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32/02 Steuern vom Einkommen und ErtragNorm
EStG 1988 §2 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Dr. W H in W, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 83-85/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. März 2019, Zl. W164 2133406-1/5E, betreffend Pflichtversicherung nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr: Sozialversicherung der Selbständigen)), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Revisionswerber vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2009 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG der Pflichtversicherung unterliegt. Dieser habe seine Berufsbefugnis als beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater mit 31. August 2008 ruhend gemeldet. Im Jahr 2009 sei er als gerichtlich beeideter Buchsachverständiger selbständig erwerbstätig gewesen und habe steuerlich Betriebsausgaben geltend gemacht. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 12. November 2014 weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit von EUR 55.217,24 aus. In diesen Einkünften seien auch Einnahmen enthalten, die der Revisionswerber für Leistungen vor seinem mit 1. September 2008 erfolgten Pensionsantritt (insbesondere für die Erstattung gerichtlicher Sachverständigengutachten) erhalten habe (laut Revisionsvorbringen EUR 40.247,--). Für das Bestehen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z4 GSVG komme es nicht darauf an, ob die Einkünfte nach Maßgabe des Einkommensteuerbescheides aus Tätigkeiten stammten, die (zeitgleich) im selben Kalenderjahr entfaltet worden seien. Für die zeitliche Abgrenzung der Pflichtversicherung seien nur der Beginn und das Ende der betrieblichen Tätigkeit von Bedeutung. Hinsichtlich der Art und Höhe der Einkünfte des Revisionswerbers im Jahr 2009 sei die belangte Behörde an den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid vom 12. November 2014 gebunden.
5 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 6 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision geltend, es fehle an Rechtsprechung zur Frage, ob der Versicherte durch Erläuterung des Einkommensteuerbescheides klären dürfe, dass es sich "nicht um ein der Versicherungspflicht der SVA unterliegendes Einkommen" handle. Das Bundesverwaltungsgericht hätte die vom Revisionswerber vorgelegten Beweismittel berücksichtigen müssen und nicht "die
angebliche Bemessungsgrundlage ... rein statisch an Hand des
Einkommensteuerbescheides 2009" betrachten dürfen.
7 Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Revisionswerber laut dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 Einkünfte aus selbständiger Arbeit in einer insgesamt die maßgebliche Versicherungsgrenze überschreitenden Höhe bezog (EUR 55.217,24). Der Revisionswerber hat die diesen Einkünften zu Grunde liegende Tätigkeit (die Erstattung von Gutachten) sowohl vor als auch nach dem 1. Jänner 2009 weiterhin ausgeübt.
8 Bei Vorliegen eines solchen rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung eine Pflichtversicherung, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (VwGH 14.11.2012, 2010/08/0215, mwN). Für die Beurteilung, welche Beträge die Einkünfte nach § 25 Abs. 1 GSVG bilden, ist das Einkommensteuerrecht maßgebend. Die mit einem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 bindet auch die Sozialversicherungsanstalt. Es kommt nicht darauf an, ob es sich "um real erwirtschaftetes Einkommen" handelt. Die steuerliche Zurechnung ist für die Bildung der Beitragsgrundlage im betreffenden Kalenderjahr unabhängig davon maßgeblich, dass die faktischen Umstände mit den steuerrechtlichen Gegebenheiten zeitlich nicht kongruent verlaufen sind. Wesentlich ist nur, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen und für die Bildung der Beitragsgrundlage herangezogenen Einkünfte steuerlich auf Grund von Erwerbstätigkeiten zugerechnet wurden, die nach dem GSVG versicherungspflichtig sind (VwGH 22.7.2014, 2012/08/0243, mwN). Dies ist iSd Auffangtatbestandes des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unter den vorliegenden Bedingungen bei der betrieblichen Tätigkeit (vgl. zur Bedeutung der Betriebsausgaben als Indiz für eine solche VwGH 17.12.2015, 2013/08/0165) der selbständigen Erstattung von Gutachten der Fall.
9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019080120.L00Im RIS seit
23.04.2020Zuletzt aktualisiert am
23.04.2020