TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/4 W238 2225899-1

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Norm

AlVG §10
AlVG §25
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §13

Spruch

W238 2225899-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Josef WURDITSCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Bruck an der Leitha vom 16.08.2019, VN XXXX , betreffend Verpflichtung zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.306,20 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG sowie betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Bruck an der Leitha (im Folgenden: AMS) vom 23.04.2019 wurde gemäß § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 11.04.2019 bis 22.05.2019 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die nunmehrige Beschwerdeführerin geweigert habe, eine Beschäftigung als Kellnerin in einer näher bezeichneten Firma anzunehmen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin machte sie im Wesentlichen geltend, dass die Firma den Lohn erst am 15. jeden Monats auszahle; sie benötige ihr Gehalt jedoch bereits zu Beginn des Monats.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 17.07.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.04.2019 mit näherer Begründung als unbegründet abgewiesen.

4. Die Beschwerdeführerin brachte am 22.10.2019 ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 17.07.2019 ein, welches vom AMS als Vorlageantrag gewertet wurde.

5. Mit Bescheid des AMS vom 25.11.2019 wurde der Vorlageantrag vom 22.10.2019 gemäß § 15 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16.08.2019 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.306,20 verpflichtet (Spruchpunkt A). Diesbezüglich wurde die Einbehaltung der Leistung im Falle eines fortdauernden Leistungsbezuges in Aussicht gestellt. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer nicht im Leistungsbezug steht, wurde die Einzahlung des Betrages binnen vierzehn Tagen auf ein näher bezeichnetes Konto gefordert. Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Zu Spruchpunkt A des Bescheides führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages aufgrund der Entscheidung des AMS vom 17.07.2019 bestehe.

Der in Spruchpunkt B verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet: Da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache vorliege, würde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege in der gegenständlichen Angelegenheit das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung. Die aufschiebende Wirkung sei daher abzuerkennen.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe einen Beweis dafür, dass die Firma den Lohn später auszahle als von dieser behauptet. Sie sei nur mit den Auszahlungsmodalitäten des Unternehmens nicht zufrieden gewesen, zumal sie ihre Zahlungen bis zum 5. des Monats begleichen müsse. Die potentielle Dienstgeberin habe ihr empfohlen, einen Kredit aufzunehmen, wenn ihr das nicht passe. Sollte dies vom AMS nicht überprüft werden, gehe die Beschwerdeführerin zur Arbeiterkammer.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.11.2019 vorgelegt. Im Begleitschreiben des AMS wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges ausgeführt, dass sich die Rückforderung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von €

1.306,20 auf die Zeit der Ausschlussfrist (= 42 Tage) mit einem Tagsatz von € 31,10 beziehe. Abschließend wurde mitgeteilt, dass das AMS von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des AMS vom 23.04.2019 wurde gemäß § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 11.04.2019 bis 22.05.2019 ausgesprochen.

Der dagegen erhobenen Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu. Die Beschwerdeführerin hat im Zeitraum vom 11.04.2019 bis 22.05.2019 (= 42 Tage) vorläufig weiterhin Arbeitslosengeld im Ausmaß von € 31,10 täglich erhalten. Daraus ergibt sich in Summe ein Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.306,20.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2019 wurde die Beschwerde abgewiesen.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 19.07.2019 rechtswirksam zugestellt. Sie enthält eine korrekte Rechtsmittelbelehrung.

Dieser Bescheid wurde mit dem ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 02.08.2019 unanfechtbar und somit formell rechtskräftig.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16.08.2019 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.306,20 verpflichtet (Spruchpunkt A). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

2. Beweiswürdigung:

Der Gegenstand des Bescheides vom 23.04.2019 und der Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2019 ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Der festgestellte Zeitraum sowie die festgestellte Höhe des Bezuges des Arbeitslosengeldes gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes. Der Höhe des von ihr bezogenen (und nunmehr rückgeforderten) Arbeitslosengeldes ist die Beschwerdeführerin auch nicht entgegengetreten.

Die rechtswirksame Zustellung bzw. Erlassung der Beschwerdevorentscheidung ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis und war im vorliegenden Verfahren nicht strittig. Die Rechtsmittelbelehrung ist Bestandteil der Beschwerdevorentscheidung. Hinsichtlich der festgestellten Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Dass der gegen den Bescheid vom 23.04.2019 erhobenen Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 VwGVG und dem Fehlen von Hinweisen auf einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.

Der Gegenstand des nunmehr angefochtenen Bescheides ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

3.2. § 25 Abs. 1 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. I Nr. 38/2017, lautet wie folgt:

"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten."

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung

Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 23.04.2019, aufgrund deren aufschiebender Wirkung insgesamt Leistungen in Höhe von € 1.306,20 vorläufig weiter ausbezahlt wurden, mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2019 abgewiesen.

Ein Bescheid wird nicht bereits mit seiner Erlassung, sondern mangels Rechtsmittelverzichts erst mit ungenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/12/0023; 21.12.2016, Ra 2014/10/0054).

Die Beschwerdevorentscheidung vom 17.07.2019 wurde der Beschwerdeführerin am 19.07.2019 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt. Innerhalb der gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG vorgesehenen zweiwöchigen Frist wurde kein Vorlageantrag eingebracht. Der Bescheid wurde somit nach ungenütztem Ablauf der zweiwöchigen Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 02.08.2019 unanfechtbar und formell rechtskräftig.

An der bereits eingetretenen Rechtskraft vermag die Einbringung eines als Beschwerde bezeichneten, vom AMS als Vorlageantrag gewerteten Rechtsmittels (erst) am 22.10.2019 nichts zu ändern. Der Vorlageantrag wurde im Übrigen mit Bescheid des AMS vom 25.11.2019 gemäß § 15 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im angefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich somit als nicht berechtigt. Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, die wegen "Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels" weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

Ein solcher Sachverhalt liegt dem gegenständlichen Fall zugrunde, da die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum der Ausschlussfrist vom 11.04.2019 bis 22.05.2019 im Ausmaß von insgesamt € 1.306,20 nur wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.04.2019 vorläufig weiterhin an die Beschwerdeführerin ausbezahlt wurde und das Verfahren mit der rechtskräftigen Entscheidung des AMS vom 17.07.2019 geendet hat, dass der Verlust des Arbeitslosengeldes zu Recht ausgesprochen wurde.

3.4. In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein Eingehen auf den in Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

Die Beschwerde war zur Gänze als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Beschwerdeführerin hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aber auch von Amts wegen für nicht erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Die Beschwerdeführerin hat lediglich die ihr vorgeworfene -rechtskräftig entschiedene und nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildende - Vereitelungshandlung bestritten. Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um "civil rights" iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Da jedoch im gegenständlichen Fall keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere die unter Punkt II.3.3. und II.3.4. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Schlagworte

Arbeitslosengeld, Rechtskraft der Entscheidung, Rückforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W238.2225899.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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