TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/19 W255 1433492-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2019
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Entscheidungsdatum

19.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W255 1433492-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.07.2019, Zl. 596402810-181015639, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.07.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 19.02.2013, Zl. 12 08.699-BAW, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde der BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

1.3. Gegen den unter Punkt 1.2. genannten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

1.4. Mit am 08.06.2015 mündlich verkündetem und am 10.07.2015 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, GZ W132 1433492-1/10E, wurde der unter Punkt 1.3. genannten Beschwerde des BF stattgegeben und dem BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Dies wurde damit begründet, dass der BF im Fall der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner Hinwendung zum Christentum einer Verfolgung in asylrelevanter Intensität ausgesetzt wäre. Der BF bekenne sich zu den Zeugen Jehovas. Er habe sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt und setze sich eingehend mit dem Glaubensbekenntnis auseinander. Der feste Entschluss, vom Islam zum Christentum zu wechseln, beruhe auf der inneren Überzeugung des BF und werde von Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit getragen.

1.5. Am 17.05.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er ua an, dass er am XXXX in Teheran, Iran, nach islamischem Recht geheiratet habe. Seine Ehegattin habe er über Vermittlung seiner Schwester über das Telefon kennengelernt. Sie lebe derzeit zwei oder drei Tage bei den Eltern und zwei bis drei Tage bei der Schwester des BF in Afghanistan. Bei der Hochzeit im Iran sei die Schwiegerfamilie des BF anwesend gewesen. Die Familie des BF (Eltern und Geschwister) seien in Afghanistan gewesen und hätten nicht in den Iran kommen können, weil es nicht einfach sei, ein Visum für den Iran zu bekommen. Der BF habe deshalb nicht in Afghanistan geheiratet, weil er mit dem österreichischen Konventionspass nicht in Afghanistan einreisen dürfe.

Der BF sei Zeuge Jehovas und seine Frau sunnitische Muslimin. Sie wisse, dass er Zeuge Jehovas sei. Auch die ganze Familie des BF wisse schon seit vielen Jahren, dass der BF Zeuge Jehovas sei, seine Schwiegerfamilie wisse dies nicht. Der Vater des BF habe die ersten ein bis zwei Jahre, nachdem er vom neuen Glauben des BF erfahren habe, nicht mit dem BF gesprochen. Danach habe er wieder mit dem BF gesprochen, aber nicht über dieses Thema. Der BF rede nun alle sechs Monate mit seinem Vater. Zu seiner Mutter, seinen zwei Schwestern und seinen drei Brüdern habe der BF eine gute Beziehung und sie würden oft miteinander sprechen.

Bei der Hochzeit im Iran habe der BF vor dem Mullah und den dortigen Behörden angegeben, sunnitischer Muslim zu sein. Er sei bisher auch nicht aus dem Islam ausgetreten. Er sei seit fünf oder sechs Jahren Zeuge Jehovas. Er sei nicht getauft worden. Der BF habe keine Zeit, missionieren zu gehen und nehme auch nicht an Veranstaltungen oder Versammlungen der Zeugen Jehovas teil, da er hierfür keine Zeit habe. Er lese die Bibel zu Hause.

1.6. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien, vom 03.07.2019, Zl. 596402810-181015639, wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 08.06.2015 (mündlich verkündeten) bzw. 10.07.2015 (schriftlich ausgefertigten), GZ W132 1433492-1/10E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.).

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA damit, dass sich die subjektive Lage des BF im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als dem BF Asyl gewährt worden sei, geändert habe. Die Gründe für die Zuerkennung des Asylberechtigten seien nicht mehr vorliegend.

1.7. Gegen den unter Punkt 1.6. genannten Bescheid des BFA richtet sich die vom BF fristgerechte erhobene Beschwerde.

1.8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 07.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 11.07.2012, dem am 08.06.2015 mündlich verkündeten und am 10.07.2015 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, GZ W132 1433492-1/10E, der Erstbefragung und der Einvernahmen des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des (vormaligen) Bundesasylamtes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere der Einvernahme des BF vom 17.05.2019, der Bescheide des Bundesasylamtes und des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Länderberichte zu Afghanistan sowie der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

2.1. Der BF führt den Namen XXXX und ist am XXXX in XXXX geboren.

2.2. Der BF ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken. Die Muttersprache des BF ist Dari.

2.3. Der BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.07.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.4. Mit am 08.06.2015 mündlich verkündetem und am 10.07.2015 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, GZ W132 1433492-1/10E, wurde dem BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Dies wurde damit begründet, dass der BF im Fall der Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner Hinwendung zum Christentum einer Verfolgung in asylrelevanter Intensität ausgesetzt wäre. Der BF bekenne sich glaubhaft zu den Zeugen Jehovas. Er habe sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt und setze sich eingehend mit dem Glaubensbekenntnis auseinander. Der feste Entschluss vom Islam zum Christentum zu wechseln, beruhe auf der inneren Überzeugung des BF und werde von Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit getragen.

Die Eltern, die weiteren zwei Frauen seines Vaters, seine zwei leiblichen Brüder und seine leiblichen Schwestern würden im Elternhaus in XXXX leben. Der Vater des BF sei Immobilienmakler und erhalte die Familie. Der BF habe keinen Kontakt zu seiner Familie.

2.5. Der BF reiste am XXXX in den Iran und kehrte am XXXX nach Österreich zurück. Zweck der Reise nach Teheran war die Heirat einer dem BF bis dahin nur über Telefongespräche bekannten Frau, die der BF telefonisch über seine in Afghanistan lebende Schwester kennengelernt hat. Der BF gab im Iran im Zuge der Hochzeit vor dem Mullah und den weiteren anwesenden Personen an, sunnitischer Muslim zu sein. Der BF ist bis dato nicht aus dem Islam ausgetreten.

2.6. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 03.07.2019, Zl. 596402810-181015639, wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 08.06.2015 (mündlich verkündet) bzw. 10.07.2015 (schriftliche Ausfertigung), GZ W132 1433492-1/10E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise des BF wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt VI.).

2.6.1. In Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheid stützte das BFA die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

2.6.2. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten traf das BFA die folgenden (abschließenden) Feststellungen:

"Die Gründe für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten liegen nicht mehr vor. Ihre subjektive Lage hat sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt als Ihnen Asyl gewährt wurde, geändert. Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung in Afghanistan konnten Sie nicht glaubhaft machen."

2.6.3. In der Beweiswürdigung zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten führte das BFA aus, dass der BF im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 17.05.2019 in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan keine aktuellen bzw. individuellen Fluchtgründe glaubhaft zu Protokoll gegeben habe. Der BF gehöre keinesfalls mehr der christlichen Glaubensgemeinschaft an. Aktuelle Hinweise einer nach wie vor bestehenden Verfolgung seiner Person habe er nicht glaubhaft vorgebracht. Dem BF sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.07.2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden, weil er damals (zum Entscheidungszeitpunkt) mit seiner Konversion einen subjektiven Nachfluchtgrund im Sinne des § 3 Abs. 2 AsylG 2005 verwirklicht habe.

Seine subjektive Lage habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als nun keinesfalls mehr festgestellt werden könne, dass er nach wie vor aus innerer Überzeugung der christlichen Glaubensgemeinschaft angehöre. Somit lasse sich daraus alleine gesehen keine Gefährdungslage seiner Person im Falle der Rückkehr ableiten. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF vom islamischen Glauben abgefallen sei, da er erst kürzlich nach islamischem Recht geheiratet und sich bei den Behörden auch als Muslim registriert habe.

2.6.4. Rechtlich führte das BFA zu Spruchpunkt I. Folgendes (abschließend) aus:

§ 7 Abs. 1 AsylG 2005 sehe die zwingende Aberkennung des Status des Asylberechtigten bei Vorliegen eines der in Z 1 bis 3 genannten Tatbestände vor:

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, seien die Gründe für die Zuerkennung des Asylstatus nicht mehr vorliegend, umso mehr der BF auf Nachfragen des zur Entscheidung berufenen Organwalters auch nichts vorgebracht oder glaubhaft gemacht habe, das eine aktuelle vorliegende Gefährdung seiner Person annehmen ließe; sein Vorbringen biete schließlich keinen Hinweis darauf, dass wohlbegründete Furcht aus einem in der GFK genannten Grund aktuell bestehen würde. Dem BF sei daher gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten abzuerkennen gewesen.

2.7. Zwischen dem Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF (2015) und dem gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts ist es zu keiner grundlegenden (objektiven) generellen - von der Person des BF losgelösten/unabhängigen - Verbesserung der Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat des BF gekommen, auf Grund derer man annehmen könnte, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung des BF nicht mehr länger besteht.

3. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:

3.1. Die Feststellung zum Namen des BF und seinem Geburtsdatum stützt sich auf seine dahingehend übereinstimmenden Angaben vor dem (damaligen) Bundesasylamt, vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die zur Identität des BF (Name und Geburtsdatum) getroffenen Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung des BF im Verfahren.

3.2. Die Feststellungen zur Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit des BF gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des BF zu zweifeln.

3.3. Die Feststellungen zu seinem Antrag auf internationalen Schutz, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.06.2015 (mündlich verkündet) bzw. 10.07.2015 (schriftlich ausgefertigt) und dem Bescheid des BFA vom 03.07.2019 stützen sich auf den unbedenklichen Akteninhalt.

3.4. Die Feststellung zur Reise des BF in den Iran vom XXXX bis XXXX stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF gegenüber dem BFA vom 17.05.2019 sowie den Kurzbrief der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom XXXX dem im Konventionspass des BF befindlichen iranischen Visum mit Gültigkeit vom XXXX sowie den im Konventionspass des BF befindlichen Einreise- und Ausreisestempeln.

3.5. Die Feststellung, dass es zwischen dem Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF (2015) und dem gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts zu keiner grundlegenden (objektiven) generellen - von der Person des BF losgelösten/unabhängigen - Verbesserung der Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat des BF gekommen ist, auf Grund derer man annehmen könnte, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung des BF nicht mehr länger besteht, stützt sich auf einen Vergleich jener Länderfeststellungen, die vom Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung im Jahr 2015 zugrunde gelegt wurden, sowie jenen, die vom BFA seiner nunmehr angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Zudem wurde seitens des BFA eine grundlegende (objektive) Verbesserung im Herkunftsstaat des BF nicht behauptet.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Zu A) Stattgabe der Beschwerde

4.1.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

Aberkennung des Status des Asylberechtigten

§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.

4.1.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention lauten:

Artikel 1 Abschnitt C.

Eine Person, auf die die Bestimmungen des Absatzes A zutrifft, fällt nicht mehr unter dieses Abkommen,

1. wenn sie sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, unterstellt; oder

2. wenn sie nach dem Verlust ihrer Staatsangehörigkeit diese freiwillig wiedererlangt hat; oder

3. wenn sie eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie erworben hat, genießt; oder

4. wenn sie freiwillig in das Land, das sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder außerhalb dessen sie sich befindet, zurückgekehrt ist und sich dort niedergelassen hat; oder

5. wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Hierbei wird jedoch unterstellt, dass die Bestimmung dieser Ziffer auf keinen Flüchtling im Sinne der Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt;

6. wenn es sich um eine Person handelt, die keine Staatsangehörigkeit besitzt, falls sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz hat. Dabei wird jedoch unterstellt, dass die Bestimmung dieser Ziffer auf keinen Flüchtling im Sinne der Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in das Land abzulehnen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Artikel 1 Abschnitt D.

Dieses Abkommen findet keine Anwendung auf Personen, die zurzeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge genießen. Ist dieser Schutz oder diese Unterstützung aus irgendeinem Grunde weggefallen, ohne dass das Schicksal dieser Person endgültig gemäß den hierauf bezüglichen Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen geregelt worden ist, so fallen diese Personen ipso facto unter die Bestimmungen dieses Abkommens.

4.1.3. Das BFA stützt sich im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides explizit auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt.

Ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG 2005 wird - abgesehen von der Anführung der Z 1 im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - weder vom BFA behauptet, noch haben sich sonst Hinweise für das Vorliegen eines solchen Asylausschlussgrundes ergeben.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten des BF gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 liegen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts daher nicht vor.

4.1.4. In der rechtlichen Beurteilung stützt sich das BFA auf § 7 Abs. 1 AsylG 2005, ohne sich festzulegen bzw. näher auszuführen, auf welchen der in § 7 Abs. 1 AsylG 2005 normierten Aberkennungsgründe es sich bezieht.

Ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG 2005 liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht vor (§ 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005).

Die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Beweiswürdigung des BFA deutet darauf, dass sich das BFA bei der Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 stützen wollte. Dafür spricht auch, dass vom BFA nicht behauptet wurde, dass der BF den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hätte, was für den dritten Aberkennungsgrund gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 erforderlich gewesen wäre (§ 7 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005).

4.1.5. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Artikel 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.

Der BF hat sich - soweit aus dem Akteninhalt hervorgeht - weder freiwillig dem Schutz seines Herkunftsstaates unterstellt (Z 1), noch nach dem Verlust seiner afghanischen Staatsangehörigkeit, diese freiwillig wiedererlangt (Z 2), noch eine neue Staatsangehörigkeit erworben und den Schutz dieses Staates genossen (Z 3), noch hat er sich in Afghanistan niedergelassen (Z 4).

Eine auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützte Asylaberkennung käme schließlich noch in Betracht, wenn der BF nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer er als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK).

Der UNHCR führt diesbezüglich in seinem "Handbuch und Richtlinien über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge" auf S. 32 zu

Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 aus:

"‚Umstände' bezieht sich auf grundlegende Veränderungen in dem Land, aufgrund derer man annehmen kann, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht." (vgl. weiters Gachowetz/Schmidt/Simma/Urban, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA, S. 185).

In Kommentar von Zimmermann zur GFK werden als Indikatoren für solche geänderten Umstände iSd Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 demokratische Wahlen, signifikante Reformen der rechtlichen und sozialen Strukturen, Amnestien und Anerkennung der Menschenrechte genannt: "The UNHCR Guidelines and ExCom Conclusions outline in more detail how ‚ceased to exist' should be interpreted. Consistent with leading academic opinion, they suggest that changes in the refugee's country should be ¿substantial, effective and durable¿ or ¿fundamental and enduring-. Some indicators of such change that have been suggested by the UNCHR and the UNHCR ExCom are democratic elections, significant reforms to the legal and social structure, amnesties, repeal of oppresive laws, dismantling of repressive security forces, and general respect for human rights."

(Kneebone/O-Sullivan in Zimmermann (ed.), The 1951 Convention Relating to the Status of Refugees and ist 1967 Protocol, A Commentary, p. 502).

Das Abstellen auf (objektive) Veränderungen im Herkunftsstaat entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH: "Die Flüchtlingseigenschaft erlischt, wenn in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände in dem fraglichen Drittland diejenigen Umstände, aufgrund deren der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor ‚Verfolgung' im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie haben muss." (EuGH 02.03.2010, Rs C-175/08 ua, Abdulla ua, Rz 76).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings darf es sich dabei nicht nur um vorübergehende Veränderungen handeln (vgl. VwGH 21.11.2002, 99/20/0171, mwN).

Die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat (aus der sich der Verlust der zunächst gegebenen Flüchtlingseigenschaft ergeben soll) setzt eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraus, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraumes bedarf (VwGH 27.04.2006, 2002/20/0170 und VwGH 16.02.2006, 2006/19/0030).

Ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK rechtfertigende relevante Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat eingetreten ist, hat die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von Amts wegen zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte bzw. der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten (vgl. VwGH 19.12.2001, 2000/20/0318).

Das Vorliegen der Aberkennung des Status des Asylberechtigten hat das BFA damit begründet, dass sich die subjektive Lage des BF im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert habe, als nun keinesfalls mehr festgestellt werden könne, dass der BF nach wie vor aus innerer Überzeugung der christlichen Glaubensgemeinschaft angehöre. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der BF vom islamischen Glauben abgefallen sei, da er erst kürzlich nach islamischem Recht geheiratet und sich bei den Behörden auch als Muslim registriert habe.

Das BFA hat seine Entscheidung implizit auch darauf gegründet, dass beim BF die subjektive Furcht, in seinem Heimatstaat verfolgt zu werden, nicht mehr gegeben sei.

Der Wegfall subjektiv empfundener Furcht kann allenfalls ein Indiz dafür sein, dass auch objektiv kein asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund mehr vorliegt, doch kann die subjektiv empfundene Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung allein nicht als einer der in Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK angeführten Umstände gewertet werden. Diese Umstände sind gemäß dem Wortlaut der angeführten Konventionsstelle solche, auf Grund deren der Asylwerber als Flüchtling anerkannt worden ist. Durch den Wegfall (lediglich) des subjektiven Furchtempfindens eines Flüchtlings können die in Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 dieser Konvention angeführten Voraussetzungen noch nicht als erfüllt angesehen werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den "Umständen" im Sinne der zitierten Bestimmung insbesondere um solche handeln muss, die sich auf grundlegende, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention angeführten Fluchtgründe betreffende (objektive) Veränderungen im Heimatstaat des Flüchtlings beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, dass der Anlass für die - begründete - Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0121; vgl. weiters VwGH 29.01.1997, 95/01/0449).

Auch laut dargelegter Judikatur des VwGH ist somit entscheidend, dass es zu (objektiven) Veränderungen im Herkunftsstaat des BF gekommen ist. Dies kann etwa auch dann der Fall sein, wenn der Verfolger einen "Haltungswandel" im Hinblick auf den BF vorgenommen hat, ohne dass ein politischer Machtwechsel stattgefunden hat, sofern dieser "Haltungswandel" über einen längeren Beobachtungszeitraum fortgesetzt wurde (VwGH vom 21.11.2002, 99/20/0171).

Ebenso hatte der unabhängige Bundesasylsenat im oben zitierten Erkenntnis des VwGH vom 16.02.2006, 2006/19/0030, im Sinne dieser Auslegung die (aufgehobene) Asylaberkennung damit begründet, "dass die Taliban zum Zeitpunkt der mündlichen Bescheidverkündung [...] als politisches System nicht mehr existieren" würden, sondern "vollständig abgezogen" seien und sich insofern die (objektiven) Umstände in Afghanistan geändert hätten.

Im Unterschied zu den Fällen nach Art 1 Abschnitt C Ziffern 1 bis 4 GFK, bei denen es sich um "subjektive" Beendigungstatbestände, die aufgrund des individuellen Verhaltens der betreffenden Person eintreten, handelt, endet die Flüchtlingseigenschaft in den Fällen nach Artikel 1 Abschnitt C Ziffern 5 und 6 somit wegen (nicht im Verhalten des Flüchtlings gelegener) objektiver Umstände und wird damit auf grundlegende geänderte Umstände im Herkunftsstaat abgestellt (Putzer, Leitfaden Asylrecht² (2011), Rz 153 und 155).

Eine teils abweichende Meinung wird etwa in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K9 vertreten: "Die Bestimmung des Art 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK stellt primär auf eine grundlegende Änderung der (objektiven) Umstände im Herkunftsstaat ab, kann jedoch auch die Änderung der in der Person des Flüchtlings gelegenen Umstände umfassen, etwa wenn eine wegen der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Religion verfolgte Person nun doch zu der den staatlichen Stellen genehmen Religion übertritt und damit eine gefahrlose Heimkehr möglich ist."

Seitens des BFA wurde nicht behauptet, dass es zu grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat des BF gekommen wäre. Hierfür sind auch sonst keine Hinweise aufgetreten. Das BFA bezog sich ausschließlich darauf, dass sich die subjektive Lage des BF insofern verändert hätte, als dieser (doch) nicht vom islamischen Glauben abgefallen sei bzw. nicht mehr aus innerer Überzeugung der christlichen Glaubensgemeinschaft angehöre.

Damit fehlt es jedoch am Vorliegen einer der in Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK normierten Voraussetzungen.

4.1.6. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts lagen und liegen die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 sohin mangels grundlegender Veränderungen im Herkunftsstaat des BF gegenständlich nicht vor. Dem BF wurde daher zu Unrecht der Status des Asylberechtigten aberkannt.

4.1.7. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 7 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheids stattzugeben war und diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben waren, zumal die von der belangten Behörde unter Spruchpunkt II. bis VI. des Bescheides getroffenen Aussprüche schon in Folge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren. Die Behebung der Spruchpunkte II., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheids hatte somit aufgrund der Untrennbarkeit dieser Spruchpunkte zu erfolgen.

Dem BF kommt auf Grund der Behebung des Bescheides weiterhin der Status des Asylberechtigten zu.

4.2. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung fehlt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zwar wiederholt mit der Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GFK befasst, jedoch lag diesen Entscheidungen keine mit dem gegenständlichen Fall vergleichbare Sachverhaltskonstellation zugrunde, in der eine Aberkennung - gestützt auf Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 GKF - damit begründet wird, dass sich die (subjektive) Lage (des BF) insofern geändert habe, als der von ihm vorgebrachte Nachfluchtgrund (Konversion zu den Zeugen Jehovas während anhängigem Asylverfahren in Österreich) nicht mehr vorliegen würde, ohne dass sich die (objektive) Lage im Herkunftsstaat des BF geändert hätte.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Asylaberkennung,
Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung, Voraussetzungen,
Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W255.1433492.2.00

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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