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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
DasselbeulenG 1949 §5 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/11/0240 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/11/0148 E 25. August 1998 97/11/0315 E 25. August 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des
L in R, vertreten durch Mag. Christian Kies, Rechtsanwalt in Scheibbs, Gürtel 12, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 6. März 1996,
1. Zlen. Senat-SB-95-044, Senat-SB-95-045, betreffend Übertretung des Tierseuchengesetzes, des Bangseuchengesetzes, des Rinderleukosegesetzes und des Bundesgesetzes zur Bekämpfung der Infektiösen Bovinen Rhinotracheitis und der Infektiösen Pustulösen Vulvovaginitis (hg. Zl. 96/11/0239), und 2. Zl. Senat-SB-95-026, betreffend Bestrafung nach dem Tierseuchengesetz
(hg. Zl. 96/11/0240), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe
A) am 22. Februar 1995 in der Gemeinde Reinsberg auf einer näher bezeichneten Liegenschaft als Tierbesitzer dem mit der Untersuchung beauftragten Amtstierarzt die Untersuchung des untersuchungspflichtigen Rinderbestandes auf 1. Tuberkulose der Rinder, 2. Brucellose (Abortus Bang), 3. Rinderleukose und 4. IBR/IPV nicht ermöglicht, obwohl er verpflichtet war, diese Untersuchungen zu ermöglichen bzw. zu dulden und die nötige Hilfe zu gewähren.
Er habe dadurch zu 1. gegen § 64 Tierseuchengesetz, RGBl. Nr. 177/1909 (TSG), i.V.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. September 1994, LGBl. Nr. 6410/8-3, und der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. November 1988, LGBl. Nr. 6410/31-0, zu 2. gegen §§ 3, 7 Abs. 2, 12 Abs. 2 Bangseuchengesetz, BGBl. Nr. 147/1957 (BangSG), i.V.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. November 1988, LGBl. Nr. 6410/31-0, zu 3. gegen §§ 2, 3, 15, 19 Abs. 4 Rinderleukosegesetz, BGBl. Nr. 272/1982 (RinderLeukG), i.V.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. November 1988, LGBl. Nr. 6.410/31-0, und zu
4. gegen §§ 1, 15 Abs. 1, 19 Abs. 4 IBR/IBV-Gesetz, BGBl. Nr. 636/1989 (IBR/IPV-G), i.V.m. § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. März 1990, LGBl. Nr. 6411/2-0, verstoßen (erstangefochtener Bescheid);
B) als Tierbesitzer nicht dafür gesorgt, daß der entdasselungspflichtige Rinderbestand einer näher bezeichneten, in der Gemeinde Reinsberg gelegenen Liegenschaft in der Zeit zwischen 28. November 1994, 13.00 Uhr, und 29. November 1994, 12.45 Uhr, vom beauftragten Laienentdasseler J.B. entdasselt werden konnte, da die Tiere trotz Aufforderung nicht von der Weide in den Stall gebracht worden seien, und dadurch gegen § 64 Tierseuchengesetz i.V.m. §§ 1 und 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl. Nr. 6420/1-1 verstoßen (zweitangefochtener Bescheid).
Über den Beschwerdeführer wurden zu A) 1. bis 4. jeweils Geldstrafen in der Höhe von S 8.000,-- verhängt, und zwar zu 1. gemäß § 64 TSG, zu 2. gemäß § 22 BangSG, zu 3. gemäß § 28 Z. 4 RinderLeukG, zu 4. gemäß § 28 Z. 4 IBR/IPV-G, und zu B) eine Geldstrafe von S 3.000,-- gemäß § 64 TSG. Ferner wurden Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 19. Juni 1996, B 1377, 1378/96, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese mit Beschluß vom 27. August 1996, B 1377, 1378/96, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die §§ 63 und 64 TSG (i.d.F. BGBl. Nr. 746/1988) lauten:
"§ 63 (1) Wer
es unterläßt, eine Anzeige zu erstatten, die ihm nach diesem Bundesgesetz oder nach den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen obliegt; oder
bei Ausstellung von Ursprungsbescheinigungen die Unwahrheit bezeugt; oder
den Vorschriften der §§ 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 15a, 19, 20, 22, 24, 31a, 32 und 42 lit. a bis f oder den aufgrund dieser Bestimmungen erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt; oder
den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Anordnungen über Schutzimpfungen zuwiderhandelt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 60.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu drei Wochen zu bestrafen.
(2) Wer die in Abs. 1 angeführten Verwaltungsübertretungen aus Fahrlässigkeit begeht, ist mit Geldstrafe bis zu S 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zehn Tagen zu bestrafen.
§ 64. Wer den sonstigen in diesem Bundesgesetz enthaltenen oder aufgrund desselben erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, mit Arrest bis zu drei Monaten oder an Geld bis zu S 60.000,-- bestraft."
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl. Nr. 6410/8-3 sind alle Rinder im Alter von zwei Jahren und darüber nach jeweiliger behördlicher Anordnung durch einen beauftragten Tierarzt auf Tuberkulose zu untersuchen. Die Tierbesitzer oder deren Vertreter haben gemäß § 1 Abs. 2 dieser Verordnung die Untersuchung zu ermöglichen und hiebei die erforderliche Hilfe zu leisten.
§ 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl. Nr. 6410/31-0 ordnet die periodische Untersuchung aller bangfreien, leukosefreien und tuberkulosefreien Rinderbestände auf Brucellose (Abortus Bang), Rinderleukose und Tuberkulose an.
1.2. Die §§ 7 Abs. 2, 12 Abs. 2 und 22 BangSG lauten:
"§ 7. (2) Der Landeshauptmann hat alljährlich eine Untersuchung der bangfreien Bestände anzuordnen (periodische Untersuchung).
§ 12. (2) Der Tierhalter ist verpflichtet, die nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blut- und Milchproben, sowie die Durchführung der Kennzeichnung zu dulden. Er hat ferner den mit der Feststellung und Bekämpfung der Seuche befaßten Organen jede nötige Hilfe zu gewähren.
§ 22. Wer diesem Bundesgesetz oder den aufgrund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen oder Verfügungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, mit Geld bis zu S 3.000,--, bei besonders erschwerenden Umständen bis zu S 30.000,-- oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen."
1.3. Die §§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 28 Z. 4 RinderLeukG lauten:
"15. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung periodische Untersuchungen auf Leukose (§ 3) anzuordnen. Von den Untersuchungen ausgenommen sind Rinder in ausschließlichen Mastbetrieben, wenn die Rinder ausschließlich aus leukosefreien Beständen stammen. Die Untersuchungen haben sich auf alle Rinder im Alter von zwei Jahren und darüber des Landes oder eines Teiles desselben zu erstrecken. Sie sind in zeitlichen Abständen von mindestens 21 bis höchstens 27 Monaten durchzuführen.
§ 19. (4) Der Tierhalter ist verpflichtet, die Untersuchungen zu dulden, die nötigen Auskünfte zu erteilen, und die zur Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
§ 28. Z. 4: Wer entgegen dem § 19 Abs. 4 ... die Durchführung der behördlichen Erhebungen oder Untersuchungen verhindert oder behindert, macht sich, sofern kein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen."
1.4. Die §§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 28 Z. 4 IBR/IPV-G lauten:
"§ 15. (1) Der Landeshauptmann hat durch Verordnung periodische Untersuchungen auf IBR/IPV (§ 3) anzuordnen. Diese Untersuchungen haben sich auf alle Rinder im Alter von zwei Jahren und darüber des Landes oder eines Teiles desselben zu erstrecken. Sie sind in zeitlichen Abständen gemäß Abs. 2 durchzuführen.
§ 19. (4) Der Tierhalter ist verpflichtet, die Untersuchungen zu dulden, die nötigen Auskünfte zu erteilen und die zur Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Er hat ferner für die nötige Hilfeleistung bei den behördlichen Erhebungen und Untersuchungen zu sorgen.
§ 28. Z. 4: Wer entgegen § 19 Abs. 4 ...die Durchführung der behördlichen Erhebungen oder Untersuchungen verhindert oder behindert oder nicht für die nötige Hilfeleistung sorgt, begeht, sofern nicht der Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 60.000,-- zu bestrafen."
1.5. Das DasselBG lautet auszugsweise:
"§ 1. In Gebieten, in denen die Entdasselung der Rinder im Sinne der nachstehenden Bestimmungen durchzuführen ist, hat jeder Tierhalter die an seinen Rindern auftretenden Larven der großen Dasselfliege (Hypoderma bovis) und der kleinen Dasselfliege (Hypoderma lineatum) zu vernichten.
§ 2. (1) Der Landeshauptmann ist ermächtigt, durch Verordnung das Verbreitungsgebiet der Dasselbeulenkrankheit festzustellen;
die Gebiete, in denen die Entdasselung durchzuführen ist, zu
bezeichnen;
die Zeit der Entdasselung festzusetzen;
das Entdasselungsverfahren zu bestimmen.
(2) Die Bestimmungen über das Entdasselungsverfahren (Abs. (1) lit. d) haben
die Art und Weise der Entdasselung (mechanisches oder medikamentöses Verfahren),
die Durchführung des Verfahrens durch die Tierhalter oder durch besondere Entdasseler und
die Nachuntersuchung sowie die etwa nötige Wiederholung des Verfahrens (Nachentdasselung) zu umfassen.
...
(4) Beim Herrschen der Maul- und Klauenseuche darf die Entdasselung in den von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu bezeichnenden Gebieten nur von hofeigenen Personen ausgeführt werden.
§ 3. (1) In Gebieten, in denen die Bekämpfung der Dasselbeulenkrankheit angeordnet ist, dürfen nur entdasselte Rinder auf Weiden, Tierschauen, Tierauktionen oder Tiermärkte gebracht werden.
...
§ 5. (1) Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 1 und 3 oder gegen eine aufgrund des § 2 Abs. 1 und 2 dieses Bundesgesetzes erlassene Verordnung werden als Verwaltungsübertretung von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu S 1.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten bestraft.
(2) Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen im Sinne des § 2 Abs. 4 werden nach den Strafbestimmungen des Tierseuchengesetzes vom 6. August 1909, RGBl. Nr. 177, geahndet."
Gemäß § 1 der zum DasselBG ergangenen Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl. Nr. 6420/1-1 gilt u.a. die Gemeinde Reinsberg als Verbreitungsgebiet der Dasselbeulenkrankheit der Rinder.
§ 2 dieser Verordnung lautet:
"(1) Die im § 1 angeführten Gebiete werden als Bekämpfungsgebiete (§ 2 Abs. 1 lit. b des Gesetzes BGBl. Nr. 21/1949) festgestellt.
(2) Rinder, die in den Bekämpfungsgebieten oder in anderen Bundesländern geweidet haben, sind nach der Aufstallung in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 30. November des gleichen Jahres dem im § 3 beschriebenen Entdasselungsverfahren zu unterziehen.
(3) Ausgenommen hievon sind Kühe und über sechs Monate trächtige Kalbinnen."
§ 3 dieser Verordnung lautet:
"(1) Die Entdasselung hat durch besondere Entdasseler zu erfolgen.
(2) Für die Entdasselung dürfen nur organische Phosphorsäurepräparate verwendet werden."
2. Zum Bescheid Zlen. Senat-SB-95-044, 045:
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.894/A) u.a., daß im Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist, er mithin in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Diesen Anforderungen wird der (mit jenem des bestätigten Straferkenntnisses idente) Schuldspruch des erstangefochtenen Bescheides insofern nicht gerecht, als daraus nicht erkennbar ist, welches konkrete Verhalten (Tun und/oder Unterlassen) die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last legt. Denn der Vorwurf, zu der im Spruch angegebenen Zeit die angeführten Untersuchungen nicht ermöglicht bzw. geduldet zu haben, obwohl der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, sie zu ermöglichen bzw. zu dulden und hiebei die nötige Hilfe zu gewähren bzw. für deren Gewährung zu sorgen, beschränkt sich auf die Wiederholung der verba legalia und stellt überdies lediglich die rechtliche Wertung eines nicht näher umschriebenen Verhaltens des Beschwerdeführers dar. Die Umschreibung der Tat lediglich in der Begründung des Bescheides reicht nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Anm. 2 zu § 44a VStG, S. 971).
Zu dieser inhaltlichen Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides kommt, wie die Beschwerde im Ergebnis zu Recht rügt, daß der Bescheid mit wesentlichen Ermittlungsmängeln behaftet ist. Die belangte Behörde hat (nicht anders als die Erstbehörde) trotz ihrer Verpflichtung zur Klarstellung des maßgebenden Sachverhaltes von Amts wegen die dazu erforderlichen Ermittlungen unterlassen. Erforderlich gewesen wäre insbesondere die Vernehmung des Amtstierarztes als Zeugen über das Verhalten des Beschwerdeführers (einschließlich der ihm allenfalls erteilten, von ihm aber nicht befolgten Aufträge) und über die für die Bejahung und den Umfang der Untersuchungspflicht wesentlichen Daten betreffend den Rinderbestand des Beschwerdeführers. Die Anzeige des Amtstierarztes vom 9. März 1995 kann für sich allein keine taugliche Grundlage für die Verurteilung des Beschwerdeführers darstellen. Der aufgezeigte Mangel steht im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen § 51e Abs. 1 VStG, der für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung vorschreibt. Diese dient nicht zuletzt der Klarstellung des maßgebenden Sachverhalts. Angesichts des aufgezeigten, bereits der Erstbehörde unterlaufenen Verfahrensmangels hätte es einer mündlichen Verhandlung jedenfalls bedurft. Im übrigen behauptet die belangte Behörde selbst nicht, daß von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG hätte abgesehen werden können. Dafür bietet auch die Aktenlage keinen Anhaltspunkt: Der Beschwerdeführer hat in der Berufung nicht nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, sondern der Sache nach ein strafbares Verhalten überhaupt in Abrede gestellt; von der Erstbehörde wurde jeweils eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt.
Aus dem vorhin genannten Grund war der erstangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Zum Bescheid Zl. Senat-SB-95-026:
Dem Beschwerdeführer wurde insoweit zur Last gelegt, die Tiere trotz Aufforderung nicht von der Weide in den Stall gebracht und damit als Tierbesitzer nicht dafür gesorgt zu haben, daß der entdasselungspflichtige Rinderbestand vom beauftragten Laienentdasseler entdasselt werden konnte. Die belangte Behörde wertete dies als Verstoß gegen § 64 TSG i.V.m. §§ 1 und 2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Niederösterreich LGBl. Nr. 6420/1-1 (verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG) und verhängte auch eine Strafe gemäß § 64 TSG (angewendete Strafbestimmung im Sinne des § 44a Z. 3 VStG).
Beides ist verfehlt. Wie aus § 5 DasselBG hervorgeht, kommt § 64 TSG im Anwendungsbereich des DasselBG von vornherein nicht als verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z. 2 VStG) sondern - kraft der Verweisungsnorm des § 5 Abs. 2 DasselBG - nur als Strafbestimmung im Sinne des § 44a Z. 3 VStG in Betracht (bei Vorliegen einer Zuwiderhandlung im Sinne des § 5 Abs. 2 DasselBG, was hier allerdings nicht der Fall ist). Von dieser Ausnahme abgesehen, fällt die Dasselbeulenkrankheit der Rinder, die in der Aufzählung der Tierseuchen im § 16 TSG nicht aufscheint, nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Die belangte Behörde hat somit die dem Beschwerdeführer angelastete Tat einer unrichtigen Norm unterstellt, und ihn durch Verhängung einer den Strafrahmen des DasselBG (bis zu S 1.000,-- Geldstrafe) übersteigenden Strafe von S 3.000,-- in Rechten verletzt.
Im übrigen ist auch der zweitangefochtene Bescheid mit den vorhin (Punkt 2.) aufgezeigten Verfahrensmängeln behaftet. Bemerkt wird, daß die Anzeige des Amtstierarztes vom 9. Dezember 1994 offensichtlich nicht auf dessen eigener Wahrnehmung beruht, sondern nur das ihm vom beauftragten Laienentdasseler Berichtete wiedergibt.
Aus dem vorhin genannten Grund war auch der zweitangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil für Schriftsatzaufwand nur der in dieser Verordnung vorgesehene Pauschbetrag, der bereits die darauf entfallende Umsatzsteuer umfaßt, zuerkannt werden kann.
Wien, am 25. August 1998
Schlagworte
Strafnorm Mängel im Spruch Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1 Verwaltungsvorschrift Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996110239.X00Im RIS seit
07.08.2001