TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/2 W121 2216660-2

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Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33
ZustG §17
ZustG §7
ZustG §8

Spruch

W121 2216660-1/13E

W121 2216660-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Günter KRAPF (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und KommR Raimund WIDHALM (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als Beisitzer

1. über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Thomas Majoros, gegen die Beschwerdevorentscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) XXXX vom XXXX , XXXX ,

2. über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX ,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

Ad 1. A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Ad 2. A) Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Ad 1. und 2. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Kontrollmeldeversäumnisses für die Zeit vom XXXX kein Arbeitslosengeld erhält. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführerin den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am XXXX nicht eingehalten und sich erst wieder am XXXX bei ihrer zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet hätte.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die Nichteinhaltung des Kontrolltermins auf einem Irrtum ihrerseits beruhe. Der Termin am XXXX sei aber auch in einen Zeitraum gefallen, in dem sie gesundheitlich sehr instabil gewesen sei und schon längst auf einen Therapieaufenthalt im Therapiezentrum gewartet hätte. Diese Anmeldung hätte sie dem AMS bei der ersten Arbeitslosenmeldung im Jahr XXXX mitgeteilt und am XXXX noch einmal wiederholt. Im September sei ihr von ihrem Betreuer auch gesagt worden, dass sie bis zur Aufnahme im Therapiezentrum und bis zur Entlassung nicht als vermittelbar eingestuft werde. Die Aufnahme sei sodann am XXXX erfolgt. Seit XXXX bis voraussichtlich XXXX sei sie im stationären Aufenthalt.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom XXXX wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom XXXX im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass ihr Vorbringen, wonach sie den Termin verwechselt hätte und es sich um einen Irrtum aufgrund ihres XXXX Zustandes gehandelt hätte, nicht als triftiger Grund gewertet werden könne. Durch sorgfältige Evidenzhaltung des Termins hätte eine Säumnis des Kontrollmeldetermins verhindert werden können. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin in der Lage ist, die Bedeutung von Kontrollmeldeterminvorschreibungen zu erfassen, sei eindeutig zu bejahen.

Im Vorlageantrag der Beschwerdeführerin an das Bundesverwaltungsgericht gab sie im Wesentlichen zunächst an, dass der Vorlageantrag rechtzeitig sei, da ihr die Beschwerdevorentscheidung während ihres stationären Aufenthalts im Therapiezentrum an ihre Wohnadresse zugestellt worden sei, obwohl sie das AMS von ihrer Ortsabwesenheit in Kenntnis gesetzt hätte. In eventu werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In der Sache monierte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, dass das AMS die Frage, ob sie in der Lage sei, die Bedeutung von Kontrollmeldeterminvorschreibungen zu erfassen, bejaht hätte, ohne eine entsprechende medizinische Abklärung durchzuführen. Eine derartige Feststellung ohne medizinische Abklärung greife jedenfalls zu kurz. Es müsste daher geklärt werden, ob ihr instabiler psychischer Zustand es ihr unmöglich gemacht habe, die Bedeutung des Kontrollmeldetermins zu erkennen. Aus ihrer Sicht liege ein triftiger Grund für die Versäumung des Kontrollmeldetermins vor.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelte die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen und wiederholte, dass sie den Kontrollmeldetermin aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung verwechselt hätte. Auf der zweiten Seite der Betreuungsvereinbarung, die sie am XXXX erhalten hätte, sei der nächste Kontrollmeldetermin am XXXX vermerkt gewesen. Auf der Vorderseite sei von ihrem Betreuer ein Post-it mit dem Datum des Endes des Arbeitslosengeldbezuges geklebt worden. Dieses Post-it hätte aber nur dieses Datum selbst, keinen sonstigen Hinweis enthalten. Die Beschwerdeführerin übermittelte zudem Unterlagen und beantragte die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie-Neurologie.

Das BVwG führte am XXXX eine mündliche Verhandlung durch. Sowohl die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsvertreter als auch das AMS wurden ordnungsgemäß zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen. Die Beschwerdeführerin gab im Wesentlichen an, dem AMS am XXXX mitgeteilt zu haben, sich ab XXXX stationär im Therapiezentrum zu befinden und verwies auf eine diesbezüglich aufgenommene Niederschrift des AMS. Des Weiteren gab sie an, den Termin aufgrund ihrer XXXX nicht eingehalten zu haben. Auf der Betreuungsvereinbarung sei ein Termin im XXXX vermerkt gewesen. Dieser sei hätte das Ende des Arbeitslosengeldes ausgewiesen. Sie hätte die Termine aber verwechselt und diesen Termin für den nächsten Kontrolltermin gehalten. Die Betreuungsvereinbarung vom XXXX sei ihren Angaben zufolge ziemlich sicher mit ihr beim AMS durchgesprochen worden und zwar auch der Termin vom XXXX . Die Beschwerdeführerin legte zudem einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) vom XXXX vor, mit dem ein Antrag der Beschwerdeführerin vom XXXX auf Gewährung einer Betriebsunfähigkeitspension abgelehnt wurde.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zur Verhandlungsschrift.

Mit Schreiben vom XXXX ersuchte das BVwG die PVA, die dem Bescheid der PVA vom XXXX zugrundeliegenden ärztlichen Gutachten zu übermitteln.

Mit Schreiben vom XXXX wurden die entsprechenden Gutachten, nämlich eine chefärztliche Stellungnahme vom XXXX , ein Gutachten eines Facharztes XXXX vom XXXX sowie ein Gutachten eines Facharztes für XXXX vom XXXX übermittelt.

Im seitens des BVwG zu den übermittelten Gutachten gewährten Parteiengehör gaben weder die Beschwerdeführerin, noch das AMS eine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin befand sich ab XXXX stationär im Therapiezentrum. Diesen geplanten Aufenthalt teilte sie dem AMS am XXXX mit.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin am XXXX rechtswirksam zugestellt. Ihr Vorlageantrag vom XXXX war rechtzeitig.

Die Beschwerdeführerin steht seit XXXX im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Am XXXX wurde ihr seitens des AMS im Zuge einer persönlichen Vorsprachen ein Kontrollmeldetermin für den XXXX vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin wurde in diesem Schreiben über die Rechtsfolgen der Unterlassung der Kontrollmeldung belehrt.

Die Beschwerdeführerin hat den ihr vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am XXXX nicht eingehalten und sich erst wieder am XXXX bei ihrer zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet, weshalb der Leistungsbezug ab XXXX bis zum XXXX eingestellt wurde.

Die Beschwerdeführerin leidet an folgenden XXXX Krankheiten: XXXX , XXXX ; XXXX . Ihre Pünktlichkeit ist durchschnittlich ausgeprägt.

Die Beschwerdeführerin hat den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin nicht aus einem triftigen Grund versäumt, zumal Terminfähigkeit bei ihr gegeben ist und sie in der Lage gewesen wäre, den Termin einzuhalten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes sowie der mündlichen Verhandlung.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführerin nachweislich am XXXX seitens des AMS im Zuge einer persönlichen Vorsprachen ein Kontrollmeldetermin für den XXXX vorgeschrieben wurde. Die Beschwerdeführerin wurde in diesem Schreiben nachweislich auch über die Rechtsfolgen der Unterlassung der Kontrollmeldung belehrt.

Unstrittig ist auch, dass die Beschwerdeführerin den in den Feststellungen genannten Kontrollmeldetermin unter Rechtsfolgenbelehrung nicht wahrgenommen hat und erst am XXXX persönlich beim AMS vorgesprochen hat.

Die Beschwerdeführerin behauptet jedoch im Wesentlichen, dass eine Entschuldigung des Kontrollmeldeversäumnisses aus triftigen Gründen (mangelnde Terminfähigkeit aufgrund psychischer Beeinträchtigung) vorliege.

Hierzu ist festzuhalten, dass eine mangelnde Terminfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden konnte. Das BVwG ersuchte aufgrund des Vorbringens und des vorgelegten PVA-Bescheides der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung die PVA, die erstellten Gutachten zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zu übermitteln. Die PVA übermittelte eine chefärztliche Stellungnahme vom XXXX , ein Gutachten eines Facharztes XXXX vom XXXX sowie ein Gutachten eines Facharztes für XXXX vom XXXX . Dem psychiatrischen Gutachten lässt sich zweifelsfrei entnehmen, dass die Pünktlichkeit der Beschwerdeführerin durchschnittlich ausgeprägt ist. Diese ist daher willensabhängig. Eine Terminfähigkeit ist sohin vorhanden. Somit geht auch der erkennende Senat davon aus, dass Terminfähigkeit bei der Beschwerdeführerin gegeben ist. Die festgestellten XXXX Erkrankungen ergeben sich ebenfalls aus dem vorliegenden schlüssigen Gutachten. Die Angaben der Beschwerdeführerin, wonach sie sich aufgrund ihres XXXX Zustandes und des durch ihren Betreuer angebrachten Post-its beim Kontrollmeldetermin geirrt hätte, kann angesichts ihrer Terminfähigkeit nicht nachvollzogen werden. So gab die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch selbst an, dass die Betreuungsvereinbarung vom XXXX und auch der Termin vom XXXX ziemlich sicher mit ihr besprochen worden sind. Selbst unter der Annahme, dass sich die Beschwerdeführerin angesichts eines angebrachten Post-ist ihres Betreuers im Termin geirrt haben mag, kann angesichts ihrer Terminfähigkeit nicht als triftiger Grund für das Versäumen eines Kontrollmeldetermins herangezogen werden. Vielmehr wäre es an ihr gelegen, sich den tatsächlich zugewiesenen und besprochenen Kontrollmeldetermin zu vermerken. Insbesondere trat die Beschwerdeführerin den seitens der PVA eingeholten schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene und somit nicht substantiiert entgegen. Im gewährten Parteiengehör gab sie zu den Gutachten ebenfalls keine Stellungnahme ab.

Die Beschwerdeführerin hatte den Kontrollmeldetermin daher ohne triftigen Grund nicht eingehalten. Dieser Kontrollmeldetermin wurde ihr nachweislich rechtskonform vorgeschrieben.

Dass sich die Beschwerdeführerin ab XXXX stationär im Therapiezentrum befand, ergibt sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben und wurde auch nicht bestritten. Dass sie die geplante Abwesenheit dem AMS am XXXX mitgeteilt hat, ergibt sich aus dem diesbezüglich in der Akte aufliegenden Vermerk des AMS mit selbigem Inhalt.

Dass die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin schließlich am XXXX zugestellt wurde, ergibt sich daraus, dass sie den Bescheid am XXXX entgegengenommen hat. Dies wurde vom AMS ebenfalls nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Beschwerdegegenstand:

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu 1. A)

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebende Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht liegt der Zweck zu Grunde, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Um Missbräuche hinsichtlich des Leistungsbezuges in der Arbeitslosenversicherung hintanzuhalten, wurde im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, als Sanktion für die Versäumung eines Kontrollmeldetermins der Anspruchsverlust auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe festgelegt. Angesichts dieser Sanktion kommt der Entschuldigung für das Versäumnis der Kontrollmeldung aus triftigem Grund wesentliche Bedeutung zu. Eine generelle Aufzählung von Entschuldigungsgründen ist nicht möglich, es bedarf in jedem Fall einer individuellen Prüfung. Durch die Verwendung des Begriffes "triftig" hat allerdings der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei um einen Begriff handeln muss, der den Arbeitslosen tatsächlich behindert hat, die Kontrollmeldung einzuhalten, oder der die Einhaltung des Kontrollmeldetermins für den Arbeitslosen unzumutbar macht (vgl. Pfeil, AlVG, Arbeitslosenversicherungsrecht samt einschlägigen Nebengesetzen 3., neu bearbeitete Auflage, Kurzkommentar).

Grundsätzlich hat die Prüfung eines Entschuldigungsgrundes einzelfallbezogen zu erfolgen. Triftige Gründe, die zum Ausschluss einer Sanktionsverhängung führen können, sind zB Erkrankung des Arbeitslosen oder eines Kindes, wichtige persönliche Gründe, Arbeitssuche (vgl. etwa zu wichtigen Gründen VwGH 2.7.2008, 2007/08/0274; 9.8.2002, 2002/08/0039). Es muss sich daher um einen Grund handeln, der den Arbeitslosen tatsächlich behindert hat, die Kontrollmeldung einzuhalten. Ein solch triftiger Grund muss jedoch glaubhaft gemacht werden (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar I, Jänner 2017, § 49, Rz. 828).

Grundsätzlich kann die Nichteinhaltung eines Kontrolltermins auch nachträglich entschuldigt werden, wobei das Gesetz keine Fristsetzung (zB im Sinne einer "unverzüglichen Nachholung" des versäumten Termins) enthält. Aufgrund der allgemeinen Verpflichtung des § 49 Abs 1 erster Satz AlVG muss sich die arbeitslose Person aber spätestens nach Verstreichen der auf den versäumten Termin bzw auf den Wegfall des triftigen Grundes folgenden Woche aus eigenem bei der regionalen Geschäftsstelle melden (VwGH 19.09.2007, 2006/08/0272; 23.09.2014, 2013/08/0230, vgl. auch Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar I, § 49, Rz. 828).

Solche triftigen Gründe iSd Judikatur hat die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht. Wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargelegt, ist der Kontrollmeldetermin der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß zugewiesen und die Folgen der Nichteinhaltung des Termins der Beschwerdeführerin nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Die Einhaltung von Terminen zur Wahrung des Anspruches auf Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsrecht ist jedem Arbeitslosen zumutbar und hat eine Nichteinhaltung auch gesetzlich eindeutig geregelte Sanktionen.

Aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt sich aus Sicht des erkennenden Senates zweifelsfrei, dass die Beschwerdeführerin den Kontrollmeldetermin selbst verschuldet nicht eingehalten hat und daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist. Ein triftiger Grund lag nicht vor, zumal Terminfähigkeit, wie sich aus den eingeholten schlüssigen Gutachten ergibt, gegeben ist.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu 2. A)

Gemäß § 8 Abs 1 Zustellgesetz hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, wenn sie ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs 2 leg. cit, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

Wie bereits festgestellt, befand sich die Beschwerdeführerin ab XXXX bis zum XXXX stationär im Therapiezentrum. Diesen geplanten Aufenthalt teilte sie dem AMS nachweislich bereits am XXXX mit. Dennoch versuchte das AMS die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX am XXXX an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin zuzustellen, woraufhin diese hinterlegt wurde.

In dieser Zeit war die Beschwerdeführerin jedoch ortsabwesend von der Abgabestelle, an die die Beschwerdevorentscheidung zugestellt wurde. Zudem war dem AMS dieser Umstand bekannt und wurde dies auch nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin kam ihrer Mitteilungspflicht gemäß § 8 Abs 1 ZustellG somit rechtzeitig nach.

Schriftstücke gelten aber gemäß § 17 Abs 3 ZustellG als nicht zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte; in diesem Fall wird die Zustellung erst an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt des Vorlageantrages jedoch noch stationär im Therapiezentrum.

Gemäß § 7 ZustellG gilt die Zustellung aber als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Da die Beschwerdeführerin die Beschwerdevorentscheidung am XXXX tatsächlich erhalten hat, wurde sie an diesem Tag rechtswirksam zugestellt. Die Frist von 14 Tagen zur Erhebung eines Vorlageantrages war daher gewahrt.

Da der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin daher rechtzeitig war, ist der diesbezügliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückzuweisen.

Zu 1. und 2. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

rechtswirksame Zustellung, Vorlageantrag, Wiedereinsetzung,
Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W121.2216660.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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