Entscheidungsdatum
14.08.2019Norm
BDG 1979 §51 Abs2Spruch
W257 2201610-1/13E
Schriftliche Ausfertigung des am 16.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. MBA Herbert MANTLER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für Niederösterreich, Zl. PAD/18/00843977/001/AA, vom 09.05.2018 mit dem dem Beschwerdeführer die Bezüge ab dem 01.06.2018 eingestellt wurden, am 16.07.2019 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Stammdienststelle befand sich im Personalbereich der Landespolizeidirektion Niederösterreich.
Am 23.07.2018 teilte die Dienstbehörde, die Landespolizeidirektion für das Bundesland Niederösterreich, dem Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 19.07.2018 mit, dass am 11.06.2018 seitens des Beschwerdeführers eine Beschwerde eingelangt sei. Der Beschwerdeführer befände sich seit dem 06.11.2016 aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung durchgehend im Krankenstand. Er wäre als dienstunfähig erklärt worden und sei vom weiteren Dienst entbunden worden. Ungeachtet dessen hätte er dennoch an den dienstlichen Interessen mitzuwirken, dies er durch die Nichtwahrnehmung von ärztlichen Untersuchungsterminen, welche ihn vorgeschrieben worden seien, in drei Fällen unterlassen habe. Aus diesem Grund sei ihm mit Wirkung vom 01.06.2018 der Bezug eingestellt worden. Mit Schreiben vom 19.10.2018 legte der bisherige Rechtsvertreter seine Vollmacht zurück. Der Beschwerdeführer ist seitdem unvertreten.
Nachdem die Aktenvorlage seitens der Dienstbehörde unvollständig war, indem nur etwa jede zweite Seite des vollständigen Aktes dem Verwaltungsgericht vorgelegt wurde, legte die Dienstbehörde am 20.12.2018 am 10.01.2018 und am 15.01.2018 den vollständigen Akt vor. Daraus - und aus dem bisherigen gerichtlichen Erhebungsergebnis - ergibt sich zusammengefasst folgendes chronologisches Bild:
1. Aus einem ärztlichen Entlassungsbrief vom 21.12.2016 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer unter einer wahnhaften Störung (F22.0) leidet. Sh zu dem weiteren Krankenverlauf unter Punkt 17.
2. Zusammenfassend kann hier festgehalten werden, dass hinsichtlich des psychischen Zustandes die Diagnose "akute vorwiegend wahnhafter psychotische Störung (F23.3, leichte depressive Episode (F32.0),..."
[aus dem Entlassungsbericht vom 20.07.2017] das Jahr 2017 über fortgeschrieben und mehrfach attestiert wurde.
3. Am 30.10.2017 wurde der Beschwerdeführer anlässlich einer Untersuchung beim polizeiärztlichen Dienst für dienstunfähig befunden. Daraufhin wurde ein Verfahren zur vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand angestrengt (OZ 8).
4. Wegen diesen Ruhestandsversetzungsverfahrens wurde er seitens der Dienstbehörde angewiesen sich am 19.01.2018, am 01.02.2018 (Ersatztermin für den 19.01.2018), am 12.02.2018 (Ersatztermin für den 01.02.2018) einer fachärztlichen Untersuchung bei der BVA zu unterziehen. Alle drei Termine wurden von ihm nicht wahrgenommen.
5. Am 22.02.2018 teilte die BVA der Dienstbehörde mit, dass der Beschwerdeführer die Vorladungstermine nicht wahrgenommen habe.
6. In einem Aktenvermerk (sh OZ1, offenbar als Anhang der LPD NÖ an den Beschwerdeführer und seinem damaligen Vertreter, verfasst von
XXXX XXXX am 11.06.2018 im Rahmen des Ruhestandsversetzungsverfahrens), wird in chronologischer Reihenfolge dargelegt in welcher Weise und an welchen Stellen der Beschwerdeführer Anzeige gegen seine Vorgesetzten bzw. teilweise auch gegen nicht namentlich bekannte Staatsanwälte wegen Amtsmissbrauch eingebracht hat. Darunter befinden sich auszugsweise folgende Einträge:
6.1. "Am 24.04.2018 gab BVA Details hinsichtlich der durch XXXX nicht wahrgenommenen Untersuchungstermine (19.01.2018, 16.15 Uhr, 01.02.2018, 10:50 Uhr; 12.02.2018, 14.00 Uhr) bekannt. Eine mit RSa verschickte Ladung für 08.05.2018 sei am 10.04.2018 mit dem Vermerk "ortsabwesend bis 08.01.2019" an die BVA retourniert worden. [...]
6.2. Am 27.04.2018 teilte XXXX der LPD NÖ per Mail mit, dass er seinen Wohnsitz von XXXX nach Tschechien (nähere Adresse ubk) verlegt habe. Die Abmeldung erfolgte mit 02.05.2018.
6.3. XXXX selbst, der am 12.06.2018 auf der PI XXXX (Bezirk XXXX , nach dem Wohnsitz zuständige PI) verweilte und dem dieses Schriftstück ausgehändigt werden sollte, verweigerte die Annahme".
7. Mit Dienstanweisung vom 09.04.2018 wurde er neuerlich zu einer fachärztlichen Untersuchung, welche am 08.05.2018 stattfinden hätte sollen, vorgeladen. Diese erging mittels E-Mail an den damaligen Rechtsvertreter, Rechtsanwalt XXXX in Wien. Die Behörde stützt ihren späteren Bescheid neben den drei oben angeführten Terminen (19.01.2018, 01.02.2018, 12.02.2018) auch auf die erwähnte Dienstanweisung. Der Rechtsanwalt gab später in der Beschwerde dazu an, dass er diese Dienstanweisung nicht zugestellt bekommen hätte. Dieses E-Mail sei irrtümlich in den Spam-Ordner gelangt oder infolge eines E-Mail-Adressenwechsels nicht an ihm zugestellt worden.
In dieser Dienstanweisung wurde er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Nichtbefolgung dieser Anordnung dienstrechtliche/disziplinäre und auch besoldungsrechtliche Maßnahmen zur Folge haben könne.
8. Mit dem im Spruch erwähnten Bescheid vom 09.05.2018, rechtswirksam zugestellt an die damalige Rechtsvertretung, wurden dem Beschwerdeführer gem § 12c Abs. 1 Z 2 Gehaltsgesetz die Bezüge ab dem 01.06.2018 gänzlich gekürzt. Begründend wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines Ruhestandsversetzungsverfahrens angewiesen worden sei drei Untersuchungstermine wahrzunehmen. Diesen Terminen wäre er unentschuldigt ferngeblieben. Mit Dienstanweisung an den ausgewiesenen Rechtsvertreter sei er nochmals zu einem Termin, nämlich für den 08.05.2018 aufgefordert worden. Auch dieser Dienstanweisung sei er nicht nachgekommen, weswegen seine Abwesenheit als ungerechtfertigt anzusehen gewesen sei und die Bezüge mit 01.06.2018 eingestellt wurden.
9. Mit E-Mail vom 07.06.2018 meldete der Beschwerdeführer an das Bezirkspolizeikommando XXXX , der PI XXXX und der PI XXXX , dass er - wie am 28.05.2018 telefonisch bekannt gegeben habe - arbeitsfähig sei und legte dazu das Gutachten des Dr. med. XXXX aus XXXX vom 28.05.2019 bei, aus dem sich eine Arbeitsfähigkeit ergäbe. Dieses E-Mail war der Beschwerde beigelegt.
10. Am 11.06.2018 - nach Erlassung des Bescheides am 09.052018 - schrieb die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer, dass er sich von Amts wegen im Krankenstand befände. Diesbezüglich seien weitere Untersuchungen erforderlich, an denen der Beschwerdeführer mitzuwirken habe. Unter anderem seien auch Untersuchungen durch die BVA vorgesehen; auch bei diesen habe er mitzuwirken. Ein selbstständiger Dienstantritt sei dem Beschwerdeführer nicht möglich. Er hätte die Untersuchungstermine nicht wahrgenommen und wäre unentschuldigt ferngeblieben. Zudem sei er postalisch nicht erreichbar und hätte er den Wohnort in die Tschechei verlegt. Er möge bis längstens 18.06.2018 eine ordentliche Zustelladresse bekannt geben. Weiteres ist er davon in Kenntnis gesetzt worden, dass gegen ihn eine Disziplinaranzeige erstattet worden sei.
11. In der gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde durch den Rechtsvertreter, eingebracht bei der Behörde am 13.06.2018, wird ausgeführt, dass er nach dem Krankenstand mehrmals seine Arbeitsbereitschaft gezeigt hätte, doch hätte der Dienstgeber auf seine Arbeitsleistung verzichtet. Überdies sei ihm die Ladung zur ärztlichen Untersuchung nicht mitgeteilt worden.
Die Zustellung mittels E-Mail an den Rechtsvertreter sei von diesem nicht gelesen worden, weil diese vermutlich irrtümlich in den Spam-Ordner abgelegt worden sei. Er stelle daher gegenüber dem Verwaltungsgericht den Antrag den Bescheid, mit dem die Bezüge seit dem 01.06.2016 (richtigerweise der 01.06.2018) eingestellt wurden, ersatzlos zu beheben bzw in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides der Behörde zurückzustellen. Der Beschwerde wurde ein ärztliches Attest des Dr. med. XXXX aus XXXX beigelegt, aus dem hervorgehe, dass sich der Beschwerdeführer am 28.05.2018 in einem altersentsprechenden guten Allgemeinzustand befunden habe.
12. Am 28.06.2018 schrieb die Dienstbehörde den Beschwerdeführer ein E-Mail an seine private E-Mail-Adresse, indem angeführt wird, dass es nicht zielführend sei, wenn der Beamte lediglich seitens eines Hausarztes (gemeint war XXXX XXXX aus XXXX ) eine Gesundmeldung vorliegen würde. Er hätte, indem er mehrere Termine bei der BVA nicht wahrgenommen hätte, sich unentschuldigt vom Dienst entfernt. Aus diesem Grunde wären die Bezüge eingestellt worden. Solange der Beschwerdeführer nicht aus eigenem Antrieb Kontakt mit der BVA aufnehmen würde, könne nicht wieder mit einer Anweisung der Bezüge gerechnet werden. Erst wenn er die Untersuchungstermine bei der BVA wahrnehmen würde, könne mit einer Wiederanweisung der Bezüge gerechnet werden.
13. In einer am 29.06.2018 dagegen geführte Replik des Beschwerdeführers, führte er an, dass bei der BVA keine Unterlagen von ihm vorhanden wären. Weiters führte er an das die Dienstbehörde "Teil einer kriminellen Organisation" sei, welche sich rund um den XXXX bilden würde, wozu auch die Staatsanwaltschaft XXXX gehören würde.
14. Der Verwaltungsakt wurde am 23.07.2018 dem Verwaltungsgericht unvollständig vorgelegt.
15. Am 16.03.2019, eingelangt am 21.03.2019, schrieb der Beschwerdeführer, dass er gehört hätte, dass er seit dem 01.03.2019 in Pension sei. Er hätte allerdings keinen Pensionsantrag gestellt und wäre gesund. Zudem würden alle Jahresgehaltszettel an einen Rechtsanwalt in XXXX gesandt werden. Er erhebe Beschwerde, sollte er tatsächlich in Pension sein. Zudem bitte er um "Klärung des Sachverhaltes, sowie der Akten und Bescheide betreffend seiner Pension betreffend Einleitung rechtlicher Schritte gegen die verantwortlichen Personen."
16. Am 08.05.2019 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht für den 04.06.2019 eingeladen.
17. Am 28.05.2019 langte seitens der Behörde ein 73-seitiges Aktenkonvolut ein. In dem Anschreiben ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 01.03.2019 im Ruhestand befände. Erstmals ist auch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer einen Erwachsenenvertreter hat. Ebenso wurde ua folgendes vorgelegt:
17.1. Polizeiamtsärztliches Gutachten vom 02.02.2017 von XXXX mit der vorläufigen Diagnose "wahnhafte Störung [laut Entlassungsbefund sozialpsychiatrische Abteilung KH XXXX ]", sowie, "aus polizeiärztlicher Sicht bestehen zum Untersuchungszeitpunkt berechtigte Zweifel, dass überhaupt mit einer Wiedererlangung der exekutiven Dienstfähigkeit des XXXX zu rechnen ist.
17.2. Ärztlicher Entlassungsbericht des Therapiezentrums XXXX , Bad XXXX , vom 20.07.2017, darunter die Diagnose "z.n. akuter vorwiegend wahnhafter psychotischer Störung, ...depressive Episode...".
17.3. Polizeiamtsärztliches Gutachten vom 25.08.2017 von XXXX mit der gleichen Diagnose wie der ärztliche Entlassungsbericht des XXXX
.
17.4. Fachärztliche Stellungnahme von XXXX vom 10.10.2017, FA für Psychiatrie mit der Empfehlung, das nicht von einer Exekutivdiensttauglichkeit ausgegangen werden könne. Weiters, "Bezüglich einer Eignung für die Verwendung im Verwaltungsdienst besteht aus psychiatrischer-fachärztlicher Sicht keine Einschränkung...."
17.5. Polizeiamtsärztliches Gutachten vom 30.10.2017 von XXXX mit der vorläufigen Diagnose der akuten wahnhaften Störung mit leichter Restsymptomatik. Er kann den Exekutivdienst nicht wiederaufnehmen und es ist auch mit einer Wiedererlangung dieser Fähigkeit nicht zu rechnen.
17.6. Bescheid vom 11.12.2018 an den Beschwerdeführer im Wege des Erwachsenenvertreters XXXX , womit der Beschwerdeführer von Amts wegen mit Wirkung 01.03.2019 in den Ruhestand versetzt wurde.
17.7. Beschluss des XXXX vom 28.08.2018 dass XXXX , Rechtsanwalt in XXXX zum Erwachsenenvertreter bestellt wird in folgenden Angelegenheiten: "Vertretung in Verwaltungsverfahren zur Geltendmachung seiner finanziellen Ansprüche und Verwaltung von Einkommen, Vermögen und Verbindlichkeiten".
Dieser Beschluss wurde dem Verwaltungsgericht erstmals am 28.05.2019 - eine Woche vor der mündlichen angesetzten Verhandlung - vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Parteien bereits zur Verhandlung für den 04.06.2019 geladen. Nachdem dem Verwaltungsgericht zum Ausschreibungszeitpunkt, den 08.05.2019, nicht bekannt war, dass der Beschwerdeführer einen Erwachsenenvertreter beigestellt wurde, wurde der Beschwerdeführer zur Verhandlung direkt geladen. Aufgrund des aufrechten Beschlusses, welcher auch die gegenständliche Rechtssache umfasst, ist der Beschwerdeführer ad personam nicht prozessfähig.
18. Die Dienstbehörde gab mit dem Schreiben vom 28.05.2019 bekannt, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen werden.
19. Am 04.06.2019 erschien der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht. Ihm wurde mitgeteilt, dass er ohne seinem Vertreter nicht prozessfähig ist (sh dazu Punkt 13.7.). Das Protokoll wurden der Behörde zugesandt.
20. Am 17.06.2019 wurden die Parteien zu einer weiteren mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht für den 16.07.2019 eingeladen.
21. Bei der mündlichen Verhandlung am 16.07.2019 wiederholte der Beschwerdeführer im Grund sein bisheriges Vorbringen. Die Behörde führte an, dass der Beschwerdeführer die Weisung vom 09.05.2019, womit er nochmals zu einer fachärztlichen Untersuchung vorgeladen wurde, nicht nachgekommen sei und ihm deswegen - weil es das Gesetz vorsieht - als ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gelte und ihm daher keine Bezüge mehr ausbezahlt wurden.
22. Wegen Entscheidungsreife wurde am Verhandlungsende das Erkenntnis mündlich verkündet. Die Behörde stellte den Antrag auf schriftliche Ausfertigung gem § 29 Abs. 4 VwGVG.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest.
1. Feststellungen:
1.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird festgestellt.
1.2. Der Beschwerdeführer stand als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle befand sich im Planstellenbereich der Landespolizeidirektion Niederösterreich.
1.3. Er ist seit dem 05.04.2019 in XXXX wohnhaft und aufrecht gemeldet. Er befand sich ab dem 06.11.2016 aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung durchgehend bis zu seiner Pensionierung im Krankenstand. Mit Wirksamkeit 01.03.2019 wurde er in den Ruhestand versetzt.
1.4. Wegen diesen Ruhestandsversetzungsverfahren wurde er seitens der Dienstbehörde angewiesen sich am 19.01.2018, am 01.02.2018 (Ersatztermin vom 19.01.2018), am 12.02.2018 (Ersatztermin vom 01.02.2018) einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Alle drei Termine wurden von ihm nicht wahrgenommen.
1.5. Mit Dienstanweisung vom 09.04.2018 wurde er neuerlich zu einer fachärztlichen Untersuchung, welche am 08.05.2018 stattfinden hätte sollen, vorgeladen.
1.6. Diese Dienstanweisung erging ausschließlich an den damals ausgewiesenen Rechtsvertreter.
1.7. Dem Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt eine Mitwirkung an der Untersuchung aus der Sicht der Dienstbehörde nicht zumutbar. Die Dienstbehörde hat Ihre Fürsorgepflichten unterlassen.
1.8. Das Ergebnis des Beweisverfahrens wurde dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten.
1.9. Nachdem auch dieser Termin seitens des Beschwerdeführers nicht eingehalten wurde, erging der in Beschwerde gezogene Bescheid.
1.10. Der Bescheid wurde am 01.05.2018 erlassen und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 15.05.2018 zugestellt.
1.11. Der Beschwerdeführer meldete sich am 07.06.2018 unter Beilegung eines ärztlichen Befundes eines Hausarztes vom 28.05.2018, aus dem die grundsätzliche Dienstfähigkeit hervorgeht, gesund. Die Behörde verweigerte die Arbeitsannahme.
1.12. Die Gehaltseinstellung umfasste die Zeitspanne 01.06.2018 bis 28.02.2019. Der Beschwerdeführer steht seit dem 01.03.2019 im Ruhestand.
2. Beweiswürdigung:
Diese unstrittigen Feststellungen konnten auf Grundlage der Aktenlage und dem Vorbringen der Verfahrensparteien getroffen werden.
Auffassungsunterschiede bestehen im Punkt 1.7. Im Wesentlichen zusammengefasst vermeinte der Beschwerdeführer, dass er aus psychischen Gründen nicht in der Lage war, an der Feststellung seiner Diensttauglichkeit mitzuwirken. Er hätte sich nicht eigenmächtig vom Dienst entfernt, denn er wäre seitens der Dienstbehörde vom Dienst freigestellt worden. Die Behörde vermeinte dagegen, dass sie wegen der aufrechten Vertretungsbefugnis die Weisung vom 09.04.2018 rechtswirksam lediglich an den Rechtsvertreter hätte zustellen können, dies sie auch vorgenommen habe. Nachdem er dieser Untersuchungspflicht nicht nachgekommen wäre, wurden die Bezüge eingestellt.
Für das Gericht wesentlich ist die Frage, ob ihm die Mitwirkung an der Untersuchung aus der Sicht der Behörde auch zugemutet werden konnte.
Die Dienstbehörde war durch die Vorlage der Befunde (sh dazu Punkt 17 im Verfahrensgang) in Kenntnis, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2017 unter einer akuten wahnhaften Störung leidet. Diese Erkrankungen waren auch der Anlass für seine Pensionierung (sh dazu den Bescheid vom 11.12.2018, Zl. P6/92070/2017 - LPD NÖ). Dort bezog sich die Behörde auf ein Gutachten von XXXX vom 10.10.2017, wodurch bei dem Beschwerdeführer unter anderem eine "Z.n. akute vorwiegend wahnhafte psychotischer Störung und eine leichte depressive Episode" diagnostiziert wurde (sh dazu Punkt 17.4.). In diesem Gutachten ist darüber hinaus angeführt, dass eine "Prognose bezüglich des Wiedererlangens der Exekutivdiensttauglichkeit nicht definitiv getätigt werden könne."
Das Verwaltungsgericht führt wertend aus, dass die Behörde wegen diesen Krankheitsbild, welches bereist im Nov 2016 der Dienstbehörde bekannt war und sich im Jahr 2017 durchwegs gefestigt hat, nicht ohne weiters davon ausgehen kann, dass dem Beschwerdeführer die Mitwirkung zumutbar war. Das Wesentliche an wahnhafte Psychosen ist der Realitätsverlust. Dass dies beim Beschwerdeführer im erhöhten Maß auftrat zeigen auch seine verschiedenen Aktivitäten wie Strafanzeige gegen Vorgesetzte, Staatsanwälte, Asylantrag in Deutschland, Verlegung des Wohnsitzes in die Tschechei, ohne dem Dienstgeber darüber zu informieren etc. Von all diesen Anzeigen war der Dienstgeber in Kenntnis und auch direkt betroffen. Dies führte auch schließlich zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters.
Die Dienstbehörde hat Ihre Fürsorgepflichten unterlassen, indem sie die Weisung, auf dem sie später die Einstellung der Bezüge gründete, alleine dem Rechtsvertreter zustellte, in Kenntnis der schweren psychischen Krankheit und der Tatsache, dass er möglicherweise sich gar nicht in Österreich aufhält (sh dazu unten unter Punkt a.) und der Untersuchung so faktisch nicht nachkommen kann. Die Behörde bekam 27.04.2018, ein paar Tage vor Erlassung des Bescheides, ein E-Mail des Beschwerdeführers, dass er seinen Wohnort in die Tschechei verlegte.
Wenn die Behörde Ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen wäre, wäre es für sie leicht gewesen, a. an der Wohnadresse durch eine Polizeistreife nachzusehen ob er tatsächlich dort wohnhaft ist und/oder b. ihn von dem Untersuchungstermin zumindest durch eine Information an seine private E-Mail-Adresse zu verständigen. Diese private E-Mail-Adresse war der Behörde bekannt und kommunizierte er mit der Behörde über diese E-Mail-Adresse. Das ein Kommunizieren an die private E-Mail-Adresse seitens der Behörde möglich ist, zeigen eine Reihe von E-Mails, allerdings erst nach Erlassung des Bescheides.
Weiters unterließ es die Behörde, dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mittels Parteiengehör vorzuhalten. Sie erließ, ohne dem Beschwerdeführer davon zu unterrichten, den Bescheid und stellte die Bezüge ein.
So ein massiver Eingriff steht wertend in keinem Verhältnis zu dem Ermittlungsverfahren der Behörde in Hinblick auf Erlassung des Bescheids. Der Beschwerdeführer wurde - in Kenntnis seiner Krankheit - weder aufgesucht, noch wurde ernsthaft versucht mit ihm Kontakt aufzunehmen, noch wurde er von dem Vorhaben mittels Parteiengehör unterrichtet.
Eine zumutbare Mitwirkungspflicht endet dann, wenn der Dienstbehörde aus der Fürsorgepflicht hätte klar sein müssen, dass der Beamte dieser Mitwirkungspflicht nicht ohne weiters nachkommen kann. Aus dem klaren und eindeutigen Krankheitsbild lässt sich ableiten, dass dem Beschwerdeführer dies nicht ohne weiters zugemutet werden könne. Die Dienstbehörde wäre verpflichtet gewesen, weitere Möglichkeiten anzustrengen, welches ihr auch leichtgefallen wäre. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer bei den erstellten Gutachten eine hohe Eigeninitiative zeigte, indem er selbst die Befunde vorlag, Vertrauenspersonen zu den Untersuchungen mitnahm, sachlogischer zu sein. Diese Eigeninitiative zeigt sich auch später, indem er sich selbst - wenn auch durch einen Hausarzt - sich gesundschreiben lies und den Dienstplan für den nächsten Monat einforderte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Rechtliche Grundlage:
§ 12c des Bundesgesetzes vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 - GehG), BGBl. Nr. 54/1956 in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2018 hat - auszugsweise - nachstehenden Wortlaut:
"Entfall der Bezüge
§ 12c. (1) Die Bezüge entfallen
1. für die Dauer eines Karenzurlaubes oder einer Karenz;
2. wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst;
3. auf die Dauer des Vollzuges einer wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen verhängten Freiheitsstrafe oder der zugleich mit einer solchen Freiheitsstrafe angeordneten, mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßnahme. Der Entfall tritt nicht ein, wenn die Freiheitsstrafe durch Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest nach dem Fünften Abschnitt des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, vollzogen wird;
4. auf die Dauer eines Tätigkeitsverbotes gemäß § 220b des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974.
(2) In den Fällen des Abs. 1 ist für jeden Kalendertag vom ersten Tag der ungerechtfertigten Abwesenheit bzw. des Karenzurlaubes bis zum Tag des Wiederantrittes des Dienstes der verhältnismäßige Teil des Monatsbezuges abzuziehen. Umfaßt ein solcher Fall einen ganzen Kalendermonat, entfällt für den betreffenden Monat der Anspruch auf Monatsbezug. Bereits ausbezahlte, nicht gebührende Bezüge sind hereinzubringen.
[...]."
§ 51 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2019 lautet:
§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."
Unbestritten ist im gegenständlichen Fall, dass sich der Beamte zu jenen Zeitpunkten, als er die Aufforderung bekam, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sich im Krankenstand befunden hat.
Dem Beschwerdeführer war eine Mitwirkung zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht zumutbar (sh dazu die Beweiswürdigung).
Für das Gericht erschließt sich die Dienstpflicht - welche auch im Krankenstand besteht - der "zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung" im Sinne des § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG nicht alleine an objektive Tatsachen. Die "Zumutbarkeit" hat auch immer den subjektiven Aspekt zu berücksichtigen. Der subjektive Aspekt verlangt von der Dienstbehörde sich die Frage zu stellen, ob ihm aufgrund der Krankheit eine Mitwirkung zumutbar ist oder nicht.
Das Gericht gelangte zum Ergebnis, dass ihm die Mitwirkung nicht ohne weiteres hätte zugemutet werden können. Aufgrund des gefestigten Krankheitsbildes musste die Behörde davon ausgehen, dass die Zustellung der Weisung vom 09.04.2018 alleine an den Rechtsvertreter zu wenig ist, um den Beschwerdeführer von seiner Mitwirkungspflicht in Kenntnis zu setzen.
Für das Gericht hat es die Behörde unterlassen, notwendige Ermittlungsschritte zu unternehmen um die Feststellung zu treffen, ob es dem Beschwerdeführer im Frühjahr 2018 zugemutet werden konnte, die notwendige Mitwirkungspflicht auch wahrzunehmen.
Es liegt somit kein Fall des § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG vor, denn dem Beschwerdeführer war eine Mitwirkung an der ihm vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung nicht zumutbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abwesenheit vom Dienst, ärztliche Untersuchung - Verweigerung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W257.2201610.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.02.2020