Index
41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Abweisung eines Antrags auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" eines Staatsangehörigen aus Nigeria; keine Berücksichtigung der konkreten familiären Situation des BeschwerdeführersRechtssatz
Das Verwaltungsgericht Wien (LVwG - VGW) führt in seiner Entscheidung begründend im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Stellung eines erfolglosen Asyl(folge-)Antrages "das Asylrecht in mehrfacher Hinsicht missbraucht" habe und die Zulassung einer Inlandsantragstellung in einem derartigen Fall "ein geordnetes Asyl- und Fremdenwesen gänzlich ad absurdum" führe bzw "jeglichem Asylmissbrauch Tür und Tor geöffnet" werde. Das zwischenzeitig begründete Familienleben des Beschwerdeführers berücksichtigt das VwG nur insofern, als es ihm weniger Gewicht beimisst, weil der Beschwerdeführer sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus im Zeitpunkt der Begründung bewusst sein musste, und es ihm freistehe, nach der Rückkehr in sein Herkunftsland allenfalls legal im Rahmen der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nach Österreich einzureisen. Eine neuerliche Prüfung der bereits im Asylverfahren vorgebrachten Asylgründe komme nicht in Betracht, insbesondere wären die vom Beschwerdeführer als Asylgrund ins Treffen geführten Verdächtigungen betreffend Homosexualität mit seiner Heirat und Zeugung eines Kindes ohnehin gegenstandslos. Diesen Ausführungen des LVwG kann angesichts der mangelhaften, zum Teil herabwürdigenden und zynisch anmutenden Argumentation kein hinreichender Begründungswert zugeschrieben werden.
Darüber hinaus verkennt das LVwG, dass gemäß §11 Abs3 NAG die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war, bzw Verstöße gegen die öffentliche Ordnung als Aspekte im Rahmen einer gesamtheitlichen und umfassenden Beurteilung nach Art8 EMRK zu prüfen sind; eine vorangegangene erfolglose Antragstellung auf internationalen Schutz macht die Stellung eines Antrages auf Inlandsantragstellung iSd §21 Abs3 Z2 NAG aber nicht von vornherein unzulässig.
Das LVwG berücksichtigt das "zwischenzeitig begründete Familienleben" des Beschwerdeführers nur insofern, als es ihm weniger Gewicht beimisst, weil er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus im Zeitpunkt der Begründung bewusst sein musste, und es ihm freistehe, nach der Rückkehr in sein Herkunftsland allenfalls legal im Rahmen der niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nach Österreich einzureisen. Keine Vornahme einer Gesamtbetrachtung in Form einer - unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles - gewichtenden Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in §11 Abs3 NAG genannten Kriterien.
Keine Auseinandersetzung mit den Folgen, die eine durch die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers drohende Ausreise - wenn auch für die Dauer des Abwartens eines Niederlassungsverfahrens - und die damit verbundene Trennung von seiner Ehefrau und den minderjährigen Kindern mit sich brächte. Das Verwaltungsgericht hätte in dieser Hinsicht ermitteln und bei seiner Abwägungsentscheidung berücksichtigen müssen, welche konkreten Auswirkungen eine Ausreise des Beschwerdeführers auf das Kindeswohl hat.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Fremdenrecht, Aufenthaltsrecht, Privat- und Familienleben, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:E1721.2019Zuletzt aktualisiert am
27.05.2021