Entscheidungsdatum
09.04.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W192 2016501-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2018, Zl. 831908005/180387589, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 46a Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 4 FPG
i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, suchte bereits 1999 in Belgien um internationalen Schutz an und wurde 2011 von dort aus nach Georgien abgeschoben. Er stellte am 26.12.2013 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, in Belgien in einem Methadonprogramm gewesen zu sein und zudem seit 13 Jahren an Hepatitis-C zu leiden. Er sei 1999 ausgereist, weil er von korrupten Polizisten dazu gezwungen worden sei, Drogen nach Georgien zu schmuggeln, indem ihm angedroht worden sei, man würde ihn sonst umbringen oder inhaftieren lassen. Nach seiner Rückkehr aus Belgien hätten sich aufgrund seines intensivierten Drogenkonsums Probleme mit seinem Vater entwickelt und besagte Polizisten hätten, nachdem sie von seiner Rückkehr erfahren hätten, ihm wiederum damit gedroht, ihm etwas anzutun, wenn er sie verrate.
1.2. Mit Bescheid vom 26.11.2014 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Georgien zulässig sei.
1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 26.07.2017 als unbegründet ab, wobei es jedoch die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG bis 10.01.2018 als vorübergehend unzulässig beurteilte, und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Das BVwG traf in dieser Entscheidung folgende Feststellungen:
"Der Beschwerdeführer ist georgischer Staatsangehöriger aus Tiflis und führt den im Spruch genannten Namen.
Der Beschwerdeführer stellte am 26.12.2014 den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.
Der Beschwerdeführer leidet an Hepatitis-C und einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen. Er befindet sich seit 10.01.2014 in einem ärztlich überwachten Ersatzdrogenprogramm. Der Beschwerdeführer ist seit 08.06.2017 auf der Warteliste eines stationären Drogenentzugs des NN1-Spitals.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage im Herkunftsstaat.
Nicht festgestellt werden konnte, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Der Beschwerdeführer verbrachte - auch wenn er 12 Jahre in Belgien lebte - den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat. Seine Eltern und seine Schwester leben weiterhin in Tiflis, Georgien.
Der Beschwerdeführer hat 11 Jahre die Grundschule besucht, sodann 4 Jahre die Universität für Sportmediziner. Er ist ausgebildeter Masseur und hatte von 1996 bis 1999 ein Lebensmittelgeschäft.
Im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder sonstige sozialen Kontakte.
Der Beschwerdeführer hat die Deutsch-Prüfung A1 mit sehr gut absolviert. Derzeit ist er auf der Warteliste eines weiteren Deutschkurses. Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde jedoch mithilfe einer Dolmetscherin abgehalten.
Der Beschwerdeführer lebt von den Leistungen der österreichischen Grundversorgung und ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten, wurde laut seinen Angaben aber in Belgien viermal strafrechtlich verurteilt.
Es konnten keine Anhaltspunkte, welche für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sprechen, festgestellt werden.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor."
und traf zur vorübergehenden Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung folgende Beurteilung:
"Schließlich ist gegenständlich noch der aktuelle Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu berücksichtigen: Aus der ärztlichen Bestätigung von ‚Verein NN2' vom 17.05.2017 geht hervor, dass die Substitutionstherapie eine lebenswichtige Dauertherapie sei. Jede Unterbrechung der Therapie bedeute Gefahr für Leib und Seele des Beschwerdeführers.
Die aus der Bestätigung herauszulesende Notwendigkeit der weiteren Therapie ist geeignet, die privaten Interessen am Verbleib in Österreich ausreichend zu verstärken.
Die Weiterführung der Therapie ist nach Meinung des Bundesverwaltungsgerichts geeignet, eine Rückkehrentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt wegen einer drohenden Verletzung von Interessen an der Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers nach Art. 8 EMRK unzulässig zu machen. Der Beschwerdeführer ist seit 10.01.2014 in Drogenersatztherapie, somit seit über drei Jahren. Er möchte diese Therapie beenden, um im NN1-Spital stationär behandelt werden zu können. Eine stationäre Behandlung ist jedoch durch kein ärztliches Attest indiziert, lediglich ist die Aufnahme auf eine Warteliste bestätigt worden. Diese stationäre Aufnahme ist somit nicht geeignet, die Rückkehrentscheidung für vorübergehend unzulässig zu erklären.
Die Drogenersatztherapie hingegen besteht seit 10.01.2014 und erscheint die Ermöglichung einer endgültigen Beendigung mit 10.01.2018 als angebracht; bei Bedarf wäre eine Verlängerung auf Antrag möglich.
Dazu bleibt aber noch anzumerken, dass eine Drogenersatztherapie - auch wenn sie als "Dauertherapie" benannt wird - nicht eine auf Dauer unzulässige Rückkehrentscheidung indiziert. Im gegenständlichen Fall umso weniger, als der Beschwerdeführer in Georgien bereits in Drogenersatztherapie war.
Dem Beschwerdeführer wird die Möglichkeit gegeben, seine Drogenersatztherapie im zeitlich angemessenen Rahmen in Österreich zu Ende zu bringen bzw. eine Umstellung für eine weitere Drogenersatztherapie in Georgien zu ermöglichen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung war daher für vorübergehend unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146)."
1.4. Mit Beschluss vom 19.12.2017, Zahl Ra 2017/18/0325, hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) die in der Folge eingebrachte außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 26.07.2017 zurückgewiesen. In diesem Beschluss führte der VwGH u.a. aus:
.."12 Gemäß der Rechtsprechung des EGMR hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in Österreich zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung in seinem Herkunftsstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, soweit der Betroffene tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung hat. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt eine Abschiebung in den Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Herkunftsstaat oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10, Z 183; VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009).
13 Vor diesem Hintergrund wäre es am Revisionswerber gelegen gewesen darzulegen, dass die Hepatitis-C-Erkrankung des Revisionswerbers überhaupt jene vom EGMR in der Rechtssache Paposhvili gegen Belgien beschriebene Schwere und Intensität aufweist, welche dazu führen könnte, dass bei einer Abschiebung die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten würde. Darüber hinaus hat das BVwG unter Heranziehung aktueller Länderberichte sehr wohl das Vorhandensein einer allgemeinen medizinischen Versorgung als auch jenes konkreter Behandlungsmöglichkeiten einer Hepatitis-C-Erkrankung in Georgien bejaht. Welche darüber hinausgehenden Feststellungen im Sinne der Revision noch "konkret" zu treffen gewesen wären, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen aber nicht auf."
2.1. Mit Schreiben vom 02.02.2018 stellte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z 4 i.V.m. § 46a Abs. 4 FPG und führte zur Begründung aus, dass die Gründe für die erklärte vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung weiter vorliegen würden. Aus einem vorgelegten Patientenbrief eines Spitals ergebe sich, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 08.01.2018 bis 13.02.2018 im Zuge seiner Drogenersatztherapie stationär im Zentrum für Suchtkranke aufhältig gewesen sei. Weiters sei er nach wie vor suchtspezifischer Betreuung bei einem näher bezeichneten Verein für Suchtberatung und es sei zur weiteren Stabilisierung eine Übernahme an einem Institut für Suchtbehandlung geplant. Auch sei der Beschwerdeführer aufgrund seines schlechten psychischen Zustandes (posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, sonst nichtorganische psychotische Störungen) nach wie vor in Behandlung bei einem psychosozialen Zentrum, wie sich aus einer Behandlungsbestätigung vom 18.12.2017 ergebe.
Die Gründe für die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidungen würden nach wie vor vorliegenden und die Weiterführung der Therapie sei für den Antragsteller lebensnotwendig.
Der Beschwerdeführer legt in weiterer Folge einen fachärztlichen Befund des bereits genannten psychosozialen Zentrums vom 05.03.2018 vor, wonach der Beschwerdeführer weiterhin in regelmäßiger Behandlung stehe, wodurch sich der psychische Zustand etwas stabilisiert habe, der Beschwerdeführer jedoch weiterhin kaum belastbar und dementsprechend leicht psychisch zu destabilisieren sei. Eine Fortsetzung der Behandlung sei zur Vermeidung von Verschlechterungen des psychischen Zustandsbildes bzw. deren Chronifizierung angezeigt.
Nach einer vorgelegten Bestätigung des Vereins zur Suchtberatung vom 21.02.2018 befinde sich der Beschwerdeführer weiterhin in medizinischer Betreuung und es erscheine eine stationäre Langzeittherapie indiziert und dringend notwendig.
2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Z. 4 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß dem Erkenntnis des BVwG nur bis zum 10.01.2018 vorgelegen sei und zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr bestanden habe. Es sei auch kein Antrag auf Verlängerung der vorübergehenden Unzulässigkeit der Entscheidung eingebracht worden. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer mit RSa durch Hinterlegung beim Zustellpostamt mit Beginn der Abholfrist am 17.05.2018 zugestellt. Die belangte Behörde hat den Rechtsvertreter als Zustellungsbevollmächtigten nicht als Empfänger bezeichnet. Aus der vorliegenden Beschwerde ist jedoch ersichtlich, dass der Bescheid dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, sodass die Zustellung gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz als bewirkt gilt.
2.3. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 12.06.2018 erhob der Beschwerdeführer dagegen rechtzeitig Beschwerde und führte aus, dass die Gründe für die erklärte vorübergehende Unzulässigkeit der Entscheidung weiter vorliegen würden. Dies ergebe sich aus einem fachärztlichen Befund des bereits genannten psychosozialen Zentrums vom 28.05.2018, sowie aus einem Arztschreiben des genannten Vereines für Suchtberatung vom 24.05.2018. Weiters werde sich der Beschwerdeführer ab 13. Juni in stationärer Behandlung in einem Landesklinikum befinden.
Mit Eingabe vom 25.07.2018 legt der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbestätigung des entsprechenden Landesklinikums vor, wonach er sich dort vom 13.06.2018 bis 19.07.2018 in stationärer Behandlung befunden habe. Laut einem ärztlichen Kurzbrief wurde er bei Diagnosen von Opiatabhängigkeit, schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen, posttraumatische Belastungsstörung, Status post Hepatitis C + B und gastroösophageale Refluxkrankheit gegen ärztlichen Rat und mit Empfehlung einer suchtspezifischen ambulanten Behandlung, fachärztlicher Observanz und längerfristiger Entwöhnungsbehandlung entlassen.
3. Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt im Zusammenhang mit der Beschwerde und den weiteren Eingaben des Beschwerdeführers.
Rechtliche Beurteilung:
1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
2.1. § 46a FPG idgF lautet auszugsweise:
"Duldung
§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
...
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;
es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest."
2.2. Im angefochtenen Bescheid wurde bereits festgestellt, dass der Zeitpunkt, bis zu welchem das BVwG in seinem Erkenntnis vom 26.07.2017 eine Rückkehrentscheidungen gegen den Beschwerdeführer für vorübergehend unzulässig erklärt hat, bereits zum Zeitpunkt der Stellung des vorliegenden Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete verstrichen war.
Aber auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Stützung dieses Antrages und in der Beschwerde, wonach die Gründe für die seinerzeit erklärte vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung weiterhin vorliegen würden, trifft nicht zu. Das BVwG hat in seiner Entscheidung vom 26.07.2017 ausdrücklich festgehalten, dass eine Drogenersatztherapie - auch wenn sie als "Dauertherapie" genannt wird - nicht eine auf Dauer unzulässige Rückkehrentscheidung indiziert. Im gegenständlichen Fall umso weniger, als der Beschwerdeführer in Georgien bereits in Drogenersatztherapie war. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, seine Drogenersatztherapie im zeitlich angemessenen Rahmen in Österreich zu Ende zu bringen bzw. eine Umstellung für eine weitere Drogenersatztherapie in Georgien zu ermöglichen.
Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Verfahren nicht dargetan, welche Schritte er für den Umstieg auf eine möglicherweise erforderliche weitere Drogenersatztherapie in Georgien bereits gesetzt hat bzw. innerhalb welchen Zeitraumes er eine solche Umstellung realistischerweise vorbereiten könnte. Er hat auch nicht behauptet, dass der im Erkenntnis des BVwG vom 26.07.2017 dafür eingeräumte Zeitraum nicht ausreichend gewesen sei. Aus dem vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages und zur Stützung der Beschwerde erstatteten Vorbringen geht lediglich hervor, dass der Beschwerdeführer weiterhin medizinische Behandlung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen und eine Drogenersatztherapie benötigt. Diese Tatsachen hat jedoch bereits das BVwG in seinem Erkenntnis vom 26.07.2017 zugrunde gelegt und im Hinblick auf den Umstand, dass gemäß Feststellungen über die Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers dort die benötigte medizinische Versorgung und auch Drogenersatztherapie zugänglich sei, in der rechtlichen Beurteilung festgehalten, dass sich daraus eine Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidungen nicht ergebe. Diese Beurteilung ist auch durch den im folgenden Revisionsverfahren ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.12.2017 bestätigt worden.
Der Beschwerdeführer hat die ihm eingeräumte Möglichkeit, eine Drogenersatztherapie in Österreich zu Ende zu bringen bzw. eine Umstellung für eine weitere Drogenersatztherapie in Georgien vorzubereiten, nicht genützt. Laut dem zuletzt vorgelegten ärztlichen Kurzbrief wurde er am 19.07.2018 gegen ärztlichen Rat aus der stationären Behandlung an einem Landesklinikum entlassen. Es sind daher keinerlei Gründe für eine vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidungen vorliegend.
3. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Gesundheitszustand und den privaten und familiären Lebensumständen im Bundesgebiet sowie im Herkunftsstaat dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegt, sodass kein strittiger Sachverhalt vorgelegen hat, welcher einer weiteren mündlichen Erörterung bzw. dessen ungeachtet der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bedurft hätte. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht beantragt und es auch nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316-14).
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Drogenabhängigkeit, Duldung, gesundheitliche Beeinträchtigung, KarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W192.2016501.2.00Zuletzt aktualisiert am
17.02.2020