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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §192;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der G H in K, vertreten durch Dr. Elfriede Dämon, Rechtsanwalt in Vorchdorf, Bahnhofstraße 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. März 1998, Zl. RV 5/1-9/1998, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schenkungsvertrag vom 11. Juli 1997 erhielt die Beschwerdeführerin von ihrem Ehegatten die Hälfte an der ihm bis dahin allein gehörenden Liegenschaft EZ. 87,
Grundbuch 42129 Krottendorf, geschenkt. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehören nach Punkt V des Schenkungsvertrages drei Grundstücke, nämlich das Grundstück Nr. 287/2 mit einem darauf befindlichen Wohnhaus (welches nach dem Vorbringen der Beschwerde eine Gesamtfläche von 939 m2 aufweist), weiters das Grundstück Nr. 273, Baufläche (im Ausmaß von 2.213 m2) und schließlich das Grundstück Nr. 287/3, Baufläche (im Ausmaß von 639 m2).
Für den gesamten Schenkungsvorgang begehrte die Beschwerdeführerin die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c ErbStG, wobei bereits in Punkt IV des Schenkungsvertrages darauf hingewiesen wurde, daß das auf dem Grundstück Nr. 287/2 errichtete Wohnhaus eine Nutzfläche von weniger als 150 m2 aufweist.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im folgenden kurz: Finanzamt) setzte mit Bescheid vom 27. August 1997 Schenkungssteuer fest und versagte die beantragte Steuerbefreiung mit der Begründung, es handle sich beim Schenkungsobjekt um ein Mietwohngrundstück mit mehreren Wohnungen.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, ihr Ehegatte habe seinerzeit um die Erteilung einer Baubewilligung für ein Haus mit zwei Wohnungen angesucht. Die Absicht, eine zweite Wohnung zu errichten, sei aber inzwischen aufgegeben worden. Die Eheleute hätten derzeit vier kleine Kinder im Vorschulalter und der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei Alleinverdiener; es fehlten daher die Mittel für einen weiteren Ausbau des Hauses. Allenfalls sei vorgesehen, daß eines der Kinder nach Erreichung der Großjährigkeit sich eine weitere Wohnung im Haus ausbauen könne.
Das Finanzamt erließ in der Folge eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, worin darauf verwiesen wurde, daß das Schenkungsobjekt bewertungsrechtlich als Mietwohngrundstück mit zwei Wohnungen eingestuft sei.
Dagegen begehrte die Beschwerdeführerin rechtzeitig die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz, wobei sie nochmals darauf hinwies, daß im Haus nur eine Wohnstätte und ein nicht ausgebauter Dachboden vorhanden sei.
Über Auftrag der belangten Behörde führte das Finanzamt am 10. Februar 1998 einen Ortsaugenschein durch, wobei eine Nutzfläche der Wohnung im Ausmaß von 138,45 m2 ermittelt wurde. Festgestellt wurde weiters, daß das Dachgeschoß nicht ausgebaut ist und sich zur Gänze im Rohbauzustand befindet.
Aus der beigeschafften Verhandlungsschrift der Gemeinde Kirchham vom 3. Mai 1985 ist ersichtlich, daß laut dem Einreichplan sowohl im Erdgeschoß als auch im Obergeschoß je eine abgeschlossene Vier-Zimmer-Wohnung mit Küche, Bad und WC errichtet werden sollte.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und ging davon aus, daß das Grundstück vom zuständigen Finanzamt ausgehend von der erteilten Baubewilligung zur Errichtung eines Hauses mit zwei Wohnungen als Mietwohngrundstück bewertet worden sei. Der Umstand, daß die zweite baubehördlich genehmigte Wohnung derzeit nicht errichtet sei, ändere nichts daran, daß der Beschwerdeführerin die Hälfte an einer bewertungsrechtlich als Mietwohngrundstück
qualifzierten Liegenschaft geschenkt worden sei, die nach dem genehmigten Bauplan zwei Wohnungen aufweise.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c ErbStG verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 15 ErbStG lautet auszugsweise:
"(1) Steuerfrei bleiben außerdem
1.a) ...
b)
...
c)
Schenkungen unter Lebenden zwischen Ehegatten unmittelbar zum Zwecke der gleichteiligen Anschaffung oder Errichtung einer Wohnstätte mit höchstens 150 m2 Wohnnutzfläche zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der Ehegatten. ..."
Die Berechnung der Steuer erfolgt gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. von
dem Wertbetrag des Erwerbes.
Dazu bestimmt § 19 leg. cit. folgendes:
"(1) Die Bewertung richtet sich, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
(2) Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke ist der Einheitswert maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird.
(3) Haben sich in den Fällen des Abs. 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld dergestalt geändert, daß nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld ein besonderer Einheitswert festzustellen."
Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.
Schwerpunkt der Argumentation der belangten Behörde ist (wie insbesondere den Verdeutlichungen in der Gegenschrift zu entnehmen ist) die Meinung, es bestehe gemäß § 19 Abs. 2 ErbStG iVm § 192 BAO eine Bindung an den Einheitswertbescheid, wobei auch die Feststellungen über die Art des Gegenstandes maßgeblich seien.
Dem ist zu entgegnen, daß § 19 Abs. 2 ErbStG nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern vielmehr eingebettet in die anderen beiden Absätze der zitierten Gesetzesstelle als Vorschrift zur Wertermittlung (II. Teil des Gesetzes) zu sehen ist, die erst zur Anwendung kommt, wenn nach Verneinung des Vorliegens eines der Tatbestände der Steuerbefreiung gemäß § 15 leg. cit. die Berechnung der Steuer gemäß § 8 ErbStG stattfinden soll. Aus der bewertungsrechtlichen Qualifikation des Objektes ist daher für die Frage, ob im vorliegenden Fall das Schenkungsobjekt (bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld) unmittelbar zum Zwecke der gleichteiligen Anschaffung oder Errichtung einer Wohnstätte iSd § 15 Abs. 1 Z. 1 lit.c leg. cit. erfolgte, nichts zu gewinnen.
Weiters ist zu beachten, daß der Begriff Wohnstätte bzw. Wohnnutzfläche in Anlehnung an die Vorschriften über die Wohnbauförderung auszulegen sind (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 8b Abs. 2 zu § 15 ErbStG) und daß Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohnzwecke geeignet sind, bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen sind (vgl. dazu die bei Fellner, aaO Rz 8b Abs. 2 referierte hg. Judikatur).
Dennoch kann aber der Beschwerde im Ergebnis kein Erfolg beschieden sein. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben nämlich übersehen, daß der Beschwerdeführerin keineswegs nur das Grundstück Nr. 287/2 (mit der 150 m2 nicht übersteigenden Wohnstätte) geschenkt wurde, sondern die ganze, eine Einheit darstellende Liegenschaft EZ 87 GB 42129 Krottendorf, zu der auch noch zwei andere, flächenmäßig nicht unbedeutende Baugrundstücke gehören und daß die Beschwerdeführerin die angestrebte Steuerbefreiung für die gesamte Schenkung begehrte. Da die Beschwerdeführerin sohin keineswegs nur die idelle Hälfte eines Grundstücks geschenkt erhielt, auf dem eine Wohnstätte iSd § 15 Abs. 1 Z. 1c ErbStG vorhanden ist, sondern einen auch noch aus zwei anderen Bauflächen bestehenden gesamten Grundbuchskörper, fällt die vorliegende Schenkung in ihrer Gesamtheit nicht unter den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck der Steuerbefreiung (vgl. dazu die bei Fellner aaO unter Rz 8 zu § 15 ErbStG referierten Gesetzesmaterialien).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Ergebnis als frei von Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994,
Wien, am 20. Augst 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998160138.X00Im RIS seit
20.11.2000