TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W235 2191357-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W235 2191357-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2018, Zl. 1127174306-161162378, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.05.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu.

Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.08.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zu seiner Person angab, er stamme aus XXXX im Iran, gehöre der persischen Volksgruppe an und sei katholischer Christ. Sein letzter ausgeübter Beruf sei Radfahrer gewesen. Im Iran würden noch seine Eltern und seine beiden Brüder leben. Vor drei Tagen sei er mit dem Flugzeug und einem gefälschten iranischen Reisepass, dem ihm der Schlepper besorgt habe, aus dem Iran ausgereist und über ihm unbekannte Länder nach Österreich gelangt.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er im Iran seinen Glauben gewechselt habe. Nunmehr wolle er in Österreich auch offiziell zum Christentum konvertieren. Er sei im Iran verfolgt worden und suche aus Angst um sein Leben um Asyl an. Der Beschwerdeführer wisse nicht, was ihm bei einer Rückkehr in seine Heimat widerfahren würde. Sein Leben sei dort in Gefahr.

1.3. Am 29.01.2018 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und gab dabei zunächst zu seinen persönlichen Daten an, dass er aus der Stadt XXXX in der iranischen Provinz XXXX stamme, Perser und evangelisch sei. Von 1994 bis 1999 habe er die Grundschule, von 1999 bis 2002 die Mittelschule und von 2002 bis 2016 [wohl gemeint: 2006] ein Gymnasium für Computertechnik besucht und mit Matura abgeschlossen. Seinen Militärdienst habe er von 2007 bis 2009 absolviert. Zwischen 2003 und 2015 sei er als Profi-Radfahrer beruflich tätig gewesen und habe zwischen 2013 und 2015 darüber hinaus als Werbetafel- und -plakathersteller gearbeitet.

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass er an keinen Krankheiten leide. Er sei in XXXX geboren und habe dort bis zu seiner Ausreise aus dem Iran gelebt. Am XXXX 08.2016 habe er XXXX verlassen, sei mit dem Bus nach Teheran gefahren und anschließend in Begleitung eines Schleppers in ein ihm unbekanntes Land geflogen. Danach sei er umgestiegen und mit einem anderen Schlepper nach Österreich geflogen. Über Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, das "unbekannte Land" sei Russland gewesen. Der Schlepper habe ihm gesagt, er solle nichts über die Reiseroute angeben. In XXXX habe er gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Brüdern in einem Haushalt gelebt. Beruflich habe der Beschwerdeführer Werbeplakate gemacht und sei am Vormittag im Radsportverein tätig gewesen. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er lebe von der Grundversorgung und habe zuvor drei Monate als Saisonier beim Weingut XXXX gearbeitet. Der Beschwerdeführer mache Deutschkurse und wolle demnächst die Prüfung auf der Niveaustufe B1 ablegen. Er sei Mitglied des Fahrradteams von XXXX namens " XXXX ".

Befragt zu seinem Ausreisegrund gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er bei einer Fahrradorganisation gearbeitet habe. In seiner Freizeit habe er Bücher - auch die Bibel - gelesen. Einmal habe es ohne Ankündigung eine Kontrolle gegeben und er sei von den Basiji beim Bibellesen erwischt worden. Der Basiji sei hinter ihm gestanden und habe ihn gefragt, welches Buch er lese. Als der Beschwerdeführer geantwortet habe, dass es die Bibel sei, sei ihm gesagt worden, er solle als Moslem den Koran lesen. Danach habe der Basiji gefragt, ob er die Bibel haben könne, was der Beschwerdeführer bejaht habe. Dann habe ihm der Basiji gesagt, dass er in einer staatlichen Organisation arbeite und daher nicht die Bibel lesen dürfe. Der Beschwerdeführer habe ihm daraufhin gesagt, das sei seine Privatangelegenheit und er sei auch nur als Moslem geboren, glaube jedoch nicht daran. Als er die Bibel zurück haben habe wollen, sei ihm mitgeteilt worden, dass er dann im Büro der Basiji vorstellig werden müsse. Als der Beschwerdeführer zwei Tage später wieder ins Büro gekommen sei, habe dieser Basiji mit seinem Chef vor dem Gebäude der Fahrradorganisation gewartet. Der Beschwerdeführer sei gefragt worden, wie lange er für diese Organisation arbeite sowie, was seine Eltern und Brüder machen würden. Er sei auch gefragt worden, was ihn veranlasst habe, die Bibel zu lesen und warum er nicht den Koran lese. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er keine arabischen Sprachen wolle und sich selbst aussuchen wolle, was er lese. Dann sei ihm vorgehalten worden, dass sein Verhalten der Ethik und den Gesetzen widerspreche und er dürfe dies nicht wiederholen. In der Folge hätte er eine Bestätigung unterschreiben sollen, in der gestanden sei, dass er Werbung für eine andere Religion mache. Daraufhin habe er zu den Basiji gesagt, dass er dies nicht unterschreiben werde, da er keine Werbung mache. Der Beschwerdeführer habe nicht unterschrieben und sei zu seinem Arbeitsplatz gegangen. Dort habe er seinen Vorgesetzten über die Sache informiert, der gemeint habe, er werde intervenieren und sie würden am übernächsten Tag ins Büro der Basiji gehen. Am übernächsten Tag habe der Beschwerdeführer jedoch mit den Werbeplakaten so viel zu tun gehabt, dass er nicht an seinen Arbeitsplatz [bei der Fahrradorganisation] gegangen sei. Seine Mutter habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass ein PKW mit drei Insassen gekommen wäre und diese nach ihm gefragt hätten. Aufgrund der Beschreibung seiner Mutter glaube er, dass einer der Insassen der Basiji gewesen sei, der ihn beim Bibellesen erwischt habe. Als der Beschwerdeführer nach Hause gekommen sei, habe er seiner Mutter erzählt, was vorgefallen sei. Danach sei er über das Wochenende zu einem Freund in ein ca. 20 km entferntes Dorf gefahren. Dort habe ihn seine Mutter angerufen und ihm gesagt, dass diese Leute erneut nach ihm gefragt hätten. Als er wieder in der Stadt gewesen sei und seine Versicherungen bezahlt habe, seien zwei Basiji ohne Durchsuchungsbefehl in sein Elternhaus gekommen und hätten seinen Computer und einige CDs beschlagnahmt. Aufgrund dessen sei der Beschwerdeführer wieder für zwei Tage zu seinem Freund gefahren und habe ihm sein Vater in der Zwischenzeit eine Wohnung besorgt, in der der Beschwerdeführer ca. sechs Monate geblieben sei. Während dieser Zeit hätten die Basiji sein Elternhaus beobachtet und gelegentlich nach ihm gefragt. Seine Eltern hätten dann gesagt, dass der Beschwerdeführer nicht nach Hause gekommen sei. Da die Suche nicht aufgehört habe, hätten sein Vater und sein Bruder die Schleppung organisiert.

Die Bibel habe er sich von einem Freund im Sommer 2014 ausgeborgt. Zuvor habe er nur einmal einen "Christusfilm" im Internet gesehen. Beim Bibellesen sei er ca. im Frühjahr 2016 erwischt worden. Bei dieser Fahrradorganisation habe er Verwaltungsarbeit gemacht sowie Wettbewerbe geplant und organisiert. Er sei selbst Radrennfahrer gewesen. Die Bibel habe er für die freie Zeit in der Arbeit mitgenommen; er habe dort nicht immer etwas zu tun gehabt. Die Basiji hätten ihr Büro auch bei der Fahrradorganisation gehabt; jede staatliche Organisation habe beim Eingang ein Büro der Basiji. Seine Familienangehörigen wüssten von der Konversion und hätten gesagt, dass es seine Entscheidung sei. Der Beschwerdeführer sei nicht in die Moschee gegangen und habe auch den Koran nicht gelesen. Er sei nicht gläubig gewesen. Ein Schulkollege aus der Gymnasialzeit sei konvertiert und diesen habe der Beschwerdeführer im Internet in einem "Christentumportal" gefunden. Dieser Freund habe ihn dann über Facebook über das Christentum informiert. Der Beschwerdeführer habe begonnen sich für das Christentum über dieses Portal zu informieren, da er gesehen habe, dass im christlichen Ausland die Menschen besser leben würden als Moslems in einem moslemischen Land, was ihn neugierig gemacht habe.

Im Islam sei Jesus Christus ein Prophet. Der Beschwerdeführer besuche jeden Sonntag um 10:30 Uhr die Messe in XXXX . Der dortige Pfarrer heiße XXXX . Wenn die Kirche ein Fest veranstalte, helfe er auch mit. In der Folge wurde der Beschwerdeführer zu christlichen Glaubensinhalten (Christi Geburt, Pfingsten, Ostern, Kreuzigung) befragt, die er im Wesentlichen korrekt beantworten konnte. Als der Beschwerdeführer nach Wien gekommen sei, habe er am Hauptbahnhof einen (namentlich genannten) Iraner kennen gelernt, der ihn in Kontakt mit der evangelischen Kirche gebracht habe. Der Beschwerdeführer lese in Österreich die Bibel in der Sprache Farsi. Das Christentum sei für ihn der richtige Weg zum Leben und es sei kein Zwang dabei.

1.4. Im Verfahren vor dem Bundesamt wurden nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen vom Beschwerdeführer vorgelegt:

* Taufschein der evangelischen Tochtergemeinde A.B. XXXX vom XXXX .12.2017, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer am XXXX .12.2017 in der " XXXX getauft wurde (vgl. AS 37);

* Beschäftigungsbewilligung des AMS XXXX vom XXXX .06.2017 für die berufliche Tätigkeit als Landarbeiter für die Zeit von XXXX .06.2017 bis XXXX .12.2017;

* Arztbrief einer Fachärztin für Neurologische Erkrankungen vom XXXX .12.2017 mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung;

* ÖSD Zertifikat A2 vom XXXX .07.2017 mit der Beurteilung "gut bestanden";

* Bestätigung des " XXXX " vom XXXX .01.2016, dass der Beschwerdeführer zum Vizepräsidenten des XXXX ernannt worden war (in Farsi mit englischer Übersetzung vorgelegt);

* elf Bestätigungen aus den Jahren 2014 und 2015, dass der Beschwerdeführer an Radrennen teilgenommen und bei diesen bzw. bei Radrennwettbewerben den ersten bzw. zweiten bzw. dritten Platz erreicht hat (in Farsi mit englischer Übersetzung vorgelegt);

* Dienstvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der XXXX GmbH vom XXXX .06.2017;

* (positives) Praxiszeugnis der XXXX GmbH vom XXXX .01.2018;

* Schreiben des Obmanns des Radteams " XXXX " vom XXXX .01.2018, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer seit Dezember 2016 bei diesem Radteam Mitglied ist;

* Bestätigung der evangelischen Pfarrerin der Pfarrgemeinde A.B. XXXX vom XXXX .01.2018, dass der Beschwerdeführer in den evangelischen Pfarrgemeinden XXXX und XXXX regelmäßig mithilft;

* nationaler Identitätsausweis (in Farsi vorgelegt; vgl. hierzu die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte deutsche Übersetzung, OZ 3) und

* Geburtsurkunde (in Farsi vorgelegt; vgl. hierzu die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte deutsche Übersetzung, OZ 3);

1.5. Der nationale Identitätsausweis und die Geburtsurkunde wurden in der Folge einer urkundentechnischen Überprüfung unterzogen, im Zuge derer sich keine Hinweise auf das Vorliegen von Verfälschungen ergeben hätten. Die vorgelegten Formularvordrucke seien nach dem derzeitigen Kenntnisstand authentisch (vgl. Untersuchungsbericht vom 26.02.2018).

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt zunächst fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger des Iran sei. Er sei in Österreich vom Islam zum Christentum konvertiert und gehöre der Glaubensgemeinschaft der evangelischen Kirche in Österreich an. Der Beschwerdeführer sei nicht zur missionarischen Tätigkeit berufen. Er habe aufgrund seiner religiösen Zugehörigkeit in seinem Herkunftsstaat keine intensive konventionsrelevante Verfolgung zu befürchten. Das Vorbringen im Hinblick auf die Verfolgungssituation im Iran sei nicht glaubhaft gewesen. Er sei gesund und arbeitsfähig und verfüge über familiäre Anbindungen und eine Unterkunft im Iran. Seine zwingende Rückkehr in den Herkunftsstaat stelle keine unzulässige Verletzung des Art. 8 EMRK dar. Der Beschwerdeführer sei Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde XXXX .

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 11 bis 46 des Bescheides Länderfeststellungen zur Lage im Iran, einschließlich zur Religionsfreiheit und zur christlichen Minderheit sowie zur Apostasie/Konversion und zum Christentum/Proselytismus (Seiten 30 bis 36).

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist im Wesentlichen und mit näherer Begründung zu entnehmen, dass nicht plausibel sei, dass der Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit eine Bibel gelesen habe, da er hätte wissen müssen, dass dies mit Schwierigkeiten verbunden sein könnte. Ferner handle kein Mensch dermaßen, dass er einem Basiji gegenüber offen erkläre, die Bibel gelesen zu haben und sich für das Christentum zu interessieren. Auch sei nicht plausibel, dass man den Beschwerdeführer zu Hause gesucht habe, anstatt ihn sofort festzunehmen. Auch sei er der Fragestellung, wann er beim Bibellesen erwischt worden sei, mehrfach ausgewichen und habe sich massiv widersprochen. Das Bundesamt komme daher zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer im Iran niemals einer Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und, dass er seine falschen Angaben nur deshalb aufrecht erhalte, um einen Asylstatus zu erlangen. Vor diesem Hintergrund seien auch seine Konversionsschritte in Österreich zu relativieren, was aber mangels konventionsrelevanter Schwierigkeiten im Fall der Rückkehr keine verfahrensrechtliche Relevanz entfalte. Der Beschwerdeführer sei durch Taufe in die evangelische Kirche A.B. aufgenommen worden, was aufgrund des vorgelegten Taufscheins zumindest formell als erwiesen gelte. Sohin habe das Bundesamt zu prüfen, ob im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers die Gefahr bestehe, dass er einer aktuellen und intensiven Verfolgung aus konventionsrelevanten Gründen unterliegen würde. Für das Vorliegen dieser Befürchtungen spreche, dass derartige Bedrohungsszenarien grundsätzlich zutreffen mögen, allerdings sei das Erkenntnis des EGMR vom 19.12.2017, Nr. 60342/16, heranzuziehen und habe sich die Behörde damit auseinanderzusetzen, ob ein solches Risiko für den Beschwerdeführer bestehe, insbesondere, ob er verpflichtet sei, in der Mission aktiv tätig zu sein. Dies wäre der Fall, wenn seine Glaubensgemeinschaft zwingend verlangen würde, dass sich der Beschwerdeführer an der Glaubensverbreitung aktiv beteilige. Allerdings sei im Luthertum der Missionsbefehl obsolet, da die Apostel bereits zu allen Völkern vorgedrungen seien. Nach der Verfassung der evangelischen Kirche A.B. und H.B. in Österreich obliege die theologische Verantwortung für die Verkündung des Evangeliums in Wort und Sakrament ohne zeitliche und örtliche Begrenzung ausschließlich den Pfarrern, wobei nur in Notfällen jedes getaufte Mitglied der Kirche einzelne Aufgaben des geistlichen Amtes ausüben kann und soll. Daher schließe die Behörde, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der von ihm gewählten Religionsgemeinschaft weder direkt noch indirekt gezwungen oder formell berechtigt sei, Dritte zum christlichen Glauben zu bewegen oder zu bekehren. Dem angeführten Erkenntnis des EGMR liege zugrunde, dass es im Iran möglich sei, andere Religionen als den Islam diskret und im Privaten zu praktizieren. Da der Beschwerdeführer aufgrund seines christlichen Glaubens nicht besonders exponiert sei, sei davon auszugehen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die iranischen Behörden von der Konversion erführen. Zudem ergebe sich, dass im Iran keine solchen Verhältnisse herrschen würden, die dazu führten, dass der Beschwerdeführer dort einem realen Risiko einer Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Gefahr ausgesetzt wäre. Eine besondere Bindung zu Österreich habe nicht festgestellt werden können. Die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht wurde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass sich gemäß Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine glaubhafte Konversion als Betätigung eines ernsthaften inneren Willensentschlusses darstellen müsse. Diese Ernsthaftigkeit sei anhand äußerer, im Verwaltungsverfahren hervorgekommener und für glaubhaft befundener Anhaltspunkte zu überprüfen. Die Abschiebung eines glaubhaften iranischen sur place Konvertiten stelle jedenfalls keine Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK dar, weil ein solches Risiko nur für Konvertiten bestehe, die als Missionare tätig seien und es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die iranischen Behörden von der Konversion erfahren könnten. Die bloße Taufe bzw. der Glaubenswechsel reiche für ein "Herausstechen" für sich alleine nicht aus (vgl. EGMR vom 19.12.2017, Nr. 60342/16). Abfall vom Islam sei für einen strengen Moslem nicht eine Angelegenheit der Gewissensfreiheit, sondern gehöre in die Sphäre des Hochverrats. Eine gegen Gott gerichtete Straftat werde entweder durch ein zweimaliges Geständnis des Täters oder durch zwei bis vier männliche moslemische Zeugen bewiesen. Beim Glaubenswechsel sei maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des behaupteten inneren Entschlusses nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grund mit einer die Intensität der Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer in seiner individuellen Situation einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen werde. Ferner könne nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer - abgesehen von seinem unglaubwürdigen Vorbringen - im Fall der Rückkehr in den Iran die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, durch eigene Arbeit das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Hinsichtlich Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zukomme. In der Folge wurde zu Spruchpunkt IV. ausgeführt, dass die Rückkehr des Beschwerdeführers mangels Familienverband keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstelle. Eine Entwurzelung von seinem Herkunftsland sei nicht festzustellen. Weiters fehle es an einer derartig nachhaltigen Integration in die österreichischen Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse, dass dem Beschwerdeführer daraus ein schutzwürdiges Vertrauen auf ein dauerhaftes Bleiberecht hätte erwachsen können. Nach Abwägung des Privat- und Familienlebens sei daher eine Rückkehrentscheidung zulässig. Zu Spruchpunkt V. hielt das Bundesamt fest, dass gegen den Beschwerdeführer mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen werde und sich keine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ergebe. Daher sei im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat zulässig. Unter Spruchpunkt VI. wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung verpflichtet sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

3.1. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters am 21.03.2018 Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Verletzung der Verpflichtung einer nachvollziehbaren Bescheidbegründung. Nach Wiederholung des Verfahrensganges wurde ausgeführt, dass die Behörde mit ihrem Verweis auf das Erkenntnis des EGMR vom 19.12.2017 sowohl die Rechtslage als auch die dazu bestehende internationale Judikatur verkenne. In der angesprochenen Entscheidung habe der EGMR nämlich nur über eine mögliche Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK abgestellt. Das Asylrecht sei allerdings kein Bestandteil der EMRK, weshalb diese Entscheidung auch keine zur Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention oder der Statusrichtlinie sein könne, sondern nur für die Auslegung von Art. 2 und Art. 3 EMRK Bedeutung habe. Der EuGH habe in seinen Entscheidungen vom 05.09.2012, C-71/11 und C-99/11 ausgesprochen, dass ein Verweis der Behörden auf das bloße "forum internum" unzulässig sei. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 12.06.2013, U 2087/2012, festgehalten, dass der Beurteilung des Asylgrundes nicht zugrunde zu legen sei, ob der Beschwerdeführer mit allen Mitteln versuchen werde, seinen Glaubenswechsel zu verheimlichen. Ferner gehe ebenso aus der Statusrichtlinie (Art. 10 Abs. 1 lit. b) hervor, dass der Verweis eines konvertieren Asylwerbers auf das bloße "forum internum" unzulässig wäre. In diesem Zusammenhang sei weiters Art. 10 Abs. 1 GRC beachtlich, dergemäß [unter anderem] die Religionsfreiheit auch das Recht umfasse, sich zur Religion oder Weltanschauung gemeinsam mit anderen öffentlich zu bekennen. Gehe man davon aus, dass es sich beim Beschwerdeführer um eine nachhaltige und ehrliche Hinwendung zum christlichen Glauben handle, könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht nach Art. 10 GRC durch die Verbringung in den Iran verletzt würde, da diese Verbringung für ihn mit der Konsequenz verknüpft wäre, dieses Grundrecht nicht mehr ausüben zu können, soweit es das Recht auf das öffentliche Bekenntnis zu seinem Glauben betreffe, ohne sich dadurch der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung bis hin zur Verhängung der Todesstrafe auszusetzen. Die belangte Behörde habe selbst im angefochtenen Bescheid festgehalten, dass im Iran der Abfall vom islamischen Glauben rechtwidrig und mit der Todesstrafe bedroht sei. Diese Tatsache allein reiche aus, um mit der für das Asylverfahren nötigen Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Iran auszugehen. Die belangte Behörde habe verkannt, dass sich Verfolgungshandlungen nicht notwendigerweise in möglichen Verletzungen von Art. 2 und Art. 3 EMRK erschöpfen müssten, der EGMR allerdings [im Erkenntnis vom 19.12.2017] über andere Verfolgungshandlungen nicht habe absprechen können, weil die ihm vorliegende Beschwerde ausschließlich Menschenrechtsverletzungen nach der EMRK behauptet habe. Ferner habe das Bundesamt den EGMR mit einer Tatsacheninstanz verwechselt und mit der zitierten Entscheidung begründet, warum sie ihren eigenen Feststellungen zur Situation von Konvertiten im Iran nicht folge. Weiters unterlasse es die belangte Behörde konkrete Überlegungen dazu anzustellen, ob der Beschwerdeführer in der Lage wäre, nach einer Rückkehr in den Iran seinen christlichen Glauben auch in einem "forum externum" auszuleben, ohne sich einer Verfolgungsgefahr auszusetzen. Hätte das Bundesamt die von ihm im Rahmen der Länderberichte getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde gelegt, wäre es zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Iran staatliche Verfolgungshandlungen zu befürchten habe. Dies entweder in Form von Nachstellungen wegen der Ausübung seines Glaubens in einem "forum externum" oder wegen der vom Staat erzwungenen Einschränkung seines Glaubens auf ein ausschließliches "forum internum".

3.2. Weiters brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters eine Äußerung als "Anregung zu einer Beschwerdevorentscheidung" beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, in welcher auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2018, Zl. L519 2180319-1/9E, verwiesen wurde, in welcher ausgeführt wurde, dass bei Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt würden, unter Berücksichtigung des unmittelbar anwendbaren Art. 10 Abs. 1 lit. b Statusrichtlinie geprüft werden müsse, ob die öffentliche Ausübung (forum externum) des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sei. Mit dem oben angeführten Erkenntnis habe das Bundesverwaltungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall der Beschwerde eines iranischen Christen statt gegeben.

4. Mit Beschwerdevorlage erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Stellungnahme, in welcher zusammengefasst ausgeführt wird, dass die zitierten EuGH Vorabentscheidungen zu C-71/11 und C-99/11 vom Bundesamt in sämtlichen Entscheidungen in derartigen Konstellationen bis zum 19.12.2017 - dem Zeitpunkt der Entscheidung des EGMR - berücksichtigt worden seien. Die vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen, in denen im Übrigen keine sur place Aktivitäten stattgefunden hätten, würden eine Vielfalt von Entscheidungsrichtungen für solche Fälle zulassen. Nicht jeder Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit, der gegen Art. 10 Abs. 1 GRC verstoße, stelle eine Verfolgungshandlung im Sinne dieser Bestimmung der Richtlinie dar. Eine Verfolgungshandlung könne sich aus einem Eingriff in die öffentliche Ausübung diese Freiheit ergeben. Zu prüfen sei, ob jemand aufgrund der Ausübung dieser Religionsfreiheit in einem Herkunftsland tatsächlich Gefahr laufe, durch einen der in Art. 6 Statusrichtlinie genannten Akteure verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen zu werden bzw. dass eine begründete Furcht vor Verfolgung vorliege, sobald im Hinblick auf die persönlichen Umstände anzunehmen sei, dass jemand nach Rückkehr in das Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen werde, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen würden. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags könnten die Behörden einem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten. Hieraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Statuten der evangelischen Kirche und deren Heilslehre keinen Auftrag bzw. keine Ermächtigung habe als Missionar tätig zu sein und auch anderswie nicht dazu veranlasst sein könne, die Aufmerksamkeit als Konvertit auf sich zu ziehen. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt, dass die iranischen Behörden von der Konversion erführen und sei der Beschwerdeführer auch nicht exponiert. Es sei dem Beschwerdeführer im Iran möglich, seinen Glauben zu verschweigen und seine Religion diskret und im Privaten zu praktizieren. Dies sei dem Beschwerdeführer auch zumutbar.

Das Bundesamt möge zu allfälligen Verhandlungen geladen werden und für den Fall des Nichterscheinens eines Vertreters diesen wegen Ressourcenmangels zu entschuldigen. Allfällige Verhandlungsprotokolle mögen dem Bundesamt zur Stellungnahme übermittelt werden und möge eine nicht bestätigende Entscheidung erst nach Einräumung von Parteiengehör zum Verhandlungsprotokoll erlassen werden.

5.1. Mit Urkundenvorlage vom 02.05.2018 legte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters ein Schreiben der Pfarrerin der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX , Mag. XXXX , vom XXXX .04.2018 vor, in dem bestätigt wird, dass der Beschwerdeführer regelmäßig die Gottesdienste in der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX und in der evangelischen Tochtergemeinde XXXX besuche sowie am religiösen Gemeindeleben teilnehme. Er unterstütze sowohl die MitarbeiterInnen als auch die PfarrerInnen bei den Vorbereitungen der Gottesdienste im Sinne von Mesnerdiensten. Darüber hinaus bringe er sich mit religiösen Fragen ein. Nach dem einjährigen Taufkurs und der Taufe am XXXX .12.2017 besuche der Beschwerdeführer jetzt freiwillig einen Aufbaukurs um seinen evangelischen Glauben weiter zu festigen. Er helfe bei Feiern, bei Reinigungsarbeiten, bei der Gartenarbeit und erledige auch einfache Büroarbeiten sowie Postwege. Der Beschwerdeführer bemühe sich um Kontakt zu den Gemeindemitgliedern und zeige großes Interesse sich in die Gemeinschaft einzuleben.

5.2. Von Seiten des Bundesamtes wurde eine Beschäftigungsbewilligung des Beschwerdeführers für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter für den Zeitraum vom XXXX .05.2018 bis XXXX .08.2018 für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden, ausgestellt vom AMS XXXX am XXXX .05.2018, dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

Weiters übermittelte das Bundesamt eine Lohn / Gehaltsabrechnung des Beschwerdeführers für Mai 2018.

Ferner wurde ein Bericht der Landespolizeidirektion Burgen

land vom Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, demzufolge der Beschwerdeführer am XXXX .11.2018 als Radfahrer bei einem Verkehrsunfall an der Hüfte und am linken Ellenbogen verletzt wurde.

5.3. Mit Schriftsatz vom 25.04.2019 wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer nach XXXX übersiedelt sei und sich dort aktiv bei der evangelischen Kirchengemeinde XXXX als neues Gemeindemitglied gemeldet habe. Der dortige Pfarrer, XXXX , bestätige nicht nur die aktive Teilnahme des Beschwerdeführers am christlichen Gemeindeleben, sondern auch dessen Orientierung am christlichen Glauben im Alltag sowie sein tiefes inneres Bedürfnis nach Freiheit und nach freier Meinungsäußerung. Diesbezüglich werde der Antrag auf Einvernahme von Mag. XXXX als Zeugen gestellt.

Diesem Schriftsatz war ein pastorales Gutachten für den Beschwerdeführer, verfasst von Pfarrer Mag. XXXX , vom 18.04.2019 beigelegt, dem zusammengefasst zu entnehmen ist, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Ankunft in XXXX von sich aus beim Pfarramt gemeldet habe, damit seine Übersiedlung auch kirchlicherseits geregelt werden könne. Seit XXXX .08.2018 sei er Mitglied in der evangelischen Kirchengemeinde XXXX . Der Beschwerdeführer besuche regelmäßig die Sonntagsgottesdienste und treffe sich danach mit zwei anderen iranischen Asylwerbern und mit dem Pfarrer im Pfarrheim zu einem Gespräch. Hierbei gehe es um Fragen des christlichen Glaubens und des alltäglichen Lebens. In diesen Gesprächen zeige sich auch, dass der Beschwerdeführer gute Kenntnisse über den christlichen Glauben habe und auch dessen Grundzüge gut verstanden habe. Nach den Wahrnehmungen von Mag. XXXX (er sei für die Verfassung des Gutachtens vom Beschwerdeführer von seiner Schweigepflicht entbunden worden) habe der Beschwerdeführer ein tiefes inneres Bedürfnis nach Freiheit und freier Meinungsäußerung. Die diesbezügliche Unfreiheit im schiitischen Iran habe ihn schon dort in Kontakt mit dem christlichen Gedankengut gebracht. Dies habe ihn in Konflikt mit der Staatsmacht gebracht, was eine weitere Entfremdung vom schiitischen Islam mit sich gebracht habe. Mag. XXXX betrachte den christlichen Glauben des Beschwerdeführers als aufrichtig und ehrlich. Insbesondere sei für den Beschwerdeführer die persönliche Glaubensfreiheit wichtig. Im Umgang mit anderen Menschen orientiere sich der Beschwerdeführer an den christlichen Grundwerten. Schon im Iran habe er sich für den Aufbau einer Frauenradrennmannschaft eingesetzt. Er respektiere die Gleichberechtigung der Frau und begegne allen Gemeindemitgliedern mit Respekt und Freundlichkeit. Ferner sei der Beschwerdeführer begeisterter Rennradfahrer und habe über dieses Hobby viele Freunde und Bekannte gewonnen.

6. Am 15.05.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi statt, an der der Beschwerdeführer in Anwesenheit von Vertrauenspersonen mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter teilnahm. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt hat sich mit E-Mail vom 01.04.2019 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Weiters wurde Pfarrer Mag. XXXX als Zeuge einvernommen. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er die Verhandlung in deutscher Sprache führen wolle. Wenn er etwas nicht verstehen sollte, werde er beim Dolmetscher nachfragen. Er sei etwas nervös, aber sonst gesund. Früher sei er wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung gewesen; jetzt jedoch nicht mehr. Der Beschwerdeführer habe im bisherigen Verfahren immer die Wahrheit gesagt und die jeweiligen Dolmetscher gut verstanden. Die vor dem Bundesamt vorgelegten Dokumente - Geburtsurkunde und nationaler Identitätsausweis - habe ihm seine Familie nachgeschickt. Aus dem Iran ausgereist sei er mit einem gefälschten, iranischen Reisepass, den der Schlepper für ihn vorbereitet habe. In diesem Pass sei sein Foto gewesen. Ob sein Name im Pass gewesen sei, wisse er nicht. Er habe den Pass nicht gesehen, hätte allerdings nicht unter seinem Namen aus dem Iran ausreisen können. Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos. Er sei iranischer Staatangehöriger, der Volksgruppe der Gilakis zugehörig und Christ. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er im Iran keine Probleme gehabt. Er spreche die Sprachen Farsi und Deutsch, beide in Wort und Schrift. Zu den bereits mit der Ladung versendeten Länderberichten zur Situation im Iran gab der Vertreter des Beschwerdeführers an, dass sich in Bezug auf den Umgang mit Konvertiten im Iran keine Änderung ergeben habe.

Im Iran würden noch die Eltern, ein jüngerer und ein älterer Bruder des Beschwerdeführers leben. Der Beschwerdeführer habe im Norden des Iran, in der Stadt XXXX , mit seinen Eltern und Brüdern gelebt. Seine Familie lebe immer noch an der letzten Wohnadresse in XXXX . Allerdings habe der Beschwerdeführer ca. sechs Monate vor seiner Ausreise nicht mehr bei seiner Familie, sondern versteckt in einem Haus ca. eine Viertelstunde mit dem Auto entfernt von seinem Elternhaus gewohnt. Vor ca. neun Monaten habe die Regierung seinen Onkel festgenommen und habe der Beschwerdeführer daher seit ca. sechs Monaten keinen Kontakt mehr zu seinen Angehörigen, da er denke, es sei zu gefährlich. Sein Onkel habe ein Reisebüro in Teheran und habe dem Beschwerdeführer bei der Ausreise geholfen. Der Beschwerdeführer glaube, dass er deshalb festgenommen worden sei. Genau wisse er es jedoch nicht. Auch die Ehefrau des Onkels wisse nicht, aus welchem Grund er festgenommen worden sei.

Zu seinem Leben im Iran gab der Beschwerdeführer an, dass er Matura habe und eine Ausbildung betreffend Computerkenntnisse und als Elektriker gemacht habe. Seine letzten beiden Jobs seien bei den Werbeplakaten und beim Radsportfahren gewesen. Jeden zweiten Tag am Vormittag habe der Beschwerdeführer beim Radsport gearbeitet und an den anderen Tagen sei er bei den Werbeplakaten gewesen. Seine wirtschaftliche Situation sei gut gewesen. Der Beschwerdeführer sei 15 Jahre lang als Profiradfahrer in einem Radsportverband tätig gewesen. Ca. vier Jahre vor der Ausreise sei er der Vizepräsident des Radsportverbandes seiner Heimatprovinz XXXX geworden. Schon im Alter von zehn oder elf Jahren habe er Interesse am Radsport gehabt. Damals habe er einen Test gemacht und sei ins Team aufgenommen worden. Elf oder zwölf Jahre lang habe er professionell in diesem Team gearbeitet und auch Wettbewerbe gewonnen. Ca. zwölf Jahre lang sei der Beschwerdeführer sohin als Profi-Straßenrennradfahrer tätig gewesen. Bei Rennen habe er auch Geld verdient. Danach habe er kostenlos beim Radsportverband gearbeitet. Der Beschwerdeführer habe auch ein Frauenteam gehabt und dieses trainiert. Dadurch habe er natürlich Schwierigkeiten bekommen, da sich Männer Frauen auf der Straße nicht so nähern dürften, wie das beim Radtraining notwendig sei. Unter den Radfahrern und auch bei den Behörden sei der Beschwerdeführer bekannt und beliebt gewesen. Bei der Behörde sei er beliebt gewesen, weil er mit den Leuten gut habe umgehen können. Der Radsport sei im Iran sehr populär. Allerdings sei er aufgrund des Trainings des Frauenteams auch von der Behörde mündlich gewarnt worden und ihm sei gesagt worden, dass er alleine mit den Frauen nicht in einem Raum sein solle. Mit Kollegen sei das dann schon erlaubt gewesen. In Österreich sei der Beschwerdeführer Mitglied im Lauf- und Triathlon Club XXXX und im XXXX Team. Auf die Frage des rechtsfreundlichen Vertreters, ob man im Internet noch Berichte über den Beschwerdeführer als Radsportler finden könne, gab dieser an, dass er sich selbst nicht gefunden habe, da die Seiten schon länger geschlossen seien. Der Dolmetscher ergänzte dahingehend, dass er auf einer iranischen Seite einen Bericht über einen Radsportler mit Namen des Beschwerdeführers gefunden habe.

In Österreich habe der Beschwerdeführer seine Taufpatin und zwei enge Freunde aus dem Bereich des Radsports. Er habe die Deutschprüfungen auf den Niveaustufen A2 und B1 absolviert und bereite sich derzeit auf B2 vor. Der Beschwerdeführer habe einmal für drei Monate bei einem Weingut und dann nochmals für eine Woche bei einem anderen Weingut gearbeitet. Sonst arbeite er gerne bei Veranstaltungen und beim Radsport. Er trainiere gerne mit dem Fahrrad und sei auch in der Kirchengemeinde aktiv. Manchmal fahre er nach Wien und treffe Bekannte aus der christlichen farsi-sprechenden Gemeinde. Er lese gerne - vor allem die Bibel - und unternehme etwas mit Freunden und Bekannten. Zu dem Verkehrsunfall vom XXXX .11.2018 gab der Beschwerdeführer an, er sei mit dem Rad unterwegs gewesen und habe in XXXX einen Unfall mit einem Auto gehabt. Er sei auf dem Radweg gefahren und das Auto vor ihm habe plötzlich gebremst. Der Beschwerdeführer habe auch gebremst, sei jedoch gerutscht und auf der linken Seite auf das Auto gefallen. Er sei dabei an der Schulter und am Bein verletzt worden.

Zu seinen Reisebewegungen und zu seinen Fluchtgründen wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisher erstattetes Vorbringen. Ergänzend brachte er vor, dass er die Flugtickets von seinem Onkel, der das Reisebüro besitze, erhalten habe. Seine Schwierigkeiten hätten begonnen, da er mit den Basiji über das Bibellesen diskutiert habe. Der Beschwerdeführer sei zwar bei dieser Organisation und bei der Behörde beliebt und bekannt gewesen, sei aber auch problematisch für sie gewesen. Als er das nächste Mal wieder zu dem Radsportverein gegangen sei, sei dort der Basiji mit seinem Chef gewesen und sie hätten ihm Fragen gestellt und hätten das damit begründet, dass sie den Beschwerdeführer besser kennen lernen wollten. Als er nach einiger Zeit habe weggehen wollen, hätten sie ihm gesagt, er solle eine Erklärung unterschreiben. In dem Text sei gestanden, dass er die Bibel nicht weiter lesen und auch für die Religion in der Arbeit nicht werben dürfe. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er das nicht unterschreiben werde, habe noch ca. zwei Stunden gearbeitet und sei dann nach Hause gegangen. Zwei Tage später - der Beschwerdeführer sei bei seiner anderen Arbeit gewesen - hätten drei Personen in seinem Elternhaus nach ihm gefragt. Danach - es sei an einem Donnerstagvormittag gewesen - seien sie wieder gekommen und hätten das Zimmer des Beschwerdeführers - er sei nicht zu Hause gewesen - durchsucht. Nachdem ihm seine Mutter hiervon erzählt habe, habe der Beschwerdeführer gemerkt, dass sich die Lage zugespitzt habe und sei über das Wochenende weggefahren, weil er gedacht habe, dass sich die Situation beruhigen werde. Das Wochenende sei im Iran Donnerstag und Freitag. Der Beschwerdeführer sei ca. drei Tage weg gewesen und in dieser Zeit sei wieder nach ihm gefragt worden. Seine Mutter habe ihm am Telefon erzählt, dass sie mehrmals nach ihm gefragt hätten. Von den Vorfällen im Radsportverband habe der Beschwerdeführer seinen Eltern erst nach seiner Rückkehr von dem Wochenendausflug erzählt und habe ihm sein Vater empfohlen, sich für eine längere Zeit zu verstecken. Daher habe er sich ca. sechs Monate lang in einem Haus, das sein Vater für ihn gefunden habe, in der Nähe seines Elternhauses versteckt. Die Bibel habe er gelesen, da er schon als er noch sehr jung gewesen sei, sich nicht für den Islam interessiert habe. Es sei immer ein Zwang gewesen, Moslem zu sein. Die Bibel habe er bei einem Freund gesehen und da sie in Farsi gewesen sei, habe er sie einfach gelesen. Im Koran gebe es auch zu viele Gesetze, die die Menschen - besonders die Frauen - einschränken würden. Auf die Frage, wieso er mit den Basiji diskutiere, wenn er doch wisse, dass dies gefährlich sein könne, gab der Beschwerdeführer an, dass dies emotional - aus dem Herzen und aus dem Bauch heraus - nach dem Lesen der Bibel gewesen sei.

In Österreich habe er nach seiner Ankunft einen Perser kennen gelernt, der auch Christ sei. Mit dem sei er in die persische Kirche gegangen und habe ein Jahr einen Taufvorbereitungskurs gemacht. Am XXXX .12.2017 sei er in XXXX getauft worden. Der Taufvorbereitungskurs sei einmal im Monat in der XXXX Kirche in Wien gewesen. Es sei viel über das Neue Testament gesprochen worden. In jeder Sitzung seien bestimmte Teile der Bibel gelesen und sei darüber diskutiert worden. Es sei auch über das Alte Testament gesprochen worden. Er habe ein bisschen etwas über die Unterschiede zwischen evangelischem und katholischem Glauben gewusst. Der Perser, den er nach der Ankunft kennen gelernt habe, sei evangelisch gewesen und daher habe sich der Beschwerdeführer für den evangelischen Zweig entschieden. Es sei ihm damals aber auch egal gewesen; wichtig sei für ihn nur die Bibel. An Feiertagen bzw. bei Veranstaltungen helfe er in der Kirche, er diskutiere auch mit anderen Gemeindemitgliedern und helfe iranischen Interessenten am Christentum mit Informationen und Übersetzungen. Der Beschwerdeführer gehe jeden Sonntag in die Pfarre in XXXX in den Gottesdienst. Zuvor sei er in XXXX gewesen. Immer, wenn sich etwas ereignet habe bzw. in seinem Leben etwas passiere, nehme er die Bibel und lese darin. Ostern sei die Auferstehung. Jesus Christus sei drei Tage nachdem er auf dem Kreuz gestoben sei, auferstanden. Jesus Christus habe sich für die Sünden der Menschen mit seinem Blut geopfert. Daher habe er den Menschen die Möglichkeit gegeben, dass ihnen ihre Sünden vergeben werden. Auf Vorhalt, er habe in der Erstbefragung angegeben, er sei katholisch, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er damals nur die katholische Glaubensrichtung gekannt habe und nicht gewusst habe, dass es viele verschiedene Kirchen gebe. Auf weiteren Vorhalt, dass der Beschwerdeführer nach Ansicht des Bundesamtes nicht dazu berechtigt sei, zu missionieren, gab er an, dass es zwar nicht seine Pflicht sei, andere zum Christentum zu bekehren. Aber er glaube von Herzen an Jesus Christus und wolle daher auch anderen das Evangelium näherbringen. Jesus Christus sage in der Bibel, dass man das Evangelium und die gute Nachricht weitergeben solle.

In der Folge wurde Pfarrer Mag. XXXX , geb. XXXX , als Zeuge einvernommen. Dieser gab im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer zu einer Minderheit von etwa 100 (von 1000) Gemeindemitgliedern gehöre, die fast jeden Sonntag zum Gottesdienst kämen. Ca. jeden zweiten Sonntag treffe sich der Zeuge mit dem Beschwerdeführer und zwei weiteren iranischen Asylwerbern, wobei der Beschwerdeführer beim Dolmetschen helfe. Er gehe davon aus, dass der Glaube des Beschwerdeführers ernsthaft sei. Einen gegenteiligen Anhaltspunkt habe er nicht. Aus den geführten Gesprächen könne der Zeuge herauslesen, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben selbst in die Tat umzusetzen versuche. Beispielsweise versuche er anderen Asylwerbern zu helfen, er anerkenne die Gleichheit aller Menschen und nehme es mit der Wahrheit sehr genau. Auch feiere er das Heilige Abendmahl mit, wenn er in den Gottesdienst komme. Als der Beschwerdeführer neu in XXXX gewesen sei, habe er sich beim Zeugen gemeldet und gesagt, dass er jetzt zu seiner Gemeinde gehöre. Der Zeuge habe den Eindruck, dass der Beschwerdeführer sehr freiheitsliebend sei und glaube, dass er sich im Iran wieder auf solche Konflikte einlassen würde.

7.1. Aufgrund des vom Bundesamt mit Beschwerdevorlage gestellten Antrags übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 25.04.2019 samt Anhang und räumte eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen ein.

7.2. In seiner Stellungnahme vom 22.05.2019 verwies das Bundesamt auf die Ausführungen in der Beschwerdevorlage und betonte, dass es die Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben nicht bezweifle. Aus dem pastoralen Gutachten gehe nicht hervor, dass der Beschwerdeführer zur Mission verpflichtet wäre. Daher komme die Entscheidung des EGMR vom 19.12.2017, Nr. 60342/16, zur Anwendung. Der Beschwerdeführer habe aufgrund der Statuten der evangelischen Kirche keinen Auftrag bzw. keine Ermächtigung als Missionar tätig zu sein und könne daher auch nicht anderswie dazu veranlasst sein, als Konvertit die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die iranischen Behörden von der Konversion erfahren würden. Daher sei es dem Beschwerdeführer möglich, im Iran seinen Glauben zu verschweigen und seine Religion diskret und im privaten zu praktizieren, was dem Beschwerdeführer auch zuzumuten sei.

Der Stellungnahme beigelegt war die Entscheidung des EGMR vom 19.12.2017, Nr. 60342/16 (in englischer Sprache, ohne deutsche Übersetzung).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger sowie Zugehöriger zur Volksgruppe der Gilakis und wurde als Moslem (im Sinne von: Sohn einer moslemischen Familie) im Iran geboren. Er stammt aus der im Norden des Iran gelegenen Stadt XXXX in der Provinz XXXX , wo er bis ca. sechs Monate vor seiner Ausreise mit seinen Eltern, einem jüngeren und einem älteren Bruder im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Im Iran hat der Beschwerdeführer nach der Matura Ausbildungen im EDV-Bereich und als Elektriker gemacht. Bereits im Alter von ca. zehn oder elf Jahren hat der Beschwerdeführer mit dem Rad(renn)sport begonnen und war als Erwachsener ca. zwölf Jahre lang als Profiradrennfahrer tätig, wobei er auch Wettbewerbe gewonnen und damit Geld verdient hat. Im Zuge seiner Laufbahn als Profiradrennfahrer war der Beschwerdeführer auch in seinem Radsportverband ehrenamtlich - unter anderem als Trainer des Damenteams - tätig und übte zuletzt die Funktion des Vizepräsidenten des Radsportverbandes seiner Heimatprovinz XXXX aus. Darüber hinaus arbeitete der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2013 als Werbetafel- und -plakathersteller. Mit Hilfe eines Onkels, der in Teheran ein Reisebüro besitzt, reiste der Beschwerdeführer schlepperunterstützt mit einem gefälschten iranischen Reisepass aus dem Iran aus und flog über Russland nach Österreich, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am 23.08.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Über einen Freund erhielt der Beschwerdeführer, der innerlich nie vom Islam überzeugt war, eine Bibel in Farsi und begann diese aus Interesse zu lesen. Da er beim Radsportverband zwischendurch immer wieder etwas freie Zeit hatte, hat er die Bibel auch dort gelesen. Anfang 2016 wurde er von einem Basiji beim Bibellesen erwischt, was in weiterer Folge zu einer Diskussion zwischen dem Beschwerdeführer und dem Basiji führte. Als der Beschwerdeführer zwei Tage später wieder zu dem Radsportverband ging, wurde er von diesem Basiji und dessen Chef aufgefordert, eine Erklärung zu unterschreiben, dass er die Bibel nicht weiter lesen und für "diese Religion" nicht weiter werben darf. Nachdem der Beschwerdeführer dies abgelehnt hat, kamen zwei Tage später in seiner Abwesenheit drei Personen in sein Elternhaus und fragten nach ihm. Kurze Zeit später kamen diese Personen erneut und durchsuchten das Zimmer des Beschwerdeführers in seinem Elternhaus. Nachdem der Beschwerdeführer von seiner Mutter hiervon erfahren hat, fuhr er in der Hoffnung, dass sich die Lage beruhigen würde, über das Wochenende weg. Da jedoch auch während dieses Wochenendes mehrfach nach dem Beschwerdeführer gefragt wurde, empfahl ihm sein Vater, sich für eine längere Zeit zu verstecken. Die nächsten sechs Monate hielt sich der Beschwerdeführer daher versteckt in einer Wohnung in der Nähe seines Elternhauses auf. Allerdings wurde auch während dieser Zeit mehrfach nach dem Beschwerdeführer gefragt, sodass sich dieser - da die Suche nach ihm nicht aufgehört hat - zur Flucht entschlossen hat.

In Österreich suchte der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Ankunft Kontakt zu christlichen Kirchen und besuchte zunächst die Gottesdienste und Veranstaltungen der persischen Kirche in Wien, wo er auch mit dem Taufvorbereitungskurs begonnen hat. Nach einer ca. einjährigen Taufvorbereitung - nunmehr bei der evangelischen Tochtergemeinde A.B. XXXX - wurde der Beschwerdeführer am XXXX .12.2017 in der " XXXX " in XXXX getauft. Während der Taufvorbereitung und auch nach seiner Taufe engagierte sich der Beschwerdeführer in den evangelischen Pfarrgemeinden XXXX und XXXX . Bis zu seiner Übersiedlung nach XXXX Mitte August 2018 nahm der der Beschwerdeführer sowohl an den Gottesdiensten als auch am religiösen Gemeinschaftsleben der Pfarrgemeinden XXXX regelmäßig teil. Nach seiner Übersiedlung meldete sich der Beschwerdeführer von sich aus bei der evangelischen Kirchengemeinde XXXX als neues Gemeindemitglied und nimmt seither aktiv am dortigen Pfarr- und Gemeindeleben teil. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer in Österreich aus innerer Überzeugung vom Islam zum Christentum konvertiert und nunmehr Angehöriger der Evangelischen Kirche A.B. (lutherisch) ist. Der Beschwerdeführer ist praktizierende Christ, steht nach wie vor in intensivem Kontakt zur evangelischen Kirchengemeinde XXXX , besucht die dortigen Gottesdienste am Sonntag, hilft bei Dolmetschertätigkeiten, beschäftigt sich weiterhin mit Glaubensinhalten und nimmt aktiv am christlichen Leben in der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX teil. Der Beschwerdeführer ist vom Christentum ehrlich überzeugt und kann nicht erkannt werden, dass die Konversion vom Islam zum Christentum "nur zum Schein" (lediglich zwecks Asylerlangung) erfolgt ist. Bei einer Rückkehr in den Iran wäre es für den Beschwerdeführer nicht zumutbar, seinen christlichen Glauben zu leugnen und zum Islam zurückzukehren. Ebenso wenig wäre es ihm zumutbar, seinen christlichen Glauben lediglich "im Geheimen" zu praktizieren.

Im Entscheidungszeitpunkt kann im Hinblick auf die aktuelle Lage im Iran für konvertierte Christen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Iran aufgrund seiner nunmehr christlichen Religion keiner asylrelevanten Verfolgung unterliegen würde. Dem Beschwerdeführer steht als einem vom Islam zum Christentum Konvertierten keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer ist auch in Österreich im Radsport aktiv und war darüber hinaus wiederholt mehrere Monate lang als Landarbeiter bei einem bekannten burgenländischen Weingut beschäftigt. Er spricht ausgezeichnet Deutsch und nimmt intensiv am sozialen Leben in Österreich teil. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist.

1.2. Zur verfahrensrelevanten Situation im Iran:

1.2.1. Religionsfreiheit:

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran;

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 21.3.2018;

* BFA Analyse (23.5.2018): Iran - Situation armenischer Christen,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 29.5.2018;

* ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht und

* US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html,

Zugriff 28.5.2018

1.2.2. Christen:

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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