Entscheidungsdatum
17.06.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §76 Abs1Text
Im Beschwerdeverfahren der A. B., C.-Straße, Wien, vertreten durch RA, Zahl VGW-…, gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 13.3.2017, …, betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung „Fremdenführer“ im Standort Wien, D.-straße, ergeht gemäß § 31 VwGVG der
BESCHLUSS:
I. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 76 Abs. 2 zweiter Satz und § 53 b AVG hat die Beschwerdeführerin die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Wien vom 3.6.2019, VGW-KO-…2-1 und VGW-KO-…3-1, bestimmten und durch Anweisung als Barauslagen erwachsenen Gebühren von 65,00 Euro und 110 Euro (insgesamt 175,00 Euro) für im Beschwerdeverfahren erforderliche Tätigkeiten einer nichtamtlichen Dolmetscherin binnen 14 Tagen ab Zustellung der Entscheidung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Betrag ist mit dem Verwendungszweck „VGW-KO-…-1“ auf das Bankkonto IBAN: AT16 1200 0006 9621 2729, BIC: BKAUATWW, lautend auf „MA 6 – BA 40“, einzuzahlen bzw. zu überweisen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.
B e g r ü n d u n g
Erwachsen bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.
Wurde die Amtshandlung von Amts wegen (gemeint: als Teil eines amtswegigen Verwaltungsverfahrens) angeordnet, so belasten die Auslagen gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
In einer mündlichen Verhandlung ist von der Behörde bzw. vom VG eine klare und verlässliche Verständigung zu gewährleisten (vgl. VwGH 19.3.2014, 2013/09/0109). In der gegenständlichen Beschwerdesache war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter persönlicher Teilnahme der Beschwerdeführerin (BF) schon deshalb erforderlich, weil im Fall einer gesetzlich geforderten Persönlichkeitsprognose nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Beteiligten eine wesentliche Entscheidungsgrundlage darstellt (vgl. etwa VwGH 25.02.2019, Ra 2018/08/0251; 21.12.2016, Ro 2015/04/0019). Die Muttersprache der BF ist Japanisch; ihre Deutschkenntnisse reichen für genauere inhaltliche Erörterungen von Sachverhalten nicht aus. Dem überdies von der BF selbst gestellten Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschers zur Verhandlung war daher jedenfalls nachzukommen. Am ersten Verhandlungstermin nahm die BF aufgrund einer Erkrankung (ohne vorherige Ankündigung) nicht teil; die Dolmetscherin beanspruchte diesbezüglich nur die Entschädigung für die Zeitversäumnis und den Ersatz von Reisekosten. Die zweite Verhandlung wurde plangemäß mit Parteivernehmung durchgeführt.
Die von der Dolmetscherin geltend gemachten Gebühren von 65,00 Euro für den ersten Termin am 2.5.2019 und 110,00 Euro für den zweiten Termin am 17.5.2019 wurden mit der ausgewiesenen Vertreterin der BF im Überblick erörtert; auf Parteiengehör zum exakten Betrag für den zweiten Termin wurde in der Verhandlung verzichtet. Die Gebühren wurden mit hg. Beschlüssen vom 3.6.2019, VGW-KO-…2-1 und VGW-KO-…3-1, in der geltend gemachten Höhe bestimmt; die Anweisung aus Amtsmitteln wurde von der Kostenstelle beauftragt.
Aus dem einschlägigen Schrifttum und der Judikatur zur Tragung erforderlicher Barauslagen durch den Beteiligten ergibt sich zunächst, dass das „Verschulden“ im Sinn dieser Bestimmung nicht darin gesehen werden kann, dass die Partei eine sie belastende rechtswidrige Entscheidung mit Rechtsmittel anficht. Auch der Umstand, dass das VG nur durch die Beschwerde in die Lage versetzt wird, im Behördenstadium unterlaufene Verfahrensmängel zu beheben, stellt zwar einen Kausalzusammenhang zwischen dem Rechtsmittel und der Amtshandlung her, kann aber nicht als Verschulden iSd § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG gewertet werden. Der Umstand, dass sich ein im Rahmen des Rechtsmittels erstattetes Tatsachenvorbringen, dessen Richtigkeit nur mittels kostenverursachender Amtshandlungen geklärt werden kann, im Ergebnis als nicht stichhaltig erweist, rechtfertigt allein ebenfalls noch nicht die Annahme eines Verschuldens. Überhaupt erscheint in diesem Zusammenhang nicht in erster Linie ausschlaggebend, ob das Rechtsmittel letztlich Erfolg hat (vgl. die Judikaturhinweise in Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 76, Stand 1.1.2014, rdb.at, Rz 52 ff). Im Fall eines amtswegigen (rechtmäßig eingeleiteten und durchgeführten) Verwaltungsverfahrens kommt es offenbar vor allem darauf an, ob die verfahrensauslösenden Umstände dem Verschulden eines Beteiligten zuzuschreiben sind (vgl. sg. die Judikaturbeispiele a.a.O., Rz 51).
Im vorliegenden Fall – es geht um ein amtswegiges Gewerbeentziehungsverfahren – ist zunächst zu bemerken, dass das VG seiner Prognoseentscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde zu legen hatte und ein wesentlicher Grund für den Erfolg der Beschwerde im zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraum zu sehen war; hingegen erschien die Entziehung zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde durchaus noch rechtmäßig. Der Behörde ist somit weder ein eklatanter Verfahrensfehler unterlaufen, noch lag von ihrer Seite eine Fehlentscheidung vor. Dass die BF hier den Rechtsmittelweg beschritten und damit von der aufschiebenden Wirkung profitiert hat, war zwar ihr Recht als Verfahrenspartei, ändert jedoch nichts daran, dass sie - schuldhaft - einen Gewerbeausschlussgrund in Form einer strafgerichtlichen Verurteilung verwirklicht hat, aufgrund dessen das Entziehungsverfahren einzuleiten und die Entziehungsmaßnahme (letztlich vom VGW) in einem entsprechenden Ermittlungsverfahren zu prüfen war. Da in diesem Licht davon auszugehen ist, dass die BF die mit dem Verfahren (im Beschwerdestadium gemäß § 24 VwGVG notwendig) verbundene mündliche Verhandlung iSd § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG durch ihr Verschulden herbeigeführt hat, hat sie im Ergebnis die dem VGW durch Anweisung der Dolmetschergebühren erwachsenen Barauslagen zu tragen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II (§ 25 a Abs. 1 VwGG):
Die Unzulässigkeit der Revision war auszusprechen, da eine Einzelfallentscheidung aufgrund bestimmter Rahmenumstände zu treffen war, welche auch in keinem Wertungswiderspruch zu einer ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs steht. Eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG liegt daher nicht vor.
Schlagworte
Kosten; Barauslagen; Verschulden, Auslagen durch Verschulden des Beteiligten herbeigeführtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.101.V.079.7038.2019Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020