TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/3 I414 2211610-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.01.2019
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Entscheidungsdatum

03.01.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §66 Abs1
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §129
StGB §130 ersterFall
StGB §229
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I414 2211610-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Algerien, vertreten durch RA Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, Untere Viaduktgasse 6/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.08.2013 rechtskräftig negativ entschieden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion (BPD) Wien vom XXXX Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot im Ausmaß von 5 Jahren verhängt. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft (AS 10 ff.).

Mit Urteil des Landegerichtes XXXX vom XXXX Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 127 und 129 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid der BPD Wien vom XXXX Zl. XXXX wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot im Ausmaß von 10 Jahren verhängt. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft (AS 232 ff.).

Mit Urteil des Landegerichtes XXXX vom XXXX Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer nach §§ 127, 130 erster Fall und 269 Abs. 1 sowie 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landegerichtes XXXX vom XXXX Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer nach §§ 127, 229 Abs. 1, 130 erster Fall und 269 Abs. 1 erster Fall sowie 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid der BPD Wien vom XXXX Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (AS 547 ff.). Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben (AS 567 ff.). Mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vom XXXX Zl. XXXX, wurde der Berufung nicht Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt (AS 605 ff.).

Mit Urteil des Landegerichtes XXXX vom XXXX, Zl. 0XXXX, wurde der Beschwerdeführer nach § 127 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt.

Am 10.12.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) niederschriftlich einvernommen.

Mit dem hier bekämpften Bescheid hat die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), keinen Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.)

Mit Verfahrensanordnung vom 10.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 28.12.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Mit Schreiben des Vereines Menschenrechte Österreich vom 20.12.2018 wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 19.12.2018 per Flugzeug das österreichische Bundesgebiet nach Algerien verlassen hat (Ausreisebestätigung).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsbürger.

Der Beschwerdeführer ist mit der slowakischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und als Ehegatte einer EWR-Bürgerin begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen.

Die Ehegattin und die zwei Kinder leben in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer verfügt über einen gültigen slowakischen Aufenthaltstitel.

In der Slowakei ist der Beschwerdeführer als Betreiber einer Autovermietung tätig.

Der Beschwerdeführer verfügt - außer seinen Aufenthalten in österreichischen Justizanstalten - über keine Meldeadresse.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit frühestens Ende September 2018 in Österreich.

Abgesehen von seiner Ehefrau und der gemeinsamen Kinder verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom XXXX ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot, mit Bescheid vom XXXX ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot, und mit Bescheid vom XXXX ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, erlassen.

Mit Schreiben des Vereines Menschenrechte Österreich vom 20.12.2018 wurde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 19.12.2018 per Flugzeug das österreichische Bundesgebiet nach Algerien verlassen hat (Ausreisebestätigung).

Der Beschwerdeführer weist nachfolgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

1) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

PAR 127 229/1 StGB

Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum 13.11.2008 zu LG XXXX XXXX RK XXXX Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG XXXX XXXX vom XXXX

zu LG XXXX XXXX RK XXXX

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Beginn der Probezeit 10.08.2005

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 09.08.2005 Erlass des BMVRDJ Zahl 4.011.086/3-IV 4/2005

JUSTIZANSTALT XXXX vom XXXX

zu LG XXXX </nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>XXXX RK XXXX Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> XXXX vom XXXX

2) LG XXXX 64 E HV

71/2005M</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> vom XXXX RK

XXXX

PAR 15 127 129/1 StGB Freiheitsstrafe 8 Monate Vollzugsdatum 13.11.2008

zu LG XXXX 64 E HV 71/2005M

</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>RK XXXX

Rest der Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre, Beginn der Probezeit 10.08.2005

gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom 09.08.2005 Erlass des BMVRDJ Zahl XXXX

JUSTIZANSTALT XXXX vom XXXX

zu LG XXXX 64 E HV

71/2005M</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> RK XXXX Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> XXXX vom XXXX

3) LG XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> XXXX vom XXXX

RK XXXX

PAR 127 130 (1. SATZ 1. FALL) StGB

Freiheitsstrafe 15 Monate

Vollzugsdatum 23.04.2008

4) LG XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person> XXXX vom XXXX

RK XXXX

PAR 127 229/1 130 (1. FALL) 269/1 (1. FALL) 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 05.08.2010

Freiheitsstrafe 2 Jahre

Vollzugsdatum 03.08.2012

5) LG XXXX </nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>0XXXX vom

XXXX RK XXXX

§ 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 10.10.2018

Freiheitsstrafe 2 Monate

Vollzugsdatum 27.11.2018

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in dem Beschwerdeschriftsatz. Außerdem wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und der Sozialversicherung ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Aufgrund der vorgelegten identitätsbezeugenden Dokumente steht die Identität des Beschwerdeführers fest. Personalausweises, Nr.: XXXX, ausgestellt von der algerischen Botschaft in Wien, gültig bis XXXX.

Slowakischer Aufenthaltstitels, Nr: XXXX, gültig bis XXXX (AS 22 bis 23).

Dass der Beschwerdeführer mit einer slowakischen Staatsangehörigen verheiratet ist und mit seiner Ehegattin zwei Kinder hat, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 39).

Dass die Ehegattin mit den gemeinsamen Kindern in Österreich lebt, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 39).

Die Feststellung zum Gesundheitszustand ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 39).

Die Feststellung zum slowakischen Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt (AS 22 bis 23).

Die Feststellung zur Selbständigkeit des Beschwerdeführers in der Slowakei ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 38).

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Melderegister sowie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 38).

Dass sich der Beschwerdeführer frühestens seit Ende September 2018 in Österreich aufhältig ist, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 10.12.2018 vor der belangten Behörde (AS 38).

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen Beziehungen verfügt und in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nicht maßgeblich integriert ist, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Die Feststellung, dass gegen den Beschwerdeführer mehrmals Aufenthaltsverbote erlassen wurden, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung zur Ausreise des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet per Flugzeug nach Algerien ergibt sich aus der unbedenklichen vorgelegten Ausreisebestätigung vom 20.12.2018.

Dass der Beschwerdeführer fünf Mal strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt wurde ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt sowie aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Zu Spruchpunkt A)

3. Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage

3.1.1. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 Fremdenpolizeigesetzes (FPG) lautet:

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

[...]

3.1.2. Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

[...]

3.1.3. Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" überschriebene § 70 FPG lautet:

§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

3.1.4. Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" überschriebene § 18 Abs. 3 BFA-VG lautet:

§ 18 (3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

3.2. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der Beschwerdeführer ist, da seine Gattin EWR-Bürgerin ist und ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen hat, begünstigter Drittstaatsangehöriger. Dies gälte grundsätzlich auch bei einer Aufenthaltsehe (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293; 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).

In § 67 Abs. 1 FPG ist vorgesehen, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige ein Aufenthaltsverbot erlassen wird, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Die im selben Absatz folgende Sonderbestimmung für begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, kann außer Betracht bleiben, da diese Voraussetzung nach den Feststellungen nicht vorliegt.

In § 66 Abs. 1 FPG ist angeordnet, dass eine Ausweisung von EWR- und Schweizer Bürgern sowie begünstigter Drittstaatsangehöriger, die bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben, nur zulässig ist, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Das gilt nach der Rechtsprechung auch für Aufenthaltsverbote (VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135 mwH). Da fallbezogen die Voraussetzung eines fünfjährigen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts fehlt, bleibt der oben angegebene Maßstab nach § 67 Abs. 1 FPG anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung ist "bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Für diese Beurteilung ist demnach nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich. Dabei ist [...] auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen." (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143).

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes insgesamt vier Mal und davon drei Mal trotz des Bestehens eines Aufenthaltsverbotes von österreichischen Strafgerichten rechtskräftig verurteilt. Zuletzt wurde er am XXXX wegen das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt und überdies auch mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung verurteilt wurde. Der Ansicht, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers somit eine tatsächliche und gegenwärtige schwerwiegende Gefahr darstellt, ist aus folgenden Gründen beizutreten:

Der Beschwerdeführer wurde erstmals am XXXX wegen des Vergehens nach § 127 StGB und des Vergehens nach § 229 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Aufgrund dieser Verurteilung wurde ein befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der Beschwerdeführer wurde jedoch 2005 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Daraufhin wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbots erlassen. Trotzdem wurde der Beschwerdeführer erneut straffällig. 2007 wurde er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten und 2010 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Trotz der Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots wurde der Beschwerdeführer letztmalig am XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat durch sein Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Das sich aus den mehrfachen Verurteilungen ergebende Persönlichkeitsbild lässt keinen Schluss zu, dass der Beschwerdeführer sich in Zukunft wohlverhalten werde. Vielmehr geben die zahlreichen einschlägigen Eigentumsdelikte Anlass zur Prognose, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht.

Der Beschwerdeführer befindet sich zwar gegenwärtig nicht mehr in Strafhaft, es ist jedoch die seit seiner Freilassung verstrichene Zeit noch zu wenig weit fortgeschritten, um ihm einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren.

Das Gericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer mit einer slowakischen Staatsbürgerin verheiratet ist, welche mit den gemeinsamen Kindern in Österreich lebt. In der niederschriftlichen Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass er bis zu seiner Einreise im September 2018 in der Slowakei wohnhaft war. Ferner wurde die Ehe geschlossen, als der Beschwerdeführer kein Recht auf einen Aufenthalt in Österreich hatte. Es ist auch nicht ersichtlich, warum das Paar mit den Kindern sein Familienleben nicht auch in der Slowakei fortsetzen könnten, zumal die Ehegattin slowakische Staatsangehörige ist und der Beschwerdeführer über einen gültigen Aufenthaltstitel für die Slowakei verfügt. Auch kann der Kontakt durch Besuche in der Slowakei aufrechterhalten werden.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere zur Wahrung des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Wohls Österreichs, an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen. Angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist daher die Verhängung des Aufenthaltsverbotes in der von der belangten Behörde ausgesprochenen Dauer aufgrund der geltenden Rechtslage als angemessen, erforderlich und darüber hinaus auch als verhältnismäßig zu erachten. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität und das öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH 07.07.2009, AW 2009/18/0219; 20.03.1996, 95/21/0643; 03.03.1994; 94/18/0021; 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365). Die belangte Behörde hat sich hinreichend mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt. Die von der belangten Behörde getroffenen Erwägungen sind im angefochtenen Bescheid im Einzelnen und in nachvollziehbarer Weise dargelegt worden. In der vorliegenden Beschwerde selbst wurden keine Umstände vorgebracht, die allenfalls eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes zulassen würden.

3.3. Zum Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist (u. a.) begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Die belangte Behörde verweist in der Begründung für die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubs darauf, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine beruflichen Bindungen verfügt, er seinen Lebensmittelpunkt in der Slowakei hat und er nur zu Besuch in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Der Beschwerdeführer ist trotz des Bestehens eines Aufenthaltsverbots mehrmals straffällig geworden. Dazu kommt, dass vom Beschwerdeführer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht und somit die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten ist.

Im Ergebnis hat die belangte Behörde damit zu Recht von einem Durchsetzungsaufschub abgesehen.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer am 19.12.2018 das österreichische Bundesgebiet verlassen.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III.):

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Da die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers, wie eben unter 3.3 gezeigt, im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist, hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung zu Recht ausgeschlossen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knappe drei Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

B) Zur Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung - Entfall, begünstigte
Drittstaatsangehörige, Durchsetzungsaufschub, Gefährdung der
Sicherheit, Gefährdungsprognose, Gesamtverhalten AntragstellerIn,
Haft, Haftstrafe, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Persönlichkeitsstruktur, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Straffälligkeit, Strafhaft, strafrechtliche
Verurteilung, Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2211610.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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