Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1. des mj P***** L*****, geboren am ***** 2003, und 2. der mj V***** L*****, geboren am ***** 2005, beide wohnhaft bei der Mutter D***** L*****, vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Land Niederösterreich (Bezirkshauptmannschaft Amstetten, 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 11), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters R***** S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Grassner Lenz Thewanger & Partner in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 26. Juni 2019, GZ 23 R 234/19p-22, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Haag vom 15. Mai 2019, GZ 307 Pu 64/19y-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich des erstgerichtlichen Beschlusses über die Unterhaltsfestsetzung der Minderjährigen für den Zeitraum April 2016 bis Dezember 2018 (Punkte I.1.a. bis d. und I.2.a. bis c.), hinsichtlich der Abweisung der Mehrbegehren (Punkte II. und III.) und hinsichtlich des Ausspruchs über die Zahlung der jeweils fälligen Beträge unberührt bleiben, werden in den Punkten I.1.e. und I.2.d. dahin abgeändert, dass der Vater verpflichtet ist, ab 1. Jänner 2019 monatlich dem mj P***** einen Unterhaltsbetrag von 550 EUR und der mj V***** einen Unterhaltsbetrag von 495 EUR zu bezahlen. Die weiteren Mehrbegehren der Minderjährigen, ihren Vater ab 1. Jänner 2019 zu darüber hinausgehenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je 20 EUR zu verpflichten, wird abgewiesen.
Der Vater hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichts wurde die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters hinsichtlich des mj P***** von 240 EUR für die Zeit von April 2016 bis Dezember 2016 auf 470 EUR, von Jänner bis Dezember 2017 auf 475 EUR, von Jänner bis November 2018 auf 495 EUR, für Dezember 2018 auf 550 EUR und ab 1. 1. 2019 auf 570 EUR, sowie hinsichtlich der mj V***** von 240 EUR für die Zeit von April bis Dezember 2016 auf 470 EUR, von Jänner bis Dezember 2017 auf 475 EUR, von Jänner bis Dezember 2018 auf 495 EUR und ab 1. 1. 2019 auf 515 EUR erhöht. Die darüber hinausgehenden Mehrbegehren für den Zeitraum ab Jänner 2019 von 25 EUR für den mj P***** sowie 20 EUR für die mj V***** wurden abgewiesen. Ab Jänner 2019 sei dem Einkommen der halbe Familienbonus Plus hinzuzurechnen, sodass dieses „Anspannungseinkommen“ ab 1. 1. 2019 zumindest 3.105 EUR betrage.
Das Rekursgericht gab dem von den Minderjährigen gegen die festgesetzte Unterhaltserhöhung erhobenen Rekurs nicht Folge. Soweit für die Revisionsrekursentscheidung relevant teilte des Rekursgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichts, dass der Familienbonus Plus zu einer Erhöhung des Nettoeinkommens führe, die grundsätzlich bei der Ermittlung des Unterhaltsbeitrags zu berücksichtigen sei. Die vom Erstgericht vorgenommene Anspannung des Unterhaltsschuldners ab 1. 1. 2019 auf eine Beanspruchung des halben Familienbonus Plus werde vom Rekurswerber nicht in Frage gestellt.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung des Familienbons Plus bei der Unterhaltsbemessung existiere.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem Abänderungsantrag, den monatlichen Unterhaltsbetrag ab 1. 1. 2019 für den mj P***** mit 550 EUR und für die mj V***** mit 495 EUR festzusetzen. Da der Steuergesetzgeber mit der Einführung des Familienbonus Plus eine steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen erreichen wollte, sei der Familienbonus Plus bei der Unterhaltsberechnung nicht zu Gunsten der Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde von den minderjährigen Kindern nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und berechtigt.
Zur gegenständlichen Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst am 10. 12. 2019 zu 4 Ob 150/19s ausführlich wie folgt Stellung genommen und zusammenfassend für die Unterhaltsbemessung von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Punkt 6.1. festgehalten:
„Beim Familienbonus Plus handelt es sich – so wie beim Unterhaltsabsetzbetrag – um einen echten Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber hat den Familienbonus Plus mit der Zielsetzung eingeführt, die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Geldunterhaltspflichtigen nunmehr durch die erwähnten steuergesetzlichen Maßnahmen herbeizuführen. Dadurch findet eine Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht statt. Die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen erfolgt nunmehr durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Familienbonus Plus ist nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; eine Anrechnung von Transferleistungen findet nicht mehr statt. Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag bleiben damit unterhaltsrechtlich neutral.“
Dieser Beurteilung schließt sich der erkennende Senat an.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Unterhaltsbemessungsgrundlage ab 1. 1. 2019 gegenüber der des Jahres 2018 nicht erhöht wird. Den Minderjährigen gebührt daher ab Jänner 2019 kein höherer Unterhalt als für Dezember 2018.
Dem Revisionsrekurs des Vaters war daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Gemäß § 101 Abs 2 AußStrG findet im Verfahren über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes kein Kostenersatz statt.
Textnummer
E127351European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00054.19K.1217.000Im RIS seit
14.02.2020Zuletzt aktualisiert am
14.02.2020