TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W196 2104542-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 2104540-1/15E

W196 2104542-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX sowie 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.03.2015, zu den Zlen.: 1002163807-14132942 (1), 1002163905-14132955 (2), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil der Spruchpunkte III. jeweils wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer, beide Staatsangehörige Georgiens, reisten illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 24.02.2014 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des bereits zum Antragszeitpunkt volljährigen Zweitbeschwerdeführers.

Am 26.02.2014 wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zu ihren persönlichen Verhältnissen angab, dass sie Staatsangehöriger Georgiens sei und habe sie christlich-orthodoxen Glauben. Sie spreche Georgisch, Russisch und Englisch. Im Herkunftsland habe sie zehn Jahre die Grundschule und von 1992 bis 1995 die Berufsschule absolviert und habe zuletzt als Sekretärin gearbeitet. Sie sei traditionell verheiratet und habe zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Anfang Februar 2014 habe sie ihr Herkunftsland gemeinsam mit ihrem Sohn verlassen. Zu ihrem Fluchtgrund brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass ihr Ehemann in einem Gefängnis gearbeitet habe. Ihr Mann habe ihr zwar keine Details von seinem Problem erzählt, aber habe sie seinetwegen in ihrer Heimat Schwierigkeiten bekommen, weshalb sie mit gemeinsam mit ihrem Sohn das Land verlassen habe müssen. Er habe ihr erzählt, dass er aufgefordert worden sei, als Zeuge auszusagen. Er habe immer das Gefühl, dass er ständig von derselben Person und dem gleichen Fahrzeug verfolgt worden sei. Das Telefon der Erstbeschwerdeführerin sei ebenfalls abgehört worden. Sie habe auch Anrufe bekommen, wo sie von jemanden aufgefordert worden sei, zu einem Treffen zu kommen. Ihr Mann habe ihr auch gesagt, dass er auch ständig bedroht würde. Die Erstbeschwerdeführerin habe keine andere Möglichkeit gesehen, als das Land zu verlassen. Sonst habe sie keine Fluchtgründe.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde am 11.03.2014 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt an, dass er Staatsangehöriger Georgiens sei. Er sei ledig, habe christlich orthodoxen Glauben und spreche Georgisch. Die Grundschule habe er von 2001 bis 2013 in Rustavi besucht. Im Februar 2014 habe er gemeinsam mit seiner Mutter, die die Ausreise organisiert habe, sein Herkunftsland verlassen. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass sein Vater Gefängniswächter in Rustai gewesen sei. Zuletzt sei die Situation angespannt gewesen, und habe er [wohl gemeint: sein Vater] ihnen empfohlen, dass sie ausreisen sollten. Seine Schwester sein in Georgien bei einer Freundin seiner Mutter geblieben. Er habe auch Probleme, weil er Anhänger der nationalistischeren Bewegung von Georgien sei. Die Polizei habe ihn willkürlich angehalten und festgehalten. Er sei mehrmals geschlagen und bedroht worden.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 25.02.2015 gab die Erstbeschwerdeführerin anfangs an, dass sie weder in ärztlicher Behandlung oder Therapie stehe noch Medikamente nehme. Bis zum Sommer 2013 habe sie in einer Eigentumswohnung und bis zu ihrer Ausreise am 22.02.2014 in einer Mietwohnung in Rustavi gelebt. Ihre Angaben zu ihrem Familienstand korrigierte sie im Zuge der Befragung und gab an, dass sie gemeint habe, dass sie schon einmal verheiratet gewesen sei. Dabei stellte die Erstbeschwerdeführerin ihre im Zuge der Erstbefragung vorgebrachten Fluchtvorbringen richtig und erklärte, dass ihr Mann ein alkoholkranker und spielsüchtiger Mann sei. Sie hätten deswegen auch eine andere Wohnung von ihnen verkaufen müssen. Es habe immer nur Streit gegeben, das sei das Problem. Dezidiert befragt, warum sie im Februar 2014 ihr Herkunftsland verlassen habe, gab sie an, dass das nicht so genau geplant gewesen sei, sie habe sich erkundigt, wie man nach Österreich komme. Es habe keinen konkreten Anlass gegeben. Über Nachfrage, hinsichtlich ihrer in der Erstbefragung vorgebachten Probleme ihres Mannes, da er als Zeuge eine Aussage hätte machen sollen und die Erstbeschwerdeführerin von unbekannten Leuten verfolgt würde, jedoch völlig unerwähnt gelassen habe, von ihrem Mann geflohen zu sein, gab sie an, dass dieser als Chauffeur für die Justizbehörde gearbeitet habe, er jedoch nichts von seiner Arbeit erzählt habe. Ihr Mann habe sie immer schlecht behandelt. Sie sei schon einmal von einer unbekannten Frau angerufen worden. Kurz vor ihrer Ausreise habe sich eine Frau mit ihr treffen wollen, aber habe sie das nicht gemacht, wobei die Frau nicht gesagt habe, was sie von der Erstbeschwerdeführerin wolle. Ob gegen ihren Mann jemals polizeiliche Ermittlungen gelaufen seien, wisse sie nicht. Er habe viele Schulden und verkehre in schlechten Kreisen. Über ihre Rückkehrbefürchtung befragt, gab sie an, dass sie von staatlicher Seite nichts zu befürchten und auch keine Probleme habe. Sie habe Angst vor ihrem Ex-Lebensgefährten.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde am selben Tag wie die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlichen einvernommen. Dabei gab der Zweitbeschwerdeführer anfangs zu seinem Gesundheitszustand befragt an, dass er wegen TBC in Behandlung wäre. Jetzt müsse er nur mehr regelmäßig zur Kontrolle. Im Jänner 2013 sei er in Tiflis operiert worden. Ob er in seinem Herkunftsland jemals Probleme mit der Polizei gehabt habe, verneinte er. Er sei lediglich, einmal im Jahr 2009, von der Polizei kontrolliert worden. Damals sei er 16 Jahre alt gewesen und hätten sie bei ihm ein Messer gefunden, das sie ihm untergeschoben hätten. Er habe damals 2000 Lari Strafe bezahlen müssen. Zum Fluchtgrund und seiner Aussage am 24.02.2014, wonach ihm sein Vater empfohlen habe, das Land zu verlassen, gab er an, dass seine Mutter ihm dazu nichts Genaues gesagt habe. Sie habe ihn damals mitgenommen. Er sei krank und sei es ihm gesundheitlich nicht so gut gegangen. Er selbst habe keine Fluchtgründe. Folgend wurde dem Zweitbeschwerdeführer die Aussagen seiner Mutter zu ihrem Fluchtgrund zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben, wobei er vorbrachte, dass er das damals schon vermutete habe. Seine Mutter habe zwar nichts Genaues zu ihm gesagt, aber es stimme so, wie es seine Mutter sage. Seine Mutter habe gesagt, dass sie öfters Streit mit seinem Vater habe und sei es ihm gesundheitlich nicht so gut gegangen. Seine medizinische Behandlung verliefe auch nicht gut. Daher hätten sie entschieden nach Österreich zu reisen. Richtig sei, wie heute angegeben, dass er nie richtig politisch aktiv gewesen sei. Er sei ja bereits im Jänner 2013 operiert worden. Ausgereist seien sie wegen der Probleme mit seinem Vater. Daher habe seine Mutter auch die Wohnung verkauft. Sein Vater habe als Chauffeur für die Justizwache gearbeitet. Genaueres wisse er nicht. Er wisse nur sehr wenig über seinen Vater, zumal seine Eltern getrennt gelebt hätten. Befragt, was einen weiteren Verbleib in Georgien unmöglich mache, gab er an, dass sie deren Wohnung verkauft hätten und das Leben in Georgien nicht so wie hier, in Österreich, sei. In Georgien würden seine Großmutter, seine Schwester sowie weiterer Verwandte, wie Onkel und Tanten, leben. Sie hätten nicht genug Geld, um eine Wohnung zu kaufen. Seine Mutter habe ihre Arbeit gekündigt und verdiene man in Georgien weniger als in Europa. Dem Beschwerdeführer wurden die Länderfeststellungen vorgehalten und mit ihm erörtert, wobei er angab, dass die wirtschaftliche Lage und auch die medizinische Versorgung auch sehr schlecht sei. Zur Polizei könne er, bis auf diesen einen Vorfall, wo er im Jahr 2009 angehalten worden sei, nicht viel sagen. Die Polizei kontrolliere regelmäßig. Von staatlicher Seite habe er nichts zu befürchten, aber habe er in seinem Herkunftsstaat keine Wohnung mehr. Außerdem sei die medizinische Versorgung hier viel besser.

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieser Bescheide wurden die Anträge der Beschwerdeführer hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Ferner wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III.)

Dabei führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass die Erstbeschwerdeführerin asylrelevante Gründe für das Verlassen ihres Herkunftslandes nicht habe glaubhaft machen können. Nicht festgestellt werde, dass ihr in Georgien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität drohe. Beweiswürdigend verwies die Behörde im Wesentlichen auf das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin. So brachte sie zwar noch im Zuge der Erstbefragung Probleme wegen ihres Mannes gehabt zu haben vor, wobei sie in der Einvernahme diese Vorbingen revidierte und dazu konkret befragt angab, dass sie in ihrem Herkunftsland keinerlei Probleme habe, weder mit der Polizei oder staatlichen Behörden. Zu ihrem konkreten Ausreisegrund befragt, gab sie an, dass sie nicht verheiratet sei, sondern sich in einer Lebensgemeinschaft befunden habe und dass sie vor ihrem Ex-Lebensgefährten geflohen sei. Dieser Mann sei alkoholkrank und spielsüchtig. Selbst unter Wahrannahme hielt die Behörde fest, dass den Länderinformationen zu entnehmen sei, dass eine grundsätzliche funktionierende Sicherheitsbehördenstruktur im Herkunftsland vorhanden sei. Dabei werde nicht verkannt, dass die gesellschaftliche Situation in Georgien - noch - nicht mit den Bedingungen beispielsweise in Österreich oder in anderen Mitteleuropäischen Ländern vergleichbar sei, jedoch gehe die Forderung nach einem lückenlosen Schutz gegen Übergriffe nichtstaatlicher Stellen oder von Einzelpersonen an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbei. Zusammenfassend folgerte die Behörde, dass vielmehr der Eindruck entstanden sei, dass die Erstbeschwerdeführerin ihr Herkunftsland wegen der allgemeinen bekannten schlechten Lebensbedingungen verlassen habe.

Im Bescheid des Zweitbeschwerdeführers führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass der er gleichzeitig mit seiner Mutter nach Österreich eingereist sei und bis auf seine Mutter keine weiteren Verwandten habe. Er leide an keiner schwerwiegenden, lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung. Im Jahr 2012 sei er an Tuberkulose erkrankt und sei er in Tiflis operiert worden und habe eine tuberkulostatische Kombinationstherapie erhalten. Mit Arztbrief vom 23.04.2014 habe das Landesklinikum XXXX festgestellt, dass derzeit keine Hinweise für spezifische Reaktivierung vorliegen würden. Zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftslandes folgerte die belangte Behörde, dass der Zweitbeschwerdeführer asylrelevante Gründe nicht habe glaubhaft machen können. Nicht festgestellt werden könne, dass ihm in Georgien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende, aktuelle Verfolgung oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität drohe. Zusammenfassend führte das Bundesamt unter Bezugnahme der eigenen Angaben des Zweitbeschwerdeführers aus, dass diese durchaus verständlich, aber nicht asylrelevant seien. Vielmehr glaubhaft sei somit, dass der Zweitbeschwerdeführer sein Heimatland wegen der allgemein bekannten schlechten Lebensbedingungen verlassen habe. Dass es seinen restlichen Familienmitgliedern und Angehörigen offensichtlich sehr wohl möglich sei im Heimatland weiter zu leben, wurde seitens des Zweitbeschwerdeführers nicht in Abrede gestellt. Da dem Zweitbeschwerdeführer weder eine Verfolgung oder eine lebensbedrohende Erkrankung oder einen sonstigen auf seine Person bezogen "außergewöhnlichen Umstand" behauptete oder bescheinigt habe und über Anknüpfungspunkte verfüge, gehe die Behörde davon aus, dass dem Zweitbeschwerdeführer im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Dagegen brachten die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde in vollen Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 11.06.2019 und am 03.09.2019 fanden vor dem Bundesverwaltungsgericht öffentliche mündliche Verhandlungen unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Georgisch statt, an der die Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreterin teilnahmen.

Im Zuge des Verfahrens wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

Betreffend die Erstbeschwerdeführerin:

* Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs, ausgestellt am 12.02.2015;

* Bestätigung über die Aufnahme auf die Warteliste für Psychotherapie, ausgestellt am 22.01.2016;

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs am 17.11.2017;

* ÖSD Zertifikat A2, ausgestellt am 25.05.2018;

* Vereinbarung über freiwillige Besuchsarbeit im Bereich der Geriatrischen Gesundheitszentren, ausgestellt am 06.07.2018;

* Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs B1.1., ausgestellt am 07.08.2019;

* Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs B1.2., Beginn am 07.08.2019, ausgestellt am 07.08.2019;

* Bedingte Einstellungszusage als Reinigungskraft, ausgestellt am 12.07.2019;

* Bestätigung betreffend ehrenamtliche Besuchsdienste, ausgestellt am 29.08.2019;

* Kopie einer Identitätskarte;

* Zwei Empfehlungsschreiben, eines vom April 2018 und ein weiteres ohne Datumsangabe

Betreffend den Zweitbeschwerdeführer:

* Arztbrief vom 23.04.2014;

* Fachärztliche Stellungnahme vom 23.02.2016;

* Aufenthaltsbestätigung vom 03.03.2016;

* Ärztlicher Entlassungsbrief vom 02.03.2016;

* Psychiatrischer Befund vom 02.02.2017

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs am 17.11.2017;

* Fachärztlicher Befund, ausgestellt durch Zebra, interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum am 31.01.2018;

* Fachärztlicher Befund vom 03.06.2019;

* Empfehlungsschreiben ohne Datumsangabe

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA, die vorgelegten Beweismittel bzw. Dokumente, die Beschwerden, die durchgeführten mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsichtnahme in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien.

1. Feststellungen:

Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind georgischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Die Beschwerdeführer führen die im Spruch genannten Namen; bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um die Mutter des volljährigen Zweitbeschwerdeführers. Die Beschwerdeführer sind Angehörige der georgischen Volksgruppe und bekennen sich beide zum christlich-orthodoxen Glauben. Die Beschwerdeführer reisten im Februar 2014 gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 24.02.2014 zeitgleich die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter von zwei Kindern, ihr Sohn, der Zweitbeschwerdeführer und einer Tochter, XXXX , geb. am XXXX . Die Tochter der Erstbeschwerdeführerin stellte am 12.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei sie Österreich verlassen hat, weshalb ihr Verfahren eingestellt wurde.

Die Erstbeschwerdeführerin ist in Georgien geboren, hat dort zehn Jahre die Grundschule und eine Berufsschule absolviert. Bis vor ihrer Ausreise arbeitete sie als Sekretärin in einer Schule. Die Erstbeschwerdeführerin spricht Georgisch und Deutsch auf dem Niveau B1.

Der Zweitbeschwerdeführer ist in Georgien geboren und hat dort zehn Jahre die Grundschule besucht und verfügt über einen Schulabschluss. Der Zweitbeschwerdeführer spricht Georgisch.

Im Herkunftsland verfügen die Beschwerdeführer über Familienangehörige und Verwandte. Vor ihrer Ausreise lebten die Beschwerdeführer gemeinsam in einer vom Staat überlassenen Wohnung in Rustawi.

Die Beschwerdeführer haben ihren Herkunftsstaat verlassen, um in Europa bessere Lebensbedingungen vorzufinden um sich medizinisch behandeln zu lassen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht oder verfolgt gewesen wären. Im Falle einer Rückkehr nach Georgien wären die Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter nicht bedroht. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr nach Georgien individuell und konkret Lebensgefahr oder ein Eingriff in ihre körperliche Integrität droht.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

Die Erstbeschwerdeführerin ist gesund. Der Zweitbeschwerdeführer litt bereits im Herkunftsland, seit 2012 an Tuberkulose und wurde im Jänner 2013 in Tiflis operiert. Nach seiner Operation erhielt der Zweitbeschwerdeführer in seinem Herkunftsland bis Juni 2013 eine Kombinationstherapie. Von 25.03.2014 bis 23.04.2014 befand sich der Zweitbeschwerdeführer in Österreich in stationärer Behandlung, wo eine Reaktivierung von TBC nicht festgestellt werden konnte. Der Zweitbeschwerdeführer befindet sich in regelmäßiger ambulanter psychiatrischer Betreuung bei XXXX und nimmt Medikamente. Der Zweitbeschwerdeführer, welcher sich nicht in stationärer Behandlung befindet, hat nicht dargetan, dass er zum Entscheidungszeitpunkt eine Form einer Behandlung benötigen würde, welche in Georgien nicht erhältlich oder für ihn nicht individuell zugänglich ist.

Die Beschwerdeführer befinden sich seit ihrer illegalen Einreise im Februar 2014 in Österreich. In dieser Zeit haben die Beschwerdeführer einen Werte- und Orientierungskurs absolviert. Die Erstbeschwerdeführerin hat Sprachkurse, zuletzt der Niveaustufe B1, besucht und ein ÖSD Zertifikat der A2 erlangt sowie ehrenamtliche Tätigkeiten absolviert. Darüber hinaus haben die Beschwerdeführer keine weitere Aus- Weiter- Fortbildungen oder Kurse absolviert. Die Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung und sind beide in einer Flüchtlingsunterbringung untergebracht. Die Beschwerdeführer sind nicht erwerbstätig und nicht selbsterhaltungsfähig. Die Beschwerdeführer haben nie über einen Aufenthaltstitel verfügt, der sich nicht auf ihren Antrag auf internationalen Schutz gestützt hat. Es liegen keine Hinweise auf eine ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privatlebens der Beschwerdeführer, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Darüber hinaus verfügen die Beschwerdeführer über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Es besteht für die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Die Beschwerdeführer liefen nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die wirtschaftliche Situation der Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung künftig notwendig werdender Behandlungs- und Medikamentenkosten - als derart desolat erwiesen hätte, als dass die Beschwerdeführer, welche im Herkunftsstaat enge familiäre Anknüpfungspunkte haben und im Familienverband zurückkehren (Erstbeschwerdeführer als Mutter des Zweitbeschwerdeführers), im Falle einer Rückkehr Gefahr liefen, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

1.2. Zur Lage in Georgien:

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl:

Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin,

https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen -

derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018). Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

1. Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

2. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

2.1. Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

2.2. Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremls und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Referendum bis Ende 2017 vor (RFE/RL 11.4.2017). Die Europäische Union und USA verurteilten die Wahlen als unzulässig (EN 12.4.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 13.4.2018

* EN - EurasiaNet.org (12.4.2017): South Ossetia: Voters Opt Against the Kremlin Favorite, http://www.eurasianet.org/node/83221, Zugriff 13.4.2018

* FH - Freedom House (1.2017): FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - South Ossetia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/south-ossetia, Zugriff 13.4.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Liberty (11.4.2017): South Ossetia's Bibilov Wins Election, Puts Moscow In A Bind, http://www.rferl.org/a/south-ossetia-bibilov-victory-presidential-election/28424108.html, Zugriff 13.4.2018

* PEC - [südossetische Nachrichtenagentur]: Anatoly Bibilov won the presidential election with 54.8% of votes - the CEC, http://cominf.org/en/node/1166511548, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

* Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

* Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

* JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

4. Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hü

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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