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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des M A, in L, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2019, Zl. W138 2177658-1/12E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vom 30. Mai 2015 vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Revision moniert in ihrem Zulässigkeitsvorbringen in Bezug auf die behauptete Verfolgungsgefahr des Revisionswerbers in Afghanistan im Fall der Rückkehr aufgrund seiner westlichen Gesinnung als Verfahrensmangel die Verletzung des Parteiengehörs, indem ihm im Beschwerdeverfahren lediglich das aktuelle Länderinformationsblatt zur Kenntnis gebracht worden sei, das BVwG jedoch nicht alle in Betracht gezogene Quellen offengelegt habe. Der Revisionswerber habe deshalb dazu nicht Stellung nehmen und weitere Beweismittel oder Beweisanträge stellen können. Tatsächlich gebe es Studien zum Verbleib und zu den Erfahrungen abgeschobener Afghanen sowie einen näher genannten Aufsatz über auf den Aufenthalt in Europa und den "Status als Abgeschobene" zurückzuführende Gewalterfahrungen von Rückkehrern. Das BVwG habe sich mit solchen Berichten wie auch dem EASO Country Guidance Afghanistan und "den" UNHCR-Richtlinien nicht konkret auseinandergesetzt und spreche der Gewalt gegen Rückkehrer die Relevanz ab. Wäre dem Revisionswerber Parteiengehör eingeräumt worden, hätte er ergänzend dargelegt, dass sich seine Lebensweise und sein "Lifestyle" bis Kabul "herumgesprochen" habe und ihm in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif unterstellt werde, wohlhabend aus Europa zurückgekommen zu sein, er jedoch keinen politischen oder sozialen Schutz mehr genieße.
7 Das BVwG ist im Rahmen einer - nicht als unvertretbar zu beurteilenden (vgl. zur eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung etwa zuletzt VwGH 26.11.2019, Ra 2019/01/0442, mwN) - Beweiswürdigung zu der Schlussfolgerung gelangt, dass der Revisionswerber keine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen habe und eine (unterstellte) "westliche" Geisteshaltung bei Männern alleine nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde.
8 Insoweit die Revision die Verletzung des Parteiengehörs und Begründungsmängel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, sondern auch deren Relevanz in konkreter Weise darzulegen ist (vgl. etwa VwGH 12.6.2019, Ra 2019/01/0210; 4.3.2019, Ra 2018/14/0055, mwN). Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2018/14/0178-0179, mwN). Eine solche Relevanzdarlegung ist der vorliegenden Revision jedoch nicht gelungen.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010498.L00Im RIS seit
27.02.2020Zuletzt aktualisiert am
27.02.2020