Entscheidungsdatum
02.12.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W166 2216640-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 14.02.2019, wegen Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführe ist im Besitz eines Behindertenpasses, stellte am 28.09.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960, und legte diverse Beweismittel vor.
Im Antragsformular ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatzeintragung angeführt ist.
Von der belangten Behörde wurde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 06.12.2018 eingeholt und wurden der gutachterlichen Beurteilung die Funktionseinschränkungen 1 Prostatakarzinom, Radikaloperation 28.1.2015, seither Harninkontinenz, laufende Kontrollen unauffällig, Leiden 2 Reizdarmsyndrom, Fructose- und Lactoseunverträglichkeit, rezidivierende Durchfälle, Leiden 3 Wirbelsäulensyndrom, mäßiggradige Funktionseinschränkungen, keine Wurzelreizzeichen, und Leiden 4 Belastungsschmerzen beider Knie und beider Sprunggelenke, zu Grunde gelegt.
Zur beantragten Zusatzeintragung ist dem medizinischen Gutachten im Wesentlichen Nachfolgendes zu entnehmen:
"(...) Derzeitige Beschwerden:
Neben der Harninkontinenz hat er auch eine Stuhlinkontinenz. Der Stuhl ist in den letzten Wochen weich bis wässrig, ca. 10-14 x täglich. Den Stuhl kann er manchmal nur 1 - 2 Minuten zurückhalten. Manchmal war auch schon die Hose "voll". Vor ca. 3 Woche ist er mit dem Flugzeug nach XXXX geflogen. Damals hat er Imodium eingenommen. Er war dann ca. 3 Tage verstopft. Er ist am Donnerstag vor einer Woche erst zurückgekommen. Seither hat er kein Imodium benötigt. Sichtbares Blut im Stuhl hat er nicht. Er hat auch Bauchschmerzen nach dem Stuhlgang. Das Gewicht ist weitgehend konstant. Er verwendet immer Einlagen, auch wegen der Harninkontinenz, er hat Level 4. Er braucht 2 Einlagen in 24 Stunden. Die Nachsorgeuntersuchungen bezügl. des Prostatakarzinoms sind unauffällig.
Herzbeschwerden oder Atemnot hat er nicht. Er hat Schmerzen in der Wirbelsäule in den Sprunggelenken, in den Knien und in den Finger. Er hat überall Abnützungen. Eine rheumatische Erkrankung wurde ausgeschlossen. Die Fingergelenke schwellen auch an. Schmerzmittel nimmt er nur selten, weil er gegen Schmerzmittel allergisch ist. Er wird auch auf eine Cortisonunverträglichkeit untersucht.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Thyrex 125, Immodium, Xylosolv, Lactrase
Gesamtmobilität-Gangbild:
Gang und Strichgang unauffällig, Zehenspitzen- und Fersengang durchführbar.
"1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es besteht ein Reizdarmsyndrom mit häufigem Durchfällen. Das Stuhlverhalten lässt sich mit Tabletten (Imodium) sehr gut bessern. Eine dauerhafte Inkontinenz liegt daher nicht vor. Die Harninkontinenz ist durch die Prostataoperation bedingt. Mit den am Markt üblichen Inkontinenzprodukten ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich. Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die mit keinen WC-Anlagen ausgestattet sind, ist aufgrund der Saugfähigkeit der Vorlagen das Auslangen zu finden. Eine vermehrte Geruchsbelästigung ist nicht gegeben.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
Gutachterliche Stellungnahme:
Beim Antragsteller ist ein Reizdarmsyndrom bekannt. Es bestehen ca. 10-14 Stuhlgänge täglich, meistens breiig bis wässrig. Zusätzlich bestehen auch Bauchschmerzen, vor allen nach dem Stuhlgang. Die letzte Darmspiegelung wurde 2017 durchgeführt. Der Stuhl kann ohne Therapie meistens nur 1- 2 Minuten zurückgehalten werden. Bei längeren Wegen verwendet der Antragsteller Imodium, woraufhin es zum sistieren der Durchfälle kommt. Der Antragsteller konnte daher im Oktober 2018 nach eigenen Angabe auch relativ problemlos mit dem Flugzeug nach XXXX fliegen. In der letzten Woche wurde keine Imodium eingenommen. Eine Windel wird ständig verwendet, aber auch, da der Antragsteller seit einer Prostataoperation im Jänner 2015 eine Harninkontinenz hat. Die Einlagen (Level 4) werden zweimal täglich gewechselt.
Kardiopulmonal ist Antragsteller kompensiert und ausreichend belastbar. Eine Atemnot wird nicht angegeben.
Von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparates stehen die Beschwerden in der Wirbelsäule, in den Knien und bei den Sprunggelenken im Vordergrund. Bei der Untersuchung konnten aber nur mäßiggradige Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie geringe Funktionseinschränkungen bei der Lendenwirbelsäule und bei beiden Hüften festgestellt werden. Gelenkschwellungen bestehen keine, eine Gangstörung konnte nicht objektiviert werden.
Psychischerseits bestehen keine Einschränkungen."
Aufgrund einer vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde nachfolgende ergänzende ärztliche Stellungnahme vom 10.02.2019 ein:
"Das Reizdarmsyndrom wurde im Gutachten vom 6.12.2018 ausreichend berücksichtigt. Auch der nachgereichte Befund vom 20.11.2018 wurde eingearbeitet. Bei der Untersuchung am 16.11.2018 erfolgte eine ausführliche Stuhlanamnese. Eine erhöhte Stuhlfrequenz und eine Stuhlinkontinenz werden beschrieben. Laut dem letzten Befund bestehen die Durchfälle hauptsächlich nach dem Essen bzw. während der Nahrungsaufnahme. Da der Antragsteller laut eigenen Angaben unproblematisch nach der Einnahme von Imodium von Ende Oktober bis Anfang November mit dem Flugzeug nach XXXX fliegen konnte, wird die Stuhlinkontinenz jedoch nicht als höhergradig eingestuft. Der Therapieversuch mit Colofac und eine dadurch mögliche Besserung wurde dabei bei der Einschätzung noch nicht berücksichtigt. Die Benützung einer Inkontinenzversorgung ist zumutbar, eine Geruchsbelästigung bestand während der Untersuchung nicht. Eine Unverträglichkeit gegenüber Imodium wurde vom Antragsteller während der Untersuchung nicht erwähnt und wird in den Befunden auch nicht angeführt. Auch bezüglich der Harninkontinenz ist die Benutzung von Inkontinenzprodukten zumutbar.
Die Einschätzung des Gutachtens vom 16.11.2018 bleibt aufrecht.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Antragsteller weiterhin zumutbar."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.02.2019 hat die belangte Behörde die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, er leide an einer Darmerkrankung bei der 10 bis 15 flüssige imperative Stuhlgänge täglich auftreten würden selbst wenn er Diät halte. Die Zeitpunkte des Stuhlabsetzens seien nicht vorhersehbar, und könnten nicht beeinflusst werden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte ihm - unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH - die Zusatzeintragung zuerkannt werden müssen.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 28.03.2019 vorgelegt.
Auf Grund einer Befangenheitsanzeige gemäß § 6 VwGVG vom 29.03.2019 wurde das gegenständliche Verfahren mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 13.05.2019 der GA G303 abgenommen und am 20.05.2019 der GA W166 neu zugewiesen.
Seitens der erkennenden Richterin wurde ein ergänzendes Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie vom 10.10.2019 - basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers - eingeholt, in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:
"Sachverhalt:
Gegen den Bescheid des für Soziales und Behindertenwesen vom 14. 2. 2019, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.
Im Beschwerdevorbringen des BF vom 7. 1. 2019 wird eingewendet, dass das Reizdarmsyndrom zu wenig gewürdigt worden sei, vor allem die daraus resultierende Stuhlinkontinenz. Er könne die Durchfälle auch mittels Imodium nicht wesentlich verbessern, es werde ihm nach Einnahme des Medikaments übel, er habe sich mehrmals übergeben müssen, er vertrage dieses Medikament nicht, er habe es nur einmal anlässlich besagter Reise genommen und seither nicht mehr. Das Stuhlverhalten habe sich nicht gebessert, es liege eine dauerhafte Inkontinenz vor. Dies alles gehe aus den Befunden hervor. Die Unzumutbarkeit sei bei chronischer Diarrhö und Inkontinenz gegeben:
Am 14. 3. 2018 wird vorgebracht, dass er an einer chronischen Darmerkrankung mit bis zu 15 flüssigen imperativen Stuhlgängen leide, Stuhlgänge seien nicht vorhersehbar und kaum beeinflussbar und er könne öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen.
Vorgeschichte:
1980 CHE
1985 Meniskusoperation rechts
1987 Kiefer-OP
Entfernung mehrerer Muttermale 1999 Blinddarmoperation
2005 Leistenbruchoperation rechts
2013 Strumaresektion, STE, Hashimoto-Theoriditis, kein aktueller Befund, Behandlung im LKH XXXX , 1 x im Jahr, Thyrex, Labor bei HA
Reizdarmsyndrom seit vielen Jahren, seit etwa der Mittelschulzeit
2013 proktologische Untersuchung inkl. Manometrie, in Ordnung
2015 radikale Prostataoperation wegen Prostatakarzinoms, rglm KO
Fructose- und Laktoseunverträglichkeit seit 2005, im LKH XXXX diagnostiziert, dem
Vorgutachten wurden die Befunde vorgelegt
2017 Gastroskopie und Coloskopie, KO in 5 Jahren geplant
Zwischenanamnese seit 10. 2. 2019:
Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt. Vor 1 Monat Internist. Untersuchung, EKG, Labor, US, KO in 3 Monaten zur Abklärung eines fraglichen Diabetes mellitus, Termin Gastroenterologie zur Abklärung einer familiären Vorbelastung der Bauchspeicheldrüse (Befund nicht vorliegend)
RZ XXXX 17.1.2019 bis 7.2.2019
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:
keine
Sozialanamnese: verheiratet, ein erwachsener Sohn, lebt in Wohnung im 3. Stockwerk mit Lift.
Berufsanamnese: Beamter im Ruhestand seit 1. 3. 2019, zuvor 20 Jahre XXXX , dienstfreigestellt, Büro in XXXX , für ganz Österreich zuständig Medikamente: Thyrex, Kreon abgesetzt, Colofac abgesetzt, Fructosin Kapseln, Vitamin D 3, Lactrase
Allergien: Piroxicam
Nikotin: 0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX
Derzeitige Beschwerden:
"Beschwerden mit dem Darm habe ich schon seit meiner Mittelschulzeit. Ich habe überwiegend Durchfall, eher selten Verstopfung, Krämpfe oft nach dem Stuhl, vermehrte Blähungen. Manchmal ist die Stuhlkonsistenz normal, aber äußerst selten.
Kann den Stuhl nicht halten, seit Monaten habe ich wässrigen bis breiigen, flüssigen Stuhl, 10-15 Mal am Tag, oft sofort nach dem Essen, heute hatte ich schon Stuhl. Beantrage den Parkausweis, da ich einen WC-Schlüssel bekommen würde und mit dem Auto sofort stehen kann und ein WC aufsuchen kann, ohne vorher einen Parkschein ausfüllen zu müssen. Hergekommen bin ich mit dem Auto, gestern Abend, bin selber gefahren. Trage seit etwa einem Jahr Windeln außer Haus, zuhause Einlagen, wenn ich unterwegs bin, esse ich auch weniger.
Behandlungen wurden durchgeführt mit Imodium, das löst Übelkeit und Erbrechen aus, eine Behandlung der Übelkeit wurde nicht vorgenommen. Colofac wurde versucht, hat keine Besserung gebracht. Kreon hat auch keine Besserung gebracht. Bioflorin hat nur kurzfristig geholfen, nehme ich nicht mehr. Diätberatung hatte ich während des Rehabilitationsaufenthalts heuer im Jänner in XXXX , sonst keine Diätberatung bzw. diätologische Betreuung. Ein Ernährungstagebuch habe ich bisher nicht geschrieben, hat man mir auch nicht empfohlen. Ich bemerke auf manche Lebensmittel eine Verschlechterung, zum Beispiel Salat, Paprika, besser wird es, wenn ich keinen Salat oder Paprika esse.
Die letzte Koloskopie und Gastroskopie war 2017, 11/2018 war ich in der gastroenterologischen Ambulanz, vor einem Monat war ich bei Facharzt für Innere Medizin, dazwischen bin ich beim Hausarzt und bekomme Medikamente.
Eine Manometrie wurde 2013 durchgeführt, eine Defäkographie wurde bisher nicht durchgeführt. 2013 hat man mir empfohlen einen Neurologen aufzusuchen, er hat Medikamente verordnet, habe dann eine Wesensveränderung gehabt und die Medikamente abgesetzt.
2015 hatte ich eine Prostataoperation, seit Operation kann ich den Harn nicht halten, habe 2 Vorlagen pro Tag, oft zusätzlich zu Windeln, Level 3 zweimal täglich. Seit der Operation hat sich keine Besserung eingestellt. Inkontinenz habe ich bei voller Blase, beim Husten, Gehen, Aufstehen, Hinsetzen. Bin alle 6 Monate in urologischer Kontrolle, Restharn wird geprüft, habe wenig Restharn. Weitere urologische Untersuchungen wurden nicht vorgenommen, mache Beckenbodentraining, eine medikamentöse Behandlung der Inkontinenz habe ich nicht, keine weitere Therapie.
Beschwerden habe ich im Bereich beider Schultergelenke, der gesamten Wirbelsäule, beider Kniegelenke rechts mehr als links, beider Sprunggelenke links mehr als rechts, habe immer wieder Schmerzen, Schwellungsneigung im linken Sprunggelenk, im Kniegelenk habe ich keine Schwellung. Vor einem Jahr wurden Röntgenuntersuchungen von Lendenwirbelsäule und Sprunggelenk durchgeführt, angeblich altersgemäße Abnützungen. Im linken Sprunggelenk habe ich einen freien Gelenkskörper. Die Schmerzen strahlen von der Halswirbelsäule in die Arme bis zu den Fingern aus und von der Lendenwirbelsäule bis zu den Waden beidseits außenseitig. Gefühlsstörungen habe ich mit Einschlafen der Hände, habe immer wieder ein eingeschlafenes bamstiges Gefühl, eine neurologische Untersuchung wurde durchgeführt, habe bei Verdacht auf Carpaltunnelsyndrom rechts eine Nachtlagerungsschiene bekommen, das hilft. Lähmungen habe ich nicht.
Die Fingergelenke schwellen immer wieder an, diesbezüglich wurde noch keine Abklärung durchgeführt. "
Status:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 169 cm, Gewicht 75 kg, RR gemessen aktuell 185/95, sonst 135/80, Alter: 65 Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor, prompte Reaktion auf Licht. Venen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschalt, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, diffus
Druckschmerz, Darmgeräusche unauffällig, nicht vermehrt, Bauchdecke weich, bei der
Palpation endlagige geringe Abwehrspannung. Narbe Rippenbogen rechts nach CHE Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, Radialispulse beidseits tastbar, die Sensibilität wird im Bereich von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger rechts als gestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Schultergelenke: unauffällig
Handgelenke: Tinel-Hofmann rechts positiv, sonst unauffällig, Thenar und Hypothenar unauffällig, Opponensfunktion kraftvoll möglich.
Fingergelenke: unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 2/.3 möglich. Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenk rechts: Narbe nach medial, sonst unauffälliges Gelenk
Kniegelenk links: unauffällig
Sprunggelenk beidseits: äußerlich unauffällig, schlank, keine Überwärmung, kein
Druckschmerz über dem lateralen oder medialen Bandapparat auslösbar, kein vermehrter Talusvorschub, keine vermehrte supinatorische Aufklappbarkeit, Fußgewölbe unauffällig, Rückfußachsen unauffällig.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 80° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann paralumbal. Klopfschmerz über der unteren LWS 1.4 bis SI, ISG und
Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich
Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar. Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild hinkfrei und unauffällig, zügig. Bewegungsabläufe nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Stehen durchgeführt.
Es wird eine Windelhose getragen, Spuren der Stuhlinkontinenz können festgestellt werden.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig;
Stimmungslage ausgeglichen.
Stellungnahme:
1) Diagnoseliste:
1 Zustand nach Prostataektomie bei Prostatakarzinom 2015
2 Reizdarmsyndrom
3 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit mäßiggradigen Funktionseinschränkungen
4 Abnützungserscheinungen im Bereich beider Kniegelenke und Sprunggelenke
Stellungnahme zu beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten.
Kraft und Beweglichkeit der unteren Extremitäten und die Gesamtmobilität sind ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m ohne fremde Hilfe und ohne Pause, zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet.
Im Bereich der Wirbelsäule, Kniegelenke und Sprunggelenke liegen keine objektivierbaren Funktionseinschränkungen vor, welche zu einer Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung führen.
An den oberen Extremitäten sind keine Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist. Die Koordination ist ausreichend, kein Hinweis für Gangunsicherheit.
Es liegt kein Hinweis für eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, eine Einschränkung der Herzleistung ist nicht dokumentiert.
Bei bekanntem Reizdarmsyndrom ist eine höhergradige Stuhlfrequenz oder eine Stuhlinkontinenz, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren könnte, durch diesbezügliche aktuelle Untersuchungsbefunde nicht belegt. Vorgelegte Befunde aus dem Jahr 2017 stehen in Widerspruch zu der angegebenen Stuhlfrequenz und Stuhlinkontinenz.
Untersuchungsbefunde, die bei Zustand nach Prostataektomie 2015 bei Prostatakarzinom ein Anhalten der postoperativen Inkontinenz belegen könnten, sind dem Akteninhalt zu entnehmen, sodass das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht erschwert ist.
Höhergradige Schmerzzustände, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten, sind nicht nachvollziehbar, siehe unauffälliger Gelenksstatus und unauffälliges Gangbild, Schmerzmittel werden bei Bedarf eingenommen.
ad 1) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Nein. Angegebene Beschwerden im Bereich von Kniegelenken und Sprunggelenken führen zu keinen objektivierbaren funktionellen Einschränkungen, es zeigt sich ein unauffälliger Status und ein unauffälliges Gangbild.
ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Nein.
Es liegen weder eine kardiale noch pulmonale Funktionseinschränkung vor. Bei Zustand nach Prostatakarzinom 2015 ohne Hinweis für Rezidiv oder Fernabsiedelungen liegt keine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.
ad 3) Insbesondere wird um Beurteilung des Leidens Reizdarmsyndrom mit rezidivierenden Durchfällen betreffend eine gewisse Häufigkeit, Unvorhersehbarkeit und Unabwendbarkeit des Stuhlgangs und des Leidens Prostatakarzinom mit Harninkontinenz und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ersucht. Bekannt ist seit vielen Jahren ein Reizdarmsyndrom. Laut Anamnese gehen die Beschwerden mit häufigen Durchfällen und Stuhlinkontinenz einher.
Es liegt jedoch weder ein aktueller Befund einer Koloskopie einschließlich histologischem Befund vor, welcher eine intestinale Erkrankung, die mit anhaltendem und häufigem Durchfall einhergeht, belegen könnte, noch liegt ein Befund über eine Schließmuskelschwäche vor. Die letzte Koloskopie wurde am 18. 9. 2017 durchgeführt, dabei konnte ein unauffälliger Befund, einschließlich unauffälligem histologischem Befund, festgestellt werden. Dieser Befund steht in Widerspruch zu behaupteten häufigen Durchfällen. Weder ist eine Stuhlfrequenz in dem angegebenen Ausmaß mit dem guten Allgemeinzustand und guten Ernährungszustand kompatibel noch konnte mittels Manometrie bzw. Defäkographie eine Schließmuskelbeeinträchtigung dokumentiert werden.
Wesentlich ist, dass es sich hier um behauptete Zustände handelt.
Stuhlgänge sind für den Beschwerdeführer vorhersehbar, abwendbar und beeinflussbar, Gegenteiliges ist nicht durch entsprechende Befunde und Behandlungsdokumentationen belegt. Das Reizdarmsyndrom, medikamentös stabilisierbar, bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand, ohne Nachweis häufiger Durchfälle und ohne Nachweis einer Stuhlinkontinenz, erschwert das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht.
Therapierefraktion hinsichtlich Beschwerden durch Reizdarmsyndrom ist nicht gegeben, insbesondere wird auf weitere Möglichkeiten mit diätiologischer und medikamentöser Behandlung verwiesen.
Untersuchungsbefunde (Urodynamik, Zytoskopie, Urinflussmessung etc.) bei Zustand nach Prostataektomie 2015, die ein Anhalten der postoperativen Harninkontinenz belegen könnten, sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen, sodass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht vorliegen.
Therapierefraktion hinsichtlich Beschwerden durch Zustand nach Prostataektomie ist nicht gegeben, auf weitere nichtoperative Behandlungsmöglichkeiten wird verwiesen.
ad 4) Im Gutachten vom 6. 12. 2018 wurden 10-14 Durchfälle (breiig bis wässrig) als glaubhaft beurteilt, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde dennoch als zumutbar beurteilt im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten. Es wird um diesbezügliche medizinische Einschätzung bzw. Stellungnahme ersucht. Vorgebrachte Behauptungen können nicht als Grundlage für eine gutachterliche Beurteilung herangezogen werden, belegende Befunde fehlen.
Es liegt weder ein aktueller Befund einer Koloskopie einschließlich histologischem Befund vor, welcher eine intestinale Erkrankung, die mit anhaltendem und häufigem Durchfall einhergeht, belegen könnte, noch liegen laborchemische Hinweise auf eine Darmerkrankung mit hoher Frequenz der Durchfälle vor. Tatsache ist, dass zu unterscheiden ist zwischen angegebenem Beschwerdebild und objektivierbaren und belegenden Befunden.
Hinsichtlich medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei Reizdarmsyndrom wurde bereits Stellung genommen, Therapiefraktion ist nicht gegeben.
ad 5) Um Stellungnahme zu den vom BF in der Beschwerde erhobenen Einwendungen bzw. zu im Verfahren vorgelegten Beweismitteln wird ersucht.
Im Beschwerdevorbringen des BF vom 7. 1. 2019 wird eingewendet, dass das Reizdarmsyndrom zu wenig gewürdigt worden sei, vor allem die daraus resultierende Stuhlinkontinenz. Er könne die Durchfälle auch mittels Imodium nicht wesentlich verbessern, es werde ihm nach Einnahme des Medikaments übel, er habe sich mehrmals übergeben müssen, er vertrage dieses Medikament nicht, er habe es nur einmal anlässlich besagter Reise genommen und seither nicht mehr. Das Stuhlverhalten habe sich nicht gebessert, es liege eine dauerhafte Inkontinenz vor Dies alles gehe aus den Befunden hervor. Die Unzumutbarkeit sei bei chronischer Diarrhö und Inkontinenz gegeben.
Am 14. 3. 2018 wird vorgebracht, dass er an einer chronischen Darmerkrankung mit bis zu 15 flüssigen imperativen Stuhlgängen leide, Stuhlgänge seien nicht vorhersehbar und kaum beeinflussbar und er könne öffentlich3 Verkehrsmittel nicht benützen.
Dem wird entgegengehalten, dass eine chronische Diarrhöe und eine Stuhlinkontinenz eben nicht durch Befunde belegt sind.
Stellungnahme zu vorgelegten Befunden: Entlassungsbrief Universitätsklinik für Innere Medizin XXXX 18. 9. 2017 (selektive Koloskopie und ÖGD, Reizdarmsyndrom, Zustand nach Polypektomie 2005. Colon, Rectum bis in das terminale Ileum regelrechter Befund, histologischer Befund: normale Dickdarmschleimhaut, kein für Colitis, Antrumerosion, normale Dünndarmschleimhaut, Antrumgastrilis mit geringer Atrophie der Drüsen. Therapie:
Euthyrox, Durotiv für 2 Wochen, Routinekoloskopie in 8-10 Jahren empfohlen) - untermauert Richtigkeit der getroffenen Beurteilung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung.
Befund gastroenterologische Ambulanz Universitätsklinik für Innere Medizin XXXX 17. 7. 2018 einschließlich Labor (wechselnde Episoden zwischen Obstipation und Diarrhö, sämtliche Laborparameter und klinischen Befunde im Normbereich, Therapieversuch mit Iberogast) untermauert Richtigkeit der getroffenen Beurteilung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung.
Befund Dr. XXXX Arzt für Allgemeinmedizin 20. 9. 2018 (seit 20 Jahren Bauchbeschwerden im Sinne eines Reizdarmsyndroms mit deutlich erhöhter Stuhlfrequenz und wechselnden breiig-flüssigen Stühlen zwischen 10-15 mal täglich, chronische Erkrankung. Zustand nach radikale Prostataektomie 2015 mit konsekutiver Inkontinenz, wobei täglich bis 3 Vorlagen verwendet werden müssen. Um Zuteilung der obigen Unzumutbarkeit wird ersucht) - dem Attest sind jedoch keine belegenden Befunde angeschlossen.
Befund Dr. XXXX Facharzt für Urologie 25. 9. 2018 (in Betreuung bei Zustand nach radikale Prostataektomie wegen N. Prostatae, aufgrund einer postoperativen Belastungsinkontinenz werden regelmäßig Vorlagen verordnet) - dem Attest sind jedoch keine belegenden Befunde angeschlossen.
Befund Wirbelsäulenambulanz Krankenhaus XXXX 29 10. 2014 (Pseudoradikuläre Cervicobrachialgie links, rezidivierende Lumboischialgie mit Hyposensibilität 1.4 und 1.5 mit höhergradiger Osteochondrose 1.4/1.5 und L5/S1 mit sekundären Neuroforamenstenosen)
-
Befund steht nicht in Widerspruch zu getroffener Beurteilung.
Befund CED Ambulanz 20. 11. 2018, zitiert aus dem Gutachten vom 16. 11. 2018 (chronische Diarrhöe, in 1. Linie funktionelle gastrointestinale Störungen, Harn- und Stuhlinkontinenz, Zustand nach radikale Prostataoperation, Laktose-und Fruktoseintoleranz) - chronische Diarrhöe, Harn-und Stuhlinkontinenz sind nicht durch entsprechende Befunde belegt.
ad 6) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.
Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich." Mit Schriftstück vom 13.08.2019 wurden der Beschwerdeführer, sowie die im Verfahren beigezogene fachärztliche Sachverständige - welche den Beschwerdeführer am 10.10.2019 persönlich untersucht hat - zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen. Der Sachverständigen wurden alle bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Gutachten und die Beschwerde zur Vorbereitung für die mündliche Verhandlung übermittelt.
Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fand am 10.10.2019 im Beisein des Beschwerdeführers und der fachärztlichen Sachverständigen statt. Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Verhandlung Gelegenheit gegeben, sich zum Sachverhalt und den Gutachten eingehend zu äußern, zu den vorliegenden Gutachten Stellung zu nehmen und anhand von Fragen an die Sachverständige diese zu erörtern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 28.09.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:
1 Zustand nach Prostataektomie bei Prostatakarzinom 2015
2 Reizdarmsyndrom
3 degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit mäßiggradigen Funktionseinschränkungen
4 Abnützungserscheinungen im Bereich beider Kniegelenke und Sprunggelenke
Beim Beschwerdeführer liegen im Bereich der Wirbelsäule, Kniegelenke und Sprunggelenke keine Funktionseinschränkungen vor, welche zu einer Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung führen. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. Die Koordination ist gut, es gibt keinen Hinweis für eine Gangunsicherheit.
Kraft und Beweglichkeit der unteren Extremitäten und die Gesamtmobilität sind ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter ohne fremde Hilfe und ohne Pause zurücklegen zu können. Niveauunterschiede können überwunden werden, das sichere Ein- und Aussteigen ist möglich.
An den oberen Extremitäten sind keine Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft ist seitengleich und gut, die Benützung von Haltegriffen ist zumutbar und möglich.
Das Reizdarmsyndrom ist medikamentös stabilisierbar, und ist bei bekanntem Reizdarmsyndrom eine höhergradige Stuhlfrequenz oder eine Stuhlinkontinenz durch aktuelle fachärztliche Untersuchungsbefunde nicht belegt. Anlässlich der letzten Koloskopie am 18.09.2017 wurde ein unauffälliger Befund mit unauffälligem histologischen Befund festgestellt. Eine Schließmuskelbeeinträchtigung konnte nicht objektiviert werden.
Es liegen keine Untersuchungsbefunde vor die bei Zustand nach Prostataektomie bei Prostatakarzinom 2015 ein Anhalten postoperativer Inkontinenz belegen, und liegt ohne Hinweis für Rezidiv oder Fernabsiedelungen keine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor.
Beim Beschwerdeführer konnte keine chronische Diarrhöe, keine Stuhlinkontinenz und auch keine Harninkontinenz objektiviert werden.
Erhebliche Einschränkungen der unteren und oberen Extremitäten sowie der Wirbelsäule liegen nicht vor.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen ebenfalls nicht vor.
Die sichere Beförderung in sich bewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Transportbedingungen ist möglich.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergeben sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Orthopädie vom 10.10.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, den vorgelegten Befunden sowie den diesbezüglichen Erörterungen durch die fachärztliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung am selben Tag.
In dem ärztlichen Sachverständigengutachten und in der mündlichen Verhandlung wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig - unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde auf welche die Sachverständige im Gutachten umfassend eingegangen ist, der persönlichen Untersuchung und der an die Sachverständige gestellten Fragen - auf die Leiden und Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung eingegangen.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung von der vorsitzenden Richterin zu seinen gesundheitlichen Beschwerden befragt gab der Beschwerdeführer an, die Hauptbeschwerden seien der Stuhlgang, den er nicht beherrschen könne. Zusätzlich sei er seit seiner Prostataoperation harninkontinent. Er könne nicht abschätzen wann er ein Klo aufsuchen müsse und breiig bis flüssige Stuhlgänge in zweistelliger Zahl seien an der Tagesordnung. Der Beschwerdeführer verwende Windelhosen bzw. Vorlagen, regelmäßige Medikamente im Zusammenhang mit Harn- und Stuhlinkontinenz nehme er keine. Fallweise nehme er das Medikament "Imodium akut", er vertrage es aber nicht.
Die fachärztliche Sachverständige führte dazu in der mündlichen Verhandlung aus, bei bekanntem Reizdarmsyndrom ist eine höhergradige Stuhlfrequenz oder eine Stuhlinkontinenz - wie vom Beschwerdeführer angegeben - welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren könnte, durch diesbezügliche aktuelle Untersuchungsbefunde nicht belegt. Es liegt weder ein aktueller Befund einer Koloskopie einschließlich histologischem Befund vor, welcher eine intestinale Erkrankung, die mit anhaltendem und häufigem Durchfall einhergeht, belegen könnte, noch liegt ein Befund über eine Schließmuskelschwäche vor. Die letzte Koloskopie wurde am 18. 9. 2017 durchgeführt, dabei konnte ein unauffälliger Befund, einschließlich unauffälligem histologischem Befund, festgestellt werden. Eine Kontrollkoloskopie wird in acht bis zehn Jahren empfohlen. Dieser Befund steht in Widerspruch zu behaupteten häufigen Durchfällen. Weder ist eine Stuhlfrequenz in dem angegebenen Ausmaß mit dem guten Allgemein- und Ernährungszustand kompatibel noch konnte mittels Manometrie bzw. Defäkographie eine Schließmuskelbeeinträchtigung dokumentiert werden.
Wesentlich ist, dass zwischen einem angegebenen Beschwerdebild und objektivierbaren bzw. belegenden Befunden zu unterscheiden ist, und sich die Gutachtenserstellung auf objektive Befunde stützt.
In der mündlichen Verhandlung stellte die ärztliche Sachverständige überdies fest, dass eine Durchfallerkrankung in dem Ausmaß von bis zu 15 breiigen bis wässrigen Durchfällen täglich zu Veränderungen der Darmschleimhaut und des Labors führen müsste. Beispielsweise könnte man Abweichungen im Elektrolythaushalt feststellen, was aber im gegenständlichen Fall nicht vorliegt.
Die fachärztliche Sachverständige führte weiters aus, dass die Stuhlgänge für den Beschwerdeführer vorhersehbar, abwendbar und beeinflussbar sind, Gegenteiliges ist nicht durch entsprechende Befunde und Behandlungsdokumentationen belegt.
Betreffend Therapien wurde aus ärztlicher Sicht festgestellt, dass Therapierefraktion hinsichtlich Beschwerden durch Reizdarmsyndrom nicht gegeben ist, und es sowohl diätologische Behandlung und medikamentöse Optimierung als Therapieoptionen gibt.
Zusammenfassend führte die ärztliche Sachverständige aus, das Reizdarmsyndrom ist medikamentös stabilisierbar und bei gutem Allgemein- und Ernährungszustand, ohne Nachweis häufiger Durchfälle sowie ohne Nachweis einer Stuhlinkontinenz, erschwert es das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht.
Zur vorgebrachten Harninkontinenz stellte die ärztliche Sachverständige fest, dass Untersuchungsbefunde wie Urodynamik, Zytoskopie, Urinflussmessung die bei Zustand nach Prostataektomie 2015 bei Prostatakarzinom ein Anhalten der postoperativen Inkontinenz belegen könnten, dem Akteninhalt nicht zu entnehmen sind. Es gibt auch keinen Hinweis für Rezidiv oder Fernabsiedelung.
Therapierefraktion hinsichtlich Beschwerden durch Zustand nach Prostataektomie ist nicht gegeben, und gäbe es nichtoperative Behandlungsmöglichkeiten wie beispielsweise Elektrostimulation oder medikamentöse Therapie.
Zu den Beschwerden betreffend den Bewegungsapparat führte die ärztliche Sachverständige aus, angegebene Beschwerden im Bereich der Knie- und Sprunggelenke führen zu keinen objektivierbaren funktionellen Einschränkungen, es zeigt sich ein unauffälliger Status und ein unauffälliges Gangbild.
In der mündlichen Verhandlung stellte die Gutachterin dazu fest, dass bei der klinischen Untersuchung am heutigen Tag außer mäßige Verspannungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und Klopfschmerzen in diesem Bereich keine Auffälligkeiten festgestellt werden konnten. Es zeigte sich im Bereich der Wirbelsäule eine gute Beweglichkeit und im Bereich der Knie- und Sprunggelenke ein unauffälliger Befund.
Dazu brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor, orthopädische Probleme seien nie ein Thema gewesen, auch nicht in der Beschwerde.
Aus Effizienzgründen wurde die ärztliche Untersuchung am Verhandlungstag durchgeführt. Das im Anschluss an die Untersuchung erstellte ärztliche Gutachten vom 10.10.2019 wurde von der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erörtert, und hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit Fragen an die Sachverständige zu stellen. Zur zusätzlich dem Beschwerdeführer eingeräumten Möglichkeit anlässlich des Parteiengehörs innerhalb von 14 Tagen ab Aushändigung des Gutachtens vom 10.10.2019 in der mündlichen Verhandlung, eine Stellungnahme abzugeben brachte der Beschwerdeführer vor, er möchte kein Parteiengehör abgeben, das sei zusätzlicher Stress und er wolle endlich eine Entscheidung in der Sache.
Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde bzw. in der mündlichen Verhandlung keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten. Mit der Beschwerde wurden keine neuen Beweismittel vorgelegt.
Das internistische Gutachten vom 06.12.2018, welches im Ergebnis auch zu einer Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt, ist für den erkennenden Senat nicht schlüssig nachvollziehbar und widersprüchlich.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Orthopädie vom 10.10.2019, und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder