TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/19 LVwG-2019/35/2057-6

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Entscheidungsdatum

19.12.2019

Index

L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

NatSchG Tir 2005 §17 Abs1 litb
VVG §4 Abs1
VVG §4 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde der AA-Agrargemeinschaft, vertreten durch Obmann BB, Adresse 1, Z, wiederum vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 7.8.2019, ***, ***, betreffend die Anordnung einer Ersatzvornahme und der Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensablauf:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 7.8.2019, ***, ***:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, ***, ***, wurden der AA-Agrargemeinschaft, vertreten durch Obmann BB, gemäß § 17 Abs 1 lit b TNSchG 2005 näher bezeichnete Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen.

Nachdem die nunmehrige Beschwerdeführerin diese Maßnahmen nicht fristgerecht durchgeführt hatte, wurde dieser mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 6.9.2018, ***, die Ersatzvornahme angedroht.

Da von der belangten Behörde festgestellt wurde, dass die vorgeschriebenen Maßnahmen auch innerhalb der letztmalig gesetzten Frist bis 31.10.2018 nicht durchgeführt worden waren, holte die belangte Behörde Angebote zur Durchführung einer Ersatzvornahme bei der bestellten ökologischen Bauaufsicht, DD, sowie beim EE Service Tirol ein. Auf diese zur Wahrung des Parteiengehörs versandten Kostenvoranschläge reagierte die nunmehrige Beschwerdeführerin mit einem weiteren Ersuchen um Fristerstreckung zur Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen.

Mit dem in weiterer Folge erlassenen, nunmehr angefochtenen Bescheid, entschied die belangte Behörde sodann wie folgt:

„Die Bezirkshauptmannschaft X als Vollstreckungsbehörde gemäß § 1 Abs. 1 Zi 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG, BGBl. Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 (VVG), entscheidet in gegenständlicher Angelegenheit wie folgt:

Die gegenüber der AA-Agrargemeinschaft, vertreten durch Obmann BB, Adresse 1, Z, mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft X vom 06.09.2018, GZl. ***, angedrohte Ersatzvornahme betreffend die Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustandes beim Feuchtbiotop (Moor) im Bereich der FF-Alm gemäß rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, GZl. ***, wird gemäß § 4 Abs. 1 VVG angeordnet.

Gleichzeitig wird der AA-Agrargemeinschaft, vertreten durch den Obmann BB, Adresse 1, Z, gemäß § 4 Abs. 2 VVG der Auftrag erteilt, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von insgesamt Euro 2.536,20 innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des gegenständlichen Bescheides mit beiliegendem Zahlschein an die Bezirkshauptmannschaft X einzuzahlen.“

Begründend führte die belangte Behörde hierzu im Wesentlichen wie folgt aus:

„Gemäß § 1 Abs. 1 Zi 1 VVG obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden grundsätzlich die Vollstreckung der von ihr selbst erlassenen Bescheide.

Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden (§ 4 Abs. 1 VVG).

Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall gemäß § 4 Abs. 2 VVG dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Zur Gegenstandssache wurden der Verpflichteten verschiedene Maßnahmen zur Wiederherstellung des Moorbereiches südwestlich der ‚FF-Alm‘ unter Beiziehung einer ökologischen Bauaufsicht, welche mit gleichem Bescheid seitens der Behörde zur Bauaufsicht bestellt wurde, aufgetragen. Die Verpflichtete ist dem Wiederherstellungsauftrag nicht nachgekommen.

Seitens der Bezirkshauptmannschaft X als Vollstreckungsbehörde wurde der Verpflichteten die Ersatzvornahme angedroht und gleichzeitig eine letztmalige Leistungsfrist bis 31.10.2018 gesetzt.

Die Verpflichtete hat die Wiederherstellungsmaßahmen bisher nicht durchgeführt.

Seitens der Vollstreckungsbehörde wurden daher entsprechende Kostenvoranschläge zur Durchführung der Ersatzvornahme eingeholt. Die Kostenvoranschläge wurden der Verpflichteten zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Aus der übermittelten Stellungnahme der Verpflichteten ergeben sich keine Anhaltspunkte, welche gegen die Anordnung der Ersatzvornahme und den Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme sprechen würden. Insbesondere sind die bisher zur Gegenstandssache (seit 2015) gewährten Fristverlängerungen stets ungenutzt geblieben.

Aus vorgenannten Gründen war daher in Anwendung der oben zitierten Gesetzesstellen spruchgemäß zu entscheiden.“

Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde der AA-Agrargemeinschaft laut der im Akt befindlichen Zustellurkunde am 9.8.2019 zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen den unter Z 1 genannten Bescheid erhob die AA-Agrargemeinschaft eine als „Einspruch“ bezeichnete Beschwerde, die am 2.9.2019 mittels Email an die Bezirkshauptmannschaft X übermittelt und wie folgt begründet wurde:

„Am 09.07.2017 haben wir die von der BH-X auferlegten Maßnahmen zur Sanierung des Moorauslaufes auf der FF-Alm wie vorher im Büro des Umweltreferates besprochen, ausgeführt. Siehe Bilder vom 09.07.2017.

Da wir leider in diesen Bereich nicht abgezäunt haben sind die Pferde und Rinder über diese von Hand errichteten Brücke gelaufen und haben somit die Pariere zerstört.

Wie mit Schreiben vom 05.08.2019 angekündigt haben wir nun nochmalig den Auslauf wie 2017 besprochen erhöht und zusätzlich ein Abzäunung errichtet. Siehe Bilder vom 31.08.2019

Wir bitten die Behörde die getroffenen Maßnahmen an zu erkennen um nicht noch mehr Kosten für die arggebeutelten Almen zu verursachen.“

3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:

Vom Landesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Angelegenheit eine Überprüfung durch einen naturkundefachlichen Sachverständigen dahingehend veranlasst, ob die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, ***, ***, aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen erfüllt worden sind.

Aus dem daraufhin erstatteten Schreiben vom 4.11.2019 geht hervor, dass die im genannten Bescheid geforderte Einbringung der entnommenen Rasensoden auf einer Länge von 6 m keinesfalls erfolgt ist.

Dieses Gutachten wurde an die Beschwerdeführerin zum Parteiengehör übermittelt, woraufhin mit Schreiben vom 19.11.2019 ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin alle aufgetragenen Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustandes ausgeführt hätte.

In weiterer Folge wurde vom Landesverwaltungsgericht am 13.12.2019 in der gegenständlichen Angelegenheit eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der einerseits nochmals die Ausführungen des naturkundefachlichen Amtssachverständigen eingehend erörtert und weiters dem Vertreter der Beschwerdeführerin die Gelegenheit gegeben wurde, das Beschwerdevorbringen nochmals näher darzulegen.

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

Die Beschwerde wurde innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig. Dass die zum Zeitpunkt der Einbringung unvertretene Beschwerdeführerin das vorliegende Rechtsmittel fälschlicherweise als „Einspruch“ statt als „Beschwerde“ bezeichnet hat, stellt offenkundig bloß eine Fehlbezeichnung dar; aus der Rechtsprechung des VwGH zur vormaligen Berufung betreffend das nunmehrige Beschwerdeverfahren lässt sich ableiten, dass eine ausdrückliche Bezeichnung als Beschwerde nicht erforderlich ist, wenn der Inhalt des Schreibens keinen Zweifel daran lässt, dass damit auf den Inhalt des bekämpften Bescheides Bezug genommen und eine Abstandnahme von dieser behördlichen Verfügung bzw. deren Nachprüfung anstrebt wird (VwGH 28.4.2004, 2003/03/0285).

2. Zur Sache:

Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 4 VVG lautet wie folgt:

„Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.“

Die im vorliegenden Fall ebenfalls maßgeblichen Bestimmungen des TNSCHG 2005 (§§ 17 und 44) lauten auszugsweise wie folgt:

㤠17

Rechtswidrige Vorhaben

(1) Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

a) die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

(2) (…)“

㤠44

Sicherheitsleistung, ökologische Bauaufsicht

(1) (…)

(4) Die Behörde hat im Bescheid, mit dem eine naturschutzrechtliche Bewilligung aufgrund einer Interessenabwägung erteilt wurde, oder in einem Bescheid nach § 17 Abs. 1 oder 4 einer Person, die über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Naturkunde und des Naturschutzes verfügt, mit deren Zustimmung die Aufgaben der ökologischen Bauaufsicht zu übertragen, wenn dies zur Erfüllung der sich aus diesen Bescheiden ergebenden Verpflichtungen erforderlich ist. Die Bestellung als Aufsichtsorgan kann auch mit gesondertem Bescheid erfolgen. Das Aufsichtsorgan hat die plan- und bescheidgemäße Ausführung des Vorhabens oder die Durchführung der behördlichen Vorschreibungen laufend zu überwachen und dem Verantwortlichen allfällige Mängel unter Setzung einer angemessenen Frist zu deren Behebung bekannt zu geben. Werden die aufgezeigten Mängel nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig behoben, so hat das Aufsichtsorgan davon die Behörde unverzüglich zu verständigen. Das Aufsichtsorgan hat weiters den Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung oder den durch einen Bescheid nach § 17 Abs. 1 oder 4 Verpflichteten bei der Ausführung des Vorhabens oder der Erfüllung der behördlichen Vorschreibungen auf Verlangen fachlich zu beraten. Die Übertragung der ökologischen Bauaufsicht ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Beibehaltung nicht mehr vorliegen oder wenn sonstige wichtige Gründe dies erfordern.

(5) Die Aufsichtsorgane sind berechtigt, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im erforderlichen Ausmaß die betreffenden Grundstücke, Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen zu betreten, Untersuchungen, Vermessungen, Messungen und Prüfungen vorzunehmen, Probebetriebe durchzuführen und Proben zu entnehmen. Sie sind weiters berechtigt, in die jeweiligen schriftlichen oder elektronischen Unterlagen Einsicht zu nehmen und Kopien herzustellen und die erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Die Aufsichtsorgane sind zur Verschwiegenheit über die ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet.

(6) Die Kosten für die ökologische Bauaufsicht sind dem Inhaber der naturschutzrechtlichen Bewilligung oder dem durch eine Entscheidung nach § 17 Abs. 1 oder 4 Verpflichteten entsprechend dem Aufwand mit Bescheid vorzuschreiben. Die Verantwortlichkeit des Inhabers der naturschutzrechtlichen Bewilligung oder des durch eine Entscheidung nach § 17 Abs. 1 oder 4 Verpflichteten wird durch die Bestellung einer ökologischen Bauaufsicht nicht berührt.“

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Prüfumfang des Landesverwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG darauf beschränkt ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen, wobei die Beschwerde nach § 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten hat.

Die gegenständliche Beschwerde beschränkt sich auf die Behauptung, dass die mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, ***, ***, aufgetragenen Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes umgesetzt worden wären, und war vom Landesverwaltungsgericht daher auch nur dieses Vorbringen zu prüfen.

Aufgrund folgender Erwägungen erweist sich dieses Beschwerdevorbringen als nicht berechtigt:

Wie sich aus dem Schreiben des naturkundefachlichen Amtssachverständigen vom 4.11.2019 zweifelsfrei ergibt und auch durch entsprechende Lichtbilder belegt wurde, ist die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, ***, ***, geforderte Einbringung der entnommenen Rasensoden auf einer Länge von 6 m keinesfalls erfolgt und sind daher die mit dem genannten Bescheid aufgetragenen Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nach wie vor nicht vollständig erfüllt.

Dieser Umstand wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. In dem daraufhin erstatteten Schreiben vom 19.11.2019 behauptet die Beschwerdeführerin zwar, die geforderten Maßnahmen umgesetzt zu haben; damit gelingt es ihr aber nicht, die Ausführungen des naturkundefachlichen Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden (vgl. etwa VwGH 11.10.2007, 2006/04/0250). Einem mangelhaften Gutachten gegenüber gilt dieses Postulat nach dem genannten Erkenntnis zwar nicht, das Landesverwaltungsgericht vermag aber aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin keine solche Mangelhaftigkeit des genannten Gutachtens erkennen. Zur Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit eines Gutachtens hat der Amtssachverständige seine Sach- und Ortskenntnis schriftlich im Rahmen der Befundaufnahme zu konkretisieren, dass diese für Dritte nachvollziehbar bleibt. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen.

Auch in der am 13.12.2019 durchgeführten Verhandlung wurde vom naturkundefachlichen Amtssachverständigen nochmal ausführlich dargelegt, dass im vorliegenden Fall keine vollständige und bescheidkonforme Wiederherstellung des früheren Zustandes erfolgte und wurde dieser Umstand letztlich sogar vom Obmann der Beschwerdeführerin selbst zugestanden, der einräumte, lediglich auf einer Länge von ca. 4 m die geforderten Maßnahmen umgesetzt zu haben.

Da somit die Beschwerdeführerin dem gegenständlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist, steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass die Beschwerdeführerin die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.11.2017, ***, ***, aufgetragenen Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nach wie vor nicht vollständig erfüllt hat.

Diese Annahme ist auch insofern plausibel und nachvollziehbar, als der gesamte Verwaltungsakt deutlich - und entgegen dem Beschwerdevorbringen - die fehlende Bereitschaft der Beschwerdeführerin zur Wiederherstellung des früheren Zustandes aufzeigt. So wurden erstmals schon im Juli 2015 die gegenständlichen rechtswidrigen Eingriffe in ein Feuchtgebiet festgestellt und daraufhin bereits im September 2015 die Durchführung der geforderten Wiederherstellungsmaßnahmen behauptet, wobei sich diese Behauptung allerdings anlässlich einer Kontrolle im Oktober 2015 als unrichtig erwies. Trotz Zusage der Maßnahmenerfüllung durch die Beschwerdeführerin musste dann ein Jahr später im Oktober 2016 neuerlich festgestellt werden, dass keine ausreichende Maßnahmenerfüllung erfolgte. Eine solche wurde dann von der Beschwerdeführerin bis zum Frühjahr 2017 zugesagt. Die Mitte 2017 erfolgte Mitteilung durch den Vertreter der Beschwerdeführerin, dass die geforderten Maßnahmen durchgeführt worden seien, erwies sich anhand einer im September 2017 erfolgten Kontrolle durch den naturkundefachlichen Amtssachverständigen allerdings wiederum als falsch, woraufhin von diesem Amtssachverständigen erstmals die Durchführung der Wiederherstellungsmaßnahmen unter ökologischer Aufsicht angeregt wurde und in diesem Sinn auch im November 2017 ein bescheidmäßiger Wiederherstellungsauftrag erging. Trotz dieses Bescheides wurden bis zum Juni 2018 noch keine Maßnahmen gesetzt und erfolgte auch im Anschluss daran – trotz entsprechender Zusage durch den Vertreter der Beschwerdeführerin – bis September 2018 keine Kontaktaufnahme mit DD als ökologischer Bauaufsicht. Auch die daraufhin im Zuge der Androhung der Ersatzvornahme gesetzte letztmalige Frist bis 31.10.2018 verstrich ungenützt.

Aus VwGH 11.1.2012, 2010/06/0272, ergibt sich Folgendes: „Der Beschwerde ist zwar zuzustimmen, dass eine Vollstreckung unzulässig ist, wenn u.a. seit Erlassen des Titelbescheides eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, wobei von einer wesentlichen Änderung nur dann die Rede sein kann, wenn bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Titelbescheid erlassen werden könnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0150, mwN). Eine Ersatzvornahme ist jedoch solange zulässig, als der Verpflichtung aus dem Titelbescheid nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000) § 10 VVG E 88 zitierte hg. Rechtsprechung sowie das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/05/0320).“

Wie bereits oben dargelegt, wurde im vorliegenden Fall der Verpflichtung aus dem Titelbescheid nicht zur Gänze nachgekommen.

Weitere Beschwerdepunkte wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht und mussten daher vom Landesverwaltungsgericht aufgrund des nach § 27 VwGVG eingeschränkten Prüfumfangs auch nicht näher geprüft werden. Für das Landesverwaltungsgericht fehlen aber auch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid rechtswidrig sein könnte.

Der angefochtene Bescheid findet vielmehr im oben wiedergegebenen § 4 VVG eine entsprechende Rechtsgrundlage und erfüllt auch die laut höchstrichterlicher Judikatur für die Erteilung eines solchen Auftrages vorausgesetzten Kriterien.

Insgesamt erweist dich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet und war diese daher spruchgemäß abzuweisen.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage nach der Zulässigkeit der gegenständlichen Anordnung einer Ersatzvornahme und über die Vorauszahlung der Kosten hierfür wurde in Übereinstimmung mit der hierzu bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst. Im Übrigen kommt der vorliegenden Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie liegt insbesondere nicht auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzlichen Argumenten gestützten Rechtsprechung. Die Entscheidung betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts (vgl. etwa VwGH 26.9.1991, 91/09/0144 zum vormaligen § 33a VwGG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Wiederherstellungsauftrag; gesetzmäßiger Zustand; ökologische Bauaufsicht; Titelbescheid; Anordnung Ersatzvornahme; Vorauszahlung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.35.2057.6

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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