TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/30 G309 2176394-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2019
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Entscheidungsdatum

30.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G309 2176394-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.06.2019, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) verließ seinen Herkunftsstaat Irak Anfang August 2015 und stellte nach seiner schlepperunterstützten Einreise ins Bundesgebiet am 25.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion (PI) XXXX, am 26.08.2015 an, den im Spruch genannten Namen zu führen, am XXXX in XXXX geboren zu sein, Staatsangehöriger des Irak zu sein, Araber und Moslem zu sein. Er sei ledig und habe keine Kinder. Zuletzt habe er in Bagdad, davor in XXXX, Irak, gelebt.

Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, gab der BF an, dass er durch seine Arbeit als Unternehmer auch für ausländische Firmen gearbeitet habe. Dadurch seien auch seine Mutter und sein älterer Bruder von der bewaffneten "IS"-Miliz hingerichtet worden. Auch er sei mit dem Tod bedroht worden. Er habe Angst um sein Leben, weshalb er sein Unternehmen zurückgelassen habe und geflüchtet sei.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 07.07.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion XXXX, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Eingangs bestätigte der BF, die arabische Sprache zu verstehen, gesund zu sein und im Verfahren bislang wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Zur Person und seinen Lebensumständen befragt gab der BF an, dass er Araber und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung sei und gemeinsam mit seiner Familie (Eltern und Geschwister) in einem Eigentumshaus in XXXX gelebt habe. Seine Schwestern hätten das Elternhaus aber verkauft und hätten sie dafür gemeinsam ein Haus in Bagdad gekauft, welches sie an XXXX vermieten würden. Die Mieteinnahmen daraus teile er sich mit seinen Schwestern. Er habe elf Jahre die Allgemeinschule und zwei Jahre eine Berufsschule für Elektriker besucht. Nach seinem Abschluss im Jahr 2003 habe er zuerst als Elektriker und Maler und anschließend als Selbstständiger gearbeitet. Er stehe mit seiner Familie im Irak in regelmäßigem Kontakt.

Zu seinen Asylgründen befragt gab der BF an, dass er über eine Sub Firma im Irak für die Amerikaner gearbeitet habe und deshalb von seinen Cousins und einem Neffen, welche einer Gruppierung angehören, als Verräter angesehen werde. Diese würden ihn suchen und bedrohen und seien bereits sein Bruder im Jahr 2004 und seine Mutter im Jahr 2005 von diesen getötet worden. Er sei deshalb 2006 aus dem Irak in die Vereinigten Arabischen Emirate und anschließend nach Syrien geflohen, wo er sich bis Anfang August 2015 aufgehalten habe. Aus Syrien und aus dem Irak sei er geflohen, weil ihn seine Verwandten gefunden hätten und er Angst um sein Leben gehabt habe. Vor seiner Ausreise habe er sechs Jahre lang keiner Arbeit nachgehen oder sich frei bewegen können, dies auch weil auf seinem Ausweis stehe, dass er aus XXXX komme. Bei seiner Rückkehr habe er Angst getötet zu werden. Er könne auch nicht in eine andere Stadt oder einen anderen Landesteil ziehen, weil die schiitischen Milizen oder der IS überall seien.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt durch Hinterlegung am 18.10.2017, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG [2005] iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs.9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA nach Wiedergabe der Einvernahme des BF und den Feststellungen zu dessen Person aus, dass seitens des BFA nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Irak konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Übergriffen maßgeblicher Intensität ausgesetzt gewesen sei. Auch habe der BF nie Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den irakischen Staat oder private Personen ausgesetzt. Die Rückkehr in den Irak sei dem BF zumutbar und möglich.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das BFA, dass der BF keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem BF sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Dem BF sei kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen, die Rückkehrentscheidung und seine Abschiebung gemäß § 50 FPG seien zulässig. Besondere Umstände, die die Verlängerung der Frist der freiwilligen Ausreise erforderlich machen, liegen keine vor.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 13.10.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Verfügung gestellt.

5. Mit dem am 10.11.2017 beim BFA eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und dem BF Asyl zuerkennen; in eventu, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und dem BF subsidiären Schutz gewähren; feststellen, dass die Abschiebung in den Irak auf Dauer unzulässig ist sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

In der Sache brachte der BF unter Beanstandung der Ermittlungen der Länderfeststellungen, sonstiger Verfahrensmängel, einer mangelhaften Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit vor, dass sich das BFA nicht ausreichend mit der Situation des BF im Rückkehrfall und dem Nichtvorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative befasst hätte. Aufgrund seiner Tätigkeit für die Amerikaner sei der BF sowohl einer Verfolgung durch seine Verwandten, welche auch einer Milizgruppierung angehören, als auch durch den IS ausgesetzt. Als Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft und aufgrund seiner längeren Auslandsaufenthalte, sei der BF besonders gefährdet wegen seiner vermeintlichen politischen Gesinnung von schiitischen Milizen verfolgt zu werden. Aufgrund der allgemein schlechten Menschenrechts- sowie Sicherheitslage im ganzen Irak sei eine Abschiebung unzulässig und stelle eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vom BFA vorgelegt und langten am 14.11.2017 bei diesem ein.

7. Am 04.02.2019 stellte der BF einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens" gem. §55 Abs. 1 AsylG. Dieser wurde mit Bescheid vom 23.04.2019 als unzulässig aufgrund des Bestehens eines anderen Aufenthaltsrechtes gem. §58 Abs. 9 Z2 AsylG zurückgewiesen.

8. Am 06.05.2019 übermittelte das BVwG den Verfahrensparteien mitsamt der Ladung für den Verhandlungstermin aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur Lage im Irak (Stand 09.04.2019) zur Stellungnahme.

9. Am 07.06.2019 führte das BVwG in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die arabische Sprache durch, bei der auch die Lebensgefährtin des BF, als Zeugin einvernommen wurde. An der Verhandlung nahm auch ein Vertreter des BFA teil.

10. Mit dem am 08.07.2019 beim BVwG eingelangten und mit 04.07.2019 datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Stellungnahme zu den Länderfeststellungen unter neuerlicher Schilderung des Fluchtvorbringens. Dazu führte der BF zusammengefasst aus, dass er wegen seiner Tätigkeit als Subunternehmer für die Amerikaner von einem Teil seiner Verwandten, welche einer Gruppierung angehören würden, als Verräter angesehen und von diesen verfolgt werde. Er sei zudem, aufgrund seiner Religionszugehörigkeit als Sunnit und seiner Herkunft aus XXXX, bei seiner Rückkehr als vermeintlicher IS-Sympathisant der Gefahr von Willkür, Folter und einem unfairen Prozess ausgesetzt. Es gebe keine sichere innerstaatliche Fluchtalternative für ihn als Sunnit aus

XXXX. Seit 2017 lebe er in Österreich in einer Lebensgemeinschaft mit einer irakischen Staatsbürgerin, mit der er auch seit April 2019 traditionell verheiratet sei. Seine Lebensgefährtin sei in Österreich subsidiär schutzberechtigt und sei es ihr nicht zumutbar, im Falle einer Abschiebung des BF, mit diesem im Irak zu leben. Eine Trennung des Paares würde einen unverhältnismäßigen Eingriff in das schützenswerte Familienleben nach Art. 8 EMRK darstellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung. Er wurde am XXXX in XXXX geboren. Der BF ist seit dem XXXX04.2019 traditionell mit der irakischen Staatsangehörigen XXXX verheiratet und hat keine Kinder. Bis 2005/2006 lag der private und familiäre Mittelpunkt des BF in XXXX, Al Anbar. Im Jahr 2005/ 2006 hielt sich der BF in den Vereinigten Arabischen Emiraten und von September 2007 bis August 2009 in Syrien auf, wo er von UNHCR als "prima facie" Flüchtling anerkannt wurde. Ab Mitte 2009 bis zu seiner Ausreise im August 2015 lebte der BF bei seiner Schwester XXXX, Bagdad, Irak. Die fünf Schwestern des BF und weitere Verwandte halten sich nach wie vor im Herkunftsstaat auf. Der BF steht zwei bis dreimal monatlich mit seinen Schwestern in Kontakt über whats app.

Im Bundesgebiet bzw. im Unionsgebiet lebt ein Cousin und die Lebensgefährtin des BF, ansonsten verfügt er über keine nahen Angehörigen. Der BF spricht arabisch und hat zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der BF besuchte mehrjährig die Volks- und Mittelschule sowie das Gymnasium im Herkunftsstaat und absolvierte eine zweijährige elektrotechnische Ausbildung.

Der BF verfügt über einen am XXXX02.2012 ausgestellten irakischen Reisepass und einen am XXXX07.2012 ausgestellten Personalausweis im Original.

Der BF ist ein körperlich gesunder, arbeitsfähiger Mann mit hinreichender Ausbildung in der Schule und Berufserfahrung. Der BF leidet weder an einer schweren noch einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF verfügt über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft. Der BF ist Miteigentümer eines Hauses in Bagdad und erhielt bis zu seiner Ausreise im August 2015 daraus anteilig Mieteinnahmen.

Der BF reiste Anfang August 2015 per Flugzeug aus seinem Herkunftsstaat Irak aus und spätestens Ende Augst 2015 ins Bundesgebiet ein, wo er am 25.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er reiste rechtswidrig ins Bundesgebiet ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Der BF bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist nicht erwerbstätig, verfügt jedoch über zwei bedingte Einstellungszusagen als Hilfsarbeiter einer Baufirma vom XXXX05.2019 und eines Elektroinstallateurs vom XXXX10.2018. Der BF besuchte im Bundesgebiet einen Deutschkurs des Niveaus A1/1, wobei er die Prüfung nicht bestand. Darüber hinaus engagierte sich der BF ehrenamtlich in seiner Wohnsitzgemeinde und der Marktgemeinde XXXX. Der BF weist hinsichtlich seiner Lebensgefährtin familiäre Bezugspunkte in Österreich auf und pflegt ansonsten die üblichen sozialen Kontakte.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und weist im Bundesgebiet durchgehend Wohnsitzmeldungen auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Das Vorbringen des BF vor dem BFA, in der Beschwerde, der Stellungnahme und der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - er den Irak verlassen habe, weil er aufgrund seiner Tätigkeit für die Amerikaner sowohl von Mitgliedern seiner Familie als auch von Milizen verfolgt werde und diese bereits seinen Bruder und seine Mutter getötet hätten und er aufgrund seiner Herkunft aus XXXX und seiner sunnitischen Glaubensrichtung als mutmaßlicher Unterstützung des IS verfolgt werde, wird dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. Weitere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurden nicht vorgebracht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Herkunftsstaat aus Gründen seines sunnitischen Glaubens und seiner Herkunft aus XXXX verfolgt worden wäre, oder bei seiner Rückkehr verfolgt werden würde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates im August 2015 konnte nicht festgestellt werden. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses (sunnitischer Islam), seiner Volksgruppenzugehörigkeit (Araber) oder seiner politischen Gesinnung Probleme noch sonst irgendwelche Probleme. Auch sonstige Gründe, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, konnten nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der gegenüber dem BF offengelegten Quellen getroffen:

"Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs 4a AsylG

Erläuterung

Bei der Erstellung des vorliegenden LIB wurde die im §3 Abs 4a AsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse "wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die im vorliegenden LIB verwendeten Informationen mit jenen im vorhergehenden LIB abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 9.4.2019, Parlamentswahlen vom 30.12.2018 (relevant für Abschnitt 3. Sicherheitslage)

Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRG) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, uvm.

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Quelle: Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.4.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.04.2019, Zugriff 1.4.2019

Seit Sommer 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Irak zurückgegangen. Im Dezember 2018 wurde ein Rekordtief an Sicherheitsvorfällen registriert (Joel Wing 2.1.2019). Anfang 2019 ist diese Zahl wieder leicht angestiegen, wobei die Monate Jänner und Februar in etwa die gleichen Zahlen an Angriffen und Opfern aufweisen (Joel Wing 4.3.2019). Für März 2019 wurde die niedrigste, je vom Irak-Experten Joel Wing registriere Zahl von Sicherheitsvorfällen verzeichnet (Joel Wing 3.4.2019).

Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. (IBC 3.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (3.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 1.4.2019

Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Dezember 2018 sind 155 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im Jänner 2019 wurden von IBC 323 und im Februar 2019 271 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert (IBC 3.2019).

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Quelle: IBC - Iraq Bodycount (3.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 1.4.2019

Der Islamische Staat (IS) ist im Irak weitestgehend auf Zellen von Aufständischen reduziert worden, die meist aus jenen Gebieten heraus operieren, die früher unter IS-Kontrolle standen, d.h. aus den Gouvernements Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin. Laut dem Institute for the Study of War (ISW) werden nur die Distrikte Shirqat und Tuz in Salahaddin, Makhmour in Erbil, Hawija und Daquq in Kirkuk, sowie Kifri und Khanaqin in Diyala als umkämpft angesehen (EASO 3.2019). Das ganze Jahr 2018 über führten IS-Kämpfer Streifzüge nach Anbar, Bagdad und Salahaddin durch, zogen sich dann aber im Winter aus diesen Gouvernements zurück. Die Anzahl der verzeichneten Übergriffe und zivilen Todesopfern sank daher im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ab (Joel Wing 2.1.2019).

BAGDAD

Aufständische haben mittlerweile die meisten ihrer Ressourcen aus Bagdad abgezogen, einst das Hauptziel des Terrorismus (Joel Wing 4.3.2019). Im Dezember 2018 wurden 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten (Joel Wing 2.1.2019) verzeichnet, bzw. 17 Tote und drei Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten erfasst (Joel Wing 4.2.2019), im Februar dagegen nur noch sieben Vorfälle mit sieben Toten (Joel Wing 4.3.2019) und im März vier Vorfälle mit fünf Toten und fünf verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Dabei handelte es sich meist um Schießereien/Schussattentate in den Vorstädten und Dörfern des Gouvernements (Joel Wing 4.3.2019).

Der IS behielt jedoch eine latente Präsenz nördlich von Bagdad und begann damit seine Unterstützungszone weiter auszubauen (ISW 7.3.2019). Er verfügt in Bagdad und den Bagdad Belts über mehrere aktive Zellen (EASO 3.2019). Der nördliche "Bagdad-Belt" dient dabei als Transferroute von Kämpfern zwischen den Gouvernements Anbar, Salahaddin und Diyala, während das sogenannte "Dreieck des Todes" im südlichen Bagdad-Belt IS-Gruppen in den Gouvernements Anbar, Bagdad und Babil verbindet. Irakische Sicherheitskräfte (ISF) haben seit Dezember 2018 mehrere IS-Kämpfer an Kontrollpunkten entlang der Autobahnen, die das Gouvernement Babil mit Bagdad verbindet, festgenommen und im Februar 2019 180 Personen mit Verbindungen zum IS verhaftet (ISW 7.3.2019).

AUTONOME REGION KURDISTAN (KRG)

In Nordkurdistan setzte die Türkei ihre Angriffe auf PKK-Stellungen fort. Zwei Treffer durch Luftschläge in Ninewa zogen letztlich einen Protest der irakischen Regierung nach sich. Die Türkei gab jedoch bekannt, ihre Aktionen fortführen zu wollen (Joel Wing 2.1.2019). Als Folge eines Luftangriffs, bei dem mutmaßlich einige Zivilisten ums Leben kamen, stürmte eine aufgebrachte Menge einen Posten der türkischen Armee nahe Dohuk, wobei eine Person ums Leben kam und zehn verletzt wurden (BBC 26.1.2019). Im Dezember 2018 wurden zwölf Luftschläge mit 31 Toten registriert (Joel Wing 2.1.2019) im Jänner 2019 elf mit 35 Toten (Joel Wing 4.2.2019) und im März zwei Vorfälle mit 32 Toten und 10 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Zusammenstöße zwischen türkischen Soldaten und kurdischen Kämpfern hatten Todesopfer auf beiden Seiten zur Folge (Joel Wing 26.3.2019). Am 30.3.2019 bombardierte die türkische Luftwaffe erneut PKK-Stellungen im Qandil Gebirge (BAMF 1.4.2019).

Der IS rekrutiert in der kurdischen Autonomieregion (ISW 7.3.2019).

NORD- UND ZENTRALIRAK

In einem Bericht des UN-Sicherheitsrats vom 1.2.2019 heißt es, dass verbliebene IS-Kämpfer nach wie vor eine Bedrohung im Nord- und Zentralirak (Gouvernements Kirkuk, Ninewa und Salahaddin, sowie Anbar, Bagdad und Diyala) darstellen (UNSC 1.2.2019). Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin sind dabei das Herzstück der Umgruppierungsbemühungen des IS. Dort werden monatlich auch die meisten sicherheitsrelevanten Vorfälle verzeichnet. Der IS ist beinahe im gesamten ruralen Gebiet dieser Gouvernements aktiv, kann sich Berichten zufolge in einigen Städten nachts völlig frei bewegen und hebt Steuern ein (Joel Wing 3.4.2019). Die Lage in diesen umstrittenen Gebieten hat sich nach dem Abzug der kurdischen Peschmerga 2017 verschärft (Landinfo 8.1.2019). Die Konkurrenz zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Autonomieregierung, erzeugt in diesen Gebieten zusätzliche Instabilität, die wiederum vom IS ausgenutzt werden kann (ISW 7.3.2019). Sowohl kurdische Streitkräfte als auch Mitglieder der vom Iran unterstützten Volksmobilisierungskräfte (PMF) üben weiterhin in unterschiedlichem Ausmaß Kontrolle und Einfluss aus, was die Zentralregierung in eine prekäre Lage versetzt, da sie sowohl mit zivilen Unruhen, als auch mit Versuchen einer Reorganisation des IS umgehen und gleichzeitig ihre Verbündeten unter Kontrolle halten muss (ACLED 2019).

Insbesondere ländliche Gebiete, das Hamrin-Gebirge, sowie das Diyala-Flußdelta dienen dem IS als Rückzugsorte, von wo bereits im Jahr 2018 ein Großteil der IS-Operationen im Irak ausgegangen sind (Landinfo 8.1.2019). Das Hamrin-Gebirge ermöglicht dabei den Nord-Süd Übergang zwischen den Gouvernements Ninewa und Diyala und bietet dem IS dauerhaften Schutz vor Luftangriffen und Bodenoffensiven (ISW 7.3.2019). Es gelang den irakischen Sicherheitskräften (ISF) bisher trotz umfangreicher Säuberungsaktionen nicht, den IS aus Hawija zu vertreiben (ISW 7.3.2019; vgl. Landinfo 8.1.2019). Zwischen 25. und 27. März wurde eine neuerliche koordinierte Luft- und Bodenoperation durch die Luftwaffe der Koalition und die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gegen den IS im nordwestlichen Irak geführt (OIR 29.3.2019).

Der IS führt seine Operationen hauptsächlich südlich und westlich von Ninewas Hauptstadt Mossul durch (Joel Wing 4.2.2019). Er soll auch in der Stadt über Schläferzellen verfügen und hat dort zuletzt im Februar 2019 eine Autobombe eingesetzt (ISW 7.3.2019). Seit einigen Wochen fordern IS-Angriffe insbesondere in Ninewa regelmäßig viele Opfer (Joel Wing 1.4.2019). So wurden in der Provinz im Dezember 2018 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 36 Toten und 37 Verwundeten registriert, wobei hier elf ältere Leichen eingerechnet wurden, die aus Trümmern der Altstadt von Mossul geborgen wurden. Mit den verbliebenen 25 im Dezember getöteten Personen und 37 Verwundeten verzeichnete die Provinz die meisten Gewaltopfer im Irak im Dezember (Joel Wing 2.1.2019). Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für den Irak nennt für den selben Zeitraum hingegen sieben Tote und 19 Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden neun Vorfälle mit 75 Toten und einer verwundeten Person, sowie zwei Massengräberfunde (ältere Gräber aus der Zeit der IS-Herrschaft) mit den Überresten von insgesamt 66 Leichen verzeichnet (Joel Wing 4.2.2019). Im Februar kam es erneut zu einem Anstieg der IS-Aktivitäten, mit 20 Vorfällen mit 147 Toten und 31 Verletzten, wobei wiederum die meisten der Toten auf Funde von Massengräbern älteren Datums zurückgehen (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurden elf Vorfälle mit 109 Toten und 53 Verletzten registriert (Joel Wing 3.4.2019).

In Diyala kam es im Dezember 2018 zu 28 sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit insgesamt 15 Toten und 16 Verwundeten, darunter drei Angriffe auf Kontrollpunkte (Joel Wing 2.1.2019), sowie Mörserbeschuss der Stadt Saraya (Joel Wing 10.12.2018). Im Jänner 2019 wurden 32 Vorfälle mit zehn Toten und 21 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 26 Vorfälle mit acht

Toten und 16 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 17 Vorfälle mit acht Toten und 18 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).

In Kirkuk wurden im Dezember 17 Vorfälle mit 204 Toten und 16 Verwundeten registriert, wobei 200 Leichenfunde aus einem Massengrab im Distrikt Hawija im Süden Kirkuks miteingerechnet wurden (Joel Wing 2.1.2019). Im Jänner 2019 wurden 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und 31 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 17 Vorfälle mit 17 Toten und 7 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 15 Vorfälle mit sieben Toten und sechs Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Die Stämme von Diyala kündigten um Jänner 2019 eine Mobilmachung gegen den IS an, um die Sicherheitskräfte in ihrem Kampf zu unterstützen (Diyaruna 21.1.2019).

In Salahaddin wurden im Dezember acht Vorfälle mit drei Toten und zwei, bzw. drei Verletzten registriert (Joel Wing 2.1.2019; vgl. UNAMI 3.1.2019), im Jänner 2019 14 Vorfälle mit 17 Toten und 36 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 18 Vorfälle mit 25 Toten und 48 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März acht Vorfälle mit acht Toten und 14 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).

In Anbar, ist es dem IS wieder gelungen eine Unterstützungszone in der Nähe von Amariyat alFallujah einzurichten, von der aus seit August 2018 Angriffe in Fallujah erfolgen (ISW 7.3.2019). Im Dezember 2018 wurden in Anbar acht Vorfälle mit acht Toten und 13 Verwundeten registriert (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 16 Vorfälle mit elf Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 28 Vorfälle mit 46 Toten und 26 Verletzten und im März fünf Vorfälle mit acht Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Der starke Anstieg im Februar wird auf das Einsickern fliehender IS-Kämpfer aus dem benachbarten Syrien zurückgeführt (Joel Wing 4.3.2019).

SÜDIRAK

Am 21.12.2018 setzte die Polizei scharfe Munition und Tränengas ein, um Demonstranten im südirakischen Basra an der Erstürmung eines Regierungsgebäudes zu hindern. Die zweitgrößte Stadt des Landes erlebt seit Juli 2018 ausgedehnte Proteste gegen Korruption, Misswirtschaft, die schlechte Grundversorgung und Arbeitslosigkeit (Guardian 18.7.2018; vgl. Reuters 21.12.2019). Auch 2019 kommt es weiterhin zu häufigen Protesten (Jane's 5.2.2019).

In Qadisiya wurde im Dezember 2018 ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit einer verwundeten Person registiert. In Babil waren es im Dezember 2018 zwei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 drei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 4.2.2019) und im Februar zwei Vorfälle mit zwei Verletzten (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurde in Babil ein Vorfall registriert, bei dem zwei Personen getötet wurden (Joel Wing 3.4.2019). In Basra wurden bei einem Zusammenstoß zweier Stämme am 11.3.2019 mindestens drei Menschen getötet und sieben weitere verwundet (Kurdistan 24 12.3.2019).

Quellen:

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Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakstand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018

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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985, Zugriff 18.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528, Zugriff 18.10.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook

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Iraq,

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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salihas-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

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Fanack (27.9.2018): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-andpolitics-of-iraq/, Zugriff 17.10.2018

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The Guardian (3.10.2018): Iraqi president names Adel Abdul-Mahdi as next prime minister,

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-asnext-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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