TE Vwgh Beschluss 2020/1/20 Ra 2020/14/0009

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Veröffentlicht am 20.01.2020
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
FlKonv Art1 AbschnA Z2

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2020/14/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in den Revisionssachen 1. der A B, und 2. der C D, beide vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116/17-19, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 12. Juni 2019, 1. W189 2211354- 1/20E und 2. W189 2211351-1/7E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen Zweitrevisionswerberin. Beide sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und stellten am 13. Mai 2018 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Mit den Bescheiden je vom 13. November 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz ab, erteilte den Revisionswerberinnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, und stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde jeweils mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest. 3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig sei.

4 Die Revisionswerberinnen erhoben gegen diese Entscheidungen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2019, E 2717-2718/2019-8, ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 31. Oktober 2019, E 2717-2718/2019-10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurden die gegenständlichen Revisionen eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Schon die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, es bestehe für die Revisionswerberinnen, die sich auf eine von Privaten ausgehende Verfolgung wegen häuslicher Gewalt berufen, eine innerstaatliche Fluchtalternative, deren Inanspruchnahme für sie auch zumutbar sei, vermögen die angefochtenen Entscheidungen zu tragen. Soweit die Revisionswerberinnen suchen, die Schutzfähigkeit des Heimatlandes infrage zu stellen, ist darauf hinzuweisen, dass von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates nicht bereits dann gesprochen werden kann, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233, mwN). Dass die vom Bundesverwaltungsgericht fallbezogen anhand der in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien vorgenommene Beurteilung unvertretbar wäre, wird von den Revisionswerberinnen nicht aufgezeigt; das gilt sinngemäß auch in Bezug auf die Verweigerung der Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 57 AsylG 2005.

9 Vor diesem Hintergrund hängen die Revisionen von übrigen darin angesprochenen Fragen (im Besonderen in Bezug auf die Überprüfung der Richtigkeit der Angaben der Erstrevisionswerberin zu den geltend gemachten Übergriffen durch Familienangehörige) nicht ab.

10 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140009.L00

Im RIS seit

18.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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