Entscheidungsdatum
11.10.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G313 2224107-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: BOSNIEN, vertreten durch ARGE Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2019, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Einreiseverbot auf 1 Jahr herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der BF stammt aus dem sicheren Herkunftsland Bosnien-Herzegowina und hält sich nach eigenen Angaben seit 05. Dezember 2017 in Österreich auf. Es wurde im Zuge einer Personenkontrolle am 6.4.2018 festgestellt, dass der BF den sichtvermerksfreien Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb der letzten 180 Tage überschritten hatte.
Am 07.04.2018, wurde die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab die BF zusammengefasst im Wesentlichen an, sich seines illegalen Aufenthalts bewusst zu sein. Er habe bei Freunden Unterkunft genommen, jedoch könne er nicht angemeldet werden. Angehörige in Österreich habe er nicht, vor seiner Einreise habe er in Bosnien gewohnt und wäre arbeitslos gewesen. Er sei im Besitz von 20,00 €. Er würde im Heimatland nicht verfolgt werden, habe nur vor 10 Jahren Probleme mit Drogen gehabt. Er wäre auch bereit freiwillig auszureisen.
Mit Bescheid vom 07.04.2018 erging gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung.
Der BF ist nicht ausgereist, sondern im Bundesgebiet untergetaucht.
Am 23.08.2019 wurde der BF abermals bei einer Personenkontrolle angehalten. Dabei wurde der illegale Aufenthalt des BF festgestellt, sowie dass er weder über Meldeadresse oder wenigstens Obdachlosenmeldung verfügt und keinerlei legaler Beschäftigung nachgeht, an Bargeld habe er noch 150,00 €.
Bei der Einvernahme zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung gab der BF an nun 150,00 € zu besitzen sowie manchmal der Schwarzarbeit nachgegangen zu sein. Er habe im Heimatland keine Probleme, in Österreich keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte.
Mit Bescheid vom 24.08.2019 wurde gegen den BF die Schubhaft verhängt.
Am 26.08.2019 brachte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, wurde der Antrag auf internationalen Schutz bzw. Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I und II) sowie wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt gegen den BF gemäß § 52 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Bosnien - Herzegowina zulässig ist, (Spruchpunkt III).
Der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV), im Spruchpunkt V eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein Einreiseverbot in der Höhe von 4 Jahren erlassen.
Am 02.10.2019 langte beim BFA die Beschwerde des BF - gegen die Spruchpunkte IV-VI ein. In Folge wurde diese am 09.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt.
Die BF beantragte in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid in seinem "Spruchpunkt VI. Verhängung des Einreiseverbotes" aufzuheben bzw. die Dauer des Einreiseverbotes entsprechend herabzusetzten sowie die Spruchpunkte IV und V aufzuheben.
Die Spruchpunkt I., II., III. wurden nicht in Beschwer gezogen und sind somit bereits in Rechtskraft erwachsen.
Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt (Beschwerdeeingabe) verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehörige von Bosnien -Herzegowina. Er spricht bosnisch. Er ist ledig und hat keine Kinder. In Österreich leben keine Verwandten des BF.
Der BF verfügt über einen gültigen biometrischen Reisepass Bosnien-Herzegowina.
Der BF wurde im Bundesgebiet zweimal im Zuge einer Personenkontrolle angehalten, in der sich sein illegaler Aufenthalt feststellen ließ, und dem BF auch nach eigenen Angaben dies bewusst war.
Gegen den BF wurde bereits mit Bescheid vom 07.04.2018 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen.
Der BF ist jedoch nicht aus dem Bundesgebiet freiwillig, wie er selbst noch in seiner vorausgehenden Niederschrift noch angab ausgereist, sondern im Bundesgebiet untergetaucht und war durch seine Nichtmeldung auch für die Behörden nicht greifbar.
In Folge seines unrechtmäßigen Aufenthalts hat sich der BF durch Schwarzarbeit, wie er selbst in der Niederschrift zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung vor der Behörde angab, über Wasser gehalten. Er sei nach der ersten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung im Jahre 2018 deswegen nicht ausgereist, weil ihm das Geld für eine Rückfahrkarte gefehlt habe.
Der BF war zuletzt im Besitz von 150,00 € die er von der illegalen Beschäftigung erwirtschaften konnte. Eine aufrechte Wohnsitzmeldung oder Obdachlosenmeldung hatte der BF nicht vorzuweisen.
Der BF hatte des Weiteren keine anderweitigen ausreichenden finanziellen Mittel bei sich und konnte auch keinen Nachweis über welche in Vorlage bringen.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er wurde in Österreich noch nie strafgerichtlich verurteilt. Er lebte bis zur Einreise in das Bundesgebiet in Bosnien-Herzegowina. In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten. Er verfügt weder über einen Aufenthaltstitel noch über eine Beschäftigungsbewilligung für das Bundesgebiet.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor. Der BF wurde von der belangten Behörde ausgiebig zu den, für die Entscheidungsfindung wesentlichen Punkten, niederschriftlich einvernommen. Es wird in der Beschwerde den wesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten bzw. ist das Entgegentreten nicht substatiert.
Die Feststellungen zur Identität der BF beruhen auch auf seinen eignen Angaben bzw. der Vorlage seines gültigen Reisepasses.
Die BF hielt sich zumindest Dezember 2017 ununterbrochen in Österreich auf und ist seiner rechtskräftigen Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen, sondern untergetaucht und durch fehlende Meldung, auch nicht als obdachlos gemeldet, für die Behörden nicht mehr greifbar.
Der BF gab selbst in der Niederschrift vor der Behörde illegale Beschäftigungen zu.
Die Feststellungen zu den persönlichen, familiären sowie finanziellen Verhältnissen des BF ergeben sich aus den eigenen Angaben. Das Fehlen einer Beschäftigungsbewillig, eines Aufenthaltstitels sowie Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet, ergibt sich aus den diesbezüglich Anfragen den jeweiligen staatlichen Registern.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF wird durch die Einsicht in das Strafregister, in dem keine Verurteilung aufscheint, belegt.
Dass der BF arbeitsunfähig bzw. an einer Erkrankung leidet hat sich nicht ergeben und wurde dies auch nicht behauptet. Unbeschadet dessen, wurde vom BF illegaler Beschäftigungen nachzugehen und davon im Bundesgebiet sein Leben zu bestreiten angegeben, sodass davon auszugehen ist, dass die BF gesund und arbeitsfähig ist.
Zu Zeitpunkt der Festnahme gab die BF an ca. 150,00 Euro zu besitzen.
Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich hervorgekommen. Der Lebensmittelpunkt des BF liegt in Bosnien-Herzegowina, wo sich seine Kernfamilie aufhält.
Rechtliche Beurteilung:
Der BF ist als Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Zu Spruchteil A):
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. wenn er über keinerlei ausreichende finanzielle Mittel verfügt oder einer illegalen Beschäftigung nachgeht. In diesen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt der betroffenen Fremden potentiell verbundenen Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache einer allfälligen Verurteilung oder Bestrafung des Fremden an, sondern auf das dieser zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Die belangte Behörde ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 53 FPG erfüllt ist, zumal der BF seit seiner Einreise ins Bundesgebiet nach seinen eigenen Angaben lediglich über 150 € Bargeld verfügte und sich mit "Schwarzarbeit" seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Der BF konnte auch sonstige finanzielle Absicherungen nicht substantiiert vorbringen. Wie er selbst angab konnte er nicht einmal die Rückfahrkarte in seine Heimat finanzieren.
Bosnisch-Herzegowinische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.03.2001, S.1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gem Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.
Der Aufenthalt der BF in Österreich war vor diesem Hintergrund nicht rechtmäßig.
Aufgrund des persönlichen Verhaltens des BF, der verschiedenen Vorschriften (insbesondere im Bereich des Fremdenrechts) missachtete, gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Wegen des Fehlens einer legalen Beschäftigung und seiner finanziellen Lage ist konkret zu befürchten, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass Wiederholungsgefahr besteht und für den BF keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann. Die mit Mittellosigkeit allgemein verbundene Gefahr der Beschaffung finanzieller Mittel aus illegalen Quellen hat sich bereits durch die unrechtmäßige Ausübung einer Erwerbstätigkeit in der Absicht, sich dadurch Einkünfte zu verschaffen, realisiert.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Verhinderung von Schwarzarbeit kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse der BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Bosnien-Herzegowina liegt und er keine schützenswerten Bindungen in Österreich oder in anderen vom Einreiseverbot umfassten Staaten hat. Abgesehen von seiner illegalen Erwerbstätigkeit liegen keine Integrationsmomente vor. Trotz aufrechtem Einreiseverbot für den gesamten Schengen Raum, steht es jedem Mitgliedsstaat frei, für sein Land einen Aufenthaltstitel zu erteilen, auch bei einem aufrechten Einreiseverbot (Artikel 11 der RückführungsRL).
Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes kommt nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Hier sind dem BF zumindest keine weiteren Verstösse anzulasten. Doch kommt trotz der strafgerichtlichen Unbescholtenheit der gänzliche Entfall aufgrund der Umgehung der fremdenpolizeilichen Bestimmungen nicht in Betracht. Die in der Beschwerde angestrebte Reduktion der Dauer des Einreiseverbots war jedoch stattzugeben - hat doch die belangte Behörde beinahe den höchstmöglichen Rahmen von bis zu 5 Jahren - BF erhielt 4 Jahre - ausgeschöpft, obwohl der BF erstmalig in Erscheinung trat, er die illegale Beschäftigung auch zugab. Auch die persönlichen und familiären Verhältnisse des BF, der seinen Lebensmittelpunkt in Bosnien-Herzegowina hat, wo er sein Privat- und Familienleben gestaltete, stehen dem vom BFA erlassenen Einreiseverbot nicht entgegen. Nur was die Höhe anbelangt war zu beanstanden sodass der Beschwerde in diesem Bereich stattzugeben war.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, konnte eine mündliche Verhandlung gem § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren des BFA voran. Das BFA hat die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offengelegt. Das Gericht teilt die tragenden Erwägungen der behördlichen Beweiswürdigung, zumal keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufgetreten sind. In der Beschwerde wurde kein für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet, der dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegensteht oder darüber hinausgeht.
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 MRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Da hier in der Beschwerde keine über den festgestellten Sachverhalt hinausgehenden Tatsachen vorgebracht werden und auch bei einem positiven persönlichen Eindruck von dem BF weder ein Entfall noch eine weitere Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots denkbar ist, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig.
Zu den Spruchpunkten IV und V:
Über die beantragte aufschiebende Wirkung war wegen Bekämpfung der Spruchpunkte IV-VI nicht extra amtswegig vorab zu entscheiden und wurde eine entsprechende Entscheidung in der Hauptsache erledigt.
Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise ist auszuführen, dass der BF bis dato trotz eigner Zusicherung und rechtskräftiger Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen hat, sondern für die Behörden nicht mehr greifbar durch Untertauchen war und auch selbst angab, aufgrund fehlender finanzieller Mittel sich eine Rückfahrkarte in sein -Heimatland nicht leisten zu können, daher war der Beschwerde auch in diesem Punkt nicht Folge zu geben.
Spruchteil B.)
Die im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots anzustellende Gefährdungsprognose und die dabei vorzunehmende Interessensabwägung können jeweils nur im Einzelfall erstellt bzw. vorgenommen werden. Die Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG dabei an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
Einreiseverbot, Glaubwürdigkeit, Herabsetzung, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2224107.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.02.2020