen, Etablierung einer Psychotherapie, eventuell stationäre Aufenthalte an einer Fachabteilung).
4. Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Eine schwere und anhaltende Erkrankung des Immunsystems ist befundmäßig nicht dokumentiert, lässt sich nicht erheben und liegt nicht vor. Bei Zustand nach bösartigem Tumorleiden der Niere und der Lunge sind die Kontrollen insgesamt unauffällig und ohne Hinweis auf Rezidivgeschehen. Eine systemische Chemotherapie ist aktuell nicht etabliert und ist nicht erforderlich.
5. Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit liegt nicht vor.
6. Stellungnahme zu den im Rahmen des Verfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen.
Der vorliegende nervenärztliche Befundbericht vom 6. Juli 2018 beschreibt ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Angststörung, eine Soziophobie und eine Depressio und verordnet eine medikamentöse Therapie. Ein Kontrolltermin ist nicht angeführt. Der ärztliche Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Sonnberghof vom 15. März 2018 nach bösartiger Neubildung der Niere und der Lunge mit Zustand nach Operation im August und September 2016 beschreibt eine Verbesserung hinsichtlich Kraft und Ausdauer, Verbesserung der Verspannungen sowie eine Verbesserung des psychischen Zustandsbildes. Die Beweglichkeit der linken Schulter konnte nicht verbessert werden. Der Ambulanzbefund der Universitätsklinik für Innere Medizin I nach Ambulanzbesuch vom 29.5.2018 beschreibt, dass von der BF Kreuz- und Gelenkschmerzen sowie eine trockene Haut mit großflächigen Hautausschlägen und starkem Juckreiz mit einer Dauer von 10-15 Minuten angegeben werden. Weiterhin bestehen wiederkehrende Harnwegsinfekte. Eine Blasenspiegelung wurde empfohlen. Weiters wurde eine rheumatologische Abklärung bei Gliederschmerzen und Hautausschlägen empfohlen. Eine Kontrolle in der Ambulanz wurde im Rahmen der Nachsorge nach 4 Monaten vereinbart. Die im Befund angeführten CT-Befunde beschreiben keinen Hinweis auf ein Rezidivgeschehen nach Tumorleiden.
7. Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen:
Vorliegend ist ein Schreiben des KOBV vom 5. Dezember 2018. Angeführt ist, dass im erstinstanzlichen Gutachten keine entsprechende psychiatrische und lungenfachärztliche Beurteilung stattgefunden habe. Die BF leide an einer COPD III und einem Zustand nach Teilentfernung des Lungenlappens aufgrund eines Lungentumors. Aufgrund der ausgeprägten Atemnot infolge der Erkrankung können Wegstrecken zu öffentlichen Verkehrsmitteln nicht bewältigt werden. Es handle sich um eine schwere Ausprägung der Lungenerkrankung im Gold-Stadium III. Zudem leide die BF an einer ausgeprägten Sozialphobie, welche ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der hierbei auftretenden Panikzustände verunmögliche. Dazu
liege ein nervenärztlicher Befund ... vom 6. Juli 2018 vor.
Weitere nervenärztliche Befunde, welche Maßnahmen zur Behandlung des psychischen Leidens dokumentieren, liegen nicht vor. Im ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Sonnberghof vom 15. März 2018 ist eine Sozialphobie nicht angeführt. Laut eigenen Angaben der BF seien engmaschige nervenärztliche Kontrollen bzw. eine Psychotherapie nicht etabliert. Unter Berücksichtigung der angeführten Beschwerden infolge der Lungenleiden liegen keine Befunde vor, welche eine sehr schwere Kurzatmigkeit eindeutig dokumentieren. So ist beispielsweise im Entlassungsbericht Sonnberghof vom 15. März 2018 eine sehr schwere Kurzatmigkeit bzw. eine ausgeprägte Atemnot nicht beschrieben. Zusammenfassend liegen keine objektiven ärztlichen Befunde vor, welche intensive Therapiemaßnahmen zur Behandlung des psychischen Leidens bzw. der Lungenleiden beschreiben.
8. Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Berücksichtigung bestimmter Aspekte:
Es liegen keine erheblichen funktionellen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten vor. Auch liegen keine erheblichen Einschränkungen der Wirbelsäulenfunktion vor. Eine sehr schwere Einschränkung der Lungenfunktion bei chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung und Zustand nach Oberlappenentfernung der rechten Lunge nach Tumorleiden liegt nicht vor.
a. Die BF ist in der Lage, größere Entfernungen im Sinne von 300-400 m zurückzulegen.
b. Zugangsmöglichkeit sowie sicheres Ein- und Aussteigen sind der BF möglich.
c. Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen können sicher überwunden werden.
d. Schwierigkeiten beim Stehen bestehen nicht.
e. Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche bestehen nicht.
f. Schwierigkeiten bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt bestehen nicht. Ausreichende Stand- und Gangsicherheit sowie ausreichende Kraft zum Anhalten sind gegeben. Bei objektivierbarer Funktionseinschränkung beider Schultergelenke über der Horizontalebene ist die Greif- und Haltefunktion beidseits gegeben.
g. Dokumentiert ist ein chronisches Schmerzsyndrom mit wiederkehrenden Gelenkschmerzen. Angeführt im Ambulanzbericht der Universitätsklinik für Innere Medizin I vom 29. Mai 2018 ist die Empfehlung zur rheumatologischen Abklärung. Befunde einer rheumatologischen Spezialambulanz liegen nicht vor. Im Sachverständigengutachten vom 29.5.2018 ist unter der laufenden Medikation keine medikamentöse Schmerztherapie angeführt. Im ärztlichen Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Sonnberghof vom 15. März 2018 ist ebenso keine medikamentöse Schmerztherapie angeführt. Vom behandelnden Nervenfacharzt ... (siehe Befund vom 6. Juli 2018) wird eine medikamentöse Schmerztherapie verordnet (Pregabalin). Insgesamt sind keine derart erheblichen Schmerzen mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verbunden, welche die Benützung dieser auf erhebliche Weise erschweren. Sowohl im ärztlichen Entlassungsbericht Sonnberghof, wie
auch im ärztlichen Sachverständigengutachten ... vom 29. Mai 2018
ist ein unauffälliges Gangbild beschrieben. Auch lässt sich dieses unauffällige und sichere Gangbild im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung objektivieren. Die wiederholt auftretenden Gelenksbeschwerden, Befunde einer Schmerzambulanz bzw. einer rheumatologischen Ambulanz liegen nicht vor, sind zumutbar bzw. bestehen Therapiereserven im Sinne einer Ausweitung der Medikation sowie Kontrollen in einer Schmerz-Spezialambulanz. Insgesamt erschwert die angegebene Schmerzsymptomatik die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
9. Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 29.05.2018 inkl. Stellungnahme vom 25.06.2018 abweichenden Beurteilung:
Es ergibt sich keine abweichende Beurteilung zum angefochtenen Gutachten vom 29. Mai 2018 inklusive Stellungnahme vom 25. Juni 2018.
10. Feststellung, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:
Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
Nachsatz: Unter Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung liegen keine allfälligen neuen Funktionseinschränkungen vor, die erst nach dem 11. Dezember 2018 entstanden sind."
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2019 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, sofern nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin verfügt seit 19.07.2017 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
Am 20.03.2018 brachte sie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ein, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Zustand nach operativer Entfernung des rechten Oberlappens der Lunge nach Tumorleiden bei bekannter COPD III, keine schwere Kurzatmigkeit, keine Langzeitsauerstofftherapie;
2) Zustand nach bösartigem Tumor der linken Niere, operativ saniert;
3) Zustand nach Schlüsselbeinbruch links; Zustand nach arthroskopischer Operation an der Rotatorenmanschette links bei vorhandener Greif- und Haltefunktion beidseits;
4) Chronisches Schmerzsyndrom mit wiederkehrenden Gelenkschmerzen unter medikamentöser Therapie bei bestehenden Therapiereserven (Ausweitung der Medikation, Kontrollen in einer Schmerz-Spezialambulanz, rheumatologische Abklärung);
5) Angststörung mit Soziophobie und Depressio unter medikamentöser Therapie stabil, deutliche Therapiereserven vorhanden (engmaschige nervenärztliche Kontrollen, Etablierung einer Psychotherapie, evt. stationäre Aufenthalte an einer Fachabteilung).
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.08.2019 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Der klinische Befund des Bewegungs- und Stützapparates erweist sich im Wesentlichen als (altersentsprechend) unauffällig.
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, kurze Wegstrecken, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Metern, aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen. Die Beschwerdeführerin weist keine Gangbildbeeinträchtigung auf und verwendet keine Gehhilfe. Ihr Gangbild stellt sich unauffällig, sicher und flüssig dar, sodass bei ausreichender Stand- und Gangsicherheit der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht eingeschränkt ist.
Der Beschwerdeführerin sind das Ein- und Aussteigen bzw. die Überwindung von Niveauunterschieden möglich, da ein ausreichender Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten besteht. Das Erreichen und sichere Benützen von Haltegriffen ist nicht beeinträchtigt, zumal die Greif- und Haltefunktion beidseits erhalten ist.
Das Stehen in öffentlichen Verkehrsmitteln und die Sitzplatzsuche sind uneingeschränkt möglich. Schwierigkeiten, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt erheblich erschweren würden, liegen nicht vor.
Anhand des festgestellten Gangbildes, der sicheren Gesamtmobilität, der Untersuchungsergebnisse mit guter Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und des Therapieerfordernisses (keine opioidanalgetische Schmerzmedikation) ergibt sich auch kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300 bis 400 Metern, das Überwinden von Niveauunterschieden und den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich erschweren würden.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Insbesondere liegt weder eine arterielle Verschlusserkrankung noch eine erhebliche Funktionseinschränkung des Herzens vor. Auch besteht keine schwer ausgeprägte Lungenerkrankung (z.B. Lungengerüsterkrankung unter Langzeitsauerstofftherapie, chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung im Stadium IV mit Langzeitsauerstofftherapie, Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie).
Es bestehen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen. Seitens der Beschwerdeführerin wurde lediglich ein nervenärztlicher Befund vom 06.07.2018 vorgelegt, der ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Angststörung, eine Soziophobie und eine Depressio beschreibt. Eine medikamentöse Therapie wurde adaptiert. Sonst wird keine Therapie absolviert. Es bestehen deutliche Therapiereserven (engmaschige nervenärztliche Kontrollen, Etablierung einer Psychotherapie, stationäre Aufenthalte an einer Fachabteilung). Anhand des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befundes und der darin enthaltenen - lediglich medikamentösen - Therapieempfehlung ließ sich keine derartige Ausprägung der diagnostizierten Funktionseinschränkungen feststellen, welche die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert.
Des Weiteren bestehen keine Hinweise auf das Vorliegen einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Ebenso wenig liegt bei der Beschwerdeführerin eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor, zumal derzeit auch keine systemische Chemotherapie etabliert ist.
Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Behindertenpass sowie zu Zeitpunkt der Einbringung und Wertung des Antrags ergeben sich aus dem Akteninhalt (vgl. auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.).
2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf das im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.08.2019.
Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt wurde.
Im Gutachten des Sachverständigen wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände detailliert und nachvollziehbar dargelegt, warum der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Anhand der Art und Schwere der festgestellten Gesundheitsschädigungen konnten dem Gutachten zufolge weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten oder der Wirbelsäule, der körperlichen Belastbarkeit, der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems objektiviert werden. Bei seinen Einschätzungen konnte sich der Sachverständige auf den von ihm erhobenen klinischen Untersuchungsbefund einschließlich des festgestellten Gangbildes sowie auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismittel stützen.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese vom befassten Sachverständigen in seinem Gutachten gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso ausführlichen wie schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Diesbezüglich wurde insbesondere ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der angeführten Beschwerden infolge des Lungenleidens keine Befunde vorliegen würden, welche eine schwere Kurzatmigkeit dokumentieren würden. Hinsichtlich der angegebenen neurologisch/psychiatrischen Funktionseinschränkungen einschließlich des chronischen Schmerzsyndroms seien die vorhandenen Therapiereserven bislang nicht annähernd ausgeschöpft.
Im Ergebnis gelangte der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht gegeben ist, zumal das Ausmaß bzw. die Auswirkungen der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Leidenszustände im Rahmen der klinischen Untersuchung und anhand der Befundlage in der von der Beschwerdeführerin subjektiv empfundenen Form nicht objektiviert werden konnten.
Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffenen Einschätzungen des Sachverständigen zu entkräften, ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Sie hat sich zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 07.08.2019 im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr geäußert.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
3.2.1. Zur Wertung des Anbringens vom 20.03.2018
Im vorliegenden Fall wurde die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 20.03.2018 auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Dazu ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.
Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).
Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).
Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin am 20.03.2018 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht. Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel der Beschwerdeführerin günstigen Weise ausgelegt.
Die Beschwerdeführerin ist der Wertung ihres Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.
Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 20.03.2018 auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.
3.2.2. Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) - entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege eines zusätzlichen Spruchpunktes im angefochtenen Bescheid - abgesprochen wurde.
Es trifft zwar zu, dass dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn im Behindertenpass die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorgenommen wurde. Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung des Antrags auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) am Ende des nunmehr angefochtenen Bescheides festgehalten wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
3.2.3. Aufgrund des Umstandes, dass die belangte Behörde über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises im angefochtenen Bescheid nicht abgesprochen hat, ist dieser jedoch auch nicht vom Gegenstand des Beschwerdeverfahrens umfasst.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1). Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.4.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
..."
3.4.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,