TE OGH 2020/1/21 1Ob142/19t

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Veröffentlicht am 21.01.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Mag. C*****, vertreten Dr. Brigitte Birnbaum und Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner Dr. E*****, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger Dorninger Steiner & Partner OG, Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Juli 2019, GZ 45 R 554/18f-162, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 25. Oktober 2018, GZ 4 Fam 68/14k-156, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Revisionsrekurs des Antragsgegners wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

II. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die in den Punkten 1. und 2. des erstinstanzlichen Beschlusses unangefochten blieben, werden im Umfang des Zuspruchs der dem Antragsgegner auferlegten Ausgleichszahlung von 800.000 EUR als Teilbeschluss aufrechterhalten, im Übrigen aber samt der Kostenentscheidung aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Beschlussfassung über eine darüber hinaus begehrte Ausgleichszahlung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs der Antragstellerin sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Streitteile wurden nach fast 40-jähriger Ehe geschieden. Aufteilungsstichtag ist der 25. 9. 2013.

Die ehemaligen Eheleute schlossen bereits umfangreich Teilvergleiche über die reale Zuteilung unbeweglichen und beweglichen Vermögens (so etwa über verschiedene Sammlungen [mehr als 1.000 Gemälde, 600 Stiche, Skulpturen und ägyptische Ausgrabungsgegenstände, Weine, Briefmarken, Münzen etc]), auf die sie im weiteren Verfahren nicht mehr zurückkommen. Überdies verkauften sie während des Verfahrens die ehemalige Ehewohnung. Den so erzielten Verkaufserlös von 4 Mio EUR teilten sie – allerdings nur vorläufig („unpräjudiziell“) – untereinander (je zur Hälfte) auf.

Das Erstgericht traf Feststellungen zum beruflichen Werdegang, zur Gestaltung der Ehe und zum verbleibenden, nicht von einer einvernehmlichen Regelung umfassten Vermögen, ua in Form von Liegenschaftsbesitz samt dessen Finanzierung, sowie zu Guthaben auf diversen Bankkonten, Sparbüchern und Wertpapierdepots.

Es wies mit seiner Entscheidung dem Mann – gegen Zahlung von 35.000 EUR – ein (noch strittig gebliebenes) Gemälde zu (Pkt 2.), übertrug der Frau das Hälfteeigentum des Mannes an einer bestimmten Liegenschaft (Pkt 1.) und verpflichtete ihn darüber hinaus zu einer Ausgleichszahlung von 1,5 Mio EUR (Pkt 3.).

Das Rekursgericht verminderte diese auf 620.000 EUR.

Im Revisionsrekursverfahren geht es allein um die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung und deren Höhe. Die Frau strebt deren Erhöhung um 800.000 EUR (auf 1.420.000 EUR) an, während der Mann begehrt, eine Ausgleichszahlung nicht ihm, sondern vielmehr der Frau (in Höhe von 327.000 EUR) aufzuerlegen.

Rechtliche Beurteilung

Zu I.: Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Mannes:

I.1. Die dem Rekursgericht an einer Stelle – offenkundig irrtümlich – unterlaufene unrichtige Angabe der Parteienbezeichnungen („Antragsteller“ anstelle von „Antragstellerin“ und „Antragsgegnerin“ anstelle von „Antragsgegner“) begründet keine Aktenwidrigkeit, weil klar ist, wer jeweils gemeint ist.

I.2. Das Rekursgericht setzte die Höhe der mit ehelichen Mitteln beglichenen Investitionskosten in das Zinshaus gemäß § 34 AußStrG fest. Voraussetzung für die Anwendung dieser § 273 ZPO nachgebildeten Bestimmung ist, dass die Forderung dem Grunde nach feststeht und die Erhebung der Höhe nicht möglich oder mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist. Wird § 273 ZPO (oder § 34 AußStrG) – wegen Beweisschwierigkeiten – angewendet, ist auf die (dem materiellen Recht zugehörenden) Beweislastregeln nicht Bedacht zu nehmen (vgl RIS-Justiz RS0040447 [T1]). Im vorliegenden Fall hatte schon das Erstgericht zugrunde gelegt, dass das „in die Renovierung des Zinshauses gesteckte“ Geld „einerseits aus dem Notariat“ und „andererseits aus ehelichen Ersparnissen stammte“. Dass ausgehend davon die Voraussetzungen für die Anwendung des § 34 AußStrG nicht gegeben gewesen wären, legt der Mann mit seinen Ausführungen zur Beweislastverteilung und dem pauschalen Vorwurf, diese Bestimmung diene nicht dazu, Beweislastverteilungen auszuhebeln, nicht dar. Bei seiner Bemängelung, es fehlten für die Anwendung des § 91 Abs 2 EheG Ausführungen zu den aus dem Unternehmen entstandenen Vorteilen, übersieht er offenbar, dass er derartige Vorteile darzulegen hätte, was er allerdings unterlässt.

I.3. Auf seine Kritik zu Ausführungen des Rekursgerichts zu einzelnen Guthabensständen auf diversen Konten (einschließlich der Behauptung einer doppelten Verwertung eines bestimmten Kontos), ist schon deshalb nicht einzugehen, weil er selbst – richtigerweise – einräumt, dass diese (zu seinen Gunsten) ohnehin nicht in die „Aufteilungsrechnung“ des Rekursgerichts einbezogen wurden. Die von ihm angegriffene Beurteilung des Rekursgerichts zur Frage, ob diese Teil der Aufteilungsmasse sind oder nicht, blieb für die – insoweit von der Frau nicht bekämpfte – Festsetzung der Ausgleichszahlung durch das Rekursgericht ohne Auswirkung. Gegen die Berücksichtigung bestimmter Zahlungen und ehelicher Investitionen in Liegenschaften (ua ein Zinshaus) erhebt er unter der Voraussetzung, dass die Konten unberücksichtigt bleiben, ausdrücklich keinen Einwand; zudem führt er dagegen auch inhaltlich nichts aus.

I.4. Die nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bewirkte „Vorausleistung“ des Antragsgegners anlässlich eines Grundstückskaufs der gemeinsamen Tochter beurteilte das Rekursgericht als Kreditschuld zwischen den vormaligen Ehegatten, die nicht dem Aufteilungsverfahren unterliege, habe es sich dabei doch weder um eheliches Gebrauchsvermögen noch um eheliche Ersparnisse gehandelt. Diese Begründung greift der Antragsgegner gar nicht an, wenn er sich darauf stützt, dass er einen „Ausgleichsanspruch“ habe, weil „der Grundstückskauf für die Tochter einvernehmlich vorgenommen worden“ sei, dabei aber gleichzeitig selbst zugesteht, dass es sich nicht um einen der Aufteilung unterliegenden Anspruch handle, und – ohne einen Rechtsgrund dafür zu nennen – fordert, diese Leistung als „Vorausleistung des Antragsgegners im Spruch zu berücksichtigen“. Er scheint damit eine Aufrechnung anzusprechen, die aber nur bei einer im selben Verfahren zu beurteilenden „Gegenforderung“ zulässig wäre. Da die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung nach § 94 Abs 1 EheG überhaupt erst mit Rechtskraft der darüber ergehenden Entscheidung entsteht, was (zumindest) deren Zustellung voraussetzt, kann bei Fällung der Entscheidung eine vorweggenommene (außergerichtliche) Aufrechnung mit Tilgungswirkung nicht stattfinden (vgl 1 Ob 170/16f mwN).

I.5. Im Rahmen seiner Anfechtungserklärung erklärt der Mann zwar, mit einer (weiteren) Ausgleichszahlung für das Gemälde „nicht einverstanden“ zu sein, begehrt aber mit seinem Revisionsrekursantrag eine Abänderung „ausschließlich zu Punkt 3.)“. Bei – der hier vorliegenden – Divergenz zwischen Anfechtungserklärung und Anfechtungsantrag ist zum einen grundsätzlich der Rechtsmittelantrag maßgeblich (RS0043624 [T1]), zum anderen führt er dazu auch inhaltlich gar nichts aus.

I.6. Der Revisionsrekurs des Mannes führt damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aus, weswegen er zurückzuweisen ist. Einer weiteren Begründung bedarf es insoweit nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

II. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

II.1. Die Frau wendet sich dagegen, dass das Rekursgericht den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft mit der ehemaligen Ehewohnung zu gleichen Teilen auf die Parteien aufteilte. Es habe dabei zwei für die Beurteilung wesentliche Gesichtspunkte nicht beachtet, nämlich die von ihr aus nicht in die Aufteilung einzubeziehenden Mitteln getätigten Investitionen und die im Jahr 2006 erfolgte Schenkung der Hälfte der Anteile.

II.2. Dazu ging das Erstgericht zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

Die Frau kaufte während der aufrechten Ehe (1976) eine Liegenschaft (im Weiteren als „Garten“ bezeichnet), deren Kaufpreis von ihrem Vater finanziert wurde. Die Liegenschaft mit der späteren Ehewohnung (im Weiteren kurz: „Ehewohnung“) kauften die Streitteile im Jahr 1989. Der Kaufpreis wurde aus ehelichen Ersparnissen und durch Entnahmen aus dem Notariat beglichen. Der Mann wurde damals zu 8/10tel und die Frau zu 2/10tel im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, weil der Steuerberater dazu geraten hatte, die Anteile entsprechend des Einkommens zu erwerben. In den nächsten Jahren wurden noch erhebliche Beträge („ein sehr hoher Geldbetrag“) in die Instandsetzung, den Ausbau und die Renovierung der Ehewohnung „gesteckt“, deren Höhe das Erstgericht nicht feststellen konnte, wobei die Rechnungen teilweise auch durch Entnahmen vom Notariatskonto oder „direkt über dieses Konto“ beglichen wurden. Den Garten verkaufte die Frau im Jahr 1991 und zahlte den Verkaufserlös von 3.975.000 ATS (ungefähr 289.000 EUR) auf ein gemeinsames Konto ein. „Dadurch“ konnte die bereits in Angriff genommene Renovierung der (späteren) Ehewohnung beschleunigt werden. Es wurden „damit“ auch Rechnungen für die Renovierung und den Ausbau der Ehewohnung bezahlt.

Im Jahr 2006 überwand das Ehepaar eine Krise. Aufgrund der Zusage des Mannes, unter anderem seine Verbindung mit einer anderen Frau abzubrechen und ihr treu zu sein, erklärte sich die Frau dazu bereit, auf die „Geltendmachung des Ehebruchs“ mit dieser Frau zu verzichten. Der Hintergrund der kurz danach erfolgten Schenkung von 5/10tel der Anteile an der Ehewohnung war, dass sich die Frau damals scheiden lassen und er dies verhindern wollte. Ihrem Wunsch nach finanzieller Absicherung kam er – wohl wissend, dass die Schenkung im Fall einer Scheidung irrelevant ist – entgegen. Die Frau war beruhigt und dachte, dass sie nun Mehrheitseigentümerin sei und dies auch im Fall einer Scheidung Bestand haben werde.

Das Erstgericht vertrat in seiner Entscheidung die Auffassung, der Frau komme ein Anteil von 7/10tel aus dem Verkaufserlös zu. Der Zweck der Schenkung sei die Aufrechterhaltung der Ehe auf Seiten der Frau (aufgrund von Verfehlungen des Mannes) gewesen. Ihr sei suggeriert worden, dass sie dadurch eine bessere Absicherung im Falle der Scheidung habe. Das Verhalten des Mannes grenze schon an doloses Verhalten. Abgesehen davon habe sie nachweisen können, dass der Verkaufserlös aus dem Garten auch in Investitionen in die eheliche Liegenschaft aufgegangen sei. Dieser Verkaufserlös sei als Surrogat der Schenkung ihres Vaters „besonders“ zu berücksichtigen. „Aufgrund dieser Erwägungen“ erscheine es angemessen, ihr – abgesehen von dem ihr bereits zugeflossenen (halben) Verkaufserlös in Höhe von 2 Mio EUR – einen Ausgleich für ihre (weiteren) 2/10tel-Anteile in Höhe von 800.000 EUR zuzusprechen.

Das Rekursgericht stand demgegenüber auf dem Standpunkt, auch der Verkaufserlös der Ehewohnung sei (nach dem auch im Revisionsrekursverfahren grundsätzlich nicht strittigen Aufteilungsschlüssel) 1 : 1 aufzuteilen und hielt einen darüber hinausgehenden Zuspruch gegründet auf Umstände, zu denen das Erstgericht das Verhalten des Mannes als „dolos“ qualifiziert habe, für verfehlt. Der Gesetzgeber habe die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung bzw Belohnung für ehegerechtes oder ehewidriges Verhalten gemacht. Eine Voraussetzung dafür, vom sonst angewendeten Aufteilungsschlüssel 1 : 1 abzuweichen, liege hier nicht vor.

II.3.1. Die Frau beruft sich in ihrem (vom Mann beantworteten) Revisionsrekurs erneut auf Billigkeitserwägungen. Weil der Antragsgegner sie durch die Errichtung des Notariatsvertrags im Glauben gelassen habe, im Scheidungsfall durch die Übertragung abgesichert zu sein, wiewohl ihm dabei bekannt gewesen sei, dass die Schenkung für ihn im Fall einer Scheidung keine Nachteile haben würde, sei ihr ein größerer Anteil als bloß die Hälfte des Verkaufserlöses zuzuweisen.

Damit würde aber die Zuteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nicht von den jeweiligen Beiträgen zur Vermögensbildung also vom Gewicht und Umfang des Beitrags jenes Ehegatten im Sinn des § 83 Abs 1 (oder vom Wohl der Kinder) abhängig gemacht, sondern wäre – entgegen der ständigen Rechtsprechung (RS0057387) – Reaktion auf „verwerfliches“ Verhalten während der Ehe, also die Konsequenz eines moralischen Werturteils. Ziel der nachehelichen Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG ist es aber (bloß), die Ergebnisse der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den ehemaligen Ehepartnern so aufzulösen, dass jedem ein billiger Anteil an dieser ehelichen Errungenschaft – und zwar vor allem im Hinblick auf den ehelichen Beitrag jeden Ehepartners zu deren Entstehung – zugewiesen wird. Sie ist kein Instrument der „Bestrafung“. Eine Vermögensvermehrung ist durch die Übertragung der Liegenschaftsanteile nicht eingetreten.

II.3.2. Soweit sie zuletzt und bloß pauschal für eine höhere Ausgleichszahlung ins Treffen führt, dass eheliche Ersparnisse für die Renovierung des Zinshauses verwendet worden seien, hat das Rekursgericht diesen Umstand (mit einem Betrag von 676.342 EUR) ohnehin bei Festsetzung der Ausgleichszahlung berücksichtigt. Dass ihm dabei ein Fehler unterlaufen wäre, zeigt sie in ihrem Rechtsmittel nicht auf.

II.4.1. Der Frau ist aber darin Recht zu geben, dass sich das Rekursgericht nicht damit auseinandergesetzt hat, dass ihr vom Erstgericht auch deswegen ein größerer Anteil aus dem Verkaufserlös zuerkannt wurde, weil es auch jene Investitionen zugunsten beider Ehegatten berücksichtigte, die mit ihrem nicht der Aufteilung unterliegenden Vermögen finanziert wurden.

Sie steht dabei aber auf dem – vom erkennenden Senat nicht geteilten – Standpunkt, den Feststellungen ließe sich entnehmen, dass der gesamte Betrag, der aus dem Verkauf des Gartens resultierte, zur Renovierung der Ehewohnung verwendet worden sei. Dagegen wendet sich der Mann in seiner Revisionsrekursbeantwortung, der wiederum darin im Recht ist, dass die Feststellungen „nicht ausreichend präzise“ sind, um die von der Frau gewünschte Rechtsfolge auszulösen, und sowohl „tragfähige Feststellungen“ dazu, wie viel vom Verkaufserlös „in die Ehewohnung geflossen“ und wie viel insgesamt für die Ehewohnung aufgewendet wurde (nämlich an Kaufpreis samt Renovierungs- und Ausbaukosten), fehlen.

II.4.2. Tatsächlich lässt sich der vom Erstgericht angenommenen Sachverhaltsgrundlage nicht entnehmen, welche (wenigstens ungefähren) Gesamtkosten in den Jahren nach dem Ankauf für Renovierung, Sanierung und Aus-/Umbau (aus welcher Quelle) aufgewendet wurden. Diese Maßnahmen waren es aber in ihrer Gesamtheit, die die Ehewohnung in jenen Zustand versetzen, durch den beim Verkauf 4 Mio EUR lukriert werden konnten. Während das Erstgericht an einer Stelle seines Beschlusses feststellte, dass der Erlös aus dem Garten auf das gemeinsame Konto geflossen sei, „dadurch“ die bereits in Angriff genommene Renovierung beschleunigt habe werden können und „damit“ Rechnungen für die Renovierung und den Ausbau bezahlt worden seien (woraus die Frau den Schluss zieht, es sei damit festgestellt, dass der Verkaufserlös zur Gänze für die Renovierung der Ehewohnung verwendet wurde), formuliert es an zwei Stellen, dass damit „auch“ Investitionen und Rechnungen für die Ehewohnung bezahlt wurden bzw dass der Verkaufserlös „auch“ in Investitionen „aufgegangen ist“. Wenn nun überdies – wenn auch ohne konkrete Zahlen – feststeht, dass noch „erhebliche Beträge“ bzw „ein sehr hoher Geldbetrag“ in den „weiteren Jahren“ in die Ehewohnung „auch durch Entnahmen von Notariatskonto oder direkt über dieses Konto“ beglichen worden seien, steht jedenfalls gesichert fest, dass der endgültige Zustand der Ehewohnung nicht allein durch die Zahlung des Kaufpreises (mittels ehelicher Errungenschaft) und den (nicht in die Aufteilung einzubeziehenden) Erlös aus dem „Garten“ erreicht worden war. Das Vorbringen des Mannes dazu, dass er 764.322 ATS für den Dachgeschossausbau (Holzbau) und 570.048 ATS für den Wintergarten vom „Firmenkonto“ bezahlt habe, und dass Dachgeschossausbau und Wintergarten Investitionen betroffen hätten, die „erst Jahre später erfolgt“ seien, gestand die Frau im Übrigen als richtig zu und räumte ausdrücklich ein, dass Dachbodenausbau und Wintergarten aus dem (ehelichen) Einkommen des Mannes finanziert wurden.

II.4.3. Damit ist aber (jedenfalls) davon auszugehen, dass zwar der Kaufpreis aus ehelichen Mitteln finanziert wurde, für die Renovierung und den Ausbau aber sowohl aus dem Gartenverkauf stammende Mittel als auch weitere eheliche Mittel (einschließlich der Privatentnahmen) verwendet wurden.

Soweit Investitionen mit Mitteln aus dem Verkaufserlös des Gartens gezahlt wurden, ist deren Herkunft aus einer Schenkung an die Frau zu berücksichtigen. Den Ankauf des Gartens hatte ihr Vater finanziert, also seiner Tochter das Geld dafür geschenkt. Der Garten und sein Äquivalent (der klar abgrenzbare Verkaufserlös) wären damit nicht der Aufteilung unterlegen (§ 82 Abs 1 EheG; RS0057322). Werden solche Mittel in eine mit ehelichen Mitteln erworbene Ehewohnung investiert, wirken in diesem an sich der Aufteilung unterliegenden Vermögensgegenstand Zuwendungen fort, die für sich nicht der Aufteilung unterliegen würden. Deren (anteiliger) Wert ist allein dem betreffenden Ehegatten zuzuordnen und rechnerisch vor der nach dem Aufteilungsschlüssel vorzunehmenden Aufteilung des übrigen Vermögens abzuziehen und dem betreffenden Ehegatten zuzuweisen (RS0057490 [T4]). Dabei kommt es nicht auf den seinerzeitigen Wert des so Eingebrachten an, sondern darauf, inwieweit die betreffende Leistung wertmäßig noch im betreffenden Vermögensgegenstand vorhanden ist, also noch fortwirkt (RS0057490 [T5]).

II.4.4. Es wird daher im weiteren Verfahren auf die Frage einzugehen sein, in welcher Höhe nach dem Ankauf noch Investitionen in Form von Renovierung/Sanierung und Aus-/Umbau getätigt wurden und welcher Anteil davon auf den Einsatz der aus dem Garten lukrierten Mittel zurückzuführen ist bzw in welchem (wertbildenden) Verhältnis die damit getragenen Investitionen zum Gesamtwert stehen. Letztlich kommt es nämlich darauf an, welcher Anteil am Gesamtwert – bzw hier am Verkaufserlös – (vgl zur [Einbringungs-]Quote: 1 Ob 97/19z; 1 Ob 43/19h ua) der Ehewohnung (die hauptsächlich mit ehelichen Mitteln erworben, ausgebaut und teilweise auch saniert wurde) auf die Investitionen zurückgeht, die mit den aus dem Garten lukrierten Mitteln getragen wurden. Dabei ist hervorzuheben, dass von der Aufteilung ausgenommenes Vermögen im Sinne der Rechtsprechung des Fachsenats in Aufteilungsverfahren (wertmäßig) auch dann „klar weiterverfolgbar“ ist, wenn bestimmte Zahlungen zwar nicht konkreten Bauleistungen zugeordnet werden können, aber (wenigstens) festgestellt werden kann, dass und inwieweit damit der Erwerb und/oder die Errichtung des Hauses bzw dessen Sanierung und Ausbau (irgendwie) finanziert wurden (1 Ob 49/19s). Soweit sich die Anteile der (ehelichen und nichtehelichen) Investitions- und Ausbaukosten auch im weiteren Verfahren nicht exakt feststellen lassen sollten, käme auch hier gegebenenfalls die Anwendung des § 34 AußStrG in Betracht (vgl 1 Ob 43/19h).

II.5. Dem Revisionsrekurs der Frau ist damit Folge zu geben und dem Erstgericht die Entscheidung über eine über 800.000 EUR hinaus begehrte Ausgleichszahlung (mit Endbeschluss) aufzutragen, wobei das Verfahren nur insoweit ergänzungsbedürftig ist, als zu eruieren sein wird, in welchem Umfang sich die der Frau zuerkannte Ausgleichszahlung von 800.000 EUR durch Berücksichtigung einer Vorwegzuweisung für die mit ihren „außerehelichen“ Mitteln bewirkte Wertsteigerung der Liegenschaft mit der Ehewohnung und des Hälfteanteils (an dem um den Vorwegabzug verringerten Verkaufserlös) im Vergleich zum ihr bereits zugekommenen Anteil von 2 Mio EUR erhöht.

Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass noch keine die Sache zur Gänze erledigende Entscheidung im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG vorliegt (vgl RS0123011 [T5]).

Textnummer

E127376

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00142.19T.0121.000

Im RIS seit

18.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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