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90/01 StraßenverkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im AnlassfallSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, verhängte mit Straferkenntnis vom 7. September 2017 über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von € 78,– (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) und erlegte dem Beschwerdeführer Kosten für das Verfahren in der Höhe von € 10,– auf. Der Beschwerdeführer habe am 29. Mai 2017 um 12:18 Uhr in 1060 Wien, Windmühlgasse 30 ein näher bestimmbares Kraftfahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt. Dadurch habe der Beschwerdeführer §24 Abs1 lita StVO verletzt.
2. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 14. Februar 2019 als unbegründet abgewiesen. Begründend wird ua ausgeführt, dass mit Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 11. November 2013 (richtig 15. November 2013), Z MA 46 - DEF/38069/2013, in 1060 Wien, Windmühlgasse 30 bis Einfahrt ONr 28, ein allgemeines Halte- und Parkverbot verordnet worden sei. Wie sich aus dem Verordnungsakt ergebe, sei diese Verkehrsbeschränkung im Sinne des §43 Abs1 litb StVO 1960 erforderlich gewesen, um eine Behinderung der Buslinie 13A durch parkende Autos in diesem Bereich zu verhindern. Die Bestrafung des Beschwerdeführers sei daher zu Recht erfolgt.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V74/2019, die Zeichen- und Ziffernfolge ", 6.34" der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 15. November 2013, Z MA 46 – DEF/38069/2013, als gesetzwidrig aufgehoben.
3.2. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (s zB VfSlg 17.470/2005).
Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl VfSlg 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986).
3.3. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 3. April 2019 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Das Verwaltungsgericht Wien wendete bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnungsbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass dadurch die Rechtssphäre des Beschwerdeführers nachteilig beeinflusst wurde. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt.
4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 VfGG abgesehen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:E1198.2019Zuletzt aktualisiert am
19.02.2020