Entscheidungsdatum
24.10.2019Norm
BVergG 2018 §327Spruch
W134 2224559-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Personen- und Betriebsberatung fit2work" der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, alle vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages des Antragstellers XXXX , vertreten durch RA Mag. Peter G. Wahl, Rooseveltplatz 4-5/6, 1090 Wien, vom 18.10.2019 "das Bundesverwaltungsgericht möge eine einstweilige Verfügung gemäß § 350 BVergG für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen, mit der dem Auftraggeber im gegenständlichen Vergabeverfahren die Fortführung des Verfahrens, jedenfalls aber der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt wird", folgenden Beschluss:
A)
Der Auftraggerberin wird gemäß § 351 BVergG 2018 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, im gegenständlichen Vergabeverfahren die Rahmenvereinbarungen abzuschließen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien:
Mit Schreiben vom 18.10.2019, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte der Antragsteller die Nichtigerklärung der am 08.10.2019 von der Auftraggeberin bekannt gegebenen Entscheidung, mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung.
Begründend wurde vom Antragsteller unter Bezugnahme auf die angefochtenen 3 Lose Folgendes ausgeführt:
Die Auftraggeberin habe ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss der Rahmenvereinbarung "Personen- und Betriebsberatung fit2work", ausgeschrieben. Die zu vergebenden Gesamtleistungen seien auf drei Lose aufgeteilt. Angefochten sei in allen drei Losen die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung gab der Antragsteller zusammengefasst Folgendes an:
1. Die Preisgestaltung in den Losen 1 bis 3 des Bestbieters sei nicht nachvollziehbar. Die Auftraggeberin hätte eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen müssen. Es liege eine spekulative Preisgestaltung vor. Das Angebot der Bestbieterin hätte daher ausgeschieden werden müssen.
2. Der Antragsteller und die Bestbieterin seien von unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen ausgegangen, dies führe zu einer Unvergleichbarkeit der Angebote.
3. Die Bewertung der Haupt- und Subkriterien (Allgemeine Ausschreibungsbedingungen Punkt 7.6.1) sei nicht durch eine fachkundige Kommission und willkürlich erfolgt.
Der Antragsteller habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihm ein Schaden und seine Rechte würden verletzt.
Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren zur Vergabe von Rahmenvereinbarungen handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich der in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden solle. Die Vergabe erfolge in 3 Losen. Die Bekanntmachung in der EU sei am 05.02.2019 und in Österreich am 04.02.2019 erfolgt. Am 08.10.2019 sei die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung in den jeweiligen Losen abgeschlossen werden soll, elektronisch via Lieferanzeiger den Bietern bereit gestellt worden.
Die Auftraggeberin brachte zu dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor, dass aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin, im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht werde. Es werde die Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)
Die Auftraggeberin hat in drei Losen den Dienstleistungsauftrag "Personen- und Betriebsberatung fit2work" im Wege eines Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Es ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung beabsichtigt. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 04.02.2019 und in der EU am 05.02.2019 erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019).
Die Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll wurde am 08.10.2019 bereit gestellt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 23.10.2019).
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.
2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation des Antragstellers zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zu prüfen, ob dem Antragsteller die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Abschluss der Rahmenvereinbarung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll - behauptet wurde, dass der Antragsteller ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass dem Antragsteller durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist somit nicht gegeben.
Gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Entscheidung mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, erfolgte am 08.10.2019. Der Nachprüfungsantrag ist am 18.10.2019 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Der Antragsteller hat den Antrag gestellt, "das Bundesverwaltungsgericht möge eine einstweilige Verfügung gemäß § 350 BVergG für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen, mit der dem Auftraggeber im gegenständlichen Vergabeverfahren die Fortführung des Verfahrens, jedenfalls aber der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt wird".
Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Entscheidung vom 08.10.2019 mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, beabsichtigt ist die Rahmenvereinbarung in den drei Losen mit jemand anderem abzuschließen, dies aber bei Zutreffen der Behauptungen des Antragstellers rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsteller für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Betracht kommen könnte, droht dem Antragsteller durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung und Abschluss der Rahmenvereinbarung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an den Antragsteller und einen Abschluss der Rahmenvereinbarung mit dem Antragsteller ermöglicht. Bei der beantragten Untersagung der Fortführung des Verfahrens handelt es sich nicht um das gelindeste Mittel, weshalb diesem Antrag nicht stattzugeben war.
Die Auftraggeberin brachte zu dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor, dass ein dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin bestehe. Die einstweilige Verfügung solle daher auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens beschränkt werden. Es wurde die Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt.
Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;
30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;
29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschlussverbot, Bewertung, Dauer der Maßnahme, einstweiligeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W134.2224559.1.00Zuletzt aktualisiert am
17.02.2020