TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/14 W256 2147289-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2019
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Entscheidungsdatum

14.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W256 2147289-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Jänner 2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 29. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005).

Am 30. November 2014 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben) Folgendes an: "Ich habe als Sanitäter gearbeitet. Die Taliban haben mir vorgeworfen, für die Regierung zu arbeiten, und wollen mich töten. Ich habe Kinder geimpft, was laut Taliban verboten ist. Sonst habe ich keine Fluchtgründe."

Der Beschwerdeführer wurde am 16. Februar 2016 durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen. Dabei wiederholte er im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen. Ergänzend führte er aus, Drohbriefe von den Taliban aufgrund seiner Arbeitstätigkeit erhalten zu haben. Unter einem legte der Beschwerdeführer diverse Unterlagen, darunter auch zwei Taliban-Drohbriefe vor.

Mit Telefax vom 23. Mai 2016, vom 8. Juni 2016, vom 26. September 2016 und vom 12. Oktober 2016 legte der Beschwerdeführer ergänzende Integrationsunterlagen vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Es seien keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, wonach der Beschwerdeführer bei einer Rückführung nach Kabul existenziell gefährdet wäre. Mangels familiärer oder schützenswerter privater Beziehungen in Österreich sei von keiner besonderen Bindung zu Österreich auszugehen und sei der mit der Rückkehrentscheidung einhergehende Eingriff in das Privatleben nicht unverhältnismäßig, weshalb eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin werden im Wesentlichen unzureichende Länderfeststellungen, eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung moniert. Der Beschwerdeführer habe für das afghanische Gesundheitsministerium XXXX -Impfungen durchgeführt, weshalb er von den Taliban als Spion verdächtigt und auch bedroht werde. Dieser Umstand wäre von der belangten Behörde leicht vor Ort zu verifizieren gewesen. Da die Herkunftsregion des Beschwerdeführers durch die Taliban gefährdet sei und er sich auch nirgendwo anders niederlassen könne, wäre ihm im Übrigen der subsidiäre Schutz zuzuerkennen gewesen. Schließlich wurde auf die verfestigte Integration des Beschwerdeführers verwiesen und wurden dazu ergänzende Unterlagen vorgelegt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. März 2017 wurde das Bundesverwaltungsgericht über einen Abschlussbericht der Landespolizeidirektion XXXX informiert. Darin wird ausgeführt, dass gegen den Beschwerdeführer Ermittlungen wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung durchgeführt werden.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden den Parteien diverse Länderberichte, darunter u.a. das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29. Juni 2018, zuletzt aktualisiert am 11. September 2018 und die Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 14. November 2016 zu Afghanistan: Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen auf Mitarbeitende der Regierung, ausländischer Firmen und internationaler Streitkräfte; Drohbriefe; Rekrutierung; psychische Erkrankungen (im Folgenden: SFH), durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 21. November 2018 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt.

Mit Schreiben vom 3. April 2019 wurde den Parteien u.a. das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29. Juni 2018, zuletzt aktualisiert am 23. November 2018 (im Folgenden: LIB), die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Versorgungslage in Mazar-e Sharif im Zeitverlauf 2010-2018 vom 19. November 2018 (im Folgenden: Anfragebeantwortung) und die Kurzinformation der Staatendokumentation zur Aktualisierung der Sicherheitslage vom 1. März 2019 (im Folgenden: Kurzinformation) zum Parteiengehör übermittelt.

Mit Stellungnahme vom 17. April 2019 verwies der Beschwerdeführer unter Anführung diverse Länderberichte im Wesentlichen auf die schlechte Sicherheitslage und die prekäre Versorgungslage in Afghanistan. In Hinblick auf die prekäre Situation von Rückkehrenden werde insbesondere auf das Gutachten von XXXX und die aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 verwiesen. Der Beschwerdeführer verfüge über kein tragfähiges familiäres oder soziales Netz in Afghanistan und stehe ihm damit auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, zumal die Versorgungssituation in Mazar-e Sharif schwierig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

Der - im Spruch genannte - Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem (OZ 1 AS 11, AS 39, und Verhandlungsschrift Seite 5 f).

Er wurde in Afghanistan, in der Provinz Paktia geboren und ist er dort auch bei seiner Familie aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat Afghanistan im Herbst 2014 alleine verlassen und ist er anschließend nach Europa ausgereist (OZ 1 AS 41, AS 47 und Verhandlungsschrift Seite 5 f).

Der Beschwerdeführer spricht Paschtu, Dari und ein wenig Englisch (OZ 1 AS 11 und Verhandlungsschrift Seite 7). Er hat in Österreich bereits Deutschkurse besucht, und die Prüfung zu B1 bestanden (Beilage ./A zum Verhandlungsprotokoll).

Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan zehn Jahre die Schule besucht und danach einen Computer- und Englischkurs besucht (OZ 1 AS 41, Verhandlungsschrift Seite 7). Er ist volljährig, ledig (Verhandlungsschrift Seite 7) und gesund (Verhandlungsschrift Seite 4).

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragsstellung am 29. November 2014 im Bundesgebiet aufhältig (OZ 1 AS 13). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 14. August 2019).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen oder sonstige - über bloße Freundschaften hinausgehende - enge Kontakte (Verhandlungsschrift Seite 15 und Seite 17).

Der Beschwerdeführer hat die Pflichtschulabschlussprüfung bestanden (Beilage ./J zum Verhandlungsprotokoll) und anschließend das Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und wirtschaftskundliches Bundesrealgymnasium für Berufstätige in XXXX besucht (Beilagen .F/ bis ./H zum Verhandlungsprotokoll).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich bereits ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgegangen, u.a. hat er das Rote Kreuz (Beilage ./S zum Verhandlungsprotokoll) unterstützt, in einer Arztpraxis als Dolmetscher fungiert (Beilage zum Verhandlungsprotokoll) sowie dem Verein XXXX bei Veranstaltungsvorbereitungsarbeiten geholfen (Beilage ./P zum Verhandlungsprotokoll).

Der Beschwerdeführer hat an einem Erste-Hilfe-Grundkurs (Beilage ./K zum Verhandlungsprotokoll) teilgenommen und die Bronzene Verdienstmedaille vom Roten Kreuz verliehen bekommen (Beilage ./T zum Verhandlungsprotokoll).

Er wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 14. August 2019).

zur Lage in Afghanistan

zur Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 5% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (63%) aus. Selbstmordanschläge gingen um 37% zurück, was möglicherweise an erfolgreichen Bekämpfungsmaßnahmen in Kabul-Stadt und Jalalabad liegt. Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Streitkräfte stiegen um 25%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten (Kurzinformation, Seite 1).

Trotz verschiedener Kampfhandlungen und Bedrohungen blieben mit Stand Dezember 2018 gemäß SIGAR die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (Kurzinformation, Seite 2).

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (LIB, Seite 42).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB, Seite 42).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (vgl. LIB, Seite 45).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB, Seite 53).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB, Seite 46).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB, Seite 45).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert; auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen. Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (LIB, Seite 46).

Am 22. April 2015 gaben die Taliban bekannt, dass sich die Frühlingsoffensive wie schon in den Jahren zuvor gegen Regierungsvertreter und andere Personen richte, die vermeintlich die Regierung unterstützen (SFH Seite 2).

zu Paktia

Paktia zählt zu den unruhigen Gebieten Afghanistans. Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz aktiv. Paktia ist eine strategische Provinz Afghanistans und gilt als Hochburg der Taliban und des Haqqani-Netwerks; sie grenzt an Pakistan sowie auch an die Stammesgebiete unter pakistanischer Bundesverwaltung (FATA, Anm.) und gilt als Zutrittspunkt für aufständische Gruppierungen wie die Taliban, Mitglieder des Haqqani-Netzwerks oder al-Qaida. Im November 2017 erklärten sich die Dorfältesten der Provinz Paktia bereit, zwischen der afghanischen Regierung und dem Haqqani-Netzwerk zu vermitteln (LIB, Seite 195 f).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 60 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB, Seite 196).

In der Provinz werden Militäroperationen durchgeführt, um gewisse Gegenden von Aufständischen zu befreien; unter anderem in Form von Luftangriffen; dabei werden Aufständische getötet. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (LIB, Seite 197).

zu Mazar-e Sharif

Mazar-e-Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e-Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri. Sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich auch an und auch der Dienstleistungsbetrieb wächst. In Mazar-e-Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl LIB, Seite 85 f).

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten (LIB, Seite 85).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz zu reduzieren (LIB, Seite 86).

Die Provinz Balkh ist nach wir vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistan, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen Nordafghanistans. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (LIB, Seite 86).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB, Seite 86).

zur Versorgungslage:

Die Provinz Balkh erlebte nach 2004 aufgrund der vergleichsweise stabilen Sicherheitslage einen Wirtschaftsaufschwung. Mazar-e Sharif zog damit viele Arbeitskräfte aus ländlichen Gebieten und angrenzenden Regionen an. Eine Studie aus dem Jahr 2014 kam daher zu dem Schluss, dass Mazar-e Sharif unter den fünf größten Städten Afghanistans bei weitem die höchste Zahl an Wirtschaftsmigranten aufnahm. Aufgrund seiner Anbindungen an den zentralasiatischen Raum und seiner vorteilhaften zentralen Lage in Nordafghanistan ist Mazar-e Sharif eine wichtige Drehscheibe für Import und Export, wie auch ein regionales Handelszentrum für den Norden Afghanistans (Anfragebeantwortung, Seite 2 f).

Gemäß einer jährlichen Erhebung der Lebensbedingungen in Afghanistan, welche die Asia Foundation seit 2004 durchführt, schätzte eine Mehrheit der befragten Bewohner der Stadt Mazar- e Sharif im Zeitraum 2010-2017 ihre Versorgung mit Gütern, wie auch die Qualität der von ihrem Haushalt konsumierten Lebensmittel und ihre Wohnsituation als gegenüber dem Vorjahr gleich bleibend ein. Der Anteil jener, die angaben, dass sich die Verfügbarkeit von Gütern für ihren Haushalt, wie auch die Qualität der Lebensmittel und die Wohnsituation gegenüber dem Vorjahr verschlechtert habe, nahm im Zeitraum 2015-2017 gegenüber 2010-2012 zu. Der Anteil jener, die Verbesserungen sahen, nahm ab - mit Ausnahme der Wohnsituation, bei welcher im Jahr 2017 wieder mehr Befragte eine Verbesserung als eine Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr wahrnahmen (Anfragebeantwortung, Seite 3 f).

Der Anteil jener, die eine Verschlechterung der finanziellen Situation ihres Haushaltes, wie auch der Beschäftigungsmöglichkeiten ihrer Haushaltsmitglieder gegenüber dem Vorjahr wahrnahmen, lag im Zeitraum 2015-2017 höher als im Zeitraum 2010-2012. Hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten gaben im Zeitraum 2015-2017 rund 64 bis 76 Prozent der Befragten an, dass sich die Lage ihres Haushalts verschlechtert habe, 2010-2012 waren es 28 bis 42 Prozent. Der Anteil jener, die angaben, dass sich die finanzielle Situation ihres Haushaltes verbessert habe, stieg im Zeitraum 2015-2017 wieder, nachdem er zwischen 2012 und 2015 um beinahe 40 Prozentpunkte abgenommen hatte. Ebenso stieg allerdings der Anteil der Befragten, welche angaben, dass sich ihre finanzielle Situation gegenüber dem Vorjahr verschlechtert habe und liegt seit dem Jahr 2015 über dem Anteil an Personen, welche eine Verbesserung wahrnahmen. Der Anteil jener, die eine Verbesserung der Stromversorgung ihres Haushaltes wahrnahmen, stieg dagegen seit 2011 von rund 6 Prozent auf 55 Prozent im Jahr 2015 und blieb auch in den Jahren 2016 und 2017 auf hohem Niveau (Anfragebeantwortung, Seite 4).

Während die Ernährungslage in Mazar-e Sharif im Jänner 2010 und Jänner 2015 durch das Famine Early Warning Systems Network (FEWS-NET) als nur minimal bedroht eingestuft wurde, befand sich die Stadt im Februar 2018 in einer Zone, in welcher FEWS-NET die Lage als angespannt einstuft (Anfragebeantwortung, Seite 4 f).

Die hohe Anzahl an Binnenvertriebenen und Rückkehrern, welche sich in den vergangenen Jahren in Mazar-e Sharif ansiedelten, ließ die tendenziell ohnehin fragilen Fürsorgenetzwerke und städtische Infrastruktur gemäß EASO an ihre Grenzen stoßen (Anfragebeantwortung, Seite 5).

Die Verfügbarkeit und Qualität der medizinischen Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt (LIB, Seite 340).

In den letzten 10 Jahren hat die Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung in Afghanistan stetig zugenommen. Das afghanische Gesundheitssystem hat in dieser Zeit ansehnliche Fortschritte gemacht. Einer Umfrage der Asia Foundation zufolge hat sich 2017 die Qualität der afghanischen Ernährung sowie der Gesundheitszustand in den afghanischen Familien im Vergleich zu 2016 gebessert (LIB, Seite 340).

Das afghanische Gesundheitsministerium bietet zwei Grundversorgungsmöglichkeiten an: das "Essential Package of Health Services" (EPHS) und das "Basic Package of Health Services" (BPHS). Beide Programme sollen standardisierte Behandlungsmöglichkeiten in gesundheitlichen Einrichtungen und Krankenhäusern garantieren. Die im BPHS vorgesehenen Gesundheitsdienstleistungen und einige medizinische Versorgungsmöglichkeiten des EPHS sind kostenfrei. Jedoch zahlen Afghanen und Afghaninnen oft aus eigener Tasche, weil sie private medizinische Versorgungsmöglichkeiten bevorzugen, oder weil die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen die Kosten nicht ausreichend decken. Es gibt keine staatliche Unterstützung für den Erwerb von Medikamenten, diese Kosten müssen von den Patienten getragen werden. Nur privat versicherten Patienten können die Medikamentenkosten zurückerstattet werden (LIB, Seite 341 f).

Eine begrenzte Anzahl an staatlichen Krankenhäusern in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Für den Zugang zur medizinischen Versorgung sind der Besitz der afghanischen Staatsbürgerschaft und die Mitnahme eines gültigen Ausweises bzw. der Tazkira erforderlich (LIB, Seite 342 f).

zur Situation im Falle einer Rückkehr

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (vgl LIB, Seite 349).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB, Seite 351 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. AMASO bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa Beratung und Unterstützung. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (vgl LIB, Seite 351 ff).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB, Seite 352 f).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (vgl LIB, Seite 353 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (vgl LIB, S. 354).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Seite 354).

2. Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

1. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Familienstand, seinem Ausreisezeitpunkt, seinen Aufenthalten in Afghanistan und seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus seinen diesbezüglich weitgehend gleichbleibenden und glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang stützen sich auf seine glaubhaften und weitgehend gleichbleibenden Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Zusammenhalt mit seinen Angaben in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde und den vorgelegten Unterlagen (OZ 1 AS 41, Verhandlungsschrift Seite 7).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des Verfahrens (Einvernahme vor der belangten Behörde Seite 1 sowie Verhandlungsschrift Seite 4) und wurde diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges vom Beschwerdeführer bislang im Verfahren vorgebracht.

Die Feststellung seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenhalt mit den vorgelegten Bestätigungen.

2. zu den Nichtfeststellungen in Bezug auf individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungen in Afghanistan:

Der Beschwerdeführer behauptet im gesamten Verfahren eine Verfolgung durch die Taliban wegen seiner Arbeitstätigkeit für das Gesundheitsministerium.

Eine solche Bedrohung durch die Taliban konnte vom Beschwerdeführer jedoch nicht plausibel und damit auch nicht glaubhaft gemacht werden.

Laut den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sei der Beschwerdeführer mittels eines Drohbriefes wegen seiner seit 1. März 2012 ausgeübten Tätigkeit von den Taliban mit dem Tod bedroht worden. Dennoch habe der Beschwerdeführer weitergearbeitet, weshalb er im darauffolgenden Monat neuerlich mittels Drohbrief von den Taliban bedroht worden sein soll. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin für ungefähr 24 Tage bei seinem Onkel in der Provinzhauptstadt von Paktia versteckt gehalten und sei er anschließend Ende September 2014 geflohen (Verhandlungsschrift Seite 20 ff).

Schon allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer ungefähr 2 1/2 Jahre unbehelligt in Afghanistan seiner Tätigkeit nachgehen habe können, kann mit der vom Beschwerdeführer aus diesem Grund behaupteten Verfolgung nicht in Einklang gebracht werden. Dass sich die Angriffe der Taliban - wie vom Beschwerdeführer dazu befragt behauptet - erst im Jahr 2014 gegen Personen, die vermeintlich die Regierung unterstützen, gerichtet hätten, kann angesichts der seit 2001 bestehenden Konfliktsituation in Afghanistan, insbesondere aber mit den vorliegenden Feststellungen, wonach sich laut Angaben der Taliban am 22. April 2015 die Frühlingsoffensive - wie schon die Jahre zuvor - verstärkt gegen vermeintliche Unterstützer der Regierung richte, nicht nachvollzogen werden (Verhandlungsschrift Seite 18 f: "R: Wie erklären Sie sich, dass die Taliban erst 2 1/2 Jahre später auf Ihre Tätigkeit aufmerksam wurden? BF: Anfänglich wurde die XXXX Impfung in den Dörfern als eine positive Angelegenheit aufgefasst, als ein Verdienst. Wir sind frei herumgegangen und wurden auch nicht angehalten. Nachdem der Staat und die Amerikaner Häuser bombardiert haben und die Häuser durchsucht haben und Razzien durchgeführt haben, hat sich die Stimmung in den Ortschaften gewandelt. Es wurden nicht nur Taliban bei den Razzien getötet, sondern auch einfache Leute. Danach haben die Taliban die Menschen gegen uns aufgehetzt und gesagt, dass diese Übergriffe nur durch interne Personen die Informationen nach außen tragen, passiert sind. Viele Taliban haben sich bei den Angehörigen versteckt. Die Wahrheit war die, dass wir nur die XXXX Impfungen gemacht haben und sonst nichts. Wir sind in diesen Ortschaften herumgegangen. Danach haben die Taliban verkündet, dass die XXXX Impfungen nur eine Tarnung seien und wir eigentlich für den Staat aktive Spionage betreiben.").

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer selbst nach Erhalt des ersten Drohbriefes 2014 seine Tätigkeit für die Regierung - wie von ihm verlangt - nicht aufgegeben, sondern weiterhin in der Öffentlichkeit Impfungen vorgenommen haben soll (Verhandlungsschrift Seite 19: "R:

Haben Sie weitergearbeitet? BF: Ja, im darauf kommenden Monat kam wieder die Aufforderung XXXX zu impfen. Wir haben auch die Impfungen durchgeführt. Danach kam wieder ein Schreiben der Taliban."). Dass die Taliban dennoch den Beschwerdeführer nicht - wie im Drohbrief angekündigt - zur Rechenschaft gezogen, sondern erneut einen Drohbrief an den Beschwerdeführer gerichtet hätten, kann die behauptete (Ernsthaftigkeit einer) gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung ebenfalls nicht aufzeigen. Den dazu erstatteten Ausführungen des Beschwerdeführers, die Taliban seien vielleicht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit zwischenzeitig aufgegeben, kann angesichts der Öffentlichkeitswirksamkeit seiner Tätigkeit nicht gefolgt werden und wäre in diesem Fall die Versendung eines neuerlichen Drohbriefes auch nicht erklärbar (Verhandlungsschrift Seite 19 f: "R: Weshalb haben die Taliban Sie nach diesem einen Monat nicht gleich getötet, sondern Ihnen einen neuerlichen Drohbrief datiert mit 10. 9. 2014 zukommen lassen? BF: Ich kann mir die Vorgehensweise der Taliban nicht erklären. Ich kann nur Vermutungen anstellen. Vielleicht haben sie vermutet, dass ich die Arbeit aufgegeben habe.").

Letztlich überzeugen auch die Angaben des Beschwerdeführers, er habe selbst nach Versendung des zweiten Drohbriefes noch ungefähr 24 Tage nur deshalb in Afghanistan unbehelligt leben können, weil er bei seinem Onkel versteckt gewesen sei, nicht. Laut den eigenen Angaben des Beschwerdeführers seien die Taliban 5 Tage nach Erhalt des zweiten Drohbriefes bei seiner Familie zu Hause gewesen und habe sein Vater daraufhin am nächsten Tag den Beschwerdeführer beim Onkel aufgesucht und ihm den zweiten Drohbrief überbracht (Verhandlungsschrift Seite 20). Dass die Taliban den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht bestimmen hätten können, kann insofern nicht nachvollzogen werden. Dies umso mehr, als den eigenen Angaben des Beschwerdeführers zufolge die Taliban ihn gesucht und insofern sogar das Haus der Familie überwacht hätten (Verhandlungsschrift Seite 22: "Mein Vater hat mir bis zur Flucht erzählt, dass die Taliban die Umgebung kontrollieren und mit den Motorrädern immer vorfahren, um uns Angst einzujagen. Sie haben sich in dieser Gegend vor unserem Haus gezeigt, weil sie gedacht haben, dass ich irgendwann zurückkommen werde.").

Angesichts der obigen Ausführungen kann auch den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Drohbriefen keine Beweiskraft für eine ernsthafte Bedrohung des Beschwerdeführers zugeschrieben werden, zumal den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bereits angeführten berechtigten Zweifel hinsichtlich der Echtheit der Drohbriefe vom Beschwerdeführer ohnedies nicht geeignet entgegengetreten wurde (angefochtener Bescheid Seite 103: "Die vorgelegten Drohbriefe der Taliban legten

Sie .... in einem einwandfreien Zustand [vor]. Wie bereits

ausführlich erörtert, ist es nach Ihrer Schilderung, wie die Briefe zu Ihnen gelangt wären, unmöglich, diese in völliger Unversehrtheit und ohne jegliche Gebrauchsspuren (Fingerabdrücke, Knicke, Risse, Faltlinien usw.) zu bewahren.").

Eine Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Taliban und damit eine besondere Gefährdung allein wegen einer von ihm behaupten Tätigkeit konnte daher im vorliegenden Fall nicht aufgezeigt werden.

Weitere Erhebungen im Herkunftsstaat waren daher - wie vom Beschwerdeführer moniert - schon allein aus diesem Grund nicht geboten (siehe dazu u.a. auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 2017, Ra 2016/20/0074, wonach ein Beweisantrag des Asylwerbers, bestimmte Auskunftspersonen im Herkunftsstaat durch eine Vertrauensperson befragen zu lassen, nicht zulässig ist. Dies gilt auch für den gegen die Beweiswürdigung vorgebrachten Vorwurf, das Vorbringen des Revisionswerbers hätte durch Recherchen vor Ort überprüft werden müssen.).

Es konnten daher insgesamt keine Feststellungen in Bezug auf diese vom Beschwerdeführer behauptete konkret ihn treffende Verfolgung getroffen werden. Sonstige Anhaltspunkte für eine konkret die Person des Beschwerdeführers treffende Verfolgung sind nicht hervorgekommen und wurden solche im Übrigen vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet.

zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer dazu auch gar nichts Gegenteiliges zumindest substantiiert vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Afghanistan - wie vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 17. April 2019 unter Verweis auf diverse Länderberichte angeführt - angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2019/53 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht.

In Bezug auf seinen hier maßgeblichen Herkunftsstaat Afghanistan konnte der Beschwerdeführer - wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - keine konkrete individuelle, gegen ihn gerichtete Bedrohung, aus welcher möglicherweise eine aktuelle asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat ableitbar wäre, festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen insgesamt nicht gelungen, die von ihm behauptete Verfolgung glaubhaft zu machen.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach Abs 3 dieser Bestimmung sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

§ 11 Abs 1 AsylG 2005 ordnet an, dass Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106 ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs 1 AsylG zwar ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht, es allerdings den in der Statusrichtlinie festgelegten und in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Vorgaben widerspricht, einem Fremden den Status eines subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen (siehe dazu ausführlich das soeben genannte Erkenntnis sowie zuletzt auch VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461 zur Dürresituation bzw Lebensmittelknappheit in Somalia).

Im Sinne der vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten richtlinienkonformen Auslegung ist § 8 Abs 1 AsylG 2005 insofern derart zu lesen, dass vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten durch Dritte (Akteure) zurückzuführenden ernsthaften Schaden im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie zu erleiden (vgl VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Art 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragsstellers im Herkunftsland (lit b) und "eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit c).

Eine Zuerkennung des subsidiären Schutzes aufgrund eines ernsthaften Schadens, welcher nicht von Dritten (Akteuren) verursacht, sondern bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist, widerspricht allerdings der Statusrichtlinie und kann damit aus § 8 Abs 1 AsylG 2005 auch nicht abgeleitet werden (siehe dazu nochmals VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106 und VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461).

In seinem Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134 hat der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bezugnahme auf dazu ergangene Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgeführt, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde. Insofern obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Dabei reicht es für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Afghanistan nicht aus, bloß auf die allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu verweisen. Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden Sicherheitslage ist eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional - sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt - unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl dazu auch VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0063, sowie zuletzt VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0205).

Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus der Provinz Paktia, einer unruhigen Provinz Afghanistans. Die Provinz gilt als Hochburg der Taliban, in der es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den Sicherheitskräften kommt.

Insofern ist die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers derart unsicher, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, der Beschwerdeführer liefe allein durch seine dortige Anwesenheit tatsächlich Gefahr, einer Verletzung des Art 3 EMRK ausgesetzt zu sein.

Allerdings kann dem Beschwerdeführer ein Aufenthalt in der Stadt Mazar-e-Sharif und damit zumindest eine innerstaatliche Fluchtalternative zugemutet werden.

Im Erkenntnis vom 23. Jänner 2018, Ra 2018/18/0001, hielt der Verwaltungsgerichtshof zu § 11 Abs 1 AsylG 2005 fest, dass mit dieser Norm der österreichische Asylgesetzgeber von der in Art 8 Abs 1 der Statusrichtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, dem Asylwerber keinen internationalen Schutz zu gewähren, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht (lit a) oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Art 7 Statusrichtlinie hat (lit b), und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen.

Die über den Flughafen erreichbare Hauptstadt der Provinz Balkh, Mazar-e-Sharif, liegt - laut den Feststellungen - in einer der stabilsten und relativ ruhigen Provinzen Afghanistans. So werden dort im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen verzeichnet und kommt es "nur" manchmal zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte.

Gründe, die die Annahme rechtfertigen würden, der Beschwerdeführer liefe allein durch seine Anwesenheit in Mazar-e-Sharif tatsächlich Gefahr, einen ernsthaften Schaden, der ihm nach § 8 Abs 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde, zu erleiden, sind nicht erkennbar und wurden solche vom Beschwerdeführer auch nicht aufgezeigt.

Vor diesem Hintergrund ist dem Beschwerdeführer eine dortige Ansiedlung unter dem Aspekt der Sicherheit und damit die Inanspruchnahme einer Fluchtalternative auch zuzumuten (vgl. dazu ausführlich VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001 sowie VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/106).

Auch ansonsten bestehen - auch unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in Mazar-e-Sharif nicht zumutbar wäre, und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht substantiiert aufgezeigt.

Die Hauptstadt der Provinz Balkh, Mazar-e Sharif, ist laut den Feststellungen ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

Hinsichtlich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung geht aus den getroffenen Feststellungen hervor, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa u. a. der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum zwar in Mazar-e Sharif nur sehr eingeschränkt, aber doch möglich bzw. gesichert ist. Der aktuellen Berichtslage ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass etwa die Grundversorgung der Bevölkerung in der Stadt Mazar-e Sharif (mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser) generell nicht mehr gewährleistet oder dass die Gesundheitsversorgung zusammengebrochen wäre. Ebenso wenig sind dem Bundesverwaltungsgericht Berichte über eine bestehende (oder unmittelbar drohende) Hungersnot bzw. über eine (herannahende) humanitäre Katastrophe in Mazar-e Sharif bekannt.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen, gesunden, jungen Mann, der bereits über Berufserfahrung und über eine zehnjährige Schulausbildung verfügt. Hinzu kommt, dass er in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und sozialisiert wurde und damit nicht nur mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates, sondern auch mit der Landessprache vertraut ist. Es ist daher anzunehmen, dass er in Mazar-e Sharif in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härten zu führen, wie es auch anderen Landsleuten möglich ist. Außerdem kann der Beschwerdeführer Rückkehrhilfen vorübergehend in Anspruch nehmen.

Aufgrund der dargelegten persönlichen Umstände und der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat ist somit davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung und Neuansiedlung in Mazar-e-Sharif aus eigenem und damit unabhängig allfälliger familiärer bzw. sozialer Anknüpfungspunkte zugemutet werden kann (vgl dazu VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0067 sowie VwGH 10.4.2019, Ra 2019/20/0153; vgl dazu auch VfGH 12.12.2017, E 2068/2017). Dies steht auch im Einklang mit der Einschätzung der aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl dazu VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0067 sowie VwGH 10.4.2019, Ra 2019/20/0153; vgl dazu auch VfGH 12.12.2017, E 2068/2017).

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung daher nicht zu erkennen, dass er im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e-Sharif in eine auswegslose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird (§ 10 Abs 1 AsylG 2005). Dies ist von Amts wegen zu prüfen (§ 58 Abs 1 Z 2 AsylG 2005).

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs 1 Z 2 oder Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2018/56 (im Folgenden: FPG) geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen einer der Gründe iSd § 57 AsylG 2005 - substantiiert - behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor. Es war daher - wie in § 58 Abs 3 AsylG 2005 normiert - spruchgemäß über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 zu entscheiden.

Gemäß § 52 Abs 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird, dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger. Es kommt ihm auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs 1 BFA-Verfahrensgesetz BGBl I 2012/87 idF

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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