Entscheidungsdatum
01.08.2019Norm
BDG 1979 §123 Abs2Spruch
W170 2221332-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch TWP Rechtsanwälte, gegen den Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Senat 3, vom 15.05.2019, Zl. 103 Ds 3/18b - 12, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 123 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2019, stattgegeben, der bekämpfte Einleitungsbeschluss ersatzlos behoben und das diesbezügliche Disziplinarverfahren eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. XXXX war von 21.05.2002 bis 30.11.2016 zu 50%, 60%, 80% oder 100% als Revisor tätig, wobei er darüber hinaus fallweise anderen Funktionen zugeteilt wurde (etwa als interimistischer Vorsteher der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts XXXX oder Zuständiger für Personalangelegenheiten der Beamten und Vertragsbediensteten des Landesgerichts XXXX ). Seit 01.12.2016 ist XXXX Vorsteher der Geschäftsstelle des Landesgerichts XXXX .
1.2. Mit Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Senat 3, vom 15.05.2019, Zl. 103 Ds 3/18b - 12, wurde XXXX vorgeworfen, "er habe im Zuge seiner Tätigkeit als Revisor des Oberlandesgerichtes XXXX ab einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis zum 19.1.2016 bei den Revisionen des Bezirksgericht XXXX Aktenjahrgang 2014 und älter, des Bezirksgericht XXXX Jahrgang 2013 und älter und des Bezirksgericht XXXX Jahrgänge 2010 bis 2012 zumindest teilweise vorsätzlich die ihm zukommende Gebührenüberprüfung unterlassen bzw. Gebühren unrichtig vorgeschrieben, sodass beim Bezirksgericht XXXX 81 Beanstandungen Gebührennachforderungen von insgesamt EUR 57.885,60, beim Bezirksgericht XXXX 82 Beanstandungen Nachforderungen in Höhe von EUR 43.786,-- und beim BG XXXX 107 Beanstandungen (verjährte) Nachforderungen in Höhe von EUR 94.357,60 auslösten".
Der Einleitungsbeschluss wurde XXXX am 31.05.2019 zugestellt.
1.3. Mit Schriftsatz vom 28.06.2019, am selben Tag per Fax bei der belangten Behörde eingelangt, ergriff XXXX das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 16.07.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
1.4. XXXX wurde mit (rechtskräftiger) Disziplinarverfügung vom 04.05.2018, Zl. 1 Jv 2947-11/18y-2, des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX mit einer Geldstrafe in Höhe von EUR 2.100,00 bestraft, da er die ihm durch § 43 Abs. 1 BDG auferlegte Pflicht dadurch verletzt hat, "dass er im Rahmen der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Revisor beim Bezirksgericht XXXX für die Jahre 2013, 2014 und 2015 in 197 Fällen unterlassene/unrichtige Gebührenberechnungen übersehen hat, was zu einem Fehlbetrag in Höhe von € 174.446,87 geführt hat" und "dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Revisor beim Bezirksgericht XXXX bei der Überprüfung der Gebührenvorschreibungen für die Jahre 2012 und früher in 53 Fällen unterlassene/unrichtige Gebührenverordnungen nicht erkannt hat, was zu einem Schaden für die Republik Österreich von €
27.210,60 geführt hat."
1.5. Am 16.05.2019 brachte das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz gegen XXXX eine Sachverhaltsdarstellung wegen § 302 Abs. 1 StGB ein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
2.2. Die Feststellungen hinsichtlich der Person und Verwendung des Beschwerdeführers (1.1.) ergeben sich aus der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde, hinsichtlich des Inhalts und des Zustelldatums des Einleitungsbeschlusses (1.2.) aus dem verfahrensgegenständlichen Einleitungsbeschluss und entsprechenden Rückschein. Die Feststellungen hinsichtlich der Beschwerde, Beschwerdevorlage (1.3.) und Sachverhaltsdarstellung (1.5.) ergeben sich ebenso aus dem Verwaltungsakt.
2.3. Die Feststellungen hinsichtlich des Inhalts der Disziplinarverfügung (1.4.) ergeben sich aus der am 24.07.2019 vom Präsidium des Oberlandesgerichts XXXX dem Bundesverwaltungsgericht auf Nachfrage übermittelten Disziplinarverfügung, auf die von beiden Parteien im Einleitungsbeschluss und in der Beschwerde Bezug genommen wurde, die jedoch bis dahin nicht im Akt enthalten war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Da gegenständlich keine Entlassung ausgesprochen wurde, nicht von einer Disziplinaranwältin oder einem Disziplinaranwalt Beschwerde erhoben wurde, und auch kein Anwendungsfall des § 135a Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2019 (in Folge: BDG), vorliegt, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2019, in Verbindung mit § 135a BDG durch Einzelrichter.
Zu A)
Der gegenständliche Einleitungsbeschluss wirft Fragen hinsichtlich einer etwaigen Verfolgungsverjährung, hinsichtlich der Unterscheidbarkeit der mit der Disziplinarverfügung bestraften und der im Einleitungsbeschluss vorgehaltenen Dienstpflichtverletzungen und hinsichtlich der Bestimmtheit des Spruchs auf.
3.1. Gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 BDG, darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde eingeleitet wurde. Im gegenständlichen Fall werden XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) Dienstpflichtverletzungen bis zum 19.01.2016 vorgeworfen, der Einleitungsbeschluss wurde am 31.05.2019 (und somit nach drei Jahren und vier Monaten) erlassen.
Allerdings tritt gemäß § 94 Abs. 4 BDG an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist, wenn der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt hat und die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist ist. Gemäß § 57 Abs. 3 Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2018 (in Folge: StGB), beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, wenn die Handlung - wie § 302 Abs. 1 StGB - mit mehr als einjähriger, aber höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Zwar wurde der Beschwerdeführer noch nicht strafrechtlich verurteilt, es ist jedoch folgende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu beachten:
"Es ist nicht ausgeschlossen, dass bereits vor rechtskräftigem Abschluss eines strafgerichtlichen Verfahrens, mit dem nach der Art der angelasteten Straftat im Fall einer Verurteilung die Rechtswirkung nach einer dem § 81 Abs. 3 DGO Graz 1957 vergleichbaren Norm verbunden sein könnte, die Disziplinarkommission einen Einleitungsbeschluss erlassen darf, obwohl die Verjährungsfrist nach § 81 Abs. 1 Z 2 DGO Graz 1957 bereits verstrichen ist (Hinweis E vom 11.10.1993, Zl. 92/09/0318). Zum Zeitpunkt der Erlassung des Einleitungs- und Unterbrechungsbeschlusses im gegenständlichen Fall bestand auf Grund der Möglichkeit, dass die der Staatsanwaltschaft angezeigten Taten zu einer eine längere (disziplinarrechtliche) Verjährungsfrist (als die des § 81 Abs. 1 Z 2 DGO Graz 1957) auslösenden Verurteilung führen könnten, ein Schwebezustand. Ob allerdings in der Folge eine Verjährung nach § 81 Abs. 1 Z 2 DGO Graz 1957 eingetreten ist oder nicht, hing vom Ausgang des strafgerichtlichen Verfahrens zu den gleichen Vorwürfen ab (Hinweis auf das zitierte E vom 11.10.1993). Da eine Verurteilung ausschließlich zu der in der Auflistung unter
4. genannten Anschuldigung erfolgt ist, ist bezüglich der übrigen Vorwürfe des Einleitungs- und Unterbrechungsbeschlusses bzw. des angefochtenen Verhandlungsbeschlusses Verjährung nach § 81 Abs. 1 Z 2 DGO Graz 1957 eingetreten." (VwGH 15.09.2004, 2004/09/0071)
Demnach befindet sich im gegenständlichen Fall die Frage nach der anwendbaren Verjährungsfrist - je nach Ausgang des Strafverfahrens - in einem Schwebezustand; erfolgt keine Verurteilung wegen einer Straftat, deren Verjährungsfrist ausreichend lang ist, um einer Verjährung bis zum 16.05.2019 entgegenzustehen, wird ein allenfalls neuerlich angezeigtes Disziplinarverfahren einzustellen sein.
3.2. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß § 123 Abs. 2 BDG im Einleitungsbeschluss die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen sind. Zur Auslegung des notwendigen Bestimmtheitsgrads in Einleitungsbeschlüssen sei auf folgende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen:
Der Einleitungsbeschluss nach der Rechtslage der Dienstrechts-Novelle 2011 erfüllt auch die Funktion des bisherigen Verhandlungsbeschlusses. Nunmehr sind unter einem gemäß § 123 Abs. 2 BDG auch die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen, das heißt, dass im Spruch des Einleitungsbeschlusses auch der vom Beschuldigten gesetzte strafbare Sachverhalt darzustellen ist, wobei alle Umstände anzugeben sind, die zur Bezeichnung der strafbaren Handlung und zur Subsumption unter einen bestimmten gesetzlichen Tatbestand notwendig sind. Insbesondere ist auch klarzustellen, welche Dienstpflichten der Beschuldigte im Einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird, wobei die endgültige rechtliche Subsumption dem das Disziplinarverfahren beendenden Erkenntnis der Disziplinarkommission - die an die rechtliche Würdigung im Einleitungsbeschluss nicht gebunden ist - vorbehalten bleibt (vgl. 27.10.1999, 97/09/0246, zum Verhandlungsbeschluss vor der Dienstrechts-Novelle 2011). (VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042)
Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses dürfen nur die Anschuldigungspunkte sein, die im Einleitungsbeschluss dem Beamten als Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt wurden. Angesichts dieser Bedeutung des Einleitungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses kommt der "bestimmten" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zu: Der vorgeworfene Sachverhalt muss der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substanziiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände enthalten, die Voraussetzung für die Annahme der Schuld und der Erfüllung des Tatbestandes der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Er muss eine so hinreichende Substanziierung enthalten, dass dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt (vgl. 27.04.1989, 88/09/0004; 18.03.1998, 96/09/0145; 01.07.1998, 97/09/0365; 17.11.2004, 2001/09/0035; 09.10.2006, 2003/09/0016). Im Hinblick auf diesen Verfahrensgegenstand sind auch die verfahrensrechtlichen Anforderungen an das zur Erlassung eines Einleitungsbeschlusses führende Verfahren zu sehen. (VwGH 21.04.2015, Ra 2014/09/0042; 17.02.2015, Ra 2014/09/0007)
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. VwGH 09.09.1997, 95/09/0243; 16.09.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen. (VwGH 18.12.2012, 2011/09/0124)
Die Formulierung im Spruch des Einleitungsbeschlusses, der Beschwerdeführer habe "im Zuge seiner Tätigkeit als Revisor des Oberlandesgerichtes XXXX ab einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis zum 19.1.2016 bei den Revisionen des Bezirksgericht XXXX Aktenjahrgang 2014 und älter, des Bezirksgericht XXXX Jahrgang 2013 und älter und des Bezirksgericht XXXX Jahrgänge 2010 bis 2012 zumindest teilweise vorsätzlich die ihm zukommende Gebührenüberprüfung unterlassen bzw. Gebühren unrichtig vorgeschrieben, sodass beim Bezirksgericht XXXX 81 Beanstandungen Gebührennachforderungen von insgesamt EUR 57.885,60, beim Bezirksgericht XXXX 82 Beanstandungen Nachforderungen in Höhe von EUR 43.786,-- und beim BG XXXX 107 Beanstandungen (verjährte) Nachforderungen in Höhe von EUR 94.357,60 auslösten", wird dem in der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur geforderten Bestimmtheitsgrad nicht gerecht. Nicht nur sind die Zeitangaben "ab einem noch festzustellenden Zeitpunkt bis zum 19.1.2016", "Aktenjahrgang 2014 und älter", "Jahrgang 2013 und älter" "Jahrgänge 2010 bis 2012" sehr vage, die Fälle, in denen dem Beschwerdeführer Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen werden, werden bloß gezählt ("81 Beanstandungen", "82 Beanstandungen", "107 Beanstandungen") und nicht näher bestimmt, etwa mit Geschäftszahlen aufgelistet. Aufgrund dieser Formulierungen im Einleitungsbeschluss steht somit (auch in Zusammenhang mit der Begründung) jedoch nicht unverwechselbar fest, welcher konkrete Vorgang bzw. welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, welche Tat bzw. welche Taten dem Beschwerdeführer angelastet wird, oder wodurch sich der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Beschwerdeführer angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen. Nämlich stellt sich nicht nur die Frage nach dem konkreten Gegenstand des Disziplinarverfahrens, sondern auch nach einer möglichen (rechtswidrigen) Doppelbestrafung, da die mit der Disziplinarverfügung bestraften Dienstpflichtverletzungen ebenso vage umschrieben waren - dies selbst, wenn in der Begründung des Einleitungsbeschlusses ausgeführt wird, die Disziplinaranzeige habe sich "betreffend die Gerichtsakten 2010 bis 2012 beim Bezirksgericht XXXX über die Disziplinarverfügung vom 4.5.2018 bereits aufgegriffenen Fälle hinaus anlässlich 107 (weiteren) Beanstandungen" bezogen. Insbesondere aufgrund der unklaren Sprüche der Disziplinarverfügung und des Einleitungsbeschlusses war ein Vergleich dieser nicht möglich und daher auch eine Doppelbestrafung hinsichtlich dieser Fälle nicht auszuschließen.
Auch hinsichtlich der anderen vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ging jedoch aus dem Spruch des bekämpften Einleitungsbeschlusses - auch nicht im Zusammenhang mit der Begründung - nicht ausreichend hervor, was Sache des Disziplinarverfahrens ist - konkret, bei welchen Amtshandlungen in Bezug auf welche Geschäftsstücke der Beschwerdeführer welche Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) begangen haben soll.
Es ist dem Beschwerdeführer im Lichte dieses Einleitungsbeschlusses nicht möglich, sich zu verteidigen, da ihm eben nicht bekanntgegeben wurde, bei welchen Amtshandlungen in Bezug auf welche Geschäftsstücke der Beschwerdeführer welche Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) begangen haben soll.
3.3. Es ist daher der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), in Verbindung mit § 123 Abs. 2 BDG stattzugeben, der bekämpfte Einleitungsbeschluss wegen Unbestimmtheit ersatzlos zu beheben und das Disziplinarverfahren einzustellen.
Dem steht jedoch - soweit sich nicht im Zusammenhang mit dem Ausgang des Strafverfahrens herausstellt, dass die Sache angesichts des oben zur Verjährung ausgeführten verjährt ist - die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen ausreichend bestimmt bezeichneter Dienstpflichtverletzungen nicht entgegen, da die Rechtskraftwirkung der gegenständlichen Entscheidung sich nicht auf die einzelnen Verfehlungen bei der Bearbeitung einzelner, genau zu bezeichnender Geschäftsstücke bezieht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Anschuldigungspunkt, Bestimmtheitsgebot, Dienstpflichtverletzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2221332.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.02.2020