TE OGH 2019/11/28 2Ob115/19d

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Veröffentlicht am 28.11.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** 2018 verstorbenen J***** P*****, zuletzt *****, über den Revisionsrekurs der Vorsorgebevollmächtigten 1. Mag. E***** R*****, und 2. DI M***** P*****, beide vertreten durch Dr. Michl Münzker, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 25. April 2019, GZ 2 R 25/19t-20, womit infolge Rekurses der Vorsorgebevollmächtigten der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 3. Jänner 2019, GZ 18 A 66/18g-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am ***** verstorbene Erblasserin hinterließ ihren Ehemann und zwei gemeinsame Töchter, die Rechtsmittelwerberinnen.

In einem Ehepakt samt Erbvertrag und wechselseitigem Testament hatten einander die Erblasserin und der Witwer im Jahr 1960 wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Mit Notariatsakt vom 15. 9. 2017 hatte der Witwer den Rechtsmittelwerberinnen Vorsorgevollmacht erteilt, deren Wirksamkeit am 28. 8. 2018 im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis eingetragen wurde. Diese Vorsorgevollmacht ermächtigt die beiden Töchter unter anderem, „Erbschaften unbedingt anzunehmen oder auszuschlagen“ und berechtigt die Vollmachtnehmer „zur Doppelvertretung und zum Selbstkontrahieren“ sowie zur Vertretung vor Behörden oder vor Gerichten.

Im Verlassenschaftsverfahren erklärte der Witwer, vertreten durch die vorsorgebevollmächtigten Töchter, gegenüber dem Gerichtskommissär, sich ausdrücklich und unwiderruflich seines erbvertraglichen, testamentarischen und gesetzlichen Erbrechts zu entschlagen und auf seinen Pflichtteil zu verzichten sowie sich am Verlassenschaftsverfahren nicht weiter beteiligen zu wollen. Die Töchter gaben im eigenen Namen je zur Hälfte unbedingte Erbantrittserklärungen aufgrund des Gesetzes ab.

Das Erstgericht bestellte einen Kollisionskurator für den Witwer zur Vertretung im Verlassenschaftsverfahren. Da die Töchter sowohl Erbprätendenten als auch gesetzliche Vertreter des Witwers seien, liege eine Interessenkollision vor.

Das von den Töchtern angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Aufgrund der für den Witwer abgegebenen Erbsentschlagung und der eigenen Erbantrittserklärungen der Töchter liege ein objektiver Konflikt der Interessen des Witwers und der Interessen der Vorsorgebevollmächtigten vor. Auch die Ermächtigung zu Insichgeschäften und zur Doppelvertretung könne eine Kollision nicht grundsätzlich ausschließen. Für die Bestellung eines Kollisionskurators genüge schon die Gefahr einer Interessenskollision, die die Bestellung eines Kollisionskurators notwendig mache. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es denkbar sei, dass sich die Vorsorgebevollmächtigten nach erfolgter Einantwortung die vom Witwer geerbten Vermögenswerte übertragen könnten. Zu einer derartigen Konstellation liege noch keine Rechtsprechung vor.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Töchter ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Revisionsrekurs werden erhebliche Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt:

1. Ein Kollisionskurator ist nach ständiger Rechtsprechung schon dann zu bestellen, wenn aufgrund eines objektiven Interessenwiderspruchs eine Gefährdung der Interessen einer gesetzlich vertretenen Person (hier des Vorsorgevollmachtgebers nach Eintritt des Vorsorgefalls; § 1034 Abs 1 Z 2 ABGB idF des 2. ErwSchG) möglich ist (2 Ob 94/19s; RS0107600). Ob ausreichend Anhaltspunkte dafür vorliegen, begründet in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RS0127193). Daran hat sich durch die Neuregelung der Kollisionskuratel in § 277 Abs 2 ABGB idF des 2. ErwSchG nichts geändert (2 Ob 94/19s).

2. Im vorliegenden Fall liegt weder ein Insichgeschäft noch ein Fall einer Doppelvertretung vor. Vielmehr haben die Vorsorgebevollmächtigten namens des Vollmachtgebers erklärt, die Erbschaft auszuschlagen (§ 157 Abs 1 AußStrG; § 805 ABGB; zur grundsätzlichen Zulässigkeit vgl 2 Ob 88/18g), wodurch sie aufgrund ihrer eigenen Erbantrittserklärungen als gesetzliche Erbinnen zum Zuge kämen. Unter diesen Umständen ist die Bestellung des Kollisionskurators für das Verlassenschaftsverfahren durch die Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Die Frage, ob und welche rechtsgeschäftlichen Vertretungshandlungen die Vorsorgebevollmächtigten außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens wirksam zu setzen berechtigt sind, ist für diese Beurteilung nicht relevant.

3. Die Entscheidung 5 Ob 172/18g erging nicht im Verfahren zur Bestellung eines Kollisionskurators und betraf die Prüfung, ob aufgrund eines Insichgeschäfts eines Vorsorgebevollmächtigen im Zusammenhang mit der Bewilligung einer Grundbucheintragung gegründete Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG vorlagen.

4. Der Revisionsrekurs ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Textnummer

E127282

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00115.19D.1128.000

Im RIS seit

14.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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