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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §66 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der H AG in B, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2019, Zl. W210 2194720- 1/40E, betreffend Übertretungen des BWG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Finanzmarktaufsichtsbehörde; mitbeteiligte Parteien:
1. Dr. G, 2. Mag. H, 3. Dr. H und 4. Mag. K, alle vertreten durch Dr. Bettina Hörtner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landhausgasse 4; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 13. März 2018 sprach die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) mit den Spruchpunkten I. bis III. aus, die revisionswerbende Partei habe es als juristische Person gemäß § 35 Finanzmarktgeldwäschegesetz (FM-GwG) zu verantworten, näher genannte Verstöße des Bankwesengesetzes (BWG) ab 1. Jänner 2014 bis zu bestimmten Zeitpunkten begangen zu haben. Die Verantwortlichkeit der revisionswerbenden Partei ergebe sich daraus, dass die zur Vertretung nach außen berufenen Mitglieder des Vorstandes der revisionswerbenden Partei (Hinweis auf eine Beilage) "selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen beziehungsweise durch mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch eine für die (revisionswerbende Partei) tätige Person ermöglicht" hätten. 2 Sie hätte dadurch zu Spruchpunkt I. § 40 Abs. 2a Z 1 BWG jeweils in Verbindung mit § 35 Abs. 3 FM-GwG iVm § 34 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 FM-GwG sowie hinsichtlich Spruchpunkt I.2., I.3., I.4. und I.5. iVm § 40 Abs. 2e BWG verletzt; zu Spruchpunkt II. hätte sie § 40 Abs. 8 BWG iVm § 35 Abs. 3 FM-GwG iVm § 34 Abs. 1 Z 3 FM-GwG verletzt; zu Spruchpunkt III. hätte sie § 41 Abs. 1 BWG in Verbindung mit § 35 Abs. 3 FM-GwG iVm § 34 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 FM-GwG verletzt. Deswegen wurde über die revisionswerbende Partei gemäß § 35 Abs. 3 iVm § 34 Abs. 2 FM-GwG iVm § 22 Abs. 8 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 414.000,-- verhängt. Weiters wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.
3 Die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit der "Maßgabe" als unbegründet ab, dass sich die Verantwortlichkeit der revisionswerbenden Partei im Spruch zu verschiedenen, bereits von der FMA angelasteten Tatzeiträumen daraus ergebe, dass eine näher genannte als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellte Person "selbst gegen die angeführten Verpflichtungen verstoßen beziehungsweise durch mangelnde Überwachung oder Kontrolle die Begehung der angeführten Verstöße durch eine für die (revisionswerbende Partei) tätige Person ermöglicht" habe. Weiters wurde die "Strafnorm" anders gefasst.
4 Zudem habe die revisionswerbende Partei gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20%, somit EUR 82.800,-- zu leisten. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig. 5 Begründend hielt das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - fest, mit der FMA übermittelten Bestellurkunden sei eine näher genannte Person zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Diese Person habe tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Hinsichtlich der Vorstände liege aufgrund der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ein Verfolgungshindernis vor, weshalb der Spruch anzupassen sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
7 Die FMA erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Revision. Weiters wurde nach Ablauf der gesetzten Frist durch einen der Mitbeteiligten eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision erweist sich bereits mit ihrem Vorbringen als
zulässig, das Verwaltungsgericht hätte entgegen der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichthofes keinen Alternativvorwurf erheben dürfen, sondern sich auf einen der beiden Tatbestände des § 35 FM-GwG (Abs. 1 oder Abs. 2) festlegen müssen.
10 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2019, Ro 2019/02/0011, ausgeführt hat, handelt es sich bei § 35 Abs. 1 und Abs. 2 FM-GwG um unterschiedliche Tatbestände; umschreibt das Verwaltungsgericht die Tathandlung als Erfüllung des Tatbestandes des § 35 Abs. 1 FM-GwG "beziehungsweise" jenes des Abs. 2 leg. cit., enthält diese Umschreibung einen unzulässigen Alternativvorwurf. Hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfrage gleicht der vorliegende Fall somit diesem Erkenntnis, sodass aus den dort angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auch im vorliegenden Revisionsfall das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
11 Darüber hinaus verweist der Verwaltungsgerichtshof für das fortgesetzte Verfahren hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Austausches der "Zurechnungsperson" auf sein Erkenntnis vom 13. Dezember 2019, Ra 2019/02/0184.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
13 Für die Einbringung der verspäteten Revisionsbeantwortung durch einen der Mitbeteiligten war gemäß § 47 Abs. 3 VwGG kein Aufwandersatz zuzuerkennen.
Wien, am 27. Jänner 2020
Schlagworte
BerufungsverfahrenBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtBesondere Rechtsgebiete"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Verantwortlichkeit (VStG §9)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019020185.L00Im RIS seit
02.03.2020Zuletzt aktualisiert am
03.03.2020