TE Vwgh Erkenntnis 1980/11/25 1383/80

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Veröffentlicht am 25.11.1980
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Index

Abgabenverfahren

Norm

BAO §80 Abs1
BAO §9 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des WF in I, vertreten durch Dr. Walter Spiess, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas Hofer-Straße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 7. Mai 1980, Zl. 45.036-4/80, betreffend Haftung für Abgabenschuldigkeiten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Gesellschafter und Geschäftsführer der W-Vertriebs Ges. m. b. H., deren Gründung am 14. Februar 1972 im Handelsregister protokolliert worden ist. Das Finanzamt nahm, da Abgaben dieser Ges. m. b. H. nicht entrichtet wurden, den Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid vom 15. Jänner 1976 als Haftungspflichtigen über einen Gesamtbetrag von S 2,378.296,-- in Anspruch (es handelte sich dabei um Lohnsteuer 1973 bis 1975, Dienstgeberbeitrag 1973 bis 1975, Umsatzsteuer 1972 bis 1975, Körperschaftsteuer 1972 bis 1974, Gewerbesteuer 1972 bis 1974, Vermögensteuer 1974 und 1975 sowie um Säumniszuschläge und Gebühren). Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte im wesentlichen aus, daß sein "Aufgabenbereich" in der Ges. m. b. H. die Durchführung und Überwachung des Verkaufes, die Einschulung der zahlreichen Vertreter sowie die Durchführung und Akquisition gewesen sei. "Für die Führung und Überwachung des Einkaufes, das Buchhaltungswesen, Steuerwesen, Verkehr mit den Behörden, insbesondere dem Finanzamt und dgl." sei mit einem Spitzengehalt der KN "eingestellt" gewesen, der auch Bankvollmacht gehabt habe. Darüber hinaus sei noch ein Steuerberater bestellt gewesen (zuerst Dr. M und dann K). Dem Beschwerdeführer selbst fehle in steuerlichen Dingen jede Erfahrung. Rückblickend müsse der Beschwerdeführer sagen, daß N ihm gegenüber die Situation "kaschiert" habe. Als der Beschwerdeführer anläßlich der Eröffnung des Konkurses (15. Mai 1975) erstmals Kenntnis erlangt habe, daß doch eine Überschuldung vorliege, habe er N durch D ersetzt. Ob die Abgabenschulden, für die er in Haftung gezogen worden sei, richtig seien, könne der Beschwerdeführer nicht prüfen. Er müsse sie jedenfalls vorläufig bestreiten. Als Beweis für sein Vorbringen beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme zweier Angestellter, Einsicht in den gerichtlichen Konkursakt und seine Einvernahme. Bereits hier sei festgehalten, daß die belangte Behörde diesen Anträgen im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens entsprach.

Eine abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes setzte der Beschwerdeführer durch Antrag, seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, außer Wirksamkeit. Unter teilweiser Wiederholung seines bisherigen Vorbringens führte der Beschwerdeführer aus, der heutige Rückstand (30. Jänner 1980) bestehe größtenteils aus geschätzten Zahlen und beruhe auf dem "Umstand, daß nach Konkurs sämtliche freien Mitarbeiter - im Außendienst waren dies 95 % - plötzlich als Angestellte abgerechnet wurden, obwohl für jeden freien Mitarbeiter ein entsprechender gültiger Vertrag bestand, in dem dieser die Verpflichtung hatte, eine eigene Steuernummer zu beantragen und seine Einnahmen eigens zu versteuern und diese freien Mitarbeiter auch nicht weisungsgebunden waren. Wenn der Masseverwalter dies getan hat", so habe der Beschwerdeführer "darauf keinen Einfluß. Diese Art der Abrechnung" sei für den Beschwerdeführer "völlig unvorhersehbar". Zum Beweis werde Einsicht in die Dienstverträge angeboten. Der Beschwerdeführer bestreite ausdrücklich die Richtigkeit der vorgeschriebenen Abgabenschulden dem Grunde und der Höhe nach. Bei seiner vor der belangten Behörde durchgeführten Vernehmung und auch in der Folge bis zum Ergehen des angefochtenen Bescheides legte der Beschwerdeführer die von ihm als Beweismittel angeführten Dienstverträge nicht vor.

Für die Erledigung des Beschwerdefalles ist noch von Bedeutung, daß dem Beschwerdeführer am 13. Mai 1974 eine finanzstrafgesetzliche Verwarnung wegen Finanzordnungswidrigkeit nach § 48 Abs. 1 lit. a FinStrG (alter Fassung) erteilt wurde, weil er fortgesetzt fahrlässig als Zahlungspflichtiger Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Februar bis August 1973 im Gesamtbetrag von S 99.076,-- nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet hat, ohne bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben zu haben. Weiters ergibt sich aus den vorliegenden Akten, daß der Beschwerdeführer bereits viermal wegen Betruges und zweimal wegen fahrlässiger Krida vorbestraft ist. Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen I. vom 20. Jänner 1978 wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida (§ 486 Z 1 StG) verurteilt, weil er in der Zeit von Jänner 1974 bis 1. April 1974 als Geschäftsführer der W Ges. m. b. H. fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit dieser Firma dadurch herbeigeführt hatte, daß er mangelhafte Bücher führte und die Gesellschaft mit unzureichendem Eigenkapital ausstattete und unrichtig kalkulierte.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als sie den Haftungsbetrag auf S 1,043.920,-- herabsetzte. Dieser auf § 9 Abs. 1 und § 80 Abs. 1 BAO gestützte Bescheid ist wie folgt begründet:

Die Tatsache der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Ges. m. b. H. sei unbestritten. Der Beschwerdeführer habe aber sein mangelndes Verschulden im wesentlichen damit begründet, daß er, zumal ihm die entsprechenden Kenntnisse im Buchhaltungs- und Steuerwesen fehlten, für die Wahrnehmung dieser Belange einen "kaufmännischen Direktor" bzw. einen Steuerberater und sohin einen qualifizierten Personenkreis bestellt habe, weshalb er für diesen Bereich weder zuständig noch verantwortlich gewesen sei. Er übersehe dabei, daß eine Pflichtwidrigkeit auch darin bestehen könne, daß ein Erfüllungsgehilfe - und als solcher sei sein "kaufmännischer Direktor" wohl zu beurteilen gewesen - nicht sorgfältig genug ausgewählt oder überwacht werde. Die Tatsache, daß der Beschwerdeführer für bestimmte Belange einen "kaufmännischen Direktor" bzw. einen Steuerberater herangezogen habe, vermöge ihn also, auch wenn diese selbständig und eigenverantwortlich tätig gewesen seien, nicht von der im § 80 BAO normierten Verpflichtung zur Erfüllung der Geschäftsführeraufgaben, insbesondere von der Verpflichtung zur Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben zu entbinden, sodaß der Umstand, daß Steuern der Gesellschaft unbeglichen geblieben seien, trotz der an sich üblichen Vorgangsweise, zur Erfüllung von Aufgaben andere Personen heranzuziehen, eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers darstelle. Im übrigen müsse es wohl zu den einem Geschäftsführer zumutbaren Obsorgepflichten gerechnet werden, daß er auch dann, wenn er intern eine Arbeitsteilung vornehme und sich vornehmlich einem bestimmten Arbeitsgebiet widme, die Tätigkeit seiner Angestellten bzw. jener Personen, deren er sich als Erfüllungsgehilfen bediene, überwache und deren Arbeit überprüfe bzw., soweit er selbst dazu nicht in der Lage sei, überprüfen lasse. Wie der Beschwerdeführer jedoch ausgeführt habe, habe er sich um die steuerlichen Belange der Gesellschaft überhaupt nicht gekümmert, sondern sich mit vereinzelten bloßen Informationen seines kaufmännischen Direktors begnügt. Dies mit der Begründung, es handle sich um eine entsprechend qualifizierte Person mit einem Spitzengehalt. Der Beschwerdeführer habe allerdings bereits 1973 anläßlich der erfolgten abgabenbehördlichen Prüfung feststellen müssen, daß sein Angestellter den steuerlichen Dingen nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet habe bzw. den damit verbundenen Aufgaben nicht gewachsen gewesen sei. Immerhin sei der Beschwerdeführer im Anschluß an diese Prüfung verwarnt worden. Darüber hinaus habe auch der "kaufmännische Direktor" nach seinen Aussagen den Beschwerdeführer davon unterrichtet, daß ab Februar 1973 keine entsprechenden Umsatzsteuervorauszahlungen mehr geleistet worden seien. Daraus hätte der Beschwerdeführer schließen müssen, daß eine genauere Überwachung der Tätigkeit dieses Angestellten angebracht gewesen wäre und bereits damals die notwendigen Konsequenzen ziehen müssen. Wenn er sich nunmehr damit rechtfertige, er habe noch kurz vor Konkurseröffnung im Jahre 1975 einen Status vorgelegt bekommen, der keineswegs besorgniserregend gewesen sei, ohne sich durch Einsichtnahme in die Belege vom tatsächlichen Stand der Dinge zu unterrichten, müsse ihm dies als mangelnde Obsorge angelastet werden. Schließlich hätte dem Beschwerdeführer bei einer einigermaßen sorgfältigen Überprüfung auch auffallen müssen, daß die Buchführung der Gesellschaft im argen gelegen sei bzw. daß die Kontoauszüge des Finanzamtes im Jahre 1974 laufend Rückstandserhöhungen und Säumniszuschläge auswiesen. Auch diesbezüglich könne der Beschwerdeführer sich nicht allein darauf berufen, daß ihm die nötigen Kenntnisse gefehlt hätten, und er sich daher auf die Angaben seines Erfüllungsgehilfen verlassen hätte müssen. Dies habe auch das Urteil des Landesgerichtes bestätigt. Der Beschwerdeführer habe sich schließlich bei Übernahme der Geschäftsführung im klaren gewesen sein müssen, daß damit auch entsprechende Verpflichtungen verbunden seien, die sich nicht allein in einer Delegierung an einen Angestellten wegen behaupteter Unkenntnis in buchhalterischen und steuerlichen Belangen erschöpfen könnten. Bei dieser Sachlage sei erwiesen, daß der Beschwerdeführer seinen Geschäftsführerpflichten nicht ausreichend nachgekommen sei bzw. daß er es bei der Ausübung seiner Tätigkeit an der nötigen Obsorge habe fehlen lassen, was schließlich durch die folgende Illiquidität bzw. den späteren Konkurs zur Uneinbringlichkeit der Abgaben geführt habe. Hätte er hingegen seine Verpflichtungen mit der ihm zumutbaren Obsorge erfüllt, wäre zumindest ein Teil der aushaftenden Abgaben einbringlich gewesen, zumal im Jahre 1974 noch erhebliche Umsätze getätigt worden seien, sodaß jedenfalls die in diesem Zeitraum fälligen Abgabenschuldigkeiten hätten beglichen werden können. Damit könne auch an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer und der Uneinbringlichkeit der Abgaben nicht gezweifelt werden. Es möge allerdings sein, daß die im Jahre 1975 anfallenden Abgabenverpflichtungen wegen Überschuldung nicht mehr gedeckt hätten werden können, sodaß insoweit nicht eine Verletzung abgabenbehördlicher Verpflichtungen zur Uneinbringlichkeit dieser Abgaben geführt habe. Die Haftungssumme sei um die in diesem Jahr vorgeschriebenen Steuern und Nebengebühren einzuschränken. Hinsichtlich der Umsatzsteuer wäre dem Beschwerdeführer jedenfalls zuzumuten gewesen, die in den Umsatzsteuervoranmeldungen gemeldeten Zahllasten auch zu entrichten bzw. für deren Entrichtung zu sorgen. Aber auch was die Lohnabgaben betreffe, seien die zum Teil auf den Lohnkonten richtig berechneten Beträge nicht abgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe nicht darzulegen vermocht, weshalb ihm im Jahre 1974 bzw. für frühere Zeiträume die Entrichtung der Abgaben nicht möglich gewesen wäre, obwohl es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seine Sache gewesen wäre, zu beweisen, daß ihn an der Uneinbringlichkeit kein Verschulden treffe. So habe er auch anläßlich seiner Einvernahme am 17. März 1980 weder die von ihm angebotenen Beweisunterlagen beizubringen noch Entlastungsgründe darzulegen vermocht, sondern sich im wesentlichen darauf beschränkt, sich auf seine Unkenntnis und sein Vertrauen zu seinem angestellten "Direktor" zu berufen. Er habe letztlich einräumen müssen, daß aus "heutiger Sicht" eine verstärkte Überwachung dieses Angestellten am Platze gewesen wäre. Des weiteren habe auch die Einvernahme der geführten Zeugen keine Entlastung bewirken können. Diese Aussagen bewiesen vielmehr, daß dem Beschwerdeführer nicht habe entgehen können, daß die Buchhaltung des Betriebes nicht in Ordnung (Aussage BP) und er über die finanziellen Schwierigkeiten der Gesellschaft informiert gewesen sei (Aussage KN). Schließlich belegten auch die Gerichtsakten, daß sich der Beschwerdeführer um die steuerlichen Belange kaum. gekümmert habe und der Geschäftsführung nicht jene Obsorge angedeihen habe lassen, die von einem ordentlichen Kaufmann erwartet werden dürfe. Wenn der Beschwerdeführer im übrigen die Steuervorschreibungen als solche für unrichtig erachte, müsse er diesbezüglich auf die noch gesondert ergehende Berufungsentscheidung verwiesen werden, da die vorliegende Entscheidung nur die Frage der Haftung an sich bzw. des dem Geschäftsführer zurechenbaren Verschuldens zu behandeln habe. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Einwandes, die vorgeschriebenen Lohnabgaben seien wegen der selbständigen Tätigkeit der eingesetzten Vertreter zu Unrecht festgesetzt worden. Die belangte Behörde glaube allerdings, für die Beurteilung des Verschuldens dem Umstand Rechnung tragen zu sollen, daß die Frage der Besteuerung dieser Vertreter strittig sei. Sie halte aber ein Verschulden des Beschwerdeführers jedenfalls für jenen Teil der Lohnabgaben für gegeben, der von seinem Buchhalter selbst errechnet und in den Lohnkonten ausgewiesen, nicht aber abgeführt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Es steht fest, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Ges. m. b. H. zu dem umschriebenen Personenkreis gehört.

Unbestritten ist, daß die Abgaben, deren Schuldnerin die Ges. m. b. H. ist, und für die der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen wurde, im Sinne des zitierten § 9 Abs. 1 uneinbringlich sind. Der Irrtum, der der belangten Behörde unterlaufen ist, indem sie die Konkurseröffnung als das die Uneinbringlichkeit begründende Merkmal ansah, kann daher die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht berühren (nach der Aktenlage bezog sich nämlich der, später mangels kostendeckenden Vermögens eingestellte, am 6. Mai 1975 eröffnete Konkurs nicht auf das Vermögen der "W-Vertriebs Ges. m. b. H.", sondern auf das Vermögen der am 7. Juni 1974 im Handelsregister eingetragenen, am 1. April 1974 gegründeten "W-Vertriebs-Gesellschaft m. b. H. & Co. KG.").

Der Beschwerde kann auch kein Erfolg beschieden sein, wenn sie Bestand und Umfang der Abgabenschuldigkeiten, für die die Haftung des Beschwerdeführers ausgesprochen wurde, bestreitet. Da der angefochtene Bescheid nach dem eindeutigen Inhalt seines Spruches nur die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid zum Gegenstand hat, kann der Beschwerdeführer durch die Begründung, soweit sich diese auf den Abgabenanspruch bezieht, in keinem Recht verletzt sein. Die belangte Behörde ist im Ergebnis richtig vorgegangen, wenn sie zunächst über die Haftung des Beschwerdeführers entschieden hat (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Februar 1968, Zl. 732/67, und vom 25. Oktober 1972, Zl. 881/70, Slg. Nr. 4443/F).

Zu entscheiden bleibt daher noch, ob der Beschwerdeführer schuldhaft die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten herbeigeführt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers einer Ges. m. b. H., darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben nicht entrichtet hat (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1954, Zl. 137/52, Slg. Nr. 1003/F, vom 15. Jänner 1979, Zl. 2520/78, vom 5. März 1979, Zl. 2645/78, und vom 10. Juni 1980, Zl. 535/80). Mehrfach hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich zu § 9 Abs. 1 BAO die Rechtsansicht vertreten, daß derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzulegen hat, aus denen ihm die Erfüllung seiner Pflicht unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 1979, Zl. 1079/77).

Sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geht die Argumentation des Beschwerdeführers im wesentlichen dahin, er selbst sei in steuerlichen Angelegenheiten unerfahren, er habe für deren Besorgung einen Angestellten mit "Spitzengehalt" delegiert und außerdem Steuerberater mit seiner Vertretung betraut. Was zunächst die Beauftragung von Steuerberatern anlangt, so ist dieses Vorbringen schon deswegen zum Scheitern verurteilt, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, die Steuerberater seien mit der Entrichtung der Abgaben beauftragt gewesen und sie hätten über die entsprechenden Mittel der Ges. m. b. H. verfügen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1979, Zl. 3196/78). Die wiederholte Berufung des Beschwerdeführers auf die "Delegierung" des "kaufmännischen Direktors" N ist ebenfalls nicht geeignet, ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Nichtentrichtung der Abgaben der Ges. m. b. H. auszuschließen. Denn es gehört zur Pflicht des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person, durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen dafür zu sorgen, daß die Erfüllung von an sich die juristische Person treffenden abgabenrechtlichen Pflichten tatsächlich erfolgt. Das ergibt sich für den Beschwerdeführer als Geschäftsführer einer Ges. m. b. H. schon aus § 22 Abs. 1 GesmbHG, wo die Pflicht des Geschäftsführers verankert ist, Sorge zu tragen, daß die erforderlichen Bücher geführt werden, und insbesondere aus § 25 Abs. 1 leg. cit., der die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Wenn sohin die Beschwerdebehauptung zutrifft, der Beschwerdeführer habe sich zur Gänze auf den "delegierten kaufmännischen Direktor" verlassen und deshalb geglaubt, seine Aufmerksamkeit den steuerlichen Angelegenheiten der Ges. m. b. H. nicht mehr zuwenden zu müssen, so wird damit ein Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO nicht nur nicht widerlegt, sondern vielmehr bestätigt. Mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes ist es nämlich nicht in Einklang zu bringen, sich durch Jahre um die Geschäftsgebarung eines Angestellten, dem keinerlei gesellschaftsrechtliche Funktion zukommt, nicht zu kümmern. Schon darin liegt im vorliegenden Fall ein Verschulden des Beschwerdeführers, das auch dadurch nicht ausgeschlossen wird, daß N - worauf der Beschwerdeführer immer wieder hinweist - ein Spitzengehalt bezogen hat. Unter den im Beschwerdefall obwaltenden Umständen könnte sich der Beschwerdeführer daher seiner Haftung auch nicht entziehen, wenn es zuträfe, er habe von der wahren finanziellen Lage der Ges. m. b. H. erst anläßlich der Konkurseröffnung erfahren. Ganz abgesehen davon verwechselt auch der Beschwerdeführer hier die Ges. m. b. H. und die Ges. m. b. H. & Co. KG, was den Schluß auf die mangelnde Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes weiter untermauert.

Schließlich ist dem Beschwerdeführer ganz allgemein entgegenzuhalten, daß er mit der Behauptung seiner völligen Unkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen sich schon deswegen nicht exkulpieren kann, weil ein Mindestmaß an Überwachung des mit der Wahrnehmung dieser Belange betrauten angestellten Personals für den allein verantwortlichen Geschäftsführer als gesetzliches Vertretungsorgan der Gesellschaft verlangt werden muß. Wer weiß, dazu nicht in der Lage zu sein und dessen ungeachtet die Funktion eines solchen Geschäftsführers übernimmt, der handelt schon deswegen schuldhaft, weil ihm bewußt sein muß, daß er der gesetzlichen Sorgfaltspflicht des § 25 Abs. 1 GesmbH nicht entsprechen kann.

Bei dieser vom Gerichtshof für maßgeblich gehaltenen Beurteilung erübrigt es sich, auf weitere einzelne Beschwerdeausführungen einzugehen, die insgesamt nicht geeignet sind, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Die Beschwerde ist somit unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 542/1977.

Wien, am 25. November 1980

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1980001383.X00

Im RIS seit

19.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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